Zum Inhalt springen
Soundtrack Board

Italienische Genre-Filmmusik der 50er-70er Jahre


Mephisto
 Teilen

Empfohlene Beiträge

uomo_dalla_pistola_oro_GDM4111.jpg

 

Angeo Francesco Lavagnino - L'UOMO DALLA PISTOLA D'ORO

 

DER MANN, DER KAM, UM ZU TÖTEN entstand 1965 zur Blütezeit des Italo-Western, ist aber heute größtenteils vergessen. Die Musik von Angelo Francesco Lavagnino entpuppt sich als eine ziemlich spannungsarme Angelegenheit. Den Rahmen bildet ein wenig griffiger und fast schon rockig wirkender Titelsong, gesungen von den "Wilder Brothers", der die Handlung des Films paraphrasiert. Allerdings eignet sich der Song im Gegensatz zu den zahlreichen anderen Italo-Titelliedern dieser Zeit nicht als Fundament eines griffigen Themas. Das bleibt uns Lavagnino tatsächlich schuldig, sodass sich die Musik hauptsächlich aus diegetischen Salon- und Volksfestmusiken sowie zahlreichen Suspensepassagen und einigen besinnlichen Lagerfeuermusiken besteht. Erstere und zweitere hat man so schon zuhauf gehört, die ruhigeren Passagen sind noch ganz annehmbar, bleiben allerdings ebenfalls nicht lange im Ohr haften. Entweder allein von der Gitarre intoniert oder in kleinerer Besetzung mit Gitarre, Akkordeon, Mundharmonika oder Flöte bilden diese Passagen offensichtlich eine akustische Hintergrundfläche für das Geschehen auf der Leinwand - austauschbar und ohne jeden Aufhänger.

GDM veröffentlichte im Rahmen der Hillside Series offensichtlich die vollständigen Musikaufnahmen zu DER MANN, DER KAM, UM ZU TÖTEN und dementsprechend zäh gestaltet sich dann lädier auch der Hördurchgang des über 50 Minuten langen Albums. Es würde mir schwer fallen, auch nur ein wirklich interessantes Stück aus diesem langen Fluss von Suspense-, Lagerfeuer- und Salonmusik herauszugreifen, geschweige denn ein gelungenes Best-Of zusammenzustellen. So lobenswert die Bemühungen des Labels um die italienische Filmmusik auch sind/waren, so verzichtbar bleibt letzten Endes diese dröge Scheibe.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

post-1443-0-22606500-1479234386.jpg

 

Luis Bacalov - LA PIÙ GRANDE RAPINA NEL WEST / L'ORO DEI BRAVADOS

 

LA PIÙ GRANDE RAPINA NEL WEST dürfte Filmhistorisch von gewissem Interesse sein, verquickte der in Deutschland unter dem Titel EIN HALLELUJA FÜR DJANGO verliehene Film Komödienaspekte mit typisch brutaler Italowesternmanier. Weniger interessant ist jedoch die Musik von Luis Bacalov ausgefallen, die unter genau dieser Mischung leidet. Eröffnet wird das Album von einer über vier Minuten langen Suspensepassage, die einige markante Motive in der Bassregion unter anhaltenden Streichertrillern etabliert. Anschließend beginnt die Titelmusik mit flirrenden Violinarpeggien, die von Schlägen des Glockenspiels begleitet werden. Man erhofft sich schon fast eine strahlende, fanfarenartige Eröffnung im Stile eines Abenteuerfilms, doch die Erwartung wird massiv enttäuscht. Unvermittelt schlägt die Musik in eine vergnügte Square-Dance-Nummer um, die auf den ironischen Aspekt des vertonten Films hindeutet. Diese wird auch gleich im nachfolgenden Titel - nun mit Sprecher - aufgegriffen. Im weiteren Verlauf des Albums halten sich die zeitintensiven Suspensepassagen mit einigen vergnügten Abschnitten die Waage. Dabei sind erstere Elemente kaum wesentlich variiert, während die Komödienanteile zu stereotyp sind, um wirklich haften zu bleiben. Auch die treibende Action in "Piani Per Una Rapina" oder die dramatischen Ausbrüche in "Pistoleros Per Una Rapina" vermögen das Album nicht mehr zu retten.

 

Wer allerdings die 40 Minuten zu LA PIÙ GRANDE RAPINA NEL WEST durchgesessen hat, der darf sich über 23 abwechslungsreiche Minuten zu L'ORO DEI BARBADOS freuen. Bereits die eigenwillige Titelmelodie vermag hier sofort zu überzeugen: Über einen lässigen Drumsetrhythmus und Gitarrenakkorde erklingt ein Triller der Mundharmonika, der von einem synkopierten Motiv der Cembalos abgelöst wird. Ein Maultrommelschlag verstärkt das kauzige Flair, bevor der B-Teil des Themas über sanfte Blechakkorde gepfiffen wird. Bacalov stellt hier unter Beweis, dass poppige Idiome mit markanten melodischen Einfällen durchaus effektvoll kombiniert werden können. Auch der zweite Titel, "Riccordi" gehört zu den Höhepunkten des Albums. Über getragene Streicherakkorde und Chorvokalisen erklingt ein dramatisches, natürlich spanisch-mexikanisch angehauchtes Trompetensolo. "In Marcia" präsentiert einen brachialen Marsch, der von einem humoristischen Fagottsolo über dezente Cembalobegleitung vorgetragen wird. Nach dem starken Auftakt entwickelt sich die Musik im weiteren Verlauf zu ein wenig Stückwerk, indem einzelne Versatzstücke immer wieder neu kombiniert werden. Die Darbietungen des Hauptthemas lockern den Hörfluss wohltuend auf, auch wenn sie kaum variieren. Schließlich rafft Bacalov die wichtigsten Elemente seiner Musik (allerdings ohne "Riccordi") im letzten Stück noch einmal zusammen, bevor eine rhythmisch markant unterstrichene Version des B-Teils der Titelmelodie das Album beschließt.

 

Verita Note brachte 2007 auch die anscheinend vollständige Musik zu L'ORO DEI BARBADOS heraus. Ich selber erachte den Albumschnitt als ausreichend, ohne die expandierte Fassung zu kennen. Es wundert mich allerdings, dass GDM LA PIÙ GRANDE RAPINA NEL WEST zur Attraktion des Albums machte, bietet diese Musik doch kaum nennenswertes, während L'ORO DEI BARBADOS zu überzeugen vermag. Ich selber möchte die CD alleine wegen der Titelmelodie und "Riccordi" nicht mehr missen.

 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Sehr schöne Besprechungen, Mephisto!

Zu L´UOMO DALLA PISTOLA D´ORO möchte ich noch etwas ergänzen: Ich gebe dir im Großen und Ganzen recht, dass die CD nicht zwingend sein muß, aber so ganz ohne Meriten ist sie dann auch wieder nicht. Denn die instrumentalen Varianten des Titelsongs finde ich wirklich gelungen, z.B. in Track 5, 11, oder besonders schön im vorletzten Track 22, den ich auch als das Highlight der CD bezeichnen würde. Sicher, sie sind, wie der gesamte Score, eher melancholisch gehalten und werden nicht als "griffiges" Western-Thema präsentiert, sind aber sehr stilvoll instrumentiert und gerade das gefällt mir.

Und was die Saloon-Tracks angeht, wäre es tatsächlich sinnvoller gewesen, sie als Bonus hinter den eigentlichen Score zu packen, denn so reißen sie einen immer wieder aus der Stimmung raus, was übrigens auch auf einige andere Italo-Western-CDs zutrifft.

