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Der amerikanische FILM NOIR von 1941 - 1958


Angus Gunn
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Frank Bigelow betritt zügigen Schrittes die Flure des Polizeireviers, fragt sich zum Leiter durch und gibt einen Mord zur Anzeige. Auf die Frage, wer der Ermordete ist, antwortet er mit: "I was."  Rückblende: Der Versicherungsmakler Bigelow will für ein paar Tage dem Alltag entfliehen und quartiert sich in einem Hotel in San Francisco ein. In einem Nachtclub vertauscht ein Unbekannter sein Getränk. Am nächsten Morgen fühlt er sich nicht wohl, sucht einen Arzt auf und erfährt, dass er ein langsam wirkendes Gift im Körper hat, für das es kein Gegenmittel gibt. Auf die Frage, wie lange er noch zu leben habe, bekommt er die Antwort: Vielleicht zwei Tage, höchstens eine Woche. Von nun an nimmt die Handlung an Fahrt auf, wie man es sonst selten zu sehen bekommt. Nachdem sich er erste Schock gelöst hat, macht sich Bigelow auf die Suche nach seinem Mörder. Dabei fegt er mit der Wucht einer Abrissbirne durch das großstädtische Nachtleben, legt sich mit Halbweltern an, läßt sich durch Schußwechsel nicht aufhalten. Denn er hat nichts mehr zu verlieren und nur noch sehr wenig Zeit.

Ein kleines B-Movie, das mit einer cleveren Idee und einer atemberaubend spannenden Umsetzung glänzt. Die absolute Ausnahmesituation in der sich der Durchschnittsamerikaner Bigelow wiederfindet, wird in aller Glaubwürdigkeit und Konsequenz durchgespielt. Was den Zuschauer in die unbequeme Lage bringt, sich mit einem sympathischen Alltagshelden zu identifizieren, dessen Ende bereits gewiß ist. Eine Prämisse,n die bei einer großen Studio-Produktion zu der Zeit undenkbar gewesen wäre.

Seinen Teil zur Wirkung trägt auch Dimitri Tiomkin bei, in dessen monothematischem Score sich die ganze Dramatik der Geschichte wiederfindet. Das beginnt schon bei der Overtüre, wenn die Kamera Edmond O´Brien durch die Flure der Polizeistation folgt. Der harte, stampfende Rhythmus verweist auf entschlossene Zielstrebigkeit, aber die Streicher erzählen gleichzeitig von Resignation und Verzweiflung. Noch aufwühlender gerät Tiomkin die Sequenz, in der Bigelow nach der verhängnisvollen Diagnose panisch und ziellos durch die Straßen rennt. Über die tosenden Orchesterwirbel legt sich vom Klavier intoniert das Hauptthema, bis Bigelow erschöpft innehält, zur Sonne hochblickt, seine Gedanken sortiert und einen Entschluß faßt.

Ein starker Score, der beschämenderweise im ansonsten sehr interressanten DVD-Booklet keine Erwähnung findet. Der Film ist zwar im Netz frei verfügbar, sollte aber dennoch unbedingt auf der bildtechnisch weit überlegenen Koch-DVD-Edition (nur OmU) konsumiert werden.

 

 

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  • 4 Wochen später...
Am 31.7.2019 um 21:43 schrieb Angus Gunn:

Unabhängig von seiner Einordnung, ist HITCH HIKER denn sehenswert?

Ein Film wie ein Skelett. Ultimativ abstrahiert und reduziert auf archetypische Konzepte und Situationen - man erfährt nichts über die Figuren oder ihre Motiviation, oder über den Sinn des Ganzen, auch bekam ich keine rechte Vorstellung davon, was Lupino überhaupt bewegt hat, den Film zu drehen. Dafür, dass an den beiden entführten Männern angeblich Geschlechter-Stereotype und genderbezogene Fragen zur Gesellschaft verhandelt werden (das meinten zumindest einige Freunde nach der Sichtung im Filmmuseum im Juni), fand ich das auch alles viel zu sehr auf Genre-Standardsituationen und sonstige Archetypen reduziert. 

Oft finde ich solche Abstraktionen ja durchaus interessant und reizvoll, hier habe ich mich aber - angesichts der emotionalen Leere und Verknappung des Films - königlich gelangweilt. Eine der lustlosesten Filmerfahrungen des Jahres für mich. 

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Am 16.10.2019 um 21:09 schrieb Sebastian Schwittay:

Eine der lustlosesten Filmerfahrungen des Jahres für mich. 

Lupino hat ja auch dieses unsägliche Ende von ON DANGEROUS GROUND verbrochen, was dem ansonsten so guten Film doch einige Qualitätspunkte gekostet hat. Das Ende wurde ihr zwar aufoktroyiert, aber es ist auch geradezu fahrlässig simpel per Überblendung drangeklatscht und wirkt inszenatorisch irgendwie profan und unbeholfen.

