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Der amerikanische FILM NOIR von 1941 - 1958


Angus Gunn
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In diesem Faden soll es um die Filme gehen, die im Allgemeinen mit dem Begriff FILM NOIR (bei uns auch als "Schwarze Serie" bekannt) umschrieben werden. Der Begriff wurde von französischen Kritikern geprägt, und obwohl der FILM NOIR kein eigenes Genre ist so ist er doch in der Regel (aber nicht nur) in der Kriminalliteratur von Schriftstellern wie Woolrich, Chandler und Hammett verwurzelt, um mal die bekanntesten zu nennnen. Zu seinen Eigenschaften zählen neben der stimmungsbetonenden Schwarz-weiß-Fotographie eine dichte Atmosphäre und ein tendenziell pessimistisches Menschen- und Weltbild. Klar abgesteckt sind die Grenzen nicht. So ist in der rühmlichen "Film-Noir"-Kollektion von Koch beispielsweise auch das Spukhaus-Drama THE UNINVITED (1944) zu finden, das ich persönlich nicht dort eingliedern würde, aber da gehen die Ansichten halt auch mal auseinander.

Im Allgemeinen wird John Hustons THE MALTESE FALCON (1941) als der erste, und Orson Welles´ TOUCH OF EVIL als der letzte Film dieser Gattung definiert, daher habe ich mal diese beiden Jahreszahlen als Rahmen gesetzt.

Natürlich sollte auch und gerade die Filmmusik im Fokus stehen, unabhängig davon ob sie als Soundtrack-Veröffentlichung existiert oder nicht, denn oft sind auch bloße Vergleiche der Originalversion mit der deutschen Synchronfassung interessant. Da ich ein großer Anhänger dieser Filme bin, aber längst nicht alles kenne, was es in diesem Bereich gegeben hat, springt vielleicht auch für mich der ein oder andere Geheimtipp heraus.

Los geht´s mit:

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LAURA ist ein hinreißend fotographiertes Kriminaldrama mit Mystery-Touch, das nahezu gänzlich ohne Action auskommt und stattdessen mit ausgefeilten Charakteren und brillanten Dialogen fesselt. Der Kriminalbeamte McPherson untersucht den gewaltsamen Tod von Laura Hunt. Beeindruckt von ihrem Porträt über dem Kamin, steigert er sich bis zur Besessenheit in den Fall und Lauras Charakter hinein, bis die Totgeglaubte sehr lebendig vor ihm steht....

Einer der schönsten Noirs mit einem wunderbaren Schaupieler-Ensemble, von dem vor allem Clifton Webb als zynischer Radiokolumnist Waldo Lydecker beeindruckt. In einer Szene, in der Laura ihn in einem Restaurant um eine Gefälligkeit bittet und beim Dinieren stört, legt er entnervt das Besteck beiseite und unterbricht sie harrsch: "Hören Sie, junge Frau. Entweder Sie haben Ihre Erziehung in unglaublich rustikaler Gesellschaft genossen, wo gute Manieren unbekannt sind, oder Sie leiden an der üblichen Selbsttäuschung, dass die bloße Tatsache eine Frau zu sein, sie von den Regeln zivilisierten Verhaltens entbindet. Oder möglicherweise beides."

Die Filmmusik von David Raksin ist monothematisch konzipiert und umwabert das Geschehen mit dem einschmeichelnden Laura-Thema ("nicht gerade klassisch, aber hübsch"), das sich samtig durch die Handlung schlängelt. Es ist sicherlich eine der bekanntesten Filmmelodien der 40er Jahre, und dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass für die (TV-) Synchronisation mit wesentlich kleinerem Ensemble eine neue Filmmusik eingespielt wurde, die das Laura-Thema ebenfalls verwendet, sich aber an anderer Stelle leider auch im Ton vergreift. So werden beispielsweise die Szenen gegen Ende, als sich im Gespräch zwischen Tierney und Andrews des Rätsels Lösung allmählich abzeichnet, von einer viel zu modern klingenden Komposition begleitet, die man eher in einer "Kommissar"-Folge aus den 70er Jahren verorten würde. Und höre ich in der Restaurant-Szene im Hintergrund etwa ein Keyboard heraus?  Ich fürchte ja....

Derlei Ausrutscher hätten nicht sein müssen, denn im Großen und Ganzen will ich die Synchronisation nicht verteufeln. Vor allem Webb und Price haben exzellente Sprecher bekommen, und rein von der stimmlichen Besetzung her gibt es hier nichts zu beanstanden. Auch die neue Musik des mir unbekannten Musikers geht trotz mancher Schwäche für mich aber in Ordnung, obwohl immer dann ein Qualitätssprung zu bemerken ist, wenn zwischendurch Raksins Originalmusik erhalten geblieben ist. Dies ist z.B. in der Szene der Fall, in der McPherson allein und gedankenversunken vor dem Porträt in ihrer Wohnung sitzt bis die angeblich ermordete Laura zur Tür hereinkommt.

Wirklich gerne würde ich LAURA mal in der Kinosynchronisation erleben, aber daran ist vorerst wohl nicht zu denken.

"In meinem Fall ist Egoismus vollkommen gerechtfertigt. Ich habe nie irgend etwas entdecken können, das sich meiner Aufmerksamkeit würdig erwiesen hätte" (Waldo Lydecker)

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vor 4 Stunden schrieb Angus Gunn:

Wirklich gerne würde ich LAURA mal in der Kinosynchronisation erleben, aber daran ist vorerst wohl nicht zu denken.