 

L´ORO DEI BRAVADOS gefällt auch mir richtig gut und speziell das "Riccordi"-Thema gehört zu meinen Italo-Western-Favoriten. Es taucht übrigens in Bacalov´s "Lo Chiamavano King" in ganz hinreißender Form nochmals auf.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke für die Rückmeldung! L'ORO DEI BRAVADOS ist in der Tat ein schönes Kleinod, L'UOMO DALLA PISTOLE D'ORO sollte ich demnächst nochmal eine Chance geben, aber bisher hat er mich überhaupt nicht zu begeistern vermocht. Ich finde, dass bereits im Song sehr viel Potential verschenkt wird. Die eingestreuten Saloonstücke stören mich bei einer guten Musik weniger, weil sie dann entweder den Hörfluss auflockern oder etwas zur Atmosphäre beitragen. Wenn sich aber gefühlt nur noch Zuspeise und Salonmusik abwechseln, wird es schnell langweilig. Was die ruhigen Stücke betrifft, bin ich noch für mich am Ausloten, bis wann ich solche Sachen als "schön melodisch und atmosphärisch" gelten lasse und wenn es in Belanglosigkeit abdriftet. Da zieht aber jeder die Grenze anders :)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

post-1443-0-49267000-1479330373.jpg

 

Fred Bongusto & Berto Pisano - UNO DOPO L'ALTRO

 

VON DJANGO - MIT BESTEN EMPFEHLUNGEN gehört zu einer Vielzahl von Italowestern, die in Deutschland umsynchronisiert wurden, um einen Zusammenhang mit dem Kassenerfolg DJANGO vorzutäuschen. Wie üblich wurde der Protagonist, der in diesem Falle auszog, um seinen Bruder zu rächen, der bei einem Banküberfall getötet wurde, von Stan Ross in "Django" umgetauft. Aus dem Bruder wird in der deutschen Synchronisation überraschenderweise ein Komplize, mit dem "Django" ursprünglich die Bank ausrauben wollte. Von einem Verwandtschaftsverhältnis ist auf der deutschen Tonspur keine Rede mehr. Wirklich originell ist der Streifen nicht, wenn man einmal davon besieht, dass der titelgebende Pistolero stets eine Brille trägt, er wird aber meistens zum Durchschnitt gerechnet und vermag über die Laufzeit zu unterhalten. Wie so häufig stehen auch bei diesem Italowestern diverse Brutalitäten und jede Menge männliche Coolness im Vordergrund.

 

Wie auch filmisch ist UNO DOPO L'ALTRO musikalisch im Mittelfeld anzusiedeln. Dem Komponistenduo Bongusto und Pisano stand eine mittlere Besetzung mit einer Streichersektion, einigen Bläsern, Schlagzeug, Drumset, E-Giatrre, Mundharmonika und E-Bass zur Verfügung. Die Titelmusik bedient mit einem treibenden Rhythmus der kleinen Trommel, einer schmissigen Trompetenmelodie und den Klängen der E-Gitarre nahezu alle musikalische Italowesternklischees. Wie so häufig spielt neben dem charmanten Hauptthema auch ein Song eine wichtige Rolle, in diesem Fall das Lied "Maybe One - Maybe Nine". Der Text unterbietet sogar eine Vielzahl von anderen schlechten Songtexten des Genres, vermag aber durch die Melodie und den charismatischen Gesang von Fred Bongusto überzeugen. Somit bilden auch jene Passagen, denen der Song oder das Hauptthema zugrunde liegen, die stärksten Momente der Musik. Insbesondere der Song wird einigermaßen versiert variiert. Es gibt noch ein bisschen nettes Lokalkolorit für die mexikanischen Banditen wie in Nr. 2, ein melancholisches Thema für die Liebe des Banditen Pedro zu der Geliebten seines Anführers und eine schöne Finalmusik. Die unverzichtbaren Suspensepassagen erfüllen ihren funktionalen Zweck, haben aber musikalisch wie so oft wenig zu bieten. Dennoch lohnt es sich, bei UNO DOPO L'ALTRO mal ein Ohr zu riskieren.

 

Wie genau die Musik für den Film komponiert wurde, lässt sich an Hand des Schnittmassakers nicht mehr ansatzweise nachvollziehen. Viele Passagen wurden nur auszugsweise verwendet, einige dafür aber mehr als drei- oder viermal. Anbei ein grober Verlaufsplan über den Musikeinsatz im Film:

 

01 - Hauptthema

02 - Bei Espartero

25 (01:10-01:26) - Espartero und der Colonel

08 - Colonel Jefferson reitet in die Stadt

03 (00:18-00:38) - Jefferson in seinem Büro

09 (01:03-02:21) - Überfall

03 (00:47-01:23) - Flucht der Banditen

25 (01:27-01:39) - Die Banditen reiten zur Mine

06 - Die Banditen verstecken das Gold

07 (00:00-00:46) - Stan trifft in der Stadt ein/Am Sarg des Bruders

25 (01:39-02:02) - Der Steckbrief

08 - Im Saloon

22 - Schlägerei und Schießerei

17 - Espartero und Tina

09 (01:03-02:21) - Stan wird gefangengenommen

10 (00:00-01:37) - Stan und Espartero schließen ein Geschäft ab

17 - Pedros Tod

08 - Im Saloon

10 (01:44-02:39) - Das Medaillon

22 - Stan und Sabine I

09 (01:03-02:21) - Hinterhalt in der Scheune

12 (00:17-00:45) - Stan und Sabine II

19 (00:52-01:40) – Stan reitet in die Falle

13 (00:17-00:42) – Stan wird zusammengeschlagen I

14 – Stan wird zusammengeschlagen II

05 – Stan reitet in Esparteros zerstörtes Lager

15 (00:55-02:09) – Tinas Schmuckstück

16 – Saloonklavier

25 (03:33-4:33) – Stan und Sabine III

05 – Stan verhört Pedro

20 (00:59-01:17) – Stan nimmt Hulk gefangen

22 – Nachts in der Stadt

11 (01:54-02:22) – Die Strohpuppe

15 (00:00-00:05) – Bestellung für einen neuen Sarg

21 (00:00-00:56) – Showdown

23 – Finale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zu UNO DOPO L´ALTRO:  Ich habe ihn mir gerade nochmal durchgehört, und muß sagen, dass er mir nach wie vor sehr gut gefällt. Die bemängelten Suspense-Tracks sind zwar zahlreich vorhanden, aber, wie ich finde, nicht uninteressant umgesetzt. Teilweise erinnern sie mich an die James-Bond-Scores von Barry.

Die zweite Hälfte ist aber klar die bessere, denn hier kommt das von mir sehr geschätzte "Maybe one, mayne nine" ins Spiel. Gut, mit den Lyrics räumt man tatsächlich keine Literatur-Preise ab, aber Bongusto hat eine saucoole Gesangsstimme und bringt den Song damit locker über die Ziellinie. Besondere Erwähnung verdient der showdownartige Track 14, in dem "Maybe one..." seine dramatischste Ausprägung bekommt, und der mich jedesmal aus dem Sessel hebt.

Wenn man bedenkt, dass diese Musik nicht von einem der Genre-Größen stammt, kann man schon ganz zufrieden sein.

 

Ansonsten: Mach gerne weiter mit den Kritiken. Finde ich mal sehr interessant zu lesen, was andere von solchen "Außenseiter-Scores" so halten. :) 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das ist natürlich schön zu lesen, dass meine Ausführungen zum Hören ermuntern. Über solche Rückmeldungen freue ich mich ganz besonders! :)

Ich höre meine CDs - insbesondere die Neuanschaffungen - gerne systematisch. Da kann es dann passieren, dass ich der immergleichen Suspense-Schemata auch irgendwann müde werde. Wie bei BALATA PER UN PISTOLERO gewinnt das Album zu UNO DOPO L'ALTRO in der zweiten Hälfte deutlich mehr Gewicht. Insgesamt begrüße ich die vollständige Veröffentlichung von Filmmusik, auch wenn ich dann in Kauf nehmen muss, dass man sich anfangs durch recht ödes Suspensematerial durchhören muss, kann ich anschließend meine eigene Auswahl treffen. Das ist meiner Ansicht nach besonders bei den Italowesternmusiken unumgänglich. Oftmals wird die Musik in den Filmen dermaßen zerhacktstückt, dass es unmöglich ist, eine chronologische Reihenfolge der einzelnen Stücke zu rekonstruieren. Manchmal finde ich es nämlich ganz schön, wenn man einen Film dank der kompletten Musik noch einmal Revue passieren lassen kann, aber das ist ja in solchen Fällen unmöglich. 