 

David Buttolph:  THIS GUN FOR HIRE (1942)

Der Wecker schlägt an. Philip Raven steht von der Pritsche auf, nimmt eine Nachricht entgegen und wirft sich einen Mantel über. Einer kleinen Katze stellt er eine Schale Milch hin. Eine Haushälterin, die das Tier mit einem Lappen verscheuchten will, reißt er rabiat zurück und schlägt ihr ins Gesicht. Noch einmal streicht er liebevoll über den Rücken der Katze und verläßt die Wohnung. Ein neuer Auftrag wartet. Ein großartiger Einstieg, der bereits exakt den Charakter der Hauptfigur skizziert.

Berühmter Kriminalfilm der "Schwarzen Serie" nach einer Vorlage von Graham Greene. Melodramatisch und psychologisch weitgehend unglaubwürdig, lebt der düster-fatalistische Film von seinem Gespür für Atmosphäre, Stimmungen und erzählerischem Rhythmus. (Lexikon des internationalen Films)

THIS GUN FOR HIRE (Die Narbenhand) ist der erste und beste von drei Noir-Krimis, in denen Alan Ladd zusammen mit Veronica Lake auftrat. Ladds lakonische Darstellung eines Auftragkillers ist wegweisend und in seinem Einfluß auf ähnliche Figuren der Filmgeschichte (prominentes Beispiel: Alain Delon in "Le Samourai") bis heute spürbar. David Buttolphs Filmmusik beginnt mit einer ausschweifend melodramatischen Overtüre und ist ansonsten sehr effizient eingesetzt. Für die folgende Mini-Suite habe ich mal die Sequenz des ersten Auftragsmords ausgewählt, da der Score hier mit seinen hektisch flirrenden Streichern und dem düsteren Nachspiel besonders effektvoll ausgefallen ist.

 

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  • 2 Wochen später...

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Zugegen, das Cover ist keine gestalterische Glanzleistung, aber es zählen die Inneren Werte, und die sind auf dieser Kritzerland-CD in hinreichendem Maße zu finden. Für Paramount hat Victor Young seit den 30er Jahren an einer Unzahl an Filmen als Komponist, Arrangeur und musikalischer Leiter gearbeitet. Nicht wenige davon sind dem Film Noir zuzurechenen. Und davon finden sich gleich zwei auf diesem Album.

In APPOINTMENT WITH DANGER (Inspektor Goddard, 1951) geht es im einen Postinspektor (Alan Ladd), der den Mord an einem seiner Kollegen untersucht und dabei an eine Verbrecherbande gerät, die einen Postraub in großem Stil plant. Das PRELUDE eröffnet mit einem Young-typischen Marsch, der nach amerikanischem Heroismus klingt, und erstmal als ganz neutrale Eröffnung für sich alleine steht. War zu der Zeit nicht unüblich, und ist mir gerade bei Young schon mehrmals aufgefallen. Es folgen 25 Minuten, die Young auf der Höhe seines dramatischen Schaffens zeigen. Düstere, streicherlastige Stücke mit starken, mitreißend thrillenden Motiven und gelegentlichen Abstechern ins Melodramatische, die im hitzigen COPS AND ROBBERS ihren Höhepunkt finden.

THE ACCUSED (Frau in Notwehr, 1949):  Eine Professorin (Loretta Young) tötet einen ihrer Studenten, der sie vergewaltigen wollte. Sie versucht die Tat zu verschleiern, verliebt sich aber in einen Mann, der dem getöteten Studenten nahestand. Schon der Inhaltsangabe nach kein aktionsreicher Gangster-Krimi sondern ein emotional aufgeladenes Melodram, auf das Young mit einem hinreißenden, ebenso schwelgerischen wie intimen Hauptthema reagiert, das sich durch den ganzen ca. 18-minütigen Score zieht. Ergreifend schön, und der exakte Gegensatz zu den fiebrigen Thriller-Klängen von "Appointment with Danger".

Kein Noir, aber der Vollständigkeit halber erwähnt seien die abschließenden 22 Minuten aus SEPTEMBER AFFAIR, wiederum sehr schwelgerisch, teils quirlig-lebhaft und höchst romantisch mit mediterranem Mandolinen-Flair. Für die ganze Scheibe gilt: Eine rundum gelungene Sache.

 

 

 

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  • 3 Monate später...

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Alex North: THE 13TH LETTER

Die Bewohner einer kanadischen Kleinstadt werden durch anonyme Briefe mit denunziatorischen Inhalten gegeneinander aufgehetzt. Dieser Film ist das Remake des französischen Klassikers LE CORBEAU von 1943, mit dem sich Regisseur Clouzot aufgrund der sehr negativen Darstellung der französischen Bevölkerung ein jahrelanges Berugsverbot einhandelte. Aber im Gegensatz zum Original ist Otto Premingers THE 13TH LETTER weitgehend von der Bildfläche verschwunden und scheint auch niemals ins Deutsche übersetzt worden zu sein. Ich habe ihn nie gesehen, aber wer die gefürchtete Public-Domain-Qualität nicht scheut, der kann ihn als DVD-R erwerben.

