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Filmmusik: Mit oder ohne Film?


Gast Matthias Noe
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Gast Matthias Noe

Naja, das Beispiel mit Williams ist ja nicht das Ende der Fahnenstange. Viele Filmmusikalben bestehen ja auch aus direkt aus dem Film übernommenem Material, zuweilen sogar aus fast dem kompletten Score. Schau dir nur mal einige FSM-CDs an, aber auch ganz aktuelle Verröffentlichungen von Varése. Auch die lassen doch ihre Zweckgebundenheit weit hinter sich und sind eigenständige Kunstwerke. Vergleich doch mal bei der Fury-Doppel-CD vom Varése Club das Album mit dem Originalsoundtrack von Williams. Da steht doch keines dem anderen in musikalischer Qualität und musikdramaturgischem Fluss nach. Das Album ist anders und leichter zugänglich, formuliert z.T. musikalische Gedanken weiter aus, wo der Film keinen Platz ließ, befindet sich somit wohl näher an der Wunschversion des Komponisten. Das macht den Originalscore jedoch um keinen Deut schlechter, Williams wollte mit dem Album seine musikalischen Ideen lediglich unmittelbarer zugänglich machen. Tatsächlich fällt das auch bei Goldsmiths Omen II auf. Sowohl die Albumversion als auch der komplette Score sind beides in sich geschlossene Werke, den es an Kohärenz und kompositorischer Güte beidseitig nicht mangelt.

Und wenn dir Komponisten begegnen, denen es nicht einleuchtet, warum man Filmmusik hört (Broughton sollte man vielleicht mal außen vorlassen, weil der doch eine stark schillernde Gestalt ist), dann ist denen vielleicht garnicht klar, was für gute Musik sie geschrieben haben. Die meisten Komponisten hören sich ihre Werke im Nachhinein nicht mehr an (höchstens vielleicht James Horner :lol: ) oder revidieren sie auch nicht, wie es klassische Komponisten taten, und vergessen dabei vielleicht auch das ein oder andere und ihnen fällt garnicht auf, wie herausragend so manche Stelle rein musikalisch gelöst ist. Es ist nunmal eine Tatsache, dass viele Filmscores (nicht Alben) musikalisch komplett ohne den Film funktionieren und es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Künstler selbst bei der qualitativen Einschätzung ihrer Werke gewaltig irren (nicht zuletzt Broughton). Die ist nämlich Sache der Rezipienten, die sich doch wahrlich - noch nichtmal wirklich sachunkundig - erdreisten, in der Filmmusik eine stark autonome Qualität zu sehen, die ihre Veröffentlichung auf CD in welcher Form auch immer mehr als rechtfertigt. So ist es nunmal: Nicht der Künstler selbst sondern sein Publikum bestimmt den Wert des Kunstwerks. Für manche Komponisten mag das zum Vorteil gereichen - Broughton, Goldsmith - für manche zum Nachteil - Zimmer, Horner -, doch das letzte Wort hat da eben nicht der Künstler selbst.

Gruß,

Matthias

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Warum ist Broughton denn schillernd??? Ich würd ihn ja mal zu den Fähigsten seines Fachs zählen... anyway.. Broughton bezog das ja nicht nur auf seine Musik, sondern hört auch keine Filmmusik von anderen Komponisten... und ich kenn auch keinen der das tut (ausser zum abschreiben).

Ich finde ja auch dass manche Scores selbst complete auf CD toll sind, LOTR z.B., aber das ist eher die Ausnahme und einfach mit Sicherheit nicht für solchen Zweck komponiert... Glück eben wenn was Gutes bei rauskommt, egal, wenn nicht, aber im Film funktioniert. An der Aussage, dass ein Filmmusiker, der auf jeden Fall ne gute CD machen will seinen Job nicht ordentlich macht, wirst du kaum rütteln können oder? Das wird dir jeder Komponist bestätigen, auch Williams. Denn sonst würde er ja seine Scores nicht nochmal bearbeiten oder neu aufnehmen...

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Gast Matthias Noe
Warum ist Broughton denn schillernd??? Ich würd ihn ja mal zu den Fähigsten seines Fachs zählen...
Schillernd ist ja nicht zwingend nur nachteilig. Allerdings sind seine Ansichten nicht wirklich referenztauglich, schon allein, weil sie häufiger als bei andreren Komponisten stark einggengt auf die handwerkliche Komponente sind.
Ich finde ja auch dass manche Scores selbst complete auf CD toll sind, LOTR z.B., aber das ist eher die Ausnahme und einfach mit Sicherheit nicht für solchen Zweck komponiert... Glück eben wenn was Gutes bei rauskommt, egal, wenn nicht, aber im Film funktioniert. An der Aussage, dass ein Filmmusiker, der auf jeden Fall ne gute CD machen will seinen Job nicht ordentlich macht, wirst du kaum rütteln können oder? Das wird dir jeder Komponist bestätigen, auch Williams. Denn sonst würde er ja seine Scores nicht nochmal bearbeiten oder neu aufnehmen...
Also es ist definitiv kein Glück, wenn eine Filmmusik entsteht, die sowohl im Film als auch komplett ohne ihn funtioniert. Dafür gibt es einfach zu viele gute Filmmusiken. Und bei bestimmten Komponisten häuft sich deren Anzahl doch extrem: Broughton, Goldsmith, Williams, Herrmann, Waxman, Steiner, Rozsa, Goldenthal, Elfman, A. Newman, Kaper, Alex North usw. - deren Filmmusiken sind zu einem Großteil wirklich eigenständige Werke. Seh es doch mal so: Manche Komponisten sind auch angesichts ihrer Fähigkeiten schlicht zu ehrgeizig - und sei es unbewusst - um nur Funktionsmusik zu komponieren. Manche können garnicht anders.

Eine andere Sichtweise: Williams "Adventures on Earth" aus E.T. funktioniert im Film vor Allem wegen seiner musikalischen Güte. Die einzigartige dramaturgische Gestaltung und musikalische Ausarbeitung des Stücks wirkt im Film auch deswegen, weil Spielberg der Musik viel Platz zur Entfaltung gegeben hat. Selbiges gilt für "Ride to Dubno" aus Taras Bulba oder die "Scene D'Amour" aus Vertigo. Das sind große filmmusikalische Momente, die direkt mit der Qualität der Musik an sich zusammenhängen. Auch durch die wunderbare Strukturierung von "The Enterprise" funktioniert die entsprechende Szene in Star Trek: The Motion Picture überhaupt erst, die ansonsten viel zu lange gewesen wäre. Es muss zwar nicht immer so sein, aber oft schlägt die musikalische Qualität sich auch positiv auf die Wirkung der Musik im Film nieder. Also hat das schon ganz praktische Gründe.