Von mir kommen bestimmt noch an die 10 Besprechungen. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich interessiert halt das "Drumherum" ebenfalls. Da ist bei den meisten Italowesternmusiken nicht so viel zu holen wie auf anderen Gebieten, aber ich habe gerne das Gefühl, einen einigermaßen umfassenden Überblick über einen bestimmten Stoff zu haben. Für erschöpfende Kenntnisse in diesem Bereich ist mir meine Zeit dann aber auch zu schade, ich denke kaum, dass ich einmal sämtliche Italowestern-CDs mein Eigen nennen werde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

post-1443-0-34893800-1479567178.jpg

 

Robby Poitevin - IL SUO NOME GRIDAVA VENDETTA

 

Auch dieses Produkt der Italowesternfabrik kam in Deutschland als "unechter" DJANGO-Teil in die Kinos. Die Geschichte um den Soldaten Davy Flanagan, der sein Gedächtnis verloren hat und nach dem Bürgerkrieg seine Frau aus den Fängen des Banditen Clay Hackett befreien muss, lief hierzulande unter dem Titel DJANGO SPRICHT DAS NACHGEBET. Was als interessanter Rachethriller beginnt, verkommt nach einer vorhersehbaren Wendung im letzten Drittel zu einem schießwütigen Mittelklassewestern, dessen finaler Shootout aus 20 Minuten Herumschleichen besteht. Die Musik von Robby Poitevin dürfte zu den Höhepunkten dieses routinierten Westerns zählen, schuf der Komponist doch eine ansprechende symphonische Musik, die nicht auf die Genrekonventionen verzichtet.

 

Poitevin entwarf nicht weniger als drei Themen für seine Musik. Das Hauptthema erklingt zumeist in vollem Orchester, teilweise mit Chor über die dezente Begleitung einer Rhythmusgruppe, in das geschickt der Marsch "When Johnny Comes Home" eingearbeitet ist. Das poppig anmutende Thema ist zwar recht griffig, vermag aber kaum so zu überzeugen wie die anderen beiden thematischen Elemente dieser Musik. Da ist zum einen das stets von den Streichern vorgetragene Thema für Davys Frau Luisa, einer der elegantesten und lieblichsten Themen, die ich aus dem Gebiet der Italowesternmusik kenne, sowie eins der besten "DeGuello"-Themen für Solotrompete, die mir begegnet sind. Poitevins Beitrag zu schmetternden Themen der Solotrompete über markante Orchesterbegleitung vermag hier an die Klassiker eines Morricone - insbesondere aus FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR - heranzureichen. 

Die Musik ist hauptsächlich mit diesen drei melodischen Elementen gestaltet, wobei man dem Komponisten höchstens den Vorwurf machen kann, dass alle Themen kaum verarbeitet oder instrumentatorisch variiert werden. Für die unvermeidlichen Suspensepassagen leitete Poitevin ein kleines Motiv aus fünf Noten vom Hauptthema ab, das oft wechselseitig vom E-Bass und den tiefen Streichern intoniert wird. Originell ist das Flötensolo über verhalten dissonante Streicherteppiche für zwei Spannungsmomente. Die stereotypen und damit uninteressantesten Suspensepassagen mit schriller Hammondorgel und aleatorischen Tomtomeinwürfen gibt es zwar auch, halten sich aber glücklicherweise sehr in Grenzen und vermögen zumindest im Filmzusammenhang ihre Wirkung zu erzielen, steht die schrille Orgel auch für Luisas Alkoholsucht. Etwas anachronistisch sticht die jazzige Suspensepassage im Showdown heraus, die in Nr. 19 eingebunden ist.

 

16 Minuten aus IL SUO NOME GRIDAVA VENDETTA wurden bereits auf LP veröffentlicht und repräsentieren die drei wichtigsten Themen sowie eine Suspensepassage, allerdings nicht die mit der Soloflöte. Diese Albenzusammenstellung verleidet einem ein wenig das herrliche Trompetenthema, das in der Mitte des Albums fast dreimal hintereinander enthalten ist. 2008 machte GDM die vollständige Musik zugänglich, indem die vorher unveröffentlichten Stücke an den Albumschnitt drangehängt wurden. Auch hier gestaltet sich das Hörvergnügen in Gänze etwas redundant, mit einer weiteren melodramatischen Variation von Luisas Thema und zwei netten Variationen des Hauptthemas sowie des Flötensolos sind nun aber auch einige Titel zugänglich, die auf dem vorherigen Album fehlten. Es lohnt sich also, den goldenen Mittelweg zu gehen und sich seine eigene Suite zusammenzustellen.

 

Neben IL VIGGLIACHI NON PREGANO eine meine liebsten Entdeckungen auf dieser Reise durch die unendlichen Gefilde der Italowesternmusik, die bestimmt noch öfters hier laufen wird. Leuten, die gerne auf abseitigen Wegen wandeln und an dieser Art Musik ihre Freude haben können, sei dieses Album besonders ans Herz gelegt.

 

Anbei noch ein Überblick über den Musikeinsatz im Film:

 

01 – Vorspann

19 (03:45-4:15) – Feuer unterm Hintern

19 (04:15-05:01) – Der Kopfgeldjäger

05 (00:00-00:30) – Davy und der Kopfgeldjäger

04 – Schießübungen/Davy reitet

17 – Davy trifft in seiner Heimatstadt ein

18 – Nach der Schießerei/Davys Frau und Clay Hackett

21 – Der Gefangenentransport

20 – Davys Flucht

09 (00:00-00:45) – Davy und Kellog reiten zu Hacketts Versteck/Kellog versucht zu fliehen

07 – Davy und Kellogg kämpfen gegeneinader

10 (00:00-00:57) – Davy und Kellogg reiten weiter

11 (01:29-03:08) – Die Reise geht weiter

10 (00:57-01:31) – Heranschleichende Banditen

06 (00:00-01:20) – Davy erschießt den Banditenanführer

13 (01:05-02:29) – Davy entdeckt den Wagen der Banditen

19 (00:00-00:29) – Kellogg in den Händen der Banditen

16 – Die Banditen halten den Planwagen an

19 (03:10-03:45) – Liza im Alkoholrausch

19 (05:01-05:43) – Der Hinterhalt

13 (00:00-01:05) – Davy und Hackett

12 (00:37-00:50) – Davy und Liza begegnen einander

02 – Liza

19 (05:43-06:38) – Davy füllt das Nitroglyzerin ab

05 (00:30-01:36) – Davy und Liza

14 (00:00-00:54) – Hackett und Kellogg warten auf Davy

19 (00:29-03:10) – Hackett und Kellogg suchen nach Davy

06 – Davy sucht nach Kackett und Kellogg

15 (00:00-00:45) – Davy erinnert sich/Liza erschießt Hackett/Kellogg entführt Liza

19 (06:38-07:39) – Davy folgt Kellogg und Liza

15 (00:45-02:41) – Showdown

03 – Das letzte Gefecht

08 - Finale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

post-1443-0-92641000-1479635689.jpg

 

Francesco de Masi - RINGO IL CAVALIERE SOLITARINO

 