Die Musik von Alex North deutet auf ein abgründiges, düsteres Thriller-Melodram hin, das mit einem kurzen, aber wirklich packenden, fanfarenartigen MAIN TITLE beginnt. Höchst romantisch geht´s dann in THE FERRY weiter, bevor allmählich die düsteren Klangfarben den Ton übernehmen. PEARSON ist ein großartiges Stück, ruhig dahingleitend und von hintergründigem Suspense. North bleibt in diesem Stil, erzählt von Zweifeln und seelischen Abgründen und wird dabei nie aufdringlich. Eine beeindruckende Musik, tiefschwarz und empfindsam, die gegen Ende in den Stücken ABOUT DOC PEARSON und DOC AND CORA ihren Höhepunkt findet, bevor sie dann in NO MORE MAIL zu optimistischeren Klängen zurückfindet. Eigentlich die formvollendete akustische Umsetzung des Begriffs "Noir". So in etwa stelle ich mir das Ergebnis vor, wenn North zu der Zeit mit Hitchcock zusammengearbeitet hätte. Auf der Varese-CD ist freilich VIVA ZAPATA das Aushängeschild und war seinerzeit auch für mich der alleinige Kaufgrund. Und das ist auch gut so, denn ansonsten wäre ich auf THE 13TH LETTER vielleicht nie aufmerksam geworden.

 

 

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  • 2 Wochen später...

Und zwischendurch mal einen Filmtipp:

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DAS TODESHAUS AM FLUSS (House by the River, 1950)

Der Schriftsteller Stephen Byrne lebt in einer viktorianischen Villa am Flußufer. Da es mit dem Beruf nicht mehr so gut läuft, greift er immer häufiger zur Flasche, bis er eines Tages im Suff das attraktive Dienstmädchen Emily erst bedrängt und dann tötet. In Panik zieht er seinen Bruder ins Vertrauen, und die beiden versenken die in einem Sack verschnürte Leiche nachts im Fluß. Aber dieser Fluß hat seine Launen und fördert manchmal Dinge ans Tageslicht, die eigentlich für immer auf dem Grund hätten verweilen sollen...

Auch wenn die Auflösung vielleicht (aus heutiger Sicht?) etwas banal daherkommt, so ist hier doch ein sehr stimmiger und außerordentlich spannender Noir gelungen, der deutlich auf den Spuren Hitchcocks wandelt, und der als einer der wenigen diesem Vorbild auch das Wasser reichen kann. Fritz Lang vertrödelt keine Sekunde, geht von Anfang an in medias res, zeichnet seine Charaktere mit groben aber sorgfältig gesetzten Pinselstrichen und erlaubt sich inszenatorisch weder Schwächen noch Unkonzentriertheiten. Die Szenen nach dem Mord, als eine unbekannte Person ums Haus schleicht, die Licht- und Schattenkontraste am Türglas und das Auge, das hereinblickt. Und natürlich Byrnes nächtliche Irrfahrt über den Fluß - das sind Bilder für die Ewigkeit, und man muß sich doch sehr über den geringen Bekanntheitsgrad dieses Werkes wundern. Für mich war die ansprechend gestaltete deutsche DVD-Buchbox jedenfalls meine erste Begegnung mit diesem wenig beachteten Kleinod.

Obwohl ich ein Anhänger der klassischen, deutschen Synchronkunst bin, muß ich hier allerdings ausdrücklich die exzellent restaurierte Originaltonspur empfehlen. Die deutsche Fassung verprellt nicht nur mit einer stimmlichen Fehlbesetzung der Hauptfigur, sondern auch mit einem dumpfen und leiernden Klang, der die dramatische Filmmusik von George Antheil zu einem undefinierbaren, scheppernden Tonbrei verformt.

 

 

 

 

 

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Noch einer, weil ich gerade so im Flow bin:

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ZEUGE GESUCHT (Phantom Lady, 1944)

Dass es auch ganz ohne dramatischen Score geht, beweist Robert Siodmaks großartiger PHANTOM LADY. Um seiner kriselnden Ehe zu entfliehen verbringt der erfolgfreiche Ingenieur Scott Henderson seine Freizeit im New-Yorker Nachtleben. In einer Bar kommt er mit einer Frau ins Gespräch, mit der er die ganze Nacht in einer Musikshow verbringt. Am nächsten Morgen wird Scott zu Hause von der Polizei erwartet. Seine Frau ist ermordet worden, und er gilt als dringend tatverdächtig. Nur die Fremde aus der Bar könnte ihm ein Alibi geben, doch er kennt nichtmal ihren Namen. Scott kommt in Untersuchungshaft. Seine Sekretärin Carol ist entschlossen, seine Unschuld zu beweisen und macht sich im nächtlichen New York auf die Suche nach der Unbekannten.

Neben der außerordentlich stilsicheren Regie ist es vor allem die wie immer hinreißende Ella Raines, die diesen Film zum Ereignis macht. Sie trägt einen Großteil der Handlung, reißt ihre Szenen allein durch ihre Präsenz an sich, inkarniert von der charmanten Büro-Schönheit zum durchtriebenen Nachtclub-Vamp und spielt ihre Kollegen dabei glatt an die Wand. Die Sequenz, in der sie dem schmierigen Drummer einer Jazzcombo die Schweißperlen auf die Stirn treibt, muß man gesehen haben.  