Oder wie ein bekanntes Zitat von Jerry Goldsmith das schon andeutet:

Kein schlechter Film wurde je von einer guten Filmmusik gerettet, aber viele schlechte Filmmusiken wurden schon von guten Filmen gerettet.

Gruß,

Matthias

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Gast Traubenzucker

Ich besitze Soundtracks die mich absolut begeistern und ich habe immer noch nicht die dazugehörige Filme gesehen (oder Spiele gespielt, wenn es um Musik aus PC-Spiele geht). Ich habe keine Bilder oder Erinnerungen die mich emotional beeinflussen könnten und trotzdem bin ich in der Lage diese Musik zu genießen. Diese Prozedur, Filmmusik außerhalb des Films kennen zu lernen, ist meiner Ansicht nach anstrengend. Man verbindet Bilder mit Musik viel schneller.

Das hat meiner Meinung nach mit der Macht des Sehens zu tun. Man sieht einen Film, welcher einem sehr gefällt (Story, Darsteller, usw.) und man verbindet, oft unbewusst, die Musik im Hintergrund mit bestimmten Szenen. Man wird so dermaßen beeinflusst, dass eine objektive Bewertung der Musik allein, unter Umstände unmöglich ist. Das ist auch der Grund warum ich mich nicht auf Bewertungen verlasse. Es geht um Musik und nicht um ein Handy, das man objektiv bewerten kann.

Ich glaube fest daran, dass Filmmusik durchaus allein stehen kann, denn ich habe es mehr als einmal erlebt. Natürlich ist es ganz toll, wenn sie dem Film das gibt, was benötigt wird um ihn aussagekräftiger zu machen. Allerdings, kann ein guter Film, einen schlechten Soundtrack haben und vice versa. Allein deswegen könnte man behaupten, dass die beiden sich ergänzen sollten (das ist auch das Hauptziel der Filmmusik), müssen aber nicht.

Übrigens, hat jemand je versucht ein Film-Soundtrack als Game-Soundtrack zu verwenden? :lol:

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ich widerspreche ja keinem deiner Punkte Matthias, aber grundsätzlich zu verlangen oder zu denken, dass Filmmusik auch eigenständig bestehen muss ist einfach falsch und irgendwie auch dumm, denn der Name sagt schliesslich alles: FILMMUSIK.

ADVENTURES ON EARTH ist übrigens in der Filmeinspielung längst nicht so packend wie auf dem Album... gutes Beispiel dafür wie Filmschnitt das Stück vorgibt und wie eine eigenständige, emotionale Einspielung doch viel mehr ins Herz trifft...

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Gast Stefan Jania
ADVENTURES ON EARTH ist übrigens in der Filmeinspielung längst nicht so packend wie auf dem Album... gutes Beispiel dafür wie Filmschnitt das Stück vorgibt und wie eine eigenständige, emotionale Einspielung doch viel mehr ins Herz trifft...

Bei "Adventure On Earth" (bzw. "Escape/Chase/Saying Goodbye") hat Spielberg den Film zur Musik geschnitten. Sagt Spielberg im "Making Of" der DVD. Schon auf dem alten Album (identisch zur LP-Fassung) war die Filmversion drauf. Das Stück ist keine extra fürs Album eingespielte Konzertversion. :lol: Wo Du da Unterschiede hörst, weiß ich nicht. Es ist die selbe Einspielung.

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Zitat von Matthias Noe

Tut mit ja wirklich leid, aber diese Auffassung ist sowas von einem alten Hut. Sicher gibt es zweckgebundene Filmmusiken, aber die Kunst einer guten Filmmusik ist es, den Film maximal zu unterstützen aber gleichzeitig ein eigenständiges Werk zu sein.

Hätten die seriösen Komponisten nicht diesen immerwieder erklärten Vorsatz, müsste man ihre Werke garnicht auf CD - gesondert vom Film - veröffentlichen, sondern immer im Kontext mit dem Film sehen...

Zweckgebunden ist vielleicht eine etwas unglückliche Formulierung, was ich damit sagen will ist das die Musik nicht um ihrer selbst willen sondern mit einer bestimmten Absicht komponiert wurde und im Gegensatz zu Absoluter Musik eine Aufgabe zu erfüllen hat. Das ist nun mal das Wesen der Filmmusik und eine nicht zu leugnende Tatsache.

Wie eigenständig sie dann tatsächlich ist hängt unter anderem vom Anspruch und der Könnerschaft des Komponisten ab. (Glücklicherweise gab und gibt es ja noch Komponisten mit Anspruch und Persönlichkeit)

Insofern gebe ich Dir Recht das dies eine Kunst ist.

Ihre vorrangige Aufgabe ist jedoch nicht ein eigenständiges Werk zu sein, es sei den es ist erwünscht. Das Regisseure oder Produzenten dem Komponisten, wie z.B. bei „Conan the Barbarian“ oder „E.T.“, so große Freiräume lassen das Szenen nach der Musik geschnitten werden, ist eher selten.

Es gab „Klassische“ Komponisten die an der Aufgabe eine Filmmusik zu komponieren gescheitert sind weil sie einfach die Erfordernisse des Mediums nicht verstanden haben. Ein eigenständiges Stück ist noch lange keine gute Filmmusik.

Zitat von Matthias Noe

...Der Grund, warum es sie gibt, mag ja durchaus ein bestimmter Film sein. Doch wenn die Musik so gut ist, dass sie auch als eigenständiges Werk durchgehen könnte, weichen alle Kategorien, die sich gerade die Klassikhörer so gerne zurecht legen, doch auf wie Kerzenwachs.

Der Grund warum es sie gibt ist der Film deshalb unterliegt sie auch bestimmten Gesetzmäßigkeiten, innerhalb dieser kann sie relativ frei bzw. auch eigenständig sein.