Der auf spanisch gedrehte Western mit dem Originaltitel DOS HOMBRES VAN A MORIR wurde erstmals 2005 als EIN SCHUSS ZUVIEL im deutschen Sprachraum ausgestrahlt. Die Musik steuerte der Italiener Francesco de Masi bei, der 1968 bereits auf eine Vielzahl von Westernmusiken zurückblicken konnte. RINGO IL KAVALIERE SOLITARINO, wie der italienische Titel lautet, entpuppt sich musikalisch als eine Routniearbeit eines versierten Komponisten, die handwerklich wasserdicht ist, aber keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen vermag. Das Hauptthema entbehrt zwar nicht eines gewissen Charmes, aber die in der Solotrompete über die dahintrottende Begleitung der Rhythmussektion und von den Violinen flankierte Titelmelodie lässt jeden dramatischen Aufbau und jeden melodischen Pfiff vermissen. Mit "Sequenza 2", einer klassischen zurückhaltenden "Konversationsmusik" wird ein neues Thema eingeführt, das auch als Hauptthema durchgehen könnte, hier aber anscheinend den ruhigeren Dialogpassagen vorenthalten ist. Im Arrangement, insbesondere der feinen harmonischen Schattierung durch die kontrapunktisch verschlungenen Streicher zeigt sich deutlich de Masis kompositorisches Können. Der Rest der Musik bleibt jedoch äußerst blass und kraftlos, wie sich in der kurzen "Ritt"-Musik in "Sequenza 3" offenbart. 

Rund 21 Minuten wurden hier aus der Filmmusik zusammengestellt, wobei der Fokus glücklicherweise auf den melodischen Passagen liegt. Mehrere kürzere Stücke wurden wie üblich zu kleineren Suiten zusammengefasst, doch durch das sehr verhaltene Arrangement, die stereotypen Themen und die Absenz jeglicher temporeicheren Momente plätschert die Musik einfach dahin und verliert sich schließlich in "Sequenza 7" ins Nichts.

 

Als Lückenfüller gibt es dann noch ein paar Auszüge aus Gian Piero Reverberis Musik zu UNA COLT IN PUGNO AL DIAVOLO, der hierzulande unter dem Titel PRONTO, AMIGO lief. Das von Mini Reitano interpretierte Lied "The Devil Was an Angel" ist aber auf der CD nicht enthalten. Nach einer nervigen und schlecht abgemischten Titelmusik, in der das Thema der E-Gitarre in nervenzerreißenden Sextolen des Cembalos und der Streichersynthies versinkt, folgt eine annehmbare "Deguello"-Kopie, die sich anschließend in Suspensemusik verliert. Neben einer verfechtbaren Actionpassage mit kernigen E-Gitarren und einigen gepfiffenen Einlagen folgen zwei ebenso irrelevante Source Stücke für je einmal Mundharmonika solo und Gitarre. Reines Füllwerk.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 1 Monat später...

ringo_il_volto_della_vendetta_GDM.jpg.da2b716cfce6d4b1f1ddf46445d18935.jpg

Francesco de Masi - RINGO, IL VOLTA DELLA VENDETTA

Ein weitaus gefälligeres Hörerlebnis als  RINGO IL CAVALIERE SOLITARINO bietet die Musik zum zwei Jahre früher entstandenen RINGO, IL VOLTO DELLA VENDETTA, hierzulande bekannt unter ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO. Wie üblich soll der bekannte Name einer Genrefigur, ähnlich Django, als Zugpferd für einen Durchschnittswestern dienen, denn IL VOLTO DELLA VENDETTA steht zu anderen RINGO-Filmen in keiner Beziehung.

Francesco de Masis Komposition ist über weite Strecken melodisch konzipiert. Bereits das von der Solotrompete über die behäbig trottende Begleitung der Rhythmusgruppe intonierte Hauptthema verstrahlt Coolness und Gelassenheit zugleich und ist trotz seiner Ähnlichkeit vom Arrangement deutlich griffiger als das zu IL CAVALIERE SOLITARINO. Dem Hautthema stellt der Komponist eine Fülle weiterer Themen zur Seite wie z. B. eine äußerst stimmige Ballade für zwei Trompete über die sanft zurückhaltende Begleitung von Gitarre, Kontrabass und Marimbaphon. Diese melancholische Melodie gehört in ihren unterschiedlichen Darbietung - so unter anderem auch für Gitarrenduo - zu den schönsten Einfällen des Komponisten und avanciert während des Albums zum eigentlichen Höhepunkt. In "Sequenza Nr. 6" etabliert de Masi außerdem ein weiteres Thema, das von der Mundharmonika über Gitarrenbegleitung dargeboten wird und ebenfalls Ohrwurmpotential hat. Bereits im darauffolgenden Stück wird dieses Thema in der E-Gitarre über trockene E-Bass-Töne in einer Suspensepassage eingeflochten. Diese sind erfreulicherweise äußerst rar und fügen sich gut in den Hörfluss des Albums ein, weil auch ihnen häufig ein Thema zu Grunde liegt. In zwei Fällen flocht der Komponist eine folkloristische Melodie im Englischhorn in die üblichen funktionalen Suspensepassagen, die so eine neue Qualität erhalten.

Insgesamt handelt es sich bei IL VOLTO DELLA VENDETTA um den seltenen Fall einer gut durchhörbaren Italowesternmusik, weil de Masi den Fokus auf die melodische Ebene legte. Über die vollständige Laufzeit von über 40 Minuten wird die Musik allerdings etwas gleichförmig, sodass sich das Abum auch gut nebenbei hören lässt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 5 Monate später...

days_vengeance_PTM002.jpg.99cf8271aeb58e39829c1ebcb07e7458.jpg

I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA - Armando Trovaioli

Nicht selten basieren Italowestern auf literarischen oder anderen Vorlagen wie zum Beispiel die im Wilden Westen angesiedelte „Hamlet“-Verfilmung QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST oder der auf Prosper Mérimées Novelle „Carmen“ basierende Film L'UOMO, L'ORGOGLIA, LA VENDETTA, der in Deutschland als Western MIT DJANGO KAM DER TOD synchronisiert wurde. I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA gehört zu den ambitionierteren Italowestern und entstand frei nach Motiven aus Alexandre Dumas' Roman „Der Graf von Monte Christo“.

Die Musik steuerte Armando Trovaioli bei, dem ein mittelgroßes Ensemble von Streichern, Gitarren, E-Bass, Perkussion, Trompete, Englischhorn und Mundharmonika zur Verfügung stand. Trovaiolis Musik ist fast durchgehend melodisch gearbeitet, als einziges kleines Suspense-Element fungiert eine auf der E-Gitarre oder dem E-Bass schnell aufgeführte Tonrepetition, die in mehreren Passagen auftritt, reines Suspensewerk gibt es aber erstaunlicherweise nicht. Stattdessen entwarf der Komponist gleich eine handvoll Themen. Als erstes ist hier die Titelmelodie zu nennen, die – von der Solotrpmete über die Streicher intoniert – zu Beginn des Films erklingt. Der Ambitus dieser getragenen Linie wird stufenweise erweitert, bevor sie sich pathetisch entlädt. Interessanterweise ist das Thema fast ausschließlich zu Beginn und am Ende des Films in seiner Gänze zu hören, während es im Verlauf des „underscorings“ stets nur angedeutet wird. In solchen Fällen erklingen die Anfangsintervalle meistens in der Gitarre. In „La Prateria“ führt Trovaioli auch ein apartes Ritt-Thema über dem typischen „Galopp-Rhythmus“ der kleinen Trommel und pointierte Streicherfiguren in der Trompete ein, das bald von der E-Gitarre und dem Englischhorn übernommen wird. Dieses wird aber leider schon gegen Ende des ersten Drittels zum letzten Mal erklingen. Einen weiteren wichtigen Bestandteil des thematischen Fundus' bilden zwei „americanaartige“, gesangliche Themen, die häufig von der Mundharmonika, seltener von der E-Gitarre über Akustikgitarrenbegleitung intoniert werden.