Filmmusik gibt es, wie schon erwähnt, keine (Hans J. Salter wird im Vorspann als "Musical Director" genannt). Ein Grund dafür mag sein, dass diegetischer Musik in Form von Nachtclub-Jazz bis zu Revue-Shows in PHANTOM LADY eine größere und auch dramaturgisch wichtige Rolle zukommt und man den Film nicht überladen wollte. So sind viele Szenen von beträchtlicher Spannung (Bahnhof-Sequenz und vor allem auch die letzte Viertelstunde!) und finden doch in aller Stille statt. Statt dessen werden geschickt platzierte Geräusche eingesetzt. So wird hier das schrille Klingeln des Telefons zum Signal für mörderische Umtriebe. Ähnlich verfährt Siodmak im deutschen Noir-Drama NACHTS WENN DER TEUFEL KAM. Dort ersetzt eine plötzlich losheulene Fliegeralarm-Sirene das Todesdrama, wenn Bruno Lüdke zur Tat schreitet.

Ein in jeder Hinsicht erstklassiker Noir, bei dem sich vor allem eine Frage aufdrängt:  Warum ist Ella Raines heute kaum noch jemandem ein Begriff?

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Irving Lerner - Ein vergessener Regisseur

MURDER BY CONTRACT (1958)

Um sich seinen Traum vom Eigenheim zu erfüllen, heuert der Buchhalter Claude bei dem zwilichtigen Mr. Noon als Auftragskiller an. Die Aufträge kommen von einem Gangster namens Vick, sind hochbezahlt, und Claude erfüllt sie kaltblütig und gewissenhaft. Als er eines Tages eine Frau beseitigen soll, die offenbar eine für Mr. Vick gefährliche Zeugin ist, rührt sich sein Gewissen.

Vince Edwards verkörpert seinen Part als egomanischen Psychopathen, was schon im betont nüchtern gehaltenen Bewerbungsgespräch zu Beginn deutlich wird, und sich in der kaltblütigen Ausführung der ersten Aufträge fortsetzt. Ein Killer in der Tradition von Alan Ladds Philip Raven, und eine Vorwegnahme und vermutlich auch Inspirationsquelle von Allen Barons BLAST OF SILENCE. Mit seinem melancholischen und eingängigen Hackbrett- und Gitarren-Score von Perry Botkin steht MURDER BY CONTRACT stilistisch auch dem europäischen (vor allem dem französischen) Noir-Kino näher als dem amerikanischen.

Ein kleiner, ungemein zynischer und bestechend im dramaturgischen Rhythmus gestalteter Noir-Thriller, der sich inzwischen (auch dank der Initiative von Martin Scorsese) einen Klassiker-Status erworben hat, und in einer exzellent restaurierten, amerikanischen DVD-Fassung zu haben ist.

 

CITY OF FEAR (1959)

Nach einem Überfall sind zwei Ausbrecher auf dem Weg nach Los Angeles. Einer von beiden stirbt an einer Schußverletzung, der andere, Ryker, setzt seine Flucht fort. Mit sich führt er einen erbeuteten Metallzylinder, der seiner Meinung nach Heroin enthält, tatsächlich aber mit radioaktivem Kobalt-60 gefüllt ist. Da ein Wissenschaftler, sollte der Behälter geöffnet werden, eine tödliche Gefahr für die ganze Stadt vermutet, wird fieberhaft nach Rykler gefahndet, der inzwischen langsam aber sicher selber vom Inhalt des Zylinders vergiftet wird.

Mit dem selben Team (Lucien Ballard, Lerner, Edwards) realisiert, erweist sich CITY OF FEAR mit seinem skurrilen SF-Plot, der teils unausgegorenen Story und der wenig inspirierten Dramaturgie rund um die Polizeiermittlungen, als deutlich schwächer als sein Vorgänger. Trotzdem besitzt er noch genügend Potenzial, das Talent eines Regisseurs zu erkennen, der eine individuelle Handschrift besitzt und der leider in diesem Genre nicht weitergemacht hat. Der Score ist natürlich durch seinen berühmten Urheber weithin bekannt. Auf CD mag die halbe Stunde bisweilen etwas sperrig anmuten, aber tatsächlich erweist die Musik erst im Zusammenspiel mit dem Film ihre wahre Größe. Goldsmith´ ruppige Kompositionen sitzen wie angegossen und helfen der bisweilen holprigen Geschichte bravourös über die Runden.

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  • 1 Monat später...

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Miklos Rozsa: CRISS CROSS / GEWAGTES ALIBI (1949)   

Geldtransport-Fahrer Steve (Burt Lancaster) läßt sich von dem Gangster Slim Dundee in einen Raubüberfall auf seinen eigenen Transportwagen verwickeln. Auf diese Weise hofft Steve seine Ex-Frau Anna (Yvonne De Carlo) zurückzugewinnen, die inzwischen mit Slim verheiratet ist.