Es hängt aber auch entscheidend davon ab wie sich der musikalische Stil gestaltet.

Es gibt Musikalische Formen die auf Tonträger von sich aus schon eigenständiger sein können wie z.B der Jazz, aber ich wage zu behaupten das selbst eine Filmmusik wie „Fahrstuhl zum Schaffott“ von Miles Davis, die ja live zum Film improvisiert wurde, auch nur relativ auotonom ist.

Der Musiker kann Stimmungen der Protagonisten aufgreifen und/oder handlungsspezifische Gegebenheiten reflektieren oder kommentien und vieles mehr, er reagiert somit direkt auf den Film und geht eine Wechselbeziehung mit dem Medium ein.

Das bedeutet er agiert nicht völlig „frei“, sozusagen aus sich heraus.

Das Album an sich ist natürlich eine großartige und Stilbildende Cool-Jazz Platte die von Davis´einzigartigem Genie zeugt.

Welche Kategorien sich „Klassikhöhrer „zurecht legen weiß ich allerdings nicht,

derartiges Schubladendenken liegt mir fern.

Wie ist den Deiner Auffassung nach ein typischer „Fimmusikhörer“?

Zitat von Matthias Noe

BINGO! Wenn der Score von CD aus nicht wirkt (und nur von CD aus muss er wirken, denn das ist das einzige, was den Käufer der CD zunächst interessiert), muss man der CD auch das passende Urteil geben. Wie gesagt, durch die separate Veröffentlichung stellen die Album-Produzenten ja die These auf "Das Ding kann man sich auch ohne Film anhören." Nur dann funktioniert ein Album. Wenn der Film dazu nötig ist, dass die Musik funktioniert (siehe: Der Dritte Mann), dann wird das Album dementsprechend schlecht bewertet. Es geht den dt. Seiten dabei eben nicht um den Gesamtkontext mit dem Film sondern um das, für das sie eine Empfehlung aussprechen wollen: Die CD

Das ist ja meiner Meinung nach der Knackpunkt.

Warum kann sie denn nicht entsprechend wirken?

Ohne die Filme vorher gesehen zu haben hätte ich wahrscheinlich Scores wie „Solaris“ von Cliff Martinez oder „Birth“ von Alexandre Desplat rein von CD-Album auch anders Eingestuft zumindest hätte ich sie nicht richtig verstanden und darum geht es mir hier, um das richtige Verständnis für die Musik aus Ihrem Kontext heraus.

Denn wird eine CD aus Unverständnis oder Unwissenheit schlechter bewertet als es ihr eigentlich zusteht wird man der Musik nicht gerecht.

Da sich die Musik auf den Film bezieht und das ist bei Filmmusik nun mal der Fall, läuft der Rezensent Gefahr sich ein Fehlurteil mangels ausreichender Informationen zu bilden.

Ich denke hier liegt ein großes Problem vor wenn ein Soundtrack nicht als Filmmusik sondern als autonome bzw. nur von Tonträger her besprochen wird.

Ich sehe die Aufgabe eines Filmmusikrezensenten natürlich darin das er die musikalische Qualität der Musik an sich bespricht aber auch verständlich macht aus welchem Grund bestimmte musikalische Mittel eingesetzt wurden. Verarbeitet die Musik z.B. gewisse Sujet bedingte Gegebenheiten sollte man wissen warum dies so ist.

Ich erwarte hier keine detaillierte Analyse, dass wäre auch nicht seine Aufgabe, aber er kann zum besseren Verständnis hinweise liefern und das kann er eben nur wenn er den Film kennt.

Es gibt ja Leute die kaufen sich jeden neuen Score ihres Lieblingskomponisten ohne eine Ahnung zu haben worum es sich bei dem Film eigentlich handelt und wundern sich dann wenn sie mit der Musik nichts anfangen können mag sie noch so gut sein.

Kann der Score ohne Filmkenntnis denn überhaupt angemessenwirken“ ist es wirklich ein passendes Urteil, oder ist es nicht vielmehr ein oberflächliches?

Filmmusiken wie E.T. oder „Jaws“ z.B. kann man rein intellektuell als sehr gute Kompositionen einstufen, man kann sie auch ohne Film anhören und Wertschätzen aber die Musik und den Film zu kennen gibt dem ganzen doch überhaupt erst einen Sinn, eine höhere Ebene. Nicht nur das man eine stärkere gefühlsmäßige Bindung zu den Musiken entwickelt, sondern man versteht auch besser warum mit bestimmten Kompositorischen Mitteln gearbeitet wurde.

Soundtrack-Alben stellen natürlich eine art Destillat der eigentlichen Musikspur im Film dar aber die CD repräsentiert trotzdem noch eine bewusst für den Film erstellte Musik. Sie wird nicht um- oder neu komponiert, höchstens ergänzt. Sie kann ihre Herkunft nicht leugnen und verdankt ihre Existenz ja erst dem Film für den sie komponiert wurde und deshalb ist sie keine Musik aus sich selbst heraus oder anders Formuliert zum reinen Selbstzweck.

Die Filmmusik ist nur innerhalb eines bestimmten Rahmens eigenständig, sie ist nicht völlig ungebunden. Durch eine separate Veröffentlichung auf Tonträger wird dieser Rahmen nur ausgeweitet aber nicht aufgehoben.

Ein eindeutiger Hinweis auf den eigentlichen Ursprung einer für den Film komponierten Musik ist ihre Charakteristische strukturelle Beschaffenheit. Die Musik ist zeitlich stark gebunden und da sie wenig Zeit hat muss sie „schnell zur Sache kommen“.

Das bedeutet sie agiert in einem vom Film vorgegebenen Zeitrahmen,

Themen und Motive müssen sich schnell entwickeln und die Komposition ist verhältnismäßig konzentriert. Dieser Umstand macht sich ebenso auf CD ganz klar bemerkbar, auch wenn sie in Suitenform zusammengefasst wird. Absolute Musik kennt diese Vorgabe nicht, sie hat theoretisch endlos Zeit.

Ich denke wer eine Filmmusik ernsthaft bespricht, sollte für ein besseres Verständnis den Film mehr oder weniger mit einbeziehen. Die Musik wird sonst nicht angemessen als Filmmusik sondern als Sinnbefreite Musik beurteilt

Zitat von Matthias Noe

Da gibt es doch aber einen gravierenden Unterschied zwischen einem mit Bedacht komponierten Score und einem zwangsläufig und selbst bei aller Sorgfalt doch einfach grobschlächtigeren Liederzusammenstellung.

