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Die große Sinfonie-Diskussion


danecos
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Dies ist wohl eine Auslegungssache. Aber Anfang des 20. Jahrhundert stehen nunmal sämtliche Stilrichtungen nebeneinander. Mahler und Strauss komponierten ja auch noch spätromantisch, als Schönberg schon seine Zwölftontechnik entwickelt hatte. Auch den Expressionismus Strawinskys kann man nun nicht wirklich als moderner als die Dodekaphonie bezeichnen.

Aus diesem Grund denke ich, dass sich zu dieser Zeit die Entwicklung aufgabelte und man deshalb auch bei Schostakowitsch von einem Wegbereiter reden kann. Ich habe auch Bücher, in denen er als solcher bezeichnet wird.

Wegbereiter der Moderne, also Bindeglied zwischen Romantik und Neuer Musik, ist in allererster Linie Debussy – kein anderer hat derart viele Richtungen der Neuen Musik begründet, mitgeprägt oder gedanklich vorbereitet. Vom Stravinskij über Webern bis Messiaen und Boulez.

Schostakowitsch ist zwar sicherlich der überragende Sinfoniker des 20. Jahrhunderts, allerdings stand er zu keiner Zeit an der Spitze einer Avantgarde - selbst die unter dem Einfluss der Proletkult entstandenen Sinfonien 2 und 3 sind harmonisch im Vergleich zu parallel entstandenen Werken (egal ob von Varèse oder Schönberg) geradezu zahm. Schostakowitsch führt formal (und auch in Bezug auf Harmonik und Instrumentierung) Mahler weiter, ansonsten ist seine Modernität jedoch gänzlich abseits der Weiterentwicklung der üblichen Parameter Harmonik, Rhythmik, Klang etc. zu suchen. Sein Verdienst liegt vielmehr darin, dass er diese Parameter in einer Zeit radikaler Stilbrüche für die sinfonische Form nutzbar gemacht, ihr weiterhin die Stange gehalten hat. Er hat der Sinfonik in einer Zeit, in welcher der Inhalt immer mehr zur Form wurde, Legitimation verschafft und die Gattung so in unsere Zeit gerettet.

Generell ist natürlich die Koexistenz diverser Stilrichtungen ab dem 20. Jahrhundert unbestritten, aber Deutschland bildet da bis ca. 1910 eine Ausnahme – die Entwicklung verlief hier nämlich durchaus linear und parallel; man könnte bei Mahler, Strauss und Reger fast von einem Wettbewerb um die Auflösung von Romantik und Tonalität sprechen - Überwunden werden sollte sie allerdings erst von der Schülergeneration. Mahler ist ausgerechnet zu der Zeit gestorben, als Schönberg, Webern und Berg schließlich die Schallmauer der Tonalität durchbrochen haben - niemand weiß, wie er reagiert hätte. Bei Strauss weiß man es: er hat (nach Elektra) die Flucht ergriffen und ist in entgegengesetzter Richtung davongelaufen (Rosenkavalier, Alpensinfonie).

Die überragenden Sinfoniker waren in der Klassik MOZART, HAYDN und BEETHOVEN, in der Romantik BEETHOVEN (und MENDELSSOHN), in der Spätromantik MAHLER und schließlich in der (klassischen) Moderne SCHOSTAKOWITSCH – wobei hier die Meister der Programmsinfonie (Berlioz, Liszt, Strauss, wenn man so will auch Debussy) noch gar nicht mit dabei sind.

Der geistige Gehalt der (besten) Beethoven-Sinfonien bleibt unübertroffen - deswegen ist aber nicht jede Note unangreifbar. Gleiches gilt für Mahler und Schostakowitsch. Dass beider Popularität geringer ist, hat viele Gründe, und die meisten sind außermusikalisch. Schostakowitsch ist dennoch so populär, wie es ein Komponist seiner Generation nur sein kann, und Mahler dürfte neben Beethoven mittlerweile der am häufigsten gespielte Sinfoniker sein.

Mozart und Haydn haben die Form der Sinfonie definiert und überhaupt erst verbindlich gemacht. Beethoven hat primär durch seine Sinfonien die Subjektivität in der Musik "erfunden" - was die wichtigste Grundlage für die Entstehung der Romantik war. Mahlers Musik ist in jeder Form grenzwertig: in Proportion, Emotion, Harmonik und Form. Dennoch scheint sie wie kaum eine andere die (musikalischen) Sehnsüchte des heutigen Menschen zu bedienen. Für Schostakowitschs Werk gilt ähnliches, nur sind die Themen seiner Musik spezieller, ihr Ausdruck pragmatischer. Es wird noch einige Zeit vergehen, ehe Schostakowitschs Musik wirklich verstanden wird ...

Ansonsten hat Vincent die wesentlichen Punkte zur Frage, wie Musik möglichst objektiv bewertet werden kann, wunderbar dargelegt. ;)

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Alex: Mit den Kriterien, die ich zu meinen Punkten geschrieben habe, wollte ich nur für ein bisschen Verständnis bezüglich der Einzelheiten sorgen.

Das ist dir IMHO hervorragend gelungen. ;)

Natürlich ist es sehr schwierig die Kompositionsgenies untereinander zu bewerten. [...] Aber letztendlich möchte ich dies gar nicht tun. Ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, dass pauschale Aussagen ohne vernünftige Begründungen keine Daseinsberechtigung haben.

Ja, da sind wir uns auch total einig. War eine super informative Diskussion für mich - jetzt geh ich aber wirklich pennen. Gute Nacht. :D

Alex

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Ich beziehe gerade Prügel dafür, dass ich bei meiner Aufzählung der größten Sinfoniker Brahms, Dvorak, Bruckner und Henze nicht aufgezählt habe. BRAHMS gehört in der Tat als Zwischenglied unbedingt noch mit rein, Bruckner und Dvorak sind zwar wichtig, doch stellt ersterer den Endpunkt und letzterer eher eine Nebenlinie bestimmter musikhistorischer Entwicklungen dar. HENZE sollte aber wirklich nicht unerwähnt bleiben, damit auch die zeitgenössische Musik angemessen vertreten ist.