Nach THE KILLERS ist dies der zweite Film, den Robert Siodmak mit Burt Lancaster gedreht hat. Und er steht seinem Vorgänger in nichts nach. CRISS CROSS nimmt sich Zeit für die Charakterstudie des äußerlich stämmigen, doch verletzlich wirkenden Steve, dessen verzweifelte Bemühungen um seine verflossene Liebe von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Einer der tragischsten Charaktere des klassischen Film Noir. Yvonne De Carlo gibt die berechnend handelnde Opportunistin, und Dan Duryea ist wie immer ein überzeugend schmieriger Schurke von unbehaglicher Brutalität.

Was mir gar nicht so bewußt war, ist der Umstand, dass dies eine Filmmusik von Miklos Rozsa ist, die bis dato noch komplett unveröffentlicht geblieben ist. Nichtmal auf einen der einschlägigen Sampler hat es die Titelmusik geschafft. Die Handschrift des Meisters ist auch in dieser Komposition selbstverständlich unverkennbar.

 

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Franz Waxman: DARK PASSAGE / DIE SCHWARZE NATTER  (1947)  

Dem unschuldig inhaftierten Vincent Parry gelingt die Flucht. Um unerkannt den wahren Schuldigen zu suchen, unterzieht sich Parry bei einem zwilichtigen Chirurgen (großartig: Housley Stevenson) einer plastischen Operation, die sein Gesicht völlig verändern wird. Doch bis die Narben verheilt sind, muß er Bandagen tragen, eine Weile wie Claude Rains in "Invisible Man" herumlaufen und so lange bei der ihm freundlich gesonnenen Irene Jansen (Bacall) untertauchen.

Ein Film, der sich mit seinem ungewöhnlichen SF-Plot interessant machen möchte. Und dies schafft er dank Delmer Daves blendender Regie und zahlreicher visueller und dramaturgischer Spielereien auch ganz vorzüglich. So wird im ersten Drittel sehr viel mit subjektiver Kameraperspektive (aus Parrys Sicht) gearbeitet, und es dauert eine volle Stunde, bis die Verbände abgenommen werden und Parrys neues Gesicht (Bogart) zum Vorschein kommt. Unterhaltsam und spannend, wenn auch das letzte Drittel im Vergleich zu konventionell geraten ist und das hohe Niveau nicht ganz halten kann.

Wer das Niveau auf jeden Fall hält ist Franz Waxman, der auch hier wieder mit den für ihn so typischen, schroffen und hitzigen Klängen glänzt. Die Titelmusik hat es, in recht ordentlicher Qualität vom Filmton gezogen, auf zwei Sampler geschafft. Ansonsten ist auch dies eine bisher unveröffentlichte Partitur.

 

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Interessanterweise  entstammt der Main Title von DARK PASSAGE bzw. die ersten 40 Sekunden davon aus TO HAVE AND HAVE NOT von 1944, in dem ja ebenfalls Bogart und Bacall die Hauptrollen spielten. Waxman hat das also einfach von dort recycelt.
Hier mal die von Charles Gerhardt mit dem NPO eingespielte Neuaufnahme des Main Titles von TO HAVE AND HAVE NOT:

Im übrigen ist nach dem Main Title in der deutschen Fassung von DARK PASSAGE dann leider nicht mehr allzuviel von Waxmans Originalmusik zu hören. Hier muß man schon auf die Originalfassung zurückgreifen, denn die TV-Synchronisation verhunzt da vieles.

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DARK PASSAGE hat mich unglaublich beeindruckt, als ich den letztes Jahr gesehen habe. Ohnehin haben mich bisher sehr sehr wenig Noirs kalt gelassen. Denkt Ihr, es besteht noch Hoffnung bezüglich einer CD-Ausgabe der Musik oder sind die Bänder eventuell gar verschollen oder vernichtet? Interessant, dass auch THE BIG SLEEP bisher nicht in einer vollständigeren Fassung verfügbar ist.

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Wie ja schon öfters erwähnt, haben Warner Bros. ihren Bestand an Nitromaterial - also eben auch die "nitrate optical tracks"  mit den Musiken vor 1954 - bereits Mitte der 70er Jahre vernichtet. Das hätte damals wohl alles umkopiert werden müssen, da Nitro-Filmmaterial bekanntermaßen leicht brennbar ist - haben die aber damals nicht gemacht und war ihnen sicherlich auch zu teuer. An die Korngold-Erben sind zum damaligen Zeitpunkt dann auf Drängen von George Korngold hin Bänder der noch verfügbaren Korngold-Musiken gegangen - deshalb sind genau die noch erhalten.
Steiner hat dagegen eben schon sehr früh sehr viele Azetate seiner Filmmusiken gehortet und deshalb gab es schon seit den frühen 70ern auch die Steiner Library, aus der die BYU bis heute für ihre Steiner-CDs schöpfen kann. Allerdings ist eben ausgerechnet von THE BIG SLEEP dort nun so gut wie nichts vorhanden. Ich meine, daß Ray Faiola vor 2-3 Jahren geschrieben hat, sie hätten dort noch nach langer Suche so 3-4 Minuten gefunden - das ist aber auch wirklich alles. Und Warner hat wie bei DARK PASSAGE natürlich eh nichts mehr. Es ist im übrigen wohl auch im Waxman-Nachlaß in der Syracuse University - von wo jetzt z.B. das Material für die Dragon´s Domain-CD herkam und auch der Großteil von BRIDE OF FRANKENSTEIN für die LLL-CD -,  nichts erhalten von dem Score. Insofern kann man sich sehr schön ausmalen, daß von der Originalaufnahme auf CD in Zukunft kaum mehr was kommen wird.