Ich meine hier eine gewisse abwertende Tendenz gegenüber nicht sinfonisch komponierter Filmmusik herauszulesen.

Die Filmmusik kennt viele Ausdrucksformen und muss deshalb nicht schlechter sein, sie ist nur anders.

Im Falle von „2046“ und Ich habe bewusst dieses Beispiel gewählt,

verschmilzt der Soundtrack Kunstvoll Originalmaterial von Shigeru Umebayashi, „Klassik“, Period Songs und Eigenkompositionen anderer Komponisten. Mit dem Film geht er eine einzigartige Symbiose ein und bildet eine ganz hervorragende Filmmusik die auf mehreren Ebenen funktioniert. Von einer grobschlächtigen Liederzusammenstellung kann hier gar keine Rede sein. Dagegen wirkt so manche 08/15 Hollywood Kompositionen nichtssagend und seelenlos.

Im übrigen können doch auch Songs speziell für den Film komponiert sein.

Ich möchte mal auf den Film „Dancer In The Dark“ von Lars von Trier verweisen. Die Songs sind hier integraler Bestandteil des Hauptcharakters und bilden gleichzeitig die Filmmusik.

Ein weiteres Beispiel dafür wie ein Soundtrack aufgebaut sein kann ist „Angel Heart“ von Trevor Jones. Das Album besteht aus Originalmusik von besagtem Komponist, vermischt Jazz, Blues und Dialogsegmente zu einem Ganzen.

Wie ich finde, funktioniert dies hier wunderbar und vermittelt ein perfektes Stimmungsbild des Films.

Die Musik zum Animationsfilm „Ghost in the Shell“ von Kenji Kawai, ist weder sinfonisch, noch rein synthetisch sie knüpft nicht an die Vertonungspraxis von US Amerikanischen Trickfilmen an und bricht mit westlichen Hörgewohnheiten.

Sie ist eine faszinierende, ganz eigene Art von Fimmusik und eine exzellente noch dazu.

Wer mal ein wenig über seinen Tellerand hinaus sieht kann ganz erstaunliche Entdeckungen machen.

Zitat von Matthias Noe

Wo bleibt die Eigenständigkeit, wenn man den Film dafür benötigt. Das eingenständige an der Filmmusik ist ja nicht die Zusammenwirkung mit den Bildern (viel zu oft hört man ohnehin wegen der Soundeffekte nur einen Bruchteil des gesamten Spektrums) sondern ihre musikdramaturgisch-erzählerische Qualität über die Bilder hinaus oder besser gesagt abseits der Bilder. Ansonsten wären wir wieder bei der reinen Zweckmusik angelangt, die kein Filmkomponist wirklich habern möchte. Wenn die Musik für sich selbst nicht als Kunstwerk autonom ist, hat sie keinen künstlerischen Wert und ist nicht vom Film zu trennen. Also muss man auch kein Wort über sie verlieren, weil man ja ohnehin den Film benötigt. Dann ist die Filmmusik nur einer von vielen Aspekten, der einen Film im Gesamturteil gut oder schlecht macht.

Aber wie kann man den die musikdramaturgisch-erzählerische Qualität überhaupt nachvollziehen wenn man die Filmhandlung nicht kennt?

Die Musik erzählt nicht ihre eigene Geschichte sondern eine Vorgegebene.

Man benötigt ja den Film nicht um die CD zu hören, sondern für ein angemessenes und tieferes Verständnis der Musik.

Deiner These nach müsste man einen Film wie z.B. „Empire Strikes Back“ gar nicht kennen um die Musik angemessen nachvollziehen zu können, sie wäre praktisch selbsterklärend.

Gerade die „Star Wars“ Musiken sind durch ihren ausgeprägten Leitmotiv-Charakter „dicht am Film“ komponiert und vollziehen jeden Szenen- Stimmungs- und Schauplatzwechsel nach. Wie soll man den die ganzen Motive ohne Filmkenntnis richtig zuordnen?

Man kann zwar mit objektiven Kriterien versuchen die Musik zu bewerten und einzuordnen aber was hat man davon wenn man die eigentliche Bedeutung nicht kennt oder noch schlimmer missdeutet?

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Gast Traubenzucker

Aber wie kann man den die musikdramaturgisch-erzählerische Qualität überhaupt nachvollziehen wenn man die Filmhandlung nicht kennt?

Die Musik erzählt nicht ihre eigene Geschichte sondern eine Vorgegebene.

Man benötigt ja den Film nicht um die CD zu hören, sondern für ein angemessenes und tieferes Verständnis der Musik.

Und was genau gibt es da noch zu verstehen? Musik hat nichts mit Verständnis zu tun, sondern mit Gefühle und Stimmungen. Ich brauche keinen Film welcher durch seine Bilder mich darauf hinweist wie ich mich fühlen zu fühlen habe. Die Musik, die für eine Liebes- oder Jagdszene komponiert worden ist, wird auch von allein es schaffen die dazu passende Stimmung mir zu übermitteln. Klar, sie ist für einen bestimmten Film komponiert worden aber sie kann durchaus auch allein "funktionieren". Wie ich schon sagte, ich besitze Film- und Gamemusik von Filmen/Spielen welche ich sonst überhaupt nicht kenne. Das musste also deiner These nach heißen, dass ich diese Soundtracks nicht richtig verstehe. Ich rede gar nicht von bewerten. Die Funktionalität einer Filmmusik zu bewerten erfordert natürlich den dazu gehörigen Film zu kennen. Aber wir reden gar nicht über Bewertung, sondern um Verständnis dieser Musik.
Soundtrack-Alben stellen natürlich eine art Destillat der eigentlichen Musikspur im Film dar aber die CD repräsentiert trotzdem noch eine bewusst für den Film erstellte Musik. Sie wird nicht um- oder neu komponiert, höchstens ergänzt. Sie kann ihre Herkunft nicht leugnen und verdankt ihre Existenz ja erst dem Film für den sie komponiert wurde und deshalb ist sie keine Musik aus sich selbst heraus oder anders Formuliert zum reinen Selbstzweck.