Wie kommst Du auf "vorerst"? Passender wäre hier leider "heutzutage nicht mehr". Denn die deutsche Kino-Erstsynchronisation von 1947 existiert einfach gar nicht mehr und wurde vemutlich Ende der 60er zum allerletzten Mal noch in irgendeinem deutschen Kino gezeigt. Danach war für alle Zeit Sense, denn der kleine Verleih, der den Film damals wohl mit 1-2 35mm-Kopien in Deutschland noch ausgewertet hat, ist 1970 in Konkurs gegangen. Da LAURA bis zu dem Zeitpunkt allerdings auch noch nicht im Fernsehen gezeigt worden war, hatten daher weder ARD noch ZDF eine Kopie dieser ersten Synchronfassung je erworben.
Und diese paar wenigen noch existierenden deutschen 35mm-Kopien wurden dann auch mit ziemlicher Sicherheit um 1970 herum ganz schnell vernichtet. Denn die 35mm-Filmlager - z.B. in München oder Frankfurt - hatten spezielle "Vernichtungslager", wo früher massenweise 35mm-Kopien in den Orkus geschickt wurden, wenn sie nicht mehr ausgewertet wurden bzw. wenn der zuständige Verleih insolvent war.

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Man muß bedenken: Für die Filmverleihe war halt Kino meistens nur Kommerz und Unterhaltung. Und wenn die Auswertung eines Films sich nicht mehr gerechnet hat, dann wurde er abgestoßen. Der deutsche Fox-Verleih hat schon 1961 das Interesse an LAURA verloren und ihn aus dem eigenen Verleihprogramm genommen - das heißt, der Film hat schon da in Deutschland nicht mehr die Kassen klingeln lassen und es bestand keine allzu große Nachfrage mehr hinsichtlich der Kinos.
Bei 35mm-Kopien, die in einem Lager rumstehen, ist es natürlich auch immer eine Frage des Platzes, den so was einnimmt, da ja ständig  massiv Kopien von neuen Filmen hinzugekommen sind, die gelagert werden mußten. Jede solche Kopie wiegt im Schnitt 25-30 kg und hat 5-6 Rollen. Wohin damit, wenn kein Verleih mehr Interesse daran hat und die Kinos auch kaum mehr? Das gillt vor allem für damalige Zeiten, wo man nicht so genau auf Bewahrung von altem Filmmaterial und eine Zweit- und Dritttauswertung durch andere Medien geachtet hat - wenn es ein deutscher Film gewesen wäre, hätte es dafür Archive gegeben, aber für ausländische Filme war es in Deutschland immer schon schwieriger, weil sich kaum jemand dafür eingesetzt hat.

Persönlich hat mir die Neusynchronisation von LAURA schon bei der TV-Erstsendung an 1975 total mißfallen, weil sie mir viel zu steril war. Inzwischen kann ich so was ohnehin gar nicht mehr ab und schaue mir, wenn die Originalmusik in der Neusynchronsation bei einem alten Film eh weg ist und die ganze 40er-Atmosphäre auch nicht mehr stimmt, nur noch das Original an. Dank der vielen DVD-Editionen geht das zum Glück heutzutage ja recht problemlos.

 

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Als Synchron-Fan habe ich weniger Probleme mit den deutschen Fassungen. Mit einer Ausnahme:  THE MALTESE FALCON. Denn hier gehen mir die Verfälschungen wirklich zu weit, sowohl bei den gegenüber dem Original wesentlich flapsigeren Dialogen, wie natürlich auch bei der Musikauswahl.

Früher, als ich DIE SPUR DES FALKEN im Fernsehen sah, da war noch alles in Ordnung, denn ich wußte ja nichts von den Begleitumständen. Und es war auch völlig klar, dass Adolph Deutsch für jenes flockige Jazz-Geklimper verantwortlich war, das den ganzen Film durchzog. Erst Anfang der 2000er Jahre wurde ich durch das Erscheinen der DVD und vor allem der Filmmusik-CD gewahr, welch verheerende Eingriffe hier stattgefunden haben. Trotzdem hat die Synchronfassung als Zeitdokument für mich ihre Berechtigung.

Und bei der Gelegenheit nochmal meine Ehrerbietung an das Morgan-Stromberg-Team für diese tolle Einspielung:

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Um nicht mißverstanden zu werden: Ich habe das Problem fast nur bei Neusynchronsiationen, die ca. 2-3 Jahrzehnte oder noch später nach der Uraufführung des Films entstanden sind. Ich mag dagegen viele alte deutsche Synchronisationen aus der direkten Nachkriegszeit sehr gerne - und zum Glück sind uns doch einige aus dieser Zeit von Ende 40er und Anfang 50er erhalten geblieben, wo auch die Musik dann eben fast immer stimmt. Da habe ich dann schon auch bestimmte Favoriten bei den Sprechern.
Nur kann eben für mich eine 70er-Synchronisation auf einen 40er-Film übergestülpt einfach nicht gut gehen und wenn ich noch so gute Sprecher habe: Der Sound stimmt dann nicht mehr, es ist keine Einheit mehr zwischen Bild und Ton vorhanden und die ursprüngliche Atmosphäre geht fast immer - mal mehr, mal weniger - verloren, weil die Intonation zu laut und zu sehr im Vordergrund ist - abgesehen davon, daß meistens ein Großteil der Musik wegen fehlender IT-Bänder dann sowieso rausfliegen muß. Mich hat das, seit ich es das erste Mal so in den frühen 70ern gemerkt habe, immer schon furchtbar gestört und ich hatte mich ja auch Mitte 80er mal bei der WDR-Redaktion darüber beklagt. Ich bekam dann eine recht aufschlußreiche Antwort vom dortigen Redakteur, wo es dann recht klar wurde, wie aus der Not heraus bei solchen Neusynchronisationen alter Filme eben gearbeitet werden muß.

