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37/52 MEDAL OF HONOR: FRONTLINE by Michael Giacchino


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Obwohl im echten Sinne keine Filmmusik muss ich Michael Giacchino´s Beitrag zur Dreamworks/EA Videospielserie zu meiner Best of Liste hinzufügen. Auch andere namhafte Filmkomponisten wie Bruce Broughton, Howard Shore, John Debney oder Patrick Doyle haben bereits für den Videospielmarkt gearbeitet. Der 1967 in New Jersey geborene Michael Giacchino wurde durch seine Spielemusik berühmt und schaffte so den Einstieg ins Filmgeschäft, seine Durchbruch in Hollywood schaffte er mit der tollen Vertonung und Barry-Homage zu „The Incredibles“. Giacchino gehört heute zu den am besten beschäftigten Filmkomponisten.

1997 vertonte er das Spiel „The Lost World“ und 1999 – 2002 die „Medal of Honor“ Serien. Der großorchestrale Ansatz den Giacchino wählte war bereits etwas etabliert in der Computerspielebrange – Bruce Broughton war glaube ich mit „Heart of Darkness“ etwas früher dran. Aber in den folgenden Jahren wurde Computerspiele die heutzutage fast so viel kosten wie eine Filmproduktion immer häufiger mit orchestraler Musik versorgt – teilweise auf wirklich hohem Niveau. Komponisten wie Austin Wintory, Nobuo Uematsu, Gary Schyman oder Jeremy Soule schreiben wirklich hörenswerte „Spiele“ Musik auf hohem Niveau. Insofern sollte man die Ohren vor der Spielemusik nicht verschließen.

 

Es war für mich relativ schwer zwischen Medal of Honor, Frontline und Secret Weapons over Normandie zu wählen – alle drei Gamescores sind für mich ungefähr auf dem gleichen Niveau und machen auch gleich viel Spaß – und um Spaß geht es bei dieser Art von Musik. Der 2002 erschienene Medal of Honor – Frontline, ist vielleicht der erwachsenste und seriöseste Beitrag zur Spielereihe. Das die Spiele einen orchestralen Sound bekommen haben ist keinem geringeren als Steven Spielberg zu verdanken. Saving Privat Ryan war gerade in der Post-Production als Giacchino sein Klangkonzept für Medal of Honor entwickeln durfte. Der damals 32 jährige Giacchino bereitete sich mit dem Lesen von historischen Büchern und dem History Channel vor. Auch aus Giacchinos Familie kam eine Inspirationsquelle – „…what probably helped most in guiding the tone oft he score was speaking with my Uncle, who had fought in the Pacific Theatre.“

 

Wer das große musikalische Vorbild für die Vertonung von Medal of Honor dürfte bekannt sein. Insbesondere fällt mir hier Indiana Jones III, Saving Privat Ryan aber auch JFK von Maestro John Williams ein. Das schmälert aber das Hörvergnügen überhaupt nicht!

Giacchino gelingt mit der Medal of Honor Reihe und Frontline im Speziellen eine energiegeladene, dramatische, emotionale und aufregende Musik die es zudem schafft eine Geschichte zu erzählen und einen dramatischen Spannungsbogen zu erzeugen. Eine couragierte vor Selbstbewusstsein strotzende Musik die unendlich viel Spaß macht und insbesondere mit der Lautstärke im oberen Bereich mächtig abgeht. Giacchino hat seither nie mehr so befreit und lustvoll aufgespielt (vielleicht mit Ausnahme seiner frühen Animationsfilme) – insofern stellt für mich die Medal of Honor Reihe (inkl. Secret Weapons over Normandy) den bisherigen Höhepunkt der Karriere von Michael Giacchino dar.

 

In Frontline geht es um die gigantische sehr umstrittenen Luftlandeoperation Market Garden (ca 40000 Fallschirmspringer wurden hinter den feindlichen Linien abgesetzt) und ihre Folgen. Bereits im großartigen und bewegenden Hauptthema „Operation Market Garden“ erkennt man das es sich bei Frontline um einen deutlichen erwachseneren und zurückhaltenderen Score handelt. Das elegisches Thema mit Chor dargeboten wirkt wie ein Requiem für die missglückte Operation.

Für die, die das Spiel nicht kennen – Medal of Honor ist ein First Person Shooter – da ist eine musikalische Untermalung natürlich heikel und will vorsichtig gewählt sein um nicht geschmacklos zu wirken. Giacchino schafft hier auch diese schwierige Gradwanderung und bleibt musikalisch respektvoll ohne langweilig zu sein.

Das Hauptthema aus dem ersten Spiel und das Nazi Thema werden auch in Frontline prominent wieder verwendet. Die Medal of Honor Reihe ist auch für ihre tolle Actionmusik bekannt und in Track 4 „Shipyard of Lorient“ geht auch schon richtig die Post ab – dynamische, grimmige, schweißtreibende und brutale Actionmusik wie sie unterhaltsamer nicht sein könnte. Im nächsten Track „After the Drop“ wieder eine vollkommen andere Stimmung. Knaben Sopran, ausladender Steicherteppich und Chor stellen ein ungemein schönes, eindringliches und elegisches Thema vor, wirklich kaum zu glauben das diese Musik für ein Computerspiel komponiert wurde. Ein Musikalisches Highlight jagt das nächste und es ist in der Tat kein einziger schwacher Track unter den 18 Titeln. „Kleveburg“ bringt dunkle und düstere Spannungsmusik. „Manor House Rally“ mit einem beschwingten kleinen Motiv das gekonnt variiert und gesteigert wird, erinnert sehr an Indy III.

Mir persönlich gefällt „Rowhouses“ sehr gut, wieder ein gut entwickelter Actiontrack mit einem besonders brutalen Actionmotiv das mich in seiner Einfachheit und Effektivität an Jerry Goldsmith erinnert.

Der musikalische Höhepunkt der CD (und für mich auch von Michael Giacchinos Karriere) ist ohne Zweifel jedoch „Arnhem“. Ein atemberaubend schönes 6minütiges Chorthema mit tollem Aufbau, beginnend mit Knabensopran der das fragile, beschauliche unglaublich anrührende Thema vorstellt und schrittweise steigert sich das Thema mit Chor und Orchester.

Damit ist der Zauber aber noch nicht zu Ende. Das siebenminütige „Escaping Gotha“ bringt nochmals komplexe, großartig orchestrierte und entfesselte Actionmusik wie sie Giacchino in seiner gesamten Filmkarriere nie mehr zusammengebracht hat.  Jedem klassichen Filmmusikfreund müsste bei einem solchen Actionfeuerwerk das Herz aufgehen.

 

Medal of Honor – Frontline ist ein langes aber sehr ausgewogenes Album dargeboten mit einem glasklarem und lebendigem Sound (Nothwest Sinfonia – aufgenommen in der Seattle Kathedrale), den die heutigen Aufnahmen von Giacchino´s Scores vermissen lassen. Ein entfesselter, verspielter und inspirierter Giacchino liefert hier ein frühes Meisterstück ab.

 

 

 

 

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Wie immer: Toller Text von Dir !

 

Medal of Honor hat in den ersten Teilen durchaus phantastische Scores von Giacchino und Lennertz.

Nur leider verflacht mit den Djawadi Beiträgen die musikalische Qualität, was sehr schade ist

 

Ein Dank geht an LLL, dass sie diese Box seinerzeit rausgebracht haben.

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