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35/52 EXODUS by Ernest Gold


Markus Wippel
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Auch wenn ich mir vielleicht den Vorwurf gefallen lassen muß, dass ich hier einfach die Klassiker abarbeite und mit ein paar persönlichen Lieblingen aufbessere, muss ich einen weiteren Monolithen der Filmmusikgeschichte in meine Liste aufnehmen. Das schöne oder das Problem mit den Klassikern ist das sie ihren Namen sehr oft zu recht tragen. Meine zweite CD überhaupt war der knackige Sampler „Hollywoods Greatest Hits Vol. I – Erich Kunzel“ und da machte ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Musik meines Landsmannes Ernest Gold und im speziellen mit dem monumentalen und herausragenden Hauptthema zu EXODUS.

Ernst Siegmund Goldner wurde 1921 in Wien geboren und galt bereits als Fünfjähriger als musikalisches Wunderkind (Gold konnte nach eigener Auskunft die Noten bereits als Kind wie Worte lesen). Aufgrund der jüdischen Herkunft musste die Familie Goldner 1938 in die USA emigrieren. Bereits sehr früh war für Gold klar was er später mal beruflich machen möchte – „In jenen Jahren haben mich die Leute gefragt, was ich einmal werden möchte, und ich antwortete ihnen, daß ich nach Hollywood gehen und Komponist werden wollte. Niemand hat mich natürlich ernst genommen.“

Zu Beginn der vierziger Jahre komponierte er vor allem Konzertmusik und  arbeitete als Arrangeur. 1945 zog er nach Los Angeles und begann für den Film zu arbeiten. Besonders bekannt ist Gold für seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Stanley Kramer (Inherit the Wind, Ship of Fools, Judgement at Nuremberg).

Ernest Gold´s unbestreitbares opus magnum ist die Musik zu dem 1960 unter der Regie eines anderen Österreichers (Otto Preminger) entstandenen Films, Exodus. Die über dreistündige Leon Uris Verfilmung , ein zionistisches Epos, ist ein stargespikter Schinken der mit großem Aufwand und großen Gesten unter anderem die Gründung des Staates Israel zum Thema hat. Dalton Trumbo zeichnete sich für das Drehbuch verantwortlich und Preminger produzierte auch den Film der ihm ganz besonders am Herzen lag. Meiner Meinung nach ist Exodus ein etwas hölzerner und zulange geratener Streifen der an seinen großen Ambitionen etwas scheitert. Über jeden Zweifel erhaben  ist meiner Meinung nach jedoch die oscarprämierte Musik – ob sich Gold bei der Oscarverleihung zurecht gegen Spartacus und Alex North durchsetzte sei mal dahingestellt (The Magnificent Seven, The Alamo, Elmer Gantry waren die anderen nominierten).

 

Ernest Gold war, untypisch für die damalige Zeit, bereits sehr früh in der Produktionsphase des Films integriert. So besuchte er die Drehorte in Zypern und Israel und bereitete sich auch auf eine authentische geografische-musikalische Umsetzung vor. Preminger jedoch bestand auf ein klassisches orchestrales Vertonungskonzept. Im Zentrum der Filmmusik steht natürlich das großartige Exodus Thema, ein ungemein nobles, kräftiges und zielstrebiges Thema das die Stimmung des Films eindrucksvoll einfängt. Ein absolutes Hammerthema, das nahezu auf jeden „Best of“ Sampler der Filmmusikgeschichte zu finden ist. Trotzdem geht Gold relativ sparsam mit seinem Thema im Film um – wie auch der ganze Film relativ sparsam vertont wurde, auf eine Laufzeit von knapp 210min kommt eine Scorelänge von etwas über einer Stunde.  

Was jedoch weniger wissen, ist das die Filmmusik zu Exodus abseits des eindrucksvollen Hauptthemas ungemein viel zu bieten hat. Mindestens ein halbes Dutzend weitere memorable Themen und tolle lebendige Actionmusik  hat Gold für diesen Schinken komponiert.

Hier wäre zum Beispiel das militaristische Thema für die Hauptfigur Ari (Paul Newman) zu nennen, ein eindrucksvoll heroischer Marsch, der zum ersten Mal in „Ari“ zu hören ist (oder auch „Prelude“ ab 1:20). Ein maskulines unglaublich starkes und bestimmtes Thema, das die Bestimmtheit des Hauptcharakters eindrucksvoll einfängt.

„Summer in Cyprus“ vermittelt im ersten Teil musikalisches mediterranes Klima – ein lockerer Tanz dargeboten unter anderem mit Tambourin und Bongos die für exotische Stimmung sorgen. Im zweiten Teil des Tracks kommt ein unverkennbar hebräisch klingendes Thema das sehr getragen und traurig klingt.

„Escape“ bringt den ersten Vorgeschmack wie gut und vor allem aggressiv Ernest Gold´s Actionmusik ist!

Des weiteren gibt es zum Beispiel ein Thema für eine weibliche Hauptfigur namens Karen – auf dem Akkordeon vorgetragen in „The Tent“ – eine weiteres etwas verspieltes romantisches Themas für den Eve Marie Saint Charakter „Kitty“. Auch die terroristische Untergrundorganisation Irgun bekommt ein eigenes memorables Thema. Und als besonderes Zuckerl für mich persönlich arbeitet Gold ein altes Volkslied in die Filmmusik ein „Hativkah“ das später zur Nationalhymne Israels werden sollte – für mich die schönste Nationalhymne überhaupt.

Besonders eindrucksvoll finde ich auch die letzten zwei Stücke auf der ersten CD. „Acre Prison…“ ein spannungsgeladenes Stück für Altblockflöte die den Ruf des Muezzin imitiert sowie interessante Percussions. Sehr gewagt und interessant finde ich für diese Art von Hollywoodfilm. „D Day / The Bombs“ zeigt eindrucksvoll wie gut Ernest Gold mit seinen Themenfetzen Spannung aufbauen kann die sich dann in einem großartigen Actiontrack entlädt – sicher ein absolutes Highlight auf der CD.

Gold bringt sein Hauptwerk mit dem ebenso großartigen „Dawn / Finale – The Fight for Peace“ zu einem schwermütigen und doch hoffnungsvollen Abschluss. Der Tod von Kitty (ca ab 3:50) und eines Freundes von Ari wird hier besonders schwermütig musikalisch betrauert – aber aus der Trauer erwächst etwas gebrochen und doch hoffnungsgeladen das Exodus Thema, in der meiner Meinung nach schönsten Variation (Ari beschwört hier den Frieden von Arabern und Israelis). Ein Thema, ich muss es leider nochmals wiederholen, das schöner, ehrfürchtiger und passender nicht sein könnte.

Zum Abschluss gibt es nochmals die „Hatikvah“ auch in gedrückter Stimmung – sozusagen als gedämpfter Jubel über die Neugründung des Staates Israel.

 

Eine im wahrsten Sinne des Wortes "Ernste" Filmmusik die vor allem durch ihren Themenreichtum glänzt. Eine ungemein inspirierte Filmmusik die vor allem narrativ im Zusammenhang mit dem Film großartig wirkt. Abgesehen von dem alles überragenden Hauptthema gibt es aber ungemein viel in der Filmmusik zu entdecken - bis hin zu großartiger Actionmusik - die man so, bei einer Filmmusik die in der Tradition des Golden Age geschrieben ist, nicht immer hört.

 

 

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