Bei DIE SPUR DES FALKEN, der 1964 erstmals fürs Kino hierzulande synchronisiert wurde - direkt nach dem Krieg  Ende der 40er gab es von dem Film in deutschen Kinos nämlich nur die Originalfasung mit Untertiteln zu sehen, damals von der Warner verliehen - , war es wie ich mal gelesen hatte sogar der Wunsch des deutschen Verleihchefs von Neue Filmform, den Film mit einer jazzigen neuen Musik aufzupeppen, damit er etwas moderner wirken sollte. Vor allem die beiden Verleihe Atlas Film und Neue Filmform haben das generell so gemacht bei den Film Noir-Titeln aus den 40ern, die sie so Mitte der 60er in  Deutschland ins Kino gebracht haben. Deshalb sind auch so viele der Bogart-Krimis bis heute von diesen Verschlimmbesserungen betroffen, weil natürlich nach wie vor diese Synchronisationen überall gezeigt werden..

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Und genau wegen dieser Notsituation mache ich da auch niemandem einen Vorwurf. Irgendwo müßte ich auch noch die Ausgabe der Filmharmonischen Blätter haben, in der Dein Leserbrief zu dem Thema abgedruckt ist. So schließen sich nach über 30 Jahren die Kreise.:)

Interessant der Hinweis, dass DIE SPUR DES FALKEN vorher hier untertitelt in den Kinos lief. Ist mir neu.

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vor 4 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

Wie kommst Du auf "vorerst"? Passender wäre hier leider "heutzutage nicht mehr". Denn die deutsche Kino-Erstsynchronisation von 1947 existiert einfach gar nicht mehr und wurde vemutlich Ende der 60er zum allerletzten Mal noch in irgendeinem deutschen Kino gezeigt. Danach war für alle Zeit Sense, denn der kleine Verleih, der den Film damals wohl mit 1-2 35mm-Kopien in Deutschland noch ausgewertet hat, ist 1970 in Konkurs gegangen. Da LAURA bis zu dem Zeitpunkt allerdings auch noch nicht im Fernsehen gezeigt worden war, hatten daher weder ARD noch ZDF eine Kopie dieser ersten Synchronfassung je erworben.
Und diese paar wenigen noch existierenden deutschen 35mm-Kopien wurden dann auch mit ziemlicher Sicherheit um 1970 herum ganz schnell vernichtet. Denn die 35mm-Filmlager - z.B. in München oder Frankfurt - hatten spezielle "Vernichtungslager", wo früher massenweise 35mm-Kopien in den Orkus geschickt wurden, wenn sie nicht mehr ausgewertet wurden bzw. wenn der zuständige Verleih insolvent war.

Müsste man mal recherchieren, ob es in den europäischen Archiven nicht doch noch irgendwo eine zeitgenössische deutsche Kopie gibt. Letztes Jahr in Frankfurt lief jedenfalls auch nur eine Originalfassung mit tschechischen Untertiteln...

Mich persönlich hat der Film ja nie so umgehauen, da präferiere ich dann doch eher die wilderen Noirs der Mavericks aus den 50ern, wie Aldrichs KISS ME DEADLY. 

vor 9 Stunden schrieb Angus Gunn:

Zu seinen Eigenschaften zählen neben der stimmungsbetonenden Schwarz-weiß-Fotographie eine dichte Atmosphäre und ein tendenziell pessimistisches Menschen- und Weltbild. Klar abgesteckt sind die Grenzen nicht. So ist in der rühmlichen "Film-Noir"-Kollektion von Koch beispielsweise auch das Spukhaus-Drama THE UNINVITED (1944) zu finden, das ich persönlich nicht dort eingliedern würde, aber da gehen die Ansichten halt auch mal auseinander.

Mich wundert ja eh, wie weit der Stilbegriff oft gefasst wird. In unserem Filmkollektiv-Programm in Frankfurt zum Thema "Pionierinnen des Film Noir" habe ich letztens zum ersten Mal Ida Lupinos THE HITCH-HIKER gesehen, der ja als erster US-Noir gilt, der von einer Frau inszeniert wurde. Dabei weist der Film über einen Anhalter, der zwei Männer als Geisel nimmt und mit ihnen durch Mexiko fährt, nur sehr wenige der typischen Stil- und Inszenierungsmerkmale auf: keine verhängnisvolle Frauenfigur/femme fatale, keine urbane Szenerie, keine Rückblenden, kein Voice Over... höchstens eben die expressiv-verschattete S/W-Fotografie, was aber als alleiniges Merkmal für die Zuordnung nicht ausreicht, wie ich finde. 