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TO HAVE AND HAVE NOT habe ich ungefähr seit meiner Jugend nicht mehr gesehen, könnte ich eigentlich mal wieder nachholen.

Am 9.4.2020 um 07:00 schrieb Mephisto:

DARK PASSAGE hat mich unglaublich beeindruckt, als ich den letztes Jahr gesehen habe. Ohnehin haben mich bisher sehr sehr wenig Noirs kalt gelassen.

Ich finde ihn auch stark, aber letzten Endes hinterläßt ein CRISS CROSS mit seiner tiefgreifenden Charakterentwicklung und natürlich dem niederschmetternden Ende bei mir den nachhaltigeren Eindruck.

 

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Gerald Fried:  THE KILLING

Unter Führung des erfahrenen Ganoven Johnny Clay schließen sich vier bisher unbescholtene Männer für einen Überfall auf die Kasse einer Pferderennbahn zusammen. So banal sich die Handlung liest, so brillant und fesselnd ist die filmische Umsetzung. Nach kurzen, aber präzisen Charakterskizzen widmet sich die zweite Filmhälfte in aller Ausführlichkeit der Ausführung des Coups, der aus verschiedenen Blickwinkeln und mit verschobener Zeitkontinuität erzählt wird. Ein Stilmittel, dass ein Tarantino ein paar Jahrzehnte später wieder aufgegriffen hat.

Ein oft unbeachtetes, progressives, wildes Bravurstück das bereits auf Stanley Kubricks Status als Ausnahmeregisseur hindeutet. Den harschen Tonfall verdankt THE KILLING auch der ungewöhnlich schroffen, aggressiven Musik von Gerald Fried, die für romantische Zwischenspiele keine Atempausen vorsieht.

 

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Schön, dass du den Fried erwähnst! War immer einer meiner Lieblingsfilme, habe den irgendwie nie als Noir, sondern mehr als Gangsterdrama verbucht.

Der YouTube Clip oben ist die neueingespielte Suite auf Silva. Das Original ist besser, auch ohne den Schnitt in der Titelmusik. Der junge Fried hatte jedenfalls einen Lauf mit den ganzen Scores für Kubrick. Was wäre wohl gewesen, wenn er für Spartacus gefragt worden wäre? :)

 

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Ist es denn überliefert, warum die Zusammenarbeit nach PATHS OF GLORY endete? In einem Interview auf YT erzählt Fried von seiner Arbeit mit Kubrick. Demnach hatte er beim ersten Film noch völlig freie Hand, bis Kubrick dann von Film zu Film immer genauere Vorstellungen vom jeweiligen Score bekam. Warum es letzten Endes auseinanderging, erfahren wir aber nicht.

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vor 2 Stunden schrieb Angus Gunn:

Ist es denn überliefert, warum die Zusammenarbeit nach PATHS OF GLORY endete? In einem Interview auf YT erzählt Fried von seiner Arbeit mit Kubrick. Demnach hatte er beim ersten Film noch völlig freie Hand, bis Kubrick dann von Film zu Film immer genauere Vorstellungen vom jeweiligen Score bekam. Warum es letzten Endes auseinanderging, erfahren wir aber nicht.

Tippe hier mal die entsprechenden Passagen aus Jeff Bonds Interview mit Fried ab:

Zitat

Bond: Did you have any contact with him (Kubrick) after you worked with him?

Fried: Oh, yeah; anytime I went to England we'd have dinner together.

Bond: Was there any chance you would have worked with him again after Paths of Glory?

Fried: Actually we had kind of a falling out, along the lines of him feeling that he'd put himself on the map as a filmmaker and me telling him the music was one of the things that had put him there.

 

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Gast Stefan Jania
vor 3 Stunden schrieb Angus Gunn:

Ist es denn überliefert, warum die Zusammenarbeit nach PATHS OF GLORY endete? In einem Interview auf YT erzählt Fried von seiner Arbeit mit Kubrick. Demnach hatte er beim ersten Film noch völlig freie Hand, bis Kubrick dann von Film zu Film immer genauere Vorstellungen vom jeweiligen Score bekam. Warum es letzten Endes auseinanderging, erfahren wir aber nicht.

Auszug aus dem von Ford Thaxton geführten Interview mit Gerald Fried in der Soundtrack #70 (1999). 

Zitat

What struck me about those early scores was just the brutality and the really kind of austere quality of them. Certainly things like KILLER’S KISS and THE KILLING show that off. So you did all these films in this period, and then it came to PATHS OF GLORY, which was in ‘57, which is arguably one “Stanley Kubrick was of the best war movies ever made, in my opinion, and that was the last time you two worked together; as far as I can tell…
Right.