Die Filmmusik ist nur innerhalb eines bestimmten Rahmens eigenständig, sie ist nicht völlig ungebunden. Durch eine separate Veröffentlichung auf Tonträger wird dieser Rahmen nur ausgeweitet aber nicht aufgehoben.

Doch, das ist schon möglich. Allein deswegen, weil sie ihre eigene Geschichte erzählen kann, zu jemandem der nur die Musik gehört aber den Film nicht gesehen hat. Ich kann meinen eigenen Film im Kopf entstehen lassen und es wird nichts geben was ich über den Soundtrack an sich nicht verstehe. Noch mal, ich rede nicht über eine Bewertung dieser Musik im Bezug zum Film, also wie gut sie die Stimmung der Bilder widerspiegeln kann. Ich rede über die Kraft welche Musik besitzt bestimmte Gefühle zu erwecken. Gute Soundtracks können das. Der Film mag den Grund ihrer Entstehung darstellen, aber das wärs dann auch alles, was daraus werden könnte hängt vom Hörer ab.
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fiel mir auch grad ein, dass der film dazu geschnitten wurde, dennoch bin ich mir 100 pro sicher, dass die version auf dem complete score eine andere ist als die auf dem alten album... die vom alten album hat mehr gefühl finde ich und da ja der rest des albums neu eingespielt ist wüsste ichnicht warum der eine cue nicht auch neu aufgenommen worden war.

dass musik einen emoitonal anspricht egal warum sie geschrieben wurde is ja nicht das thema hier und wird auchnicht bezweifelt, aber die Frage war doch ob Filmmusik grundsätzlich so sein muss, dass sie auf CD ihre Berechtigung hat und den Hörer ansprechen muss und dem ist einfach nicht so. Filmmusik kann zum Beispiel auch gerade darin im Film funktionieren, indem sie in einer Szene gar nicht da ist... das alleine kann schon eine brillante Idee sein... taugt das was auf CD? hm... ich glaub nicht...

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Gast Traubenzucker
dass musik einen emoitonal anspricht egal warum sie geschrieben wurde is ja nicht das thema hier und wird auchnicht bezweifelt, aber die Frage war doch ob Filmmusik grundsätzlich so sein muss, dass sie auf CD ihre Berechtigung hat und den Hörer ansprechen muss und dem ist einfach nicht so. Filmmusik kann zum Beispiel auch gerade darin im Film funktionieren, indem sie in einer Szene gar nicht da ist... das alleine kann schon eine brillante Idee sein... taugt das was auf CD? hm... ich glaub nicht...
Ist das aber kein Widerspruch in sich? Die Musik kann zwar Emotionen erwecken hat aber trotzdem keine CD Berechtigung und kann den Hörer auch nicht ansprechen...ähm...was? Und die Abwesenheit der Musik im Film als Argument zu benutzen ist eher falsch.
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Gast Stefan Jania
fiel mir auch grad ein, dass der film dazu geschnitten wurde, dennoch bin ich mir 100 pro sicher, dass die version auf dem complete score eine andere ist als die auf dem alten album... die vom alten album hat mehr gefühl finde ich und da ja der rest des albums neu eingespielt ist wüsste ichnicht warum der eine cue nicht auch neu aufgenommen worden war.

Vielleicht weil Williams schon genug Mühe hatte, die Timings in diesem Stück überhaupt richtig hinzubekommen. Der einzige Unterschied ist, dass die beiden Hälften auf dem neuen Album ineinander übergehen (um die 8-Minuten-Marke). Auf dem alten Album ist eine Pause dazwischen. Ansonsten habe ich beiden Versionen hier am PC gerade einmal parallel laufen gehabt: sie sind identisch. Die neue klingt aber wg. Remix um Längen transparenter.

Williams ist ein hervorragender Produzent seiner Alben: mit der Mischung aus Filmversionen und Konzertversionen erreicht er wunderbare Höralben. Auch das Schneiden von Passagen, die etwas den musikalischen Fluß aufhalten, finde ich, bezogen auf ein Höralbum, eine gute Idee. Beispiele sind da z.B: : "Desert Chase" aus Raiders Of The Lost Ark oder die Krypton-Stücke aus Superman. In der letzten Zeit ist mir aber das Schneiden auf seinen Alben weniger aufgefallen. Dafür praktiziert er auch heute noch das Zusammenfügen von unterschiedlichen Passagen eines Films zu einem Stück. Und er hat Erfolg damit: mir gefallen zum reinen Hören die alten Alben von z.B. E.T., Raiders Of The Lost Ark, Star Wars oder Superman besser als die Komplettfassungen.

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Und was genau gibt es da noch zu verstehen? Musik hat nichts mit Verständnis zu tun, sondern mit Gefühle und Stimmungen. Ich brauche keinen Film welcher durch seine Bilder mich darauf hinweist wie ich mich fühlen zu fühlen habe. Die Musik, die für eine Liebes- oder Jagdszene komponiert worden ist, wird auch von allein es schaffen die dazu passende Stimmung mir zu übermitteln. Klar, sie ist für einen bestimmten Film komponiert worden aber sie kann durchaus auch allein "funktionieren". Wie ich schon sagte, ich besitze Film- und Gamemusik von Filmen/Spielen welche ich sonst überhaupt nicht kenne. Das musste also deiner These nach heißen, dass ich diese Soundtracks nicht richtig verstehe. Ich rede gar nicht von bewerten. Die Funktionalität einer Filmmusik zu bewerten erfordert natürlich den dazu gehörigen Film zu kennen. Aber wir reden gar nicht über Bewertung, sondern um Verständnis dieser Musik.

Doch, das ist schon möglich. Allein deswegen, weil sie ihre eigene Geschichte erzählen kann, zu jemandem der nur die Musik gehört aber den Film nicht gesehen hat. Ich kann meinen eigenen Film im Kopf entstehen lassen und es wird nichts geben was ich über den Soundtrack an sich nicht verstehe. Noch mal, ich rede nicht über eine Bewertung dieser Musik im Bezug zum Film, also wie gut sie die Stimmung der Bilder widerspiegeln kann. Ich rede über die Kraft welche Musik besitzt bestimmte Gefühle zu erwecken. Gute Soundtracks können das. Der Film mag den Grund ihrer Entstehung darstellen, aber das wärs dann auch alles, was daraus werden könnte hängt vom Hörer ab.