Leider krankt die Musik trotz oder gerade wegen dieser thematischen Fülle, denn kein melodischer Einfall ist derart originell, dass er wirklich auffällt, insbesondere die Mundharmonika-Themen lassen sich am Anfang schnell verwechseln.

Das Titelarrangement des Hauptthemas mag in der verhallten Abmischung und mit den getragenen Streichern noch einige Stimmung zu vermitteln, verfällt die Musik bald in die immergleichen Muster. Kaum ein Einfall wird variiert, es erscheint fast, als wären hier sämtliche Takes ein- und derselben Stücke auf die CD gepresst worden. Daher gestaltet sich ein vollständiger Hördurchgang der kompletten Musik bald als überaus eintönig und spätestens ab dem letzten Drittel sind viel Geduld und Sitzfleisch gefordert, um die x-te uninspirierte Darbietung der beiden Mundharmonikathemen über sich ergehen zu lassen.

Interessanterweise scheint die Nachfrage nach oder zumindest das Interesse an der Musik relativ groß zu sein. In Italien erschien 1985 eine LP mit Auszügen aus der Musik, 1997 in Japan die erste CD mit ungefähr der Hälfte der Musik, bevor 2001 GDM eine erste vollständige Veröffentlichung vorlegte, die 2007 mit einer japanischen Ausgabe getoppt wurde, auf der ein weiterer Titel enthalten ist. 2016 erschienen nochmals 500 Exemplare einer limitierten italienischen CD zu I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA. Klar, die Musik ist ja nicht schlecht und recht stimmungsvoll, wird aber auf die Dauer eine echt zähe Hörangelegenheit, weswegen ich dazu raten würde, deutlich zu sondieren. Fünf oder sechs repräsentative Passagen aus dieser Musik können schließlich richtig Spaß machen, alles darüber hinaus wird überflüssig.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Popularität dieser Musik kann ich mir auch nicht so ganz erklären, wird zum Teil wohl auf ihr Auftauchen bei Tarantino zurückzuführen sein. Sie ist ja zum Teil wirklich ordentlich, aber in der Tat viel zu lang und repitiv, da bin ich völlig deiner Meinung. Die LP von Intermezzo repräsentierte den Score seinerzeit mit rund 20 Minuten sehr viel vorteilhafter. Wer Lust hat, kann sich die damalige LP-Präsentation auf der GDM-CD folgendermaßen programmieren: 1,5,6,9,7,17,11,23,13,29,24,22,31. Wobei ich aber nicht weiß, ob die Trackliste der Neuaufage von Pentamusic identisch mit der von GDM ist.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke für den Tipp - da ich die GDM habe (habe das Cover nicht auf die Schnelle gefunden), werde ich die Liste die Tage einmal ausprobieren. Mich wundert auch, dass die Musik immer wieder in noch längeren Fassungen erhältlich ist, vielleicht auch, weil der Film ganz gut sein soll. Auf welchem Tarantino-Soundtrack ist der denn enthalten? Kann mich gar nicht mehr erinnern, den in einem Film von ihm gehört zu haben und habe auf den Titellisten nichts gefunden.

Die mittlerweile ausverkaufte GDM-CD wird ja auch für gutes Geld gehandelt, hier kann dann echt nur noch der Sammlerwert ins Gewicht fallen...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Tarantino hat die Titelmusik von LUNGHI GIORNI im ersten Teil von KILL BILL verwendet für eine Anime-Sequenz, da er selbst ein großer Fan vom Film ist. Der Western gehört insgesamt schon zu den besseren Exemplaren des Genres, vor allem auch dank der recht klugen Inszenierung vom renommierten und ansonsten meist sozialkritisch engagierten Regisseur Florestano Vancini, der sich hierfür das US-Pseudonym Stan Vance auslieh. Es war auch sein einziger Ausflug in die Gefilde des Italo-Westerns, der für ihn damals wohl eher einen Kompromiß darstellte, um überleben zu können – daher hebt sich der Film stilistisch mit seinen langen Kamerafahrten und seinen originellen Einfällen schon ein weg ab vom Gros des Genres und ist zudem recht spannend.
 
Daß die gängigen Spaghetti Western-Scores immer wieder in neuen Varianten auf CD aufgelegt und nochmals um den einen oder anderen Track verlängert werden, ist ja bekanntermaßen nichts Neues. Ein anderes gutes Beispiel wäre etwa Ortolanis I GIORNI DELL´IRA, der ja auch alle paar Jahre immer wieder neu aufgelegt wird, obwohl bei der Musik niemals eine Länge von mehr als 60 oder gar 70 Minuten gerechtfertigt ist. Es geht doch fast eh nie um die Qualität einer Musik, sondern einizg und allein darum, ob sich damit noch Geld verdienen läßt oder nicht. Alles andere zählt überhaupt nicht. Es wird ja auch für die italienischen Labels immer schwieriger, noch genügend Exemplare von ihren sonstigen Veröffentlichungen abzusetzen – da ist es schon am einfachsten, einen allseits gefragten Score aus diesem populären Genre wieder neu zu bringen. Kostet dann nicht viel und ist auf jeden Fall eine sichere Bank, mit der man zudem in den US-Markt reinkommt, was mit unbekannteren italienischen Scores oft viel schwerer oder gar nicht zu erzielen ist.
 
Die Pentamusic-Ausgabe von LUNGHI GIORNI entspricht übrigens der japanischen Verita Note-CD – hat also im Gegensatz zur GDM am Ende noch die japanische Single-Version des Hauptthemas mit drauf.
Mir persönlich reicht LUNGHI GIORNI vollkommen in der alten 20-minütigen Intermezzo-LP-Fassung aus. Das macht echt Spaß, die Musik in der Sequenzierung anzuhören und da kommt auch keine Langeweile auf, da hierbei auf lähmende Spannungstracks völlig verzichtet wurde und alle essentiellen melodischen Tracks in den besten Versionen mit dabei sind. Eine sorgfältige Auswahl, die man eigentlich kaum verbessern kann. Von daher habe ich die alte Platte mit der einen Seite aus LUNGHI GIORNI immer gern aufgelegt und mochte die Musik sehr in der Form. Durch die GDM-CD wird die Musik für mich aber eher kaputt gemacht, weil es völliger Unsinn ist, jedes noch so uninteressante und funktionale Fitzelchen und die ganzen Alternates vom Score auch noch mit reingemischt auf CD zu veröffentlichen. Das hält der Score doch nicht aus und dafür ist er auch gar nicht komponiert worden. Man muß nun mal einfach nicht alles komplett haben. Gerade LUNGHI GIORNI ist ein sehr gutes Beispiel dafür, weil die Musik auf der Länge ausgebreitet dann vollkommen abflacht und es einen dann mehr und mehr langweilt je länger es dauert. Damit erweist man der Musik an sich einen Bärendienst. Aber wen interessiert das heutzutage schon? Die Label-Produzenten natürlich nicht und die Sammel-Komplettisten von heute gleich zweimal nicht.
Mir reicht wie gesagt daher vollkommen die alte Seite auf LP aus, das ist eine schöne Sache, die gut unterhält. Und wie hat Luc Van de Ven damals an 1985 im Soundtrack-Magazin in seiner Rezension über diesen LP-Schnitt geschrieben: “It´s a joy to listen to...There´s not a dud track in the whole score”. Wobei er mit dem “whole score” selbstverständlich genau diese 20 Minuten meinte – und dem schließe ich mich an.
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Naja, es gibt schon einige Italowesternmusiken, die man sich gut komplett anhören kann: ZWEI GLORREICHE HALUNKEN, 100.000 DOLLARI SUL RINGO, SETTE DOLLARI SUL ROSSO, SPORCA STORIA NEL WEST und auch bei den Erweiterungen aus IL SUO NOME GRIDAVA VENDETTA, UNO DOPO L'ALTRO oder war schon vieles dabei, was es so nicht auf die Album-Versionen geschafft hätte und worüber ich mich jetzt sehr freue, aber klar - das sind eher Ausnahmen die die Regel bestätigen. Was I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA betrifft, werde ich mir demnächst nochmal die LP-Zusammenstellung programmieren. Ich finde es aber wichtig, hier auf die gesamte Musik einzugehen und auch ihre Wirkung auf CD zu beurteilen. Auch wenn ich dann oft zu dem Urteil komme, dass man sich größtenteils eine eigene Auswahl zusammenstellen sollte, möchte ich mich hier ja umfassend mit den Musiken auseinandersetzen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