What happened on that particular movie?
Nothing different happened. We were still the same guys, although he was a little more sure of himself, his fantasies of being smarter than anyone in Hollywood were beginning to bear fruit, but we worked together okay. And we both are drum-happy, so, except for the Strauss Waltz and the German song at the end, it was an all-percussion score.

You recorded that in Germany. That must have been an interesting experience for you at that point in your life.
Do you know the reason PATHS OF GLORY got made? Because of THE VIKINGS. This is interesting film history, and it’s also accurate. Kirk Douglas was impressed with Stanley, talked with him, and he said, “I’m doing THE VIKINGS. We have some time in-between, why don’t we just throw in PATHS OF GLORY on the off days of THE VIKINGS?” That’s how PATHS OF GLORY got made!

So they were filmed concurrently essentially?
Yeah. Anyway, the point about Stanley and myself, Jewish boys being in Germany 12 years after the Holocaust, was mitigated by Kirk Douglas on the first day of shooting on THE VIKINGS. You know what he looks like – blonde, lantern-jawed. He assembled everybody, the financiers, the accountants, the crew, the actors, and he said “I just wanted to let you know that I do not look Jewish but I am a Jew. Please remember that every minute you are on the set

That was last professional collaboration you had with him, was it just a case of he went one way and you went another; and it just never meshed up after that?
Logistically, he moved to England. But firstly, things like SPARTACUIJS, were out of his control, LOLITA, I’m not sure… I just wasn’t the right guy far that picture. He needed a pop arranger, Nelson Riddle, to do that.

Since you saw the man’s entire evolution of his career… We’ve heard all these weird stories about the man, what would be your characterization of Stanley Kubrick as a person?
He was just like he rest of us. Bright, talented, neurotic – only more so! In all three!

During the intervening years, did you guys ever sit and talk about some of the issues that went on; certainly the North thing was the most notorious…
No, no…

That never came up?
No, we exchanged letters, but we never talked. It was not that comfortable.

Did you get any feedback from him, because he did get your re-recorded suite before he passed away? Did you ever hear anything about that?
No. I didn’t know that.

Silva Screen sent him an advance copy he did hear it before he passed away.
Oh, damn. I wish I would have heard from him.

Well look at the bright side, he did hear it. The ultimate irony of that whole project is that in a way you totally did one of the nicest tributes anyone has done for him, which was to make sure that those early films which had started him live on, and the music you did for them is a fitting tribute to the man.
You’re right…

Komplettes Interview hier. Ist leider per OCR online gebracht. Dadurch ein paar Fehler. Einige davon habe ich oben nach Vergleich mit der gedruckten Ausgabe korrigiert.

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Auch von mir vielen Dank für die interessanten Interview-Ausschnitte!

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Andre Previn:  BAD DAY AT BLACK ROCK

Der Stromlinienzug hält in einem gottverlassenen, staubigen Provinznest in der US-amerikanischen  Wüste. Kriegsversehrt, und im perfekt sitzenden Anzug, steigt ein Fremder aus, der sofort das Misstrauen der anwesenden Provinzler weckt. John MacReedy nimmt sich ein Zimmer im örtlichen Hotel, wird dabei von einem besonders unangenehmen Zeitgenossen bedrängt, läßt sicher aber nicht provozieren. Erst als MacReedy anfängt, unangenehme Fragen zu stellen und sich nach einem verschollenen Japaner erkundigt, droht die Situation zu eskalieren. STADT IN ANGST gibt sich mit seinen rund 80 Minuten Laufzeit und der reißerischen Eröffnungssequenz den äußeren Anschein eines typischen B-Movies aus jenen Tagen. Doch mit dem herausragenden Schauspieler-Ensemble und der wie immer glänzenden Regie von John Sturges, ist ein exzellenter Noir-Kriminalfilm gelungen, angesiedelt in einem Western-Kaff zur Nachkriegszeit, und zur Abwechslung mal in Farbe, der seine beträchtliche Spannung konsequent bis zum Ende durchhält. Unbedingt empfehlenswert!

Eigentlich vertont Andre Previn hier fast ausschließlich Spannungsmomente. Das einzige Thema dieser Musik, eine nüchterne, die Beharrlichkeit des von Spencer Tracy gespielten Charakters wiedergebende, recht simple Tonfolge, durchzieht in mannigfaltigen Varianten den gesamten Score. Ausladende Melodien, schwelgerische Romantik oder gar imposante Westernmotivik sucht man hier vergebens. Es gibt kein Schurken-Thema, noch nichtmal eines für die niedliche Anne Francis, der einzigen Frauenfigur des Filmes. Previn bleibt ganz und gar bei der Hauptfigur, eröffnet den Film mit einem reißerisch-packenden Main Title, begleitet Tracys Außenseitertum unter feindseligen Fremden und geht dabei sehr sparsam zu Werke. Gerade mal 20 Minuten währt der komplette Score, der punktuell geschickt über die Laufzeit verteilt, und gerade deshalb so effektiv ist.