Darum geht es aber hier ja ursprünglich, wie man eine Soundtrack-Album angemessen als Filmmusik bewertet oder empfiehlt.

Wie man eine CD hört und welche Gedanken man sich dazu macht bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

Eine Filmmusik kann auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden.

Sie ist ja nicht zwangsläufig immer illustrativ oder dient zur reinen Verdoppelung sondern kann auch kontrapunktiert angewandt werden.

Das bedeutet sie steht bewusst entgegengesetzt zur dramatisch-visuellen Ebene.

Es gibt eine Sequenz in Peter Jackson´s Film Heavenly Creatures,

die einen recht brutalen Mord zeigt, sie wurde mit dem wunderbaren Stück The Humming Chorus von Puccini unterlegt. Ein scheinbarer Gegensatz, aber die Szene erhält dadurch eine sonderbar schöne aber auch morbide Stimmung.

Ich fand die Wirkung unglaublich faszinierend.

Man kann diese Musik nun von dem Soundtrack-Album eben als ein Stück von Puccine hören und es als das wertschätzen was es ist, eine gute Musik, durch den filmgegebenen Zusammenhang aber wurde es mit einer neuen Bedeutung aufgeladen und man kann es mit ganz anderen Augen/Ohren sehen bzw. hören. Man erhält durch Kenntnis des Films ein besseres Verständnis dafür warum das Stück überhaupt auf dem Album ist.

In diesem Beispiel handelt es sich zwar um ein schon vorhandenes Musikstück, es hätte ebenso gut extra für den Film komponiert werden können.

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Apropos Film der zur Musik geschnitten wurde, da hab was interessantes aus einem alten Hanz Zimmer Interview gefunden.

Hanz Zimmer zu The Thin Red Line (Der schmale Grad)

Ihre Herangehensweise war recht ungewöhnlich.

Zimmer: In der Tat! Üblicherweise beginnt der Komponist mit der Arbeit, wenn der Film schon fast fertig geschnitten ist. Terry wollte aber im Gegenteil erst mit dem Schneiden beginnen, nachdem er eine fertige Musik vorliegen hatte. Das Thema und weite Teile der Ausarbeitung standen sogar schon vor Beginn der Dreharbeiten.

Zimmer weiterhin:

...Und sie glauben nicht, wie schwer das war! Nie hätte ich geahnt, wie sehr man den fertigen Film doch als Arbeitsgrundlage benötigt.

Als Inspirationsquelle und als taktgebendes Metronom.

Interview mit Jörg Gerle während der Berlinale 1999

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Musik hat nichts mit Verständnis zu tun, sondern mit Gefühle und Stimmungen. Ich brauche keinen Film welcher durch seine Bilder mich darauf hinweist wie ich mich fühlen zu fühlen habe. Die Musik, die für eine Liebes- oder Jagdszene komponiert worden ist, wird auch von allein es schaffen die dazu passende Stimmung mir zu übermitteln. (...) Der Film mag den Grund ihrer Entstehung darstellen, aber das wär’s dann auch alles, was daraus werden könnte hängt vom Hörer ab.

Nein. Die Filmmusik läuft Gefahr von Dir missverstanden zu werden. Du sprachst vor einiger Zeit von "Basic Instinct" von Jerry Goldsmith. Ich habe den Film nicht gesehen, Du anscheinend auch nicht. Was folgt daraus?

Vor einiger Zeit startete ich einen Post und hatte die Filmmusik missverstanden, das hineininterpretiert was ich wollte. Plötzlich war sie heroisch, worauf ich von TomTom in die Schranken gewiesen wurde. Danke hierfür. Man tut der Musik, die für einen Film mit Hintergrund komponiert wurde schlecht, wenn man sie so überdenkt. Nicht alle Gesichtspunkte sind so einfach wie eine Liebesszene zu deuten (die hohen Streicher etc.). Die Verschmelzung macht einen gehörigen Teil aus und bereichert: "Across the stars" in "Star Wars II": Besser Du hast den Film gesehen, es wirkt. Kennst Du die Bilder noch? Doch das ist einfacher, als "Basic Instinct" ohne Bild zu deuten, was ich mir selbst nicht zutraue. Zuerst gebe ich deshalb keine Bewertungen über die Musik ab, da ich den Film vorher nicht gesehen habe. Weißt Du, dass nach dem Bombenanschlag im Film "Der Anschlag" die Musik kontrapunktiert angewendet wurde (Szene: Ryan geht zwischen den Krankenlagern)? Also wie eine gute Miene zum bösen Spiel. Ohne den Film: keine objektive Bewertung.

Allerdings muss nach Komponisten getrennt werden. Williams kümmert sich intensiv um seine Alben. Erst vor einigen Tagen las ich das Booklet von "Islands in the stream", Neueinspielung. Fasst man Goldsmiths Aussage zusammen, so kommt man zu folgendem Schluss: Ihm war es wichtig, diese Musik getrennt vom Film dem Hörer in reiner, überarbeiteter Form zu übergeben. Er verliert hier wenig Worte über den Film sondern bedenkt die Musik allein als seine persönlichste, hörenswerte. Dies wird ihn dazu bewegt haben, überhaupt einzuwilligen, sie neu einzuspielen und somit wird mit dieser Neuveröffentlichung die Eigenständigkeit primär und die Verschmelzung mit dem Film sekundär. Das heißt einem Filmmusikhörer im Allgemeinen ist die Eigenständigkeit sowieso wichtiger, wenn er sie auf CD hört, die Zweckmäßigkeit wird von der Wichtigkeit her reduziert betrachtet. Filmmusik und nicht Musikfilm, Musik primär. Wie das bei dem Komponieren für den Komponisten war und welche Absichten er hatte, ist ein anderer Blickwinkel der nur für eine Bewertung unerlässlich ist.

Über diese Betrachtung kann ein Geschmacksurteil auch kritisiert werden. Zahlreiche Filmmusiken sind objektiv betrachtet lediglich minderwertig, egal wie hoch der Hörgenuss bei diesem oder jenem.