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vor 1 Stunde schrieb Angus Gunn:

 Irgendwo müßte ich auch noch die Ausgabe der Filmharmonischen Blätter haben, in der Dein Leserbrief zu dem Thema abgedruckt ist. So schließen sich nach über 30 Jahren die Kreise.:)

In den Filmharmonischen Blätern (und zwar im letzten Heft, das erschienen ist, der Nummer 008) war zwar auch was von mir drin, aber der eigentlich von mir geschriebene längere Leserbrief, der dann die Antwort vom WDR veranlaßt hat, war in einem epd Film-Heft Anfang 1988. Das hat dort natürlich auch eine weitaus größere Wirkung erzielt als bei den rein auf Filmmusikfans begrenzten Filmharmonischen Blättern.

Übrigens habe ich durch Zufall vor einigen Monaten einige der in den deutschen Fassungen der Bogart-Film-Noirs zu Gehör kommenden Archivmusiken ausfindig machen können. Etliches davon wurde ursprünglich als Library Musik von einem gewissen George S. Chase – der auch das Pseudonym Michael Reynolds hatte – schon in den 50ern, ,aber dann vor allem in den frühen 60ern – für die Valentino Library komponiert. Die ganzen Stücke finden sich auf diesen Production Music-Alben von Major Records von ca. Mitte 60er:
https://www.discogs.com/de/label/89539-Major-Records-7

Die meisten Tracks, die auf den alten LPs waren, lassen sich inzwischen auf dieser BMG-Seite online komplett anhören, wenn man das Valentino-Label anklickt – und dann sind es vor allem die sieben “Score”-Alben:
https://bmgmusic.sourceaudio.com/#!label?l=551627&page=albums

Z.B. der Track “Nemesis” auf “Vol. 6 Mystery/Suspense” ist x-fach in den Neusynchros der Bogart-Filme – etwa in THE BIG SLEEP (der 1967 synchronisiert wurde), -  verrwendet worden. Das Stück kenne ich wirklich auswendig, weil so oft früher als Archivmusik in den Neusynchronisationen der alten Klassiker gehört, und daher sehr leicht wieder zu erkennen. War offenbar auf der Major Records-LP 64 mit drauf.

Oder “Wild Ride” auf Vol. 1 “Action” dient z.B. bei der deutschen Fassung (von 1963) von STAGECOACH als Untermalung für die Verfolgungsjagd gegen Ende. Ist auch in anderen Synchronisationen immer wieder benützt worden. War früher auf der Major Records LP 55.
Auch “Compulsion” auf Vol. 6 “Mystery/Suspense” taucht in der Mitte von STAGECOACH als atmosphärische Untermalung auch. Und auch das in mehreren Neusynchros älterer Filme.
Zudem kenne ich andere Stücke von Chase/Reynolds wie “City Romance” oder “Attack” sehr gut als Archivmusik von den deutschen Synchros her.

Das ist also eine wahre Fundgrube. :)

 

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vor 55 Minuten schrieb Sebastian Schwittay:

Müsste man mal recherchieren, ob es in den europäischen Archiven nicht doch noch irgendwo eine zeitgenössische deutsche Kopie gibt.

Wohl kaum, denn sonst würde seit 1975 nicht immer nur die gleiche Neuysnchronisation rauf und runter genudelt werden. Originalfassungen bzw. Originalnegative von US-Filmen in den USA zu finden ist eine andere Sache, aber eine deutsche Synchron-Fassung von 1947 zu einem US-Film von 1944, die zudem Ende 60er verloren ging, das ist eben doch ein anderes Kaliber und meist für immer weg.

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vor 11 Stunden schrieb Angus Gunn:

Es ist sicherlich eine der bekanntesten Filmmelodien der 40er Jahre, und dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass für die (TV-) Synchronisation mit wesentlich kleinerem Ensemble eine neue Filmmusik eingespielt wurde, die das Laura-Thema ebenfalls verwendet, sich aber an anderer Stelle leider auch im Ton vergreift. So werden beispielsweise die Szenen gegen Ende, als sich im Gespräch zwischen Tierney und Andrews des Rätsels Lösung allmählich abzeichnet, von einer viel zu modern klingenden Komposition begleitet, die man eher in einer "Kommissar"-Folge aus den 70er Jahren verorten würde.

Kleine Anekdote noch am Rande, die hierzu gut paßt: Ausschnitte aus genau dieser deutschen Neusynchronisation von LAURA hat man doch tatsächlich an 1995 in der Müchner Filmhochschule völlig unbedarft Komponist David Raksin präsentiert, als er dort vor ein paar Studenten ein kleines  Seminar über seine Hollywood-Erfahrungen abhielt. Er war zwar zunächst etwas überrascht, daß da im Film plötzlich nicht mehr seine eigene Musik zu hören war, meinte dann aber, sie müsse wohl von einem gwissen "Herman German" stammen. :)
Ein oder zwei Tage später gab es eine Diskussionsrunde ebenfalls in München u.a. auch mit Raksin, wo ich mit dabei war, und Matthias Büdinger erzählte mir persönlich diese in der Filmhochschule zuvor stattgefundene Blamage, die er selbst erlebt hatte, als wir anschließend noch in einer Kneipe zusammensaßen.

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vor 18 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

Wohl kaum, denn sonst würde seit 1975 nicht immer nur die gleiche Neuysnchronisation rauf und runter genudelt werden. Originalfassungen bzw. Originalnegative von US-Filmen in den USA zu finden ist eine andere Sache, aber eine deutsche Synchron-Fassung von 1947 zu einem US-Film von 1944, die zudem Ende 60er verloren ging, das ist eben doch ein anderes Kaliber und meist für immer weg.