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Abgerundet wird die Rhino-CD von Auszügen aus drei weiteren Scores aus den Jahren 1949/50:

In TENSION (Zum Zerreissen gespannt) rackert sich Quimby (Richard Basehart) jede Nacht im Drugstore ab, um seiner attraktiven Frau (Audrey Totter) ein besseres Leben bieten zu können. Doch die hat für seine kleinbürgerlichen Ambitionen nur Verachtung übrig und wirft sich dem wohlhabenden Unternehmer Deager an den Hals. Als der später ermordet wird, fällt der Verdacht auf Quimby, der eine solche Tat zwar schon geplant, aber dann doch nicht ausgeführt hat... Die Musik ist eher ruhig und auf die verführerische Famme Fatale zugeschnitten. Das laszive Hauptthema wird meist vom Saxophon vorgetragen und bestimmt fast jeden Track der Suite.

SCENE OF THE CRIME (Sumpf des Verbrechens):  Ein Detective (Van Johnson) klärt den Mord an einem Kollegen auf, der vorher der Korruption verdächtigt wurde. Diesen Film habe ich bisher nicht gesehen. Bei der knapp 8-minütigen Suite ist vor allem die Titelmusik zu erwähnen, die mit Fanfaren, Hörnern und Streichern auf zeittypische Weise eine Hardboiled-Kriminalgeschichte skizziert. Previns typischer Stil ist hier bereits deutlich auszumachen.

Ein besonderes Highlight sind aber die abschließenden 12 Minuten aus CAUSE FOR ALARM (Grund zur Aufregung). George ist totkrank und wird zu Hause von seiner Frau gepflegt. Er neigt zur Paranoia und ist davon überzeugt, dass seine Frau ihn betrügt, und dass ein Mordkomplott gegen ihn im Gange ist. Er schreibt einen Brief an den Staatsanwalt, in dem er seine Frau des geplanten Mordes beschuldigt. Kurz darauf verstirbt George an einem Infarkt, und der Brief ist bereits auf dem Postweg. Ein kurzweiliger, kleiner Thriller, der im Detail zwar weniger glaubwürdig ist, sich aber dank Loretta Youngs überzeugender Darbietung über die Runden rettet. Schauplatz ist nicht die anonyme Großstadt, sondern sonnendurchflutetes Vorstadtmilieu, in dem nichts den neugierigen Blicken der Nachbarschaft verborgen bleibt, was dem Film einige interessante und ungewöhnliche Aspekte sichert.  Die Musik ist melodramatisch-düster. In die kleinstädtische Pastorale drängen sich bedrückende, streicherlastige Passagen. Sehr gelungen auch die Einsätze der Solo-Violine, vor allem im intensiven NO HOPE. Ein amüsanteres Motiv gibt es in AUNT CLARA zu hören, das im Film so aber gar nicht vorkommt, wenn ich mich da jetzt nicht irre. Eine tolle Suite, und ein Höhepunkt der CD, mit der sich Previn mit damals gerade mal 20 Jahren bereits als versierter Tonsetzer für dramatische Stoffe empfiehlt.

 

 

 

 

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Am 15.4.2020 um 08:54 schrieb Angus Gunn:

Andre Previn:  BAD DAY AT BLACK ROCK

Doch mit dem herausragenden Schauspieler-Ensemble und der wie immer glänzenden Regie von John Sturges, ist ein exzellenter Noir-Kriminalfilm gelungen, angesiedelt in einem Western-Kaff zur Nachkriegszeit, und zur Abwechslung mal in Farbe, der seine beträchtliche Spannung konsequent bis zum Ende durchhält. Unbedingt empfehlenswert!

Previn eröffnet den Film mit einem reißerisch-packenden Main Title, begleitet Tracys Außenseitertum unter feindseligen Fremden und geht dabei sehr sparsam zu Werke. Gerade mal 20 Minuten währt der komplette Score, der punktuell geschickt über die Laufzeit verteilt, und gerade deshalb so effektiv ist.

Atmosphärisch dichter Film, die Szenerie und Stimmung wird gerade auch durch die Kamera ausgezeichnet eingefangen. War mal vier Wochen im Südwesten der USA unterwegs und bin da auch durch dieses Tal gekommen, in dem unzählige Filme gedreht wurden. Sehr beeindruckend ist die wuchtige Titelmusik, in der Previn die Fahrt des Zuges und die Ankunft mitten im Nirgendwo hochramatisch illustriert. Die Rhino CD ist für mich das beste Album mit Filmmusik aus der Feder Previns.

 

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André Previn - Bad Day At Black Rock (2001, CD) | Discogs

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Der Film hat mich schon zu Jugendzeiten sehr beeindruckt, und die Titelmusik hat mich damals schon gefesselt. Das Stück bremst dann ja auch mit dem Zug ab, bleibt aber sehr dramatisch. Wir wissen sofort, dass da kein gewöhnlicher Zug in dem kleinen Nest ankommt, und dass sich die Einwohner auf eine Menge Trouble gefaßt machen können. Und vielleicht sollte man noch lobend erwähnen, dass die Musik auf der CD in vollem Stereo erklingt. Für eine Aufahme von 1954 wahrlich ein Luxus.

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