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Gast Matthias Noe
Vor einiger Zeit startete ich einen Post und hatte die Filmmusik missverstanden, das hineininterpretiert was ich wollte. Plötzlich war sie heroisch, worauf ich von TomTom in die Schranken gewiesen wurde. Danke hierfür. Man tut der Musik, die für einen Film mit Hintergrund komponiert wurde schlecht, wenn man sie so überdenkt. Nicht alle Gesichtspunkte sind so einfach wie eine Liebesszene zu deuten (die hohen Streicher etc.). Die Verschmelzung macht einen gehörigen Teil aus und bereichert: "Across the stars" in "Star Wars II": Besser Du hast den Film gesehen, es wirkt. Kennst Du die Bilder noch? Doch das ist einfacher, als "Basic Instinct" ohne Bild zu deuten, was ich mir selbst nicht zutraue. Zuerst gebe ich deshalb keine Bewertungen über die Musik ab, da ich den Film vorher nicht gesehen habe. Weißt Du, dass nach dem Bombenanschlag im Film "Der Anschlag" die Musik kontrapunktiert angewendet wurde (Szene: Ryan geht zwischen den Krankenlagern)? Also wie eine gute Miene zum bösen Spiel. Ohne den Film: keine objektive Bewertung.

Tut mit lied, aber solche Schwierigkeiten werden dich auch bei einem klassischen Stück ereilen. Meist ist es dann doch der Hörer, der etwas viel hineinhört, obwohl die Musik im Gesamtzusammenhang eigentlich schon ausreicht, um vorschnelle Aussagen wie deine zu revidieren. Mir ist es auch öfter passiert, dass ich mal übers Ziel hinaus interpretiert habe, obwohl ich den Film kannte. Bei Basic Instinct kannte ich die Musik auch vor dem Film, habe aber sofort erkannt, dass darin wenig Heldenhaftes steckt, sie vielmehr viel zu morbide für Derartiges ist. Und bei dem Beispiel aus "Der Anschlag" hast du dich schon vorher, also bevor du überhaupt berichtigt wurdest, meilenweit von der CD entfernt, die es, und das ist ja meine Ansicht, eben solo zu bewerten gilt. Wir kreisen hier doch wie die Katze um den heißen Brei. Dass die Musik auf einer CD erscheint hat zunächst mal den Grund, dass man (also der Albumproduzent) sie für hörenswert erachtet, abseits des Films, sonst würde sie abseits des Films nicht veröffentlicht. Da sollte jeder einzelne vielleicht auchmal seine Interpretierwut zügeln, denn die trägt ja nicht minder krasse Blüten, wenn man den dazugehörigen Film kennt. So oder so kann man kräftigst daneben liegen und meine Erfahrung ist es, dass man den Film außer Acht lassend wesentlich mehr objektivierbare Wahrheiten über die Musik zu Tage fördert, als damit, neben der Musik noch ein weiteres Kunstwerk, den Film, analysieren zu wollen, was ja dann zwangsläufig der Fall ist. Und dann wird es eben noch schwammiger mit dem Interpretieren.

Allerdings muss nach Komponisten getrennt werden. Williams kümmert sich intensiv um seine Alben. Erst vor einigen Tagen las ich das Booklet von "Islands in the stream", Neueinspielung. Fasst man Goldsmiths Aussage zusammen, so kommt man zu folgendem Schluss: Ihm war es wichtig, diese Musik getrennt vom Film dem Hörer in reiner, überarbeiteter Form zu übergeben. Er verliert hier wenig Worte über den Film sondern bedenkt die Musik allein als seine persönlichste, hörenswerte. Dies wird ihn dazu bewegt haben, überhaupt einzuwilligen, sie neu einzuspielen und somit wird mit dieser Neuveröffentlichung die Eigenständigkeit primär und die Verschmelzung mit dem Film sekundär.

Das lässt aber auch den Folgeschluss zu, dass diese Absicht in ihm nicht erst reifte, als es daran ging, ein Album zu produzieren, sondern er bereits während des Komponierens viel wert auf die Eigenständigkeit seiner Musik vom Film wert legte, denn allzuweit entfernt hat er sich von der Originalmusik bei Islands in the Stream ja dann doch nicht.

Das heißt einem Filmmusikhörer im Allgemeinen ist die Eigenständigkeit sowieso wichtiger, wenn er sie auf CD hört, die Zweckmäßigkeit wird von der Wichtigkeit her reduziert betrachtet. Filmmusik und nicht Musikfilm, Musik primär.
Und wenn das den Hörer auch am meisten interessiert, wieso sollte eine Soundtrackkritik, die sich ja nur an den potentiellen Hörer der CD richten will - daraus machen die deutschen Seiten ja nie einen Hehl - sich denn dann nicht nur mit den musikalischen Qualitäten auseinandersetzen? Wenn es das ist, was der Filmmusikhörer wissen möchte, warum ihn dann mit Dingen wie der Filmwirkung, die mit der musikalischen Qualität nicht zwingend etwas zu tun haben müssen, irritieren und aus der Kritik eine eierlegende Wollmichsau machen, die weder Eier legt, noch Milch gibt, oder Wolle?
Über diese Betrachtung kann ein Geschmacksurteil auch kritisiert werden. Zahlreiche Filmmusiken sind objektiv betrachtet lediglich minderwertig, egal wie hoch der Hörgenuss bei diesem oder jenem.

Dabei geht es ja auch um durchaus feststellbare musikalische Güte einer Komposition, weil ja nur die CD bewertet wird. Steht dahingehend alles zumbesten, ist für den Kritiker der CD alles im Lot. Hörgenuss hat ja nicht zwangsläufig mit allgemeiner Qualität zu tun, deshalb betrachtet ein sich ernstnehmender Kritiker, selbst wenn er ein musikalischer Laie ist, die Musik auch sehr genau und mit geschultem Ohr.

Gruß,

Matthias

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nochmal zu traubenzucker... eine musik imfilm kann sehr wohl eine emotionalität auslösen, die sie für sich allein genommen auf CD nicht tut. deswegen heisst sie ja auch filmmusik und das ist ihr job.

ich hab so einige Scores gehört, die ich im Film total toll fand, mich voll berührten und so und auf CD... nix wars... da waren sie dann nur langweilig.

mir fällt grad kein beispiel ein, aber ichbin auch uzu müd um darüber jetzt nachzudenken, aber da wissen doch andere sicher auch beispiele für oder nicht?

all die anderen sachen hier kann ich ja unterschreiben, aber die Grundfrage war doch ob Filmmusik auf CD einen eigenen Wert haben MUSS und das muss sie nicht. Aber auch das sagte ich schon... Broughton nannte mir als Beispiel einmal: "Ein einziger langgezogenen Violionenton kann eine fantastische Wirkung haben im Film, aber auf CD.. will man das hören? Sicher nicht..."

und dagegen kann man nun wirklich nichts einwenden oder?

