Das ist natürlich auch Ansichtssache. In meinem Musikhochschulstudium haben wir im Instrumentationsunterricht auch nicht eine einzige Filmmusikpartitur angeschaut (hatten soweit ich mich entsinnen kann nicht mal eine einzige Partitur hierfür in unser Fachbibliothek...).
Sicherlich über 70% meines Wissens über Orchestration habe ich aber dennoch keinesfalls aus klassischen, sondern aus filmmusikalischen Partituren. Ich beschäftige mich einfach viel lieber mit dem was "jetzt" entsteht und nicht mit Jahrhunderte alte Musik.
Auch von sehr alten Partituren, wie etwa welche aus der Wiener Klassik bei Mozart, kann man sicherlich etwas lernen, aber sich nicht unbedingt daran orientieren, denn die Orchestrationsart wies damals schon bemerkenswerte Unterschiede auf. Z.b. hatte man ausschließlich Naturtrompete/Naturhorn und war hiermit auch skalenmäßig enorm eingeschränkt, was selbstredend ebenso auch den Komponisten einschließt. Dann waren die Besetzungen im Allgemeinen doch ziemlich unterschiedlich zu den wie wir sie heute aus Filmmusik kennen; Harfe z.B. hat sich erst im weiteren Verlauf der Romantik etabliert und Instrumente wie Tuba, Bassklarinette, Cimbasso oder Celesta (alle typisch für Filmmusik) gab es gar erst ab dem späteren 19 JH. Außerdem wurde quasi in der gesamten "Klassik" in den Streichern sehr viel mehr (große) unisono Passagenwerk verwendet als in Filmmusik und auch die vier Hauptarrangierweisen (juxta position, enclosure position, interlocking position, overlapping position), wurden in einer doch deutlich anderen Gewichtung appliziert.
Mit Partituren ab der Spätromantik/Impressionismus/Expressionismus fährst du dann schon wesentlich besser fürs Partiturstudium. Ich bleib trotzdem lieber zum größten Teil bei meiner Filmmusik. Auch um über bestimmte Techniken wie die Kunst des Overdubbing (typisch für Zimmer) zu lernen, ist man gar völlig auf solche Partituren angewiesen. Das ist eigentlich ein Faktum.