Wie hoch ist denn die Chance, dass noch alte IT-Bänder in irgendwelchen Archiven lagern?

Die Musikkonserven in Verbindung mit deutschen Synchronstimmen sind mir schon als Kind bei den Schweinchen-Dick-Cartoons aufgefallen. Hat mich massiv gestört. Manchmal wurde die Originalmusik einfach geloopt, wenn der Text nur kurz war. Ich glaube bei "Caspar" war das Praxis. Bei Warner Bros schien es dann ab Ende der 40er IT-Bänder für Zeichentrickfilme zu geben.

Aber gut, hier gehts ja um Film Noir.

Die Beschaffung von LAURA aus dem Hause Kritzerland hatte ich immer vor mir hergeschoben, jetzt sind die Preise der CD astronomisch. Sehr bedauerlich. Tolle Musik!

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vor 48 Minuten schrieb Max Liebermann:

Die Beschaffung von LAURA aus dem Hause Kritzerland hatte ich immer vor mir hergeschoben, jetzt sind die Preise der CD astronomisch. Sehr bedauerlich.

Knapp 40€ aus DE (icl. Versand) geht doch noch (user ScoreFan)

https://www.discogs.com/sell/release/8489920?ev=rb

oder versiegelt aus Slowakei für ca 44€

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vor 45 Minuten schrieb Max Liebermann:

Wie hoch ist denn die Chance, dass noch alte IT-Bänder in irgendwelchen Archiven lagern?

Bezieht sich die Frage darauf, ob IT-Bänder bei den deutschen Synchronfirmen noch vorhanden sind oder bei den Studios in Hollywood?
Die zuständige deutsche Synchronfirma hat von LAURA ja doch bereits an 1975 kein IT-Band mehr von der Fox aus den USA erhalten, denn sonst hätten sie es an die deutsche Fassung angelegt. Das ist eh die Krux an der Sache, die mir damals der WDR-Redakteur so beschrieben hat:
"Und die Materiallage ist desolat: Bei 9 von 10 älteren Filmen sind entweder gar keine IT-Bänder lieferbar oder nur sehr mangelhafte, die aufwendig komplettiert werden müssen; und mit Sicherheit nicht vorhanden sind regelmäßig die Original-Musiken (außer denen, die ohnehin "freistehen", d.h. ohne darüberliegenden Dialog".

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vor 20 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

Das ist also eine wahre Fundgrube. :)

Vielen dank für die Archiv-Musik-Tipps. Da kommt mir beim Querhören auch so einiges bekannt vor.   Die Raksin-Anekdote ist ja wirklich genial. Und das passiert auch noch einer Filmhochschule. Viel mehr blamieren kann man sich eigentlich nicht :lol:.

vor 45 Minuten schrieb Max Liebermann:

Die Beschaffung von LAURA aus dem Hause Kritzerland hatte ich immer vor mir hergeschoben, jetzt sind die Preise der CD astronomisch.

Alternativ kann man auch zu PREMINGER AT FOX von Kritzerland greifen. Mit der dort enthaltenen 27-Minuten-Suite aus LAURA kann man eigentlich sehr zufrieden sein. Außerdem enthält dieses 2-CD-Set u.a. noch Cyril Mockridges Musik zu WHERE THE SIDEWALK ENDS, den Preminger wieder mit Andrews und Tierney in den Hauptrollen gedreht hat, und den ich als Film sogar noch mehr schätze als LAURA.

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Ministry of Fear (Musik: Victor Young)

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England 1944: Stephen Neale (Milland) wird aus der Nervenheilanstalt entlassen, in die man ihn wegen der geleisteten Sterbehilfe an seiner Frau eingewiesen hat. Auf einem zufällig aufgesuchten Wohltätigkeitsbasar gewinnt er eine Torte, die er anscheinend nicht hätte gewinnen dürfen. Wenig später sitzt er mit einem vermeintlich Blinden im Abteil, bis der Zug wegen eines Fliegerangriffs auf freier Strecke halten muß. Der Fremde schlägt ihn nieder, flüchtet mit dem Kuchen in die Landschaft hinaus, wird aber von einer Fliegerbombe erwischt, die einen großen Krater zurückläßt. Im Schutt findet er nur noch die Pistole des Fremden. Seine Nachforschungen bringen Neale daraufhin auf die Spur eines Spionagerings der Nazis.

Angeblich war Fritz Lang mit dem Drehbuch nicht einverstanden und hat den Film nur wegen seiner vertraglichen Verpflichtung abgedreht. Ich muß mich wundern, was dennoch daraus geworden ist. Der Film ist großartig, straff erzählt und unterhält von der ersten bis zur letzten Minute blendend. Mit seinen skurrilen Szenarien (zu denen auch eine tragisch endende Seance zählt) balanciert er haarscharf an der Grenze zur Satire entlang, ohne aber wirklich ins Alberne abzudriften. Beim finalen Schußwechsel auf einem verregneten, nächtlichen Dach werden Neales im Dunkeln stehende Gegner immer nur für Sekundenbruchteile im aufblitzenden Mündungsfeuer sichtbar. Und auch hier vertrödelt Lang keine überflüssige Zeit und beendet den Film auf ähnlich effiziente Weise, wie man es von Hitchcock her kennt. Überhaupt weißt der Plot unübersehbare Parallelen zu den Werken des Suspense-Meisters auf, inklusive Mikrofilm-MacGuffin.