51hP64Q69iL.jpg.6038974874b97faf6052943b391eb612.jpg

I GIORNI DELLA VIOLENZA - Bruno Nicolai

Die Musik zu I GIORNI DELLA VIOLENZA stammt von dem bereits im Westerngenre durch 100.000 DOLLARI PER RINGO, EL CISCO und DJANGO SPARA PER PRIMO erfahrene Bruno Nicolai – eine zweistellige Zahl weiterer Westernvertonungen sollte bis 1973 noch folgen. Die Musik zu I GIORNI DELLA VIOLENZA geht  - gemessen an Nicolais eigenen Kompositionen und denen seiner Kollegen - nicht über routiniertes Handwerk hinaus, hält allerdings einige Feinheiten für den geneigten Hörer parat. Dem Komponisten stand eine kleinere Besetzung aus Streichern, Schlagzeug, Gitarre, zwei Trompeten und einer Posaune zur Verfügung – eine übliche Besetzung für derartige Produktionen, denn nicht immer konnten Komponisten bei solchen Italowestern mit einem voll besetzten Orchester rechnen.

Hauptsächlich fußt die Musik auf zwei melodischen Gedanken: einem Hauptthema und einem Liebesthema. Ersteres besteht aus zwei Teilen, die beide sehr cantabil gestaltet sind könnten auch als Fundament für die Strophe und den Refrain eines Titelsongs herhalten. Die dezente Begleitung des Drumsets (durchlaufende Achtel und Randschlag (rim-klick) auf den unbetonten Zählzeiten) verstärkt diesen poppigen Eindruck. Das Thema selbst wird von der ersten Trompete intoniert, während die zweite, mal mit mal ohne Dämpfer, militärsignalähnliche Figuren einwirft, lange Streicherakkorde füllen den Klang zusätzlich etwas auf. Das Hauptthema erklingt nahezu unverändert auch in diesem Arrangement im Film. Etwas facettenreicher tritt hingegen das Liebesthema in Erscheinung. Eine schön „klassisch“ ausladende Melodie, erklingt es zuerst in der Sologitarre, um später hauptsächlich von den Streichern voll ausgespielt zu werden. Das Liebesthema bestreitet den größten Teil der Musik, die neben ihren zwei Themen auch mit wenig Suspense und Action aufwartet. Letztere Passagen sind aber nicht wirklich der Rede wert, die Suspensepassagen gehen immerhin über die übliche rein funktionsmäßige Spannungsmusik hinaus, da Nicolai hierfür hauptsächlich auf die Streicher zurückgriff, die hier unbehaglich tremolieren, aber auch für die Action stehen dem Komponisten ein Schlagzeuger und Streicher zur Verfügung. Somit erklingt zweimal ein synkopischer Tutti-Rhythmus, der zwar (im Gegensatz zum Hauptthema) einiges Westernfeeling aufkommen lässt, aber nicht wirklich ausgearbeitet und zusätzlich unsauber gespielt wird.

Letzten Endes ist die Musik zu I GIORNI DELLA VIOLENZA alles andere als ein Pflichtkauf, aber bei Weitem nicht so uninteressant wie viele andere Italowesternmusiken. Eine 37 Minuten lange Suite wurde erstmals 1997 zusammen mit IL MIO NOME E SHANGHAI JOE auf CD gepaart, bevor GDM 2003 die vollständige Musik im Rahmen des GDM Clubs veröffentlichte. Auch hier genügt es letzten Endes, für die eigene Bibliothek das Hauptthema und eine repräsentative Darbietung des Liebesthemas zu extrahieren, denn auf die Dauer wirkt die Musik etwas zu repetetiv.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

uomo_avvisato_3995210.jpg.ac79b932c5f1963a736dcc89d69aaad6.jpg

 

Auf dem ersten von insgesamt drei der Westernmusik Bruno Nicolais gewidmeten Alben präsentiert das spanische Label Saimel die Musiken zu UOMO AVVISATO MEZZO AMMAZZATO... PAROLA DI PSIRITO SANTO und I CORVI TI SCAVERANNO LA FISSA.

UOMO AVVISATO MEZZO AMMAZZATO... PAROLA DI PSIRITO SANTO wurde in Deutschland unter dem Titel EIN HALLELUJA FÜR SPIRITO SANTO verliehen und führte nach Django, Ringo und Sabata eine neue Figur ein, der eine Reihe von Filmen gewidmet war. Bei Spirito Santo handelt es sich um einen Beschützer der Hilflosen, der fast als Heiliger mit Superkräften inszeniert wird. Stets in weiß gekleidet und von einer Taube begleitet kämpft er im ersten Film gegen die Schergen des General Ubartes, der das mexikanische Volk unterjocht.

Für Zeit und Ort der Handlung komponierte Nicolai, durch die Arbeit an anderen Revolutionswestern bereits erfahren, ein äußerst schmissiges Titellied, das vom Chor über die treibende Begleitung des kleinen Orchester und einem besonders prominent vertretenen Cembalos intoniert wird und es ohne Zweifel mit ähnlich gelagerten Liedern aus CORRI, UOMO, CORRI und Konsorten aufnehmen kann. Für Spirito Santo entwarf der Komponist eine lässige, über dezente Begleitung gepfiffene Melodie sowie eine kurze Orgelkadenz. Wird erstere nach der Einführung Spirito Santos kaum mehr aufgegriffen, fungiert im weiteren Verlauf die Orgelkadenz als Signum für den merkwürdigen Protagonisten. Das Revolutionslied „Libertad“ erklingt in abgespeckter Version auch an drei weiteren Stellen im Film und wird es hauptsächlich vom Chor über Gitarren gesungen und erhält so einen besonders „historisch korrekten“ Anstrich. Eine ansprechende ruhigere Variante in „Seuqnza“ präsentiert die Melodie im Cembalo über zurückhaltende Gitarrenbegleitung. Trotz des großen thematischen Potentials in Form von „Libertad“ und dem Pfeifthema für Sprito Santo besteht ein Großteil der Musik aus Suspensepassagen, die allesamt kompetent gemacht sind, den Hörfluss aber auf Dauer hemmen. Flächige Streicher bilden häufig das Fundament für einzelne Motivzellen in der E-Gitarre, die sequenziert und dynamisch gesteigert werden. Im letzten Drittel erklingen zwei äußerst alberne Saloonpiecen, die sich nicht so ganz in den Hörfluss integrieren wollen.

I CORVI TI SCAVERANNO LA FISSA ist ebenfalls ein später Beitrag zum Genre. Der durchschnittliche Rachewestern kam im deutschen Sprachraum bisher noch nicht zur Aufführung. Auf CD erweist sich I CORVI TI SCAVERANNO LA FISSA als weitaus konziser denn UOMO AVVISATO MEZZO AMMAZZATO... PAROLA DI PSIRITO SANTO, handelt es sich um mehrere Variationen dreier Themen. Das Hauptthema wird von schattenhaften und verhuschten Tremoli der Streicher und Flatterzungen der Flöte eröffnet, die eine tolle „Nachtatmosphäre“ kreieren, bevor nach einem wuchtigen Glockenschlag die eigentliche Titelmelodie erklingt. Über einen sanften Streicherteppich erklingt der A-Teil des Themas unisono in der Flöte und dem Cembalo, eine leicht poppige synkopische Klavierfigur füllt die Liegetöne der Melodie aus. Der B-Teil weist mit der Solotrpmete über einen Bolerothythmus deutlich mehr Pathos auf. Dreimal erklingt das Hauptthema in dieser Form fast unverändert im weiteren Verlauf des Films, allerdings entwarf Nicolai noch eine ansprechende Variation, in das Thema von einer Orgel gespielt und anschließend von der Solovioline fortgeführt wird. Neben der Titelmelodie schrieb der Komponist zwei weitere Themen: Eine etwas beschwingtere Melodie, die vom Cembalo über eine dezente Begleitung der Rhythmusgruppe gespielt wird und einen leicht mexikaischen Einschlag aufweist sowie ein melancholischeres Thema, das insgesamt zweimal erklingt.