Jetzt fällt mir was ein... ARRESTED DEVELOPMNET... ganz ganz grosse Serie, die leider in BRD noch nicht raus ist. Unglaublich was die Serie an Gagdichte hat, u.a. durch den brillanten Einsatz der Musik. Unmengen an Songs und 3 Takten von irgendwelchen anderen Musiken. Schwer zu beschreiben wie das da funktioniert, bei bestimmten Sätzen oder Situationen kommt immer wieder dieselbe Musik und bringt einen echt schwer zum Lachen. Auf CD funktioniert das aber überhaupt nicht, was soll ich auch mit 100 3sec cues? Trotzdem würde ich sagen, dass diese Serie eine der besten Musiken in der TV-Landschaft überhaupt hat. Der Mann der dafür verantwortlicht sollte auf jeden Fall einen Preis bekommen! :-)

Eine absolut geniale Musik, in jeder Hinsicht, Auswahl, Scoring, Spotting und vor allem: Wirkung. Hat überdies grossen Wiedererkennungswert (sonst würden die Witze ja auch nicht funktionieren)... alles was Herr Noe gerne hätte... aber auf CD niemals zu gebrauchen. Aber ne tolle Serie um mal Leuten zu zeigen wieviel Humor allein die richtige Musik in sowas bringen kann.

Doof jetzt, dass die Serie hier wohl keiner kennt...

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@Matthias

Dabei geht es ja auch um durchaus feststellbare musikalische Güte einer Komposition, weil ja nur die CD bewertet wird. Steht dahingehend alles zumbesten, ist für den Kritiker der CD alles im Lot. Hörgenuss hat ja nicht zwangsläufig mit allgemeiner Qualität zu tun, deshalb betrachtet ein sich ernstnehmender Kritiker, selbst wenn er ein musikalischer Laie ist, die Musik auch sehr genau und mit geschultem Ohr.

Genau das hatte ich gemeint. Bei "Islands in the stream" meinte ich genau dass, was du wiederholt hast. Sein Kommentar zur Neueinspielung lässt allerdings nicht zwangsweise darauf schließen, dass er sie primär eigenständig komponiert hat, ganz sicher ist das nicht. In jedem Fall war es ihm wichtig.

Bei der Bewertung von Basic Instinct lag ich wahrlich. Damals hatte ich noch weniger Hörerfahrung und die anfängliche Meinung setzte sich fest.

Allerdings verwirrt mich die Beschreibung der Wirkung der Filmmusik keineswegs. Sie verfeinert vielmehr und lässt den Kontext klar werden, wie es z.B. bei der Kritik zu "Sunset Boulevard" geschehen ist. Warum sollte der Bezug zum Film denn außen vor gelassen werden? Tut er weh?

Nein, denn er hilft bei der Interpretation. Ich bin mit dir nur insoweit uneinig, dass die Kenntnis des Kontextes (Film) der Bewertung abträglich sei. Sonst vertreten wir ja ähnlichen Ansichten.

nochmal zu traubenzucker... eine musik imfilm kann sehr wohl eine emotionalität auslösen, die sie für sich allein genommen auf CD nicht tut. deswegen heisst sie ja auch filmmusik und das ist ihr job.

Das ist schlicht und einfach nicht wahr. Im Film wie CD zeigt bringt sie Emotionen zum Ausdruck und das mit den Instrumenten als Quelle selbst. Ursprünglich haben diese einmal irgendein Bild bzw. irgendeine Handlung unterstützt. Eine Garantie für Wirkung im Film und auf CD ist in diesem Thread doch überhaupt kein Thema und außerdem gibt es eine solche nicht.

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Gast Traubenzucker

Also, dieses Thema ist so weit gegangen, dass ich nicht mehr weiss wo ich anfangen soll....

Es gibt eine Sequenz in Peter Jackson´s Film Heavenly Creatures,

die einen recht brutalen Mord zeigt, sie wurde mit dem wunderbaren Stück The Humming Chorus von Puccini unterlegt. Ein scheinbarer Gegensatz, aber die Szene erhält dadurch eine sonderbar schöne aber auch morbide Stimmung.

Ich fand die Wirkung unglaublich faszinierend.

Du redest gerade über das Spiel zwischen Musik und Bild, nicht über die Musik selbst.

Also gut: wenn ich ein Soundtrack bewerten würde, würde ich an erster Stelle bewerten wie sie alleine auf CD klingt und erst an zweiter Stelle ihre Funktionalität im Film. Die Person, die daran interessiert ist zu erfahren ob die CD gut ist, will die CD alleine kaufen. Wenn es um die Funktionalität gehen würde, dann könnte man auch mit der DVD zufrieden geben, und keine Gedanke an der Musik verschwenden. Auf der DVD ist sie nämlich nur ein Teil des Ganzen, der Film und seine Bilder spielen die Hauptrolle. Es geht aber um die Bewertung der Musik, nicht?

Vor einiger Zeit startete ich einen Post und hatte die Filmmusik missverstanden, das hineininterpretiert was ich wollte. Plötzlich war sie heroisch, worauf ich von TomTom in die Schranken gewiesen wurde. Danke hierfür. Man tut der Musik, die für einen Film mit Hintergrund komponiert wurde schlecht, wenn man sie so überdenkt.

Nochmal, es gibt nichts zu missverstehen nur anders verstehen, es sich entwickeln lassen. Was ist so falsch daran? Man hört Musik, wie man beim Bach oder Vivaldi machen würde. Entweder mag man es oder nicht. Oder musst ich vielleicht auch noch wissen was Bach und Vivaldi sich dabei gedacht haben, als sie komponiert haben um nichts zu missverstehen? Ich glaube nicht.

Ich glaube Musik bleibt Musik, egal von wem oder wofür es geschaffen ist. Und man sollte die Musik bewerten, nicht den dazu gehörigen Film.

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