Bevor ich noch mehr ins Schwärmen gerate, noch ein paar Anmerkungen zur Musik:  Victor Youngs Score ist sehr effektiv, wird sparsam dosiert und ist gerade im Titelvorspann (der über einem schwingenden Uhrenpendel abläuft) von schwerer, packender Dramatik. Ohne jetzt einen 1:1-Vergleich angestellt zu haben scheint in diesem erfreulichen Fall die Filmmusik in der deutschen Synchronfassung vollständig erhalten geblieben zu sein.

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vor 2 Stunden schrieb Angus Gunn:

Bevor ich noch mehr ins Schwärmen gerate, noch ein paar Anmerkungen zur Musik:  Victor Youngs Score ist sehr effektiv, wird sparsam dosiert und ist gerade im Titelvorspann (der über einem schwingenden Uhrenpendel abläuft) von schwerer, packender Dramatik. Ohne jetzt einen 1:1-Vergleich angestellt zu haben scheint in diesem erfreulichen Fall die Filmmusik in der deutschen Synchronfassung vollständig erhalten geblieben zu sein.

Nein, da täuschst Du Dich, denn die Synchronisation ist von 1973 und da mußte außer der Titelmusik fast alles von Victor Young raus und wurde durch die damals übliche Archivmusik für Krimis ersetzt. Höre selbst nochmals rein. Ich habe den Film in der deutschen Fassung in den 70ern und 80ern bestimmt zweimal im Fernsehen gesehen, weil ich ihn an sich ganz hervorragend fand, aber mich jedes Mal fürchterlich über den Musikeinsatz geärgert. Erst später in den frühen 90ern konnte ich ihn dann zum ersten Mal im Original im Kino sehen.
Deshalb schaue ich die deutsche Fassung auch nicht mehr an und habe den Film längst auf DVD - aber nicht die deutsche DVD, sondern die lange davor schon erschienene italienische, die natürlich auch die amerikanische Originalfassung enthält.

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Ich hab´ gerade mal zwei Stichproben gemacht. Einmal in der Szene in der 16. Minute als Milland die Detektei aufsucht, und dann das komplette Finale, von dem Moment an wenn Milland und seine Partnerin die Treppe zum Dach hochlaufen. Es ist definitiv in beiden Szenen der Score von Young der dort läuft, deckungsgleich auch in der deutschen Fassung. An die übliche Archivmusik kann ich mich im ganzen Film auch nicht erinnern.

Und das macht die Sache sehr interessant, denn dann scheint es doch von dieser einen Synchronisation (nämlich die aus den 70ern mit Christian Rode auf Milland) wiederum zwei verschiedene Bearbeitungen, bzw. Abmischungen zu geben. Jedenfalls kann ich mir das anders nicht erklären.

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Es mag sein, daß in der einen oder anderen dialogfreien Szene schon noch die Originalmusik auftaucht, aber so wie ich es noch weiß ist sie auf jeden Fall in allen Szenen, wo dann Dialog vorkommt, ersetzt worden. Hast Du da mal drauf geachtet?
Die Fassung, die auf der deutschen DVD ist, ist aber schon auch die aus den 70ern mit Christian Rode auf Ray Milland, oder?
Ich glaube jetzt eher nicht, daß es da zwei verschiedene Bearbeitungen gibt, weil zumindest früher in den 80ern, als ich die deutsche Fassung selbst gesehen habe, immer dieselbe Version im Fernsehen gesendet wurde.
Übrigens weist Michael Boldhaus drüben bei Cinemusic in seinen Besprechungen von ein paar Film Noir-DVDs, wo auch MINISTRY OF FEAR dabei ist,  auch speziell darauf hin, daß die Musik größtenteils nicht mit dem Original übereinstimmt:

"Wer sich eingehender mit der jeweiligen Filmmusik befassen möchte, der sollte in jedem Fall die Originaltonspur als Referenz hinzuziehen. Bei den zum Teil in den 70er und 80er Jahren von Fernsehanstalten zumeist für Erstaufführungen angefertigten Synchronfassungen standen nämlich in der Regel keine Music-and-Effect-Tracks zur Verfügung. Das bedeutet, dass abgesehen von Main- und Endtitle in der Regel nur irgendwelche Archivmusik zum Einsatz gekommen ist. Allerdings, selbst wenn die Originalmusik verwendet werden konnte, stimmt deren Einsatz im Film leider längst nicht immer 100-prozentig mit dem englischen Original überein, da einzelne Passagen mitunter trotzdem mit fremder Archivmusik unterlegt sein können"
https://cinemusic.de/2015-25139-the-killers-film-noir-collection-19/

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Ja, stimmt. Bei Dialogszenen zwischen Milland und Reynolds wurde Musik ersetzt oder frühzeitig ausgeblendet. Ich muß sagen, dass hier seitens der Synchronverantwortlichen wirklich sorgfältig gearbeitet wurde. Wo immer es möglich war, ist Young dringeblieben, und alles andere wurde durch gut ausgewählte, adäquate Stücke ersetzt. Leise unter die Dialoge gelegt, ist mir das hier, wie man sieht, kaum aufgefallen.

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vor 2 Stunden schrieb Angus Gunn:

Ja, stimmt. Bei Dialogszenen zwischen Milland und Reynolds wurde Musik ersetzt oder frühzeitig ausgeblendet. Leise unter die Dialoge gelegt, ist mir das hier, wie man sieht, kaum aufgefallen.