Insgesamt mag es ein lobenswertes Unterfangen sein, bisher unzugängliche Westernmusik von Nicolai zu veröffentlichen – der Markt ist ja ohne Frage da. Allerdings kranken auch diese beiden Genrebeiträge unter ständigen Wiederholungen und im Falle von UOMO AVVISATO MEZZO AMMAZZATO... PAROLA DI PSIRITO SANTO unter spannungsarmer Spannungsmusik und albernen Saloonstücken. I CORVI TI SCAVERANNO LA FISSA bildet da das rundere Hörerlebnis, auch wenn es hier ebenfalls nur eine Auswahl der präsentierten Stücke tun würde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Thunder & Mad Dog - Francesco De Masi

thunder.jpg.9c5088b15aaaf4eb3cf71c2b8e37a55e.jpg5935b4ff80ef7_maddog.jpg.a6d8a5d985f2ada82f08350249490856.jpg

Es ist bereits an den Covermotiven zu bemerken: Feinsinnige Charakterstudien sind nicht das starke Gewand dieser beiden testosteronzentrierten Actionbrettern aus den seligen 80er Jahren. Der eine ist ein "First-Blood"-Verschnitt, bei dem der Vietnam-Veteran durch einen Indianer ersetzt wird, der andere erzählt von Pferdefreund Rock und dessen Rachefeldzug nachdem er ein Jahr lang unschuldig das harte Brot des Knastalltags knabbern mußte.

Beide Filme entstanden kurz nacheinander unter der Regie von Produzent Fabrizio De Angelis und bekamen von Maestro De Masi passende Klänge mit auf den bleihaltigen Weg. Da sich die Soundtrack-Alben kompositorisch und strukturell recht ähnlich sind, empfiehlt es sich beide gemeinsam zu besprechen.

THUNDER hat eine Laufzeit von rund einer halben Stunde (bzw. 4 Minuten mehr in seiner CD-Inkarnation) und beginnt mit einer wunderbar eingängigen, lässig dahinfliessenden Americana-Imitation, deren Melodie von Franco De Geminis Mundharmonica über relaxtem Rhythmus intoniert wird bevor Streicher und Hörner die Führung übernehmen. Dass es so friedlich nicht bleibt, dürfte klar sein, denn ein alter, indianischer Zausel verkündet Unheil und bekommt ein geheimnisvoll-dräuendes Flötenthema zugeteilt. Bei den zu erwartenden Action-Tracks geht De Masi dann blechgepanzert in die Vollen, verliert aber nie seine Melodien aus den Augen, was selbst wilden Autojagden immernoch einen emotionalen Unterbau garantiert. De Masi weiß, wie man Dramatik schafft, wenn die Bilder versagen. "Thunder Gymckana" heiß der furiose Track, der mit Streichern und Percussion den Rhythmus schafft, um dann das getragene "Thunder"-Thema darüberzulegen. Im Weiteren erinnern bleischwere Hörner an De Masis Ursprünge als Hornist, hier und da ergänzt durch E-Gitarren-Akkorde oder Flötentriller, und De Geminis Mundharmonika sorgt zwischendurch auch mal für Atempausen.

Über MAD DOG läßt sich im Prinzip das Gleiche sagen. Die Orchesterbesetzung dürfte eine sehr ähnliche sein. Auch hier beginnt De Masi mit einem relaxten Ohrwurm-Thema, das solistisch beginnt und dann orchestral ausgebaut wird. Spannendes und Entspannendes hält sich bei diesem Soundtrack in etwa die Waage, wobei hier noch zwei zum Mitpfeifen anregende Source-Music-Tracks vertreten sind.

Hält man sich vor Augen, für welche Filmproduktionen diese Musik entstanden ist, kann man sich über deren Qualität nur wundern. De Masi ruht sich nicht auf simplen Strukturen aus, seine Themen sind griffig und abwechslungsreich verarbeitet und mit Kontrapunkten verziert. Zieht man den im selben Zeitraum entstandenen LONE WOLF MCQUADE als Vergleich heran, dann fällt auf, dass dieser thematisch vielseitiger ist. Dafür wirkt THUNDER ebenso wie MAD DOG dramaturgisch geschlossener. Auch die bei MCQUADE vorkommenden Morricone-Anleihen sind hier nicht zu finden. Der einzige Kritikpunkt, den ich anzubringen habe, ist, dass den Partituren, so professionell sie auch ausgearbeitet wurden, irgendwie doch eine gewisse Routine im Umgang mit den kompositorischen Mitteln nicht abzusprechen ist. Es fehlt ein wenig an jener Originalität und Hingabe, die seine besten Scores aus früheren Zeiten so hörenswert machten. Aber dies ist freilich eine rein subjektive Wahrnehmung meinerseits, denn unterm Strich ist das wesentlich mehr als man erwarten konnte.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wow! Vielen Dank für diesen Beitrag, Angus!:applaus:

Von de Masi habe ich mir vor zwei Jahren die alte Beat-Ausgabe zu THUNDER III gekauft, bin dazu aber noch nicht vorgedrungen. LONE WOLF MCQUADE fand ich sehr unterhaltsam und habe mich davon ausgehend ja auch näher mit de Masis Westernmusiken auseinandergesetzt - mit einigen echt schönen Funden. Allerdings gibt es in seinen Westernmusiken ja relativ wenig "richtige" Action-, sondern eher Suspensemusik. Die wenigen Actionpassagen, die ich von ihm kenne, haben mich bisher nicht so umgehauen wie seine melodisch-thematischen Passagen. Mit knappen melodischen Zellen, die ziemlich generisch sind, zu arbeiten, ist ja an sich kein roblem, aber ich finde, dass de Masi selten die Wucht seiner Besetzung (die ja auch nicht immer groß waren) voll auszunutzen, weil die unterschiedlichen Instrumentegruppen sich die einzelnen Motivzellen abwechselnd zureichen, selten aber tutti musiziert wird. Daher ist es schön zu lesen, dass THUNDER und MAD DOG auch mit ausreichend Americana daherkommen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

nuvola_di_polvere_Saimel3997910.jpg.70a4889b08f89db830fc76c6b87c1ccd.jpg

UNA NUVOLA DI POLVERE... UN GRIDO DI MORTE... ARRIVA SARTANA - Bruno Nicolai

Das zweite Album aus einer dreiteiligen Reihe mit der Westernmusik von Bruno Nicolai ist ausschließlich der Vertonung von UNA NUVOLA DI POLVERE... UN GRIDO DI MORTE... ARRIVA SARTANA gewidmet. SARTANA KOMMT ist der vierte von insgesamt fünf SARTANA-Filmen und der letzte, in dem der trickreiche Meisterschütze in Totengräberkluft von Gianni Garko dargestellt wurde.