Mir dagegen schon gehörig und zwar bereits im Teenager-Alter von vielleicht gerade mal 15 Jahren :)
Ich habe es noch nie begriffen, warum so viele Leute ein Problem damit haben, Original- und Archivmusik  bei Neusynchronisationen alter Filme auseinanderzuhalten. Ich kann da nur von mir ausgehen: Ich höre das seit eh und je sofort, ob das stimmt oder nicht. Man hört das doch am musikalischen Stil, am Klangvolumen, am Rauschen oder Nicht-Rauschen sowie an der Orchesterbesetzung. Braucht man dafür wirklich so ein besonderes Talent?
Ich habe bestimmt kein absolutes Gehör, aber so was höre ich einfach immer.
Es ist ja so, daß selbst Musikwisschenschafter wie Helga de la Motte-Haber und Hans Emons in ihrem "Filmmusik"-Buch von 1980  etwa auf Archivmusik in der deutschen 70er-Neusynchronisation von PRIVATE LIVES OF ELIZABETH AND ESSEX reingefallen sind und das doch tatsächlich dann für originalen Korngold gehalten haben. Ähnlich bei HIGH SIERRA, wo sie sogar noch ein Notenbeispiel der Archivmusik gebracht und das Adolph Deutsch in die Schuhe geschoben haben. Da fragt man sich wirklich: Wie kann so was passieren? Haben die Synchronstudios wirklich so leichtes Spiel mit den Ohren von 90% der deutschen Zuschauer?
Ich persönlich bin heilfroh, daß man nicht mehr wie noch in den 80ern fast dazu gezwungen wird, die Neusynchronisation eines alten Films mit gefälschter Musik im Fernsehen über sich ergehen zu lassen, weil man damals halt keine andere Wahl hatte, sondern greife hier dann liebend gerne längst auf die Originalfassung bei der DVD zurück.

Es war übrigens in den 70ern ein recht beliebter Modus bei Neusynchronisationen, dialoglose Stellen mit Originalmusik zu belassen und dann bei Dialog in Archivmusik überzublenden. Für mich ist das trotzdem ein absoluter Murks, weil jeder musikalische Zusamnenhang damit flöten geht und alles regelrecht auseinanderbricht. Das ergibt doch dann einfach auch keinen Sinn mehr.

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Da kommt es auf den Einzelfall an. Bei LAURA sind die Musikänderungen wesentlich offensichtlicher, also auch ohne geschultes Gehör meiner Meinung nach klar zu benennen. Auch bei CASABLANCA ist nach der Titelmusik die kleinere Orchesterbesetzung herauszuhören, auch ohne speziell darauf zu achten. STAGECOACH sowieso. Aber im Fall von HIGH SIERRA wird das schon schwieriger. Dort wurde abgesehen vom Main Title die Musik fast vollständig, oder sogar komplett ausgetausch, wenn ich mich jetzt nicht irre. Aber wie soll man das ohne Kenntnis des englischen Originals wissen? Würde ich nur die deutsche Fassung kennen, wäre ich wohl auch hereingefallen, wobei es natürlich was anderes ist als Fan und Filmliebhaber etwas in ein Forum zu tippen, oder eben als Musikwissenschaftler ein Buch über Filmmusik zu schreiben. Wieder eine sehr amüsante Anekdote übrigens :lol:

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vor 29 Minuten schrieb Angus Gunn:

Aber im Fall von HIGH SIERRA wird das schon schwieriger. Dort wurde abgesehen vom Main Title die Musik fast vollständig, oder sogar komplett ausgetausch, wenn ich mich jetzt nicht irre. Aber wie soll man das ohne Kenntnis des englischen Originals wissen? Würde ich nur die deutsche Fassung kennen, wäre ich wohl auch hereingefallen.

Von HIGH SIERRA hatte ich tatsächlich schon die Originalfassung Ende der 70er im Kino gesehen gehabt. Aber viele andere Filme aus den 30er oder 40ern eben auch nur in der deutschen Version. Und trotzdem ist mir Archivmusik immer aufgefallen, selbst wenn ich das Original nie gesehen hatte. Und zwar deshalb, weil man vor allem bei Hollywood-Filmen einfach einen bestimmten Sound und eine bestimmte Orchestergröße aus der Zeit im Ohr hatte und einen bestimmten musikalischen Stil und daher wußte, wie so was an sich klingen müßte. Wenn das, was zu Gehör kommt, aber was völlig anderes ist und auch viel neuer und bescheidener klingt, dann war es ja auch damals schon ohne irgendeine Kenntnis des Originals völlig klar, daß halt wieder kein M&E-Track vorhanden und die Musik ersetzt worden war.
Es sind ja zum Glück doch auch viele Originalsynchronisationen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit noch erhalten und die werden ja dann auch immer noch gezeigt: Z.B. bei Korngold HERR DER SIEBEN MEERE (auch wenn die deutsche Fassung gekürzt ist) oder ROBIN HOOD, wo die Musik selbstverständlich mit dem Original übereinstimmt. Und wenn man dann aber anschließend CAPTAIN BLOOD in der Mit-70er-Neusynchronisation sieht mit Archivmusik in sämtlichen Dialogpassagen, dann kann das ganz ohne Kenntnis des Originals doch nur eine bittere Enttäuschung sein. Oder? Also mir ist es so gegangen an 1975 als die Michael Curtiz-Retro in der ARD gesendet wurde - und ich war wirklich nur ein Schuljunge damals und ich kannte das englische Original zu dem Zeitpunkt noch gar nicht. Wie auch?

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vor 22 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

Es sind ja zum Glück doch auch viele Originalsynchronisationen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit noch erhalten und die werden ja dann auch immer noch gezeigt: Z.B. bei Korngold HERR DER SIEBEN MEERE (auch wenn die deutsche Fassung gekürzt ist) oder ROBIN HOOD

Und auch FRAU OHNE GEWISSEN. Und das bringt mich zu einem weiteren tollen Noir, den ich sehr schätze:

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THE BLACK BOOK (a.k.a. REIGN OF TERROR) - Musik: Sol Kaplan

Während der französischen Revolution schlüpft Charles D´Auvigny (Robert Cummings) in die Rolle eines Vertrauten Robespierres und erhält als solcher den Auftrag das sogenannte "Schwarze Buch" wiederzubeschaffen, da dessen Inhalt (eine Liste von politischen Gegnern, die hingerichtet werden sollen) bei Bekanntwerden die Machtbestrebungen Robespierres beenden könnte.

Das Spionage- und Intrigenspiel, das sich nun entwickelt, ist von Anthony Mann in düsteren Bildern mit eindrucksvollen Licht- und Schattenkontrasten inszeniert worden. Auch wenn Assoziationen zur damaligen Gegenwart (vor allem natürlich der McCarthy-Ära) beabsichtigt waren, so läßt sich doch die interessant ausgeklügelte Geschichte auch abseits der politischen Botschaft als spannendes und optisch wunderschön umgesetztes Noir-Drama goutieren.

Lohnenswert ist auch hier der Blick auf die Filmmusik. Sol Kaplan mußte in der deutschen Fassung vollständig das Feld räumen. Statt dessen begleitet den Titelvorspann Miklos Rozsas Main Title von DOUBLE INDEMNITY (nicht die Filmeinspielung, sondern ohrenscheinlich eine später entstandene Aufnahme). Gerade die ersten drei Minuten machen sehr schön den Unterschied beider Versionen deutlich. Nach den Feuersbrünsten des Vorspanns folgt eine kurze Einführung in die Handlung samt Vorstellung der Protagonisten durch einen Erzähler. Dann sehen wir eine sehr beeindruckende Szene in der ein Reiter in rasantem Tempo über eine Hügelkuppe bis zu einer Mühle galoppiert, über ihm der von Quellwolken durchzogene Abendhimmel. Diese erste Szenenfolge bekommt durch die Rozsa-Fremdverwertung eine schwermütige, schicksalhafte Tragik. Funktioniert irgendwie.

In der Originalfassung ist die Wirkung allerdings um einiges besser. Denn Kaplans Score ist wesentlich aufbrausender, kommt erst zur Ruhe, wenn D´Auvigny samt Pferd die Mühle nach dem Treffen mit dem Informanten wieder verläßt. Kurz: Man merkt sofort, dass diese Musik auch hierfür geschrieben wurde. Die Stimmung ist eine völlig andere, dynamischer und mitreißender, akzentuierend und anschmiegsam. Eine tolle Musik, die Kaplan wiedermal als Meister seines Fachs zeigt.

 

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THE DESPERATE HOURS  (Musik: Gail Kubik, Daniele Amfitheatrof)

Drei flüchtige Kriminelle quartieren sich mit Gewalt für zwei Tage und Nächte bei einer amerikanischen Mittelstandsfamilie ein. William Wylers ungemein spannender, größtenteils als Kammerspiel angelegter Thriller ist zu gleichen Teilen Gangster-Drama wie auch eine packende Studie menschlicher Verhaltensweisen in einer psychologischen Ausnahmesituation. Wie gut dieser Film ist, merkt man vor allem dann, wenn man sich Michael Ciminos Remake von 1990 ansieht, das zwar auch seine Vorzüge hat, aber insgesamt deutlich blasser ausfällt. Auch der dort in der Schurkenrolle agierende Mickey Rourke ist keine Konkurrenz für den wesentlich charismatischeren Bogart.

Komponist Gail Kubik, der mit Wyler schon an zwei Dokumentarfilmen gearbeitet hatte, entfernt sich mit aggressiven, stampfenden Rhythmus-Gebilden so radikal vom damals noch verbreiteten Golden-Age-Stil, dass Wyler von Produzent Don Hartmann dazu gedrängt wurde, Teile der Komposition aus dem Film zu entfernen. Die Szenen der finalen Konfrontation Bogarts mit der Polizei sind dann auch von Amfitheatrof vertont, der ebenfalls wirkungsvolle Thriller-Klänge beizusteuern wußte, die aber schon in deutlich konventionelleren Gefilden angesiedelt sind.

Eine trotz ihrer Kürze sehr interessante, und gerade für ihre Entstehungszeit bemerkenswerte Filmmusik, die auf Intradas glorreichem "Film Noir at Paramount"-CD-Set in sauberem Stereo-Klang ihre verdiente Premiere hatte. Die Musik zu den Schlußszenen stammt übrigens ebenfalls von Amfitheatrof, findet sich aber nicht auf der CD. Statt dessen wird die Suite mit dem nicht verwendeten Kubik-Finale beendet.

 

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