Bruno Nicolais Musik zu diesem Schießwütigen Epos, in dem vier Abenteurer einer halben Million Dollar hinterherjagen, entpuppt sich leider als äußerst dröge und zähe Angelegenheit. Eine kernige Viertonfigur der E-Gitarre mit anschließendem Einwurf der Okarina dient als musikalisches Signum für den Protagonisten. Hier kommt noch ein bisschen Italowesternflair auf, ebenso wie bei diversen Ritt-Passagen für E-Gitarre und treibende Orchesterbegleitung. Allerdings wirken diese musikalischen Idiome derart abgegriffen wie auch das Hauptthema, das man so ähnlich schon oft gehört hat: In Blech und Streichern legt sich eine uninspirierte, hauptsächlich auf Dreiklangsbrechungen aufbauende Melodie über das rhythmische Fundament des Orchesters. Ein weiteres Manko in der Musik liegt darin, dass Nicolai überhaupt nichts aus seinen dünnen thematischen Einfällen macht, sondern sich für einen Großteil der Komposition auf funktionale Suspensemusik beschränkt, die als Hörerlebnis äußerst unzufriedenstellend daherkommt. Wie auch das Hauptthema wurden die Spannungspassagen aus den typischen Versatzstücken zusammengesetzt und erfüllen im Zusammenhang mit dem Bild ihren Zweck, bleiben darüber hinaus aber vollkommen bedeutungslos. Erst in den letzten zehn Minuten greift der Komponist wieder auf seine zwei melodischen Einfälle – die Ritt-Melodie der E-Gitarre und das Hauptthema – zurück, hat allerdings durch die vorherigen drögen 40 Minuten den Hörer schon derart gelangweilt, der sich nun auch nicht mehr für die variationsarmen Darbietungen des Hauptthemas interessiert.

Mit der CD von Saimel wurde zwar eine Lücke geschlossen, da es zuvor - mit Ausnahme der Titelmusik auf dem Album zu IL MIO NOME S SHANGHAI JOE keine Musik zu UNA NUVOLA DI POLVERE... UN GRIDO DI MORTE... ARRIVA SARTANA auf Tonträger gab, in Anbetracht der über 50 Minuten Langeweile fragt man sich aber zu Recht, ob jemals Bedarf bestand, diese Lücke zu schließen. Einzig und allein Komplettisten oder absoluten SARTANA-Fans kann man diese Scheibe empfehlen, die mit einem dünnen Begleitheft ohne Filmbilder und einer Inhaltsangabe auf Spanisch daherkommt. Wie auch bei den anderen drei Nicolai-Westernmusiken, die im Rahmen dieser Reihe veröffentlicht wurden, punktet das Album allerdings durch eine sehr klare Tonqualität, aber was nützt das, wenn die Inspirationslosigkeit in aller klanglichen Sauberkeit aus dem Lautsprecher tröpfelt?...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor einer Stunde schrieb Mephisto:

UNA NUVOLA DI POLVERE... UN GRIDO DI MORTE... ARRIVA SARTANA - Bruno Nicolai

 

Da hast Du aber auch ausgerechnet einen ganz trockenen Kandidaten erwischt. :P

Das Ding habe ich einmal gehört und hatte auch den Eindruck, dass es zu gefühlten 98% aus minimalistischem Suspense-Scoring besteht. Sehr anstrengend, und nur was für ganz Hartgesottene. Schade eigentlich, denn der Film selber ist ziemlich cool und bei Fans wegen seiner schrägen Ideen beliebt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

arizona_si_scateno_Saimel3998010.jpg.b533b1fc7c5de8dd74b4b025b11fb528.jpg

1970 entstand mit ARIZONA SI SCATENÒ... E LI FECE FUORI TUTTI eine Fortsetzung zu dem vier Jahre zuvor gedrehten ARIZONA COLT. Gilt ersterer als einer der gelungensten Beiträge zum Italowestern, erntete die unter DER TOD SAGT AMEN in Deutschland gelaufene Fortsetzung keine guten Kritiken. Erstmals zugänglich wurde die Musik von Bruno Nicolai auf dem letzten Album der dreiteiligen Reihe „The Western Music of Bruno Nicolai“ des spanischen Labels Saimel. Konnte das erste Album mit den Musiken zu UOMO AVVISATO MEZZO AMMAZZATO... PAROLA DI PSIRITO SANTO und I CORVI TI SCAVERANNO LA FISSA noch streckenweise überzeugen, wurde auf der zweiten CD mit NA NUVOLA DI POLVERE... UN GRIDO DI MORTE... ARRIVA SARTANA eine absolut inspirationslose Komposition Nicolais erstveröffentlicht. Auch bei ARIZONA SI SCATENÒ... E LI FECE FUORI TUTTI wird uns kein unterschätztes Meisterwerk dargeboten, sondern eine durch und durch routinierte Arbeit.

ARIZONA COLT wurde 1966 von Francesco de Masi vertont. Seine Musik zählt zu den besten Westernvertonungen des Komponisten, wenn nicht zu seinen besten Werken überhaupt. Nicolai nimmt auf die Arbeit seines Kollegen allerdings keinen Bezug, sondern komponierte eine Zahl eigener Themen und Motive. Im Gegensatz zu de Masi konnte er auch nicht auf ein voll besetztes Orchester arbeiten, sondern musste seine Musik für Mundharmonika, Gitarren, E-Bass, Tasteninstrumente, Perkussion, ein Horn und Stimme instrumentieren. Den Kernpunkt bildet das vergnügte Titellied, dargeboten von der Formation „I Cantori Moderni“, dessen Text die Stupidität vieler anderer Italowesternsongs noch zu überbieten vermag: „I guess I gotta get my gun, I guess I gotta shoot someone... Bang! Bang! Hey, Yippie-Yay-Yeah!...“ Dabei steht der Text diametral zu der vergnügten Melodielinie, die tatsächlich einiges an Ohrwurmqualität besitzt. Das Titellied „Arizona Gun“ findet sich denn auch häufiger in der ersten Filmhälfte, die von komödiantischen Szenen doniniert wird. Die obligatorische Varinate, in der die Melodie lediglich gepfiffen wird, darf hier ebensowenig fehlen wie eine Fassung für Mundharmonika und Begleitung. Nicolai komponierte noch ein weiteres vergnügtes Thema, das über sanfte Gitarrenbegleitung gepfiffen wird, aber leider nur einmal zu Gehör gebracht wird („Sequenza Nr. 13“). Ein „seriöseres“ instrumentales Seitenthema wird relativ bald etabliert und löst „Arizona Gun“ schnell als zentrales Thema ab. Es wird häufig vom Horn, einem der wenigen reinen Melodieinstrumente, die Nicolai zur Verfügung standen, intoniert, vermag sich aber niemals so gut im Gedächtnis festzusetzen wie das alberne Titellied. Zu den interessantesten Momenten gehören noch „Sequenza Nr. 9“ und „Sequenza Nr. 24“, in denen das Seitenthema über durchgehende Tomtomrythmen intoniert wird. Als weitere melodische Elemente nehmen ein Suspensemotiv, häufig im tiefen Register von der E-Gitarre und dem Cembalo gespielt, sowie eine mexikanisch-folkloristsche Melodie einen großen Raum in der Partitur ein.

Insgesamt schuf Bruno Nicolai für ARIZONA SI SCATENÒ... E LI FECE FUORI TUTTI eine zweckdienliche Partitur, die nicht nur unter der kleinen Besetzung, sondern leider auch an der Uninspiriertheit der melodischen Einfällen leidet. Das vergnügte Thema aus „Sequenza Nr. 13“ wird nicht weiter ausgebaut und einzig das Titellied bleibt von dieser Musik im Gedächtnis. Allerdings fragt man sich, ob es wirklich die schmissige Melodie ist oder doch nur der überaus dumme Text, der diese Musik vor der völligen Belanglosigkeit bewahrt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

 Teilen

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir nutzen auf unserer Webseite Cookies, um Ihnen einen optimalen Service zu bieten. Wenn Sie weiter auf unserer Seite surfen, stimmen Sie der Cookie-Verwendung und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über Formulare zu. Zu unserer Datenschutzerklärung: Datenschutzerklärung