Zum Umgang mit den Instrumenten - Ist die Frage, als wie geschickt man eine Instrumentsatzgestaltung empfindet, wirklich objektiv?

Ja, auch in der Instrumentierung kann man zwischen richtig und falsch unterscheiden. So ist z.B. eine Orchesterbesetzung mit 15 Trompeten und 30 Streichern in Hinblick auf ausgewogenen Gesamtklang eine falsche Instrumentationsentscheidung, die höchstens durch eine innermusikalische Notwendigkeit erklärt werden kann.

Zudem gibt für jede Epoche der Musikgeschichte Instrumentationslehren (für die Romantik etwa von Berlioz, für die Moderne von Hindemith), denen man entnehmen kann, wie tradierte Schemata ( z.B. das eben erwähnte) mit dem jeweiligen Zeitgeschmack in Beziehung stehen. Übertragen auf das obige Beispiel müssten 15 Trompeten im spätromantischen Orchester nicht weniger als 225 Streicher gegenüberstehen ... ;)

Zur Themenverarbeitung - sind die Fragen, wie ansprechend ein Thema verarbeitet ist und als wie gut aufeinander abgestimmt man Themen empfindet, wirklich objektiv?

Sie sind es. Unabhängig von Kategorien wie Geschmack und Gefallen gibt es für die Qualität von Themen objektive Kriterien: Ausgewogenheit von Schreit- und Sprungbewegung, Vermeidung von Akkordik, Sanglichkeit und Dissonanzbehandlung, um nur ein paar (horizontale) Kriterien zu nennen. Viele Williams-Themen erfüllen diese Kriterien vortrefflich.

Zur Harmonik - ist eine schlichte Harmonik objektiv wertvoller oder weniger wertvoll als eine ausladende, und wer entscheidet objektiv, wann es zu schlicht oder zu ausladend wird?

Bis ca. 1900 entscheidet darüber in der abendländischen Diatonik die Harmonielehre. Harmonisierung dient einem Komponisten nicht dazu, sein Handwerk zur Schau zu stellen, sondern dazu, musikalische Standpunkte jenseits von reinem Schwarz-Weiß-Denken zu gestalten. Das unterscheidet einen Goldsmith von einem Jablonsky oder die Beatles von irgendeinem Schrott aus den aktuellen Charts. Die Frage nach dem zu Schlichten sollte somit beantwortet sein. Ausladende Harmonik ... das ist schwierig (weil der Begriff nicht wirklich glücklich ist). Aber stell Dir vor, Du würdest den Film AMERICAN BEAUTY mit Musik aus THE EMPIRE STRIKES BACK untermalen ...

Zur Rhythmik - sind Stücke mit komplizierter Rhythmik objektiv wertvoller oder weniger wertvoll als solche mit einfacher Rhythmik, und wer entscheidet objektiv, wann es zu kompliziert oder zu einfach wird?

Rhythmik ist in der prämodernen Musik in der Regel ein der Harmonik und Melodik untergeordnetes Element. Aus dem Zusammenspiel von Satzform, Melodieduktus, formalem Abschnitt und sogar Instrumentierung ergibt sich mehr oder weniger automatisch der Rhythmus. Mit der Neuen Musik emanzipiert sich die Rhythmik und der Zusammenhang zwischen technisch-handwerklichem Anspruch und Rhythmus wird klarer.

Zum Kontrapunkt - ist eine polyphone Stimmenverarbeitung objektiv wertvoller oder weniger wertvoll als eine homophone? Wer entscheidet objektiv, was zu dünn oder zu überladen ist?

Polyphonie erfordert zunächst wiederum höheres handwerkliches Geschick. Allerdings gibt es Fälle, wo die Harmonisierung eines homophonen Satzes nicht minder anspruchsvoll ist als ein polyphoner Satz. Dadurch relativiert sich die Frage der Wertigkeit.

Es ist eben auch in der Musik so: 90 % sind Handwerk, 10 % Talent ...

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Ich beziehe gerade Prügel dafür, dass ich bei meiner Aufzählung der größten Sinfoniker Brahms, Dvorak, Bruckner und Henze nicht aufgezählt habe. BRAHMS gehört in der Tat als Zwischenglied unbedingt noch mit rein, Bruckner und Dvorak sind zwar wichtig, doch stellt ersterer den Endpunkt und letzterer eher eine Nebenlinie bestimmter musikhistorischer Entwicklungen dar. HENZE sollte aber wirklich nicht unerwähnt bleiben, damit auch die zeitgenössische Musik angemessen vertreten ist

Ja ja! Wenn jemand den Brahms vergisst ist mit mir nicht zu spaßen ;)

Es ist eben auch in der Musik so: 90 % sind Handwerk, 10 % Talent ...

Bei solchen Aussagen wird mir immer ganz warm in der Brustgegend

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Es ist eben auch in der Musik so: 90 % sind Handwerk, 10 % Talent ...

Da stimme ich ja völlig zu. Und dass du mit diesen Kriterien weite Teile von Musikgeschichte und -markt beurteilen kannst, glaube ich dir auch.

Aber gerade den "Großen" kann man doch nicht unterstellen, sie hätten aus 10 Trompetern, 3 Geigern und zwei Fagottisten ein unpassendes Orchester zusammen gestellt. Oder dass sie "objektiv" zu schlicht oder zu ausladend orchestriert hätten. Gerade darum sind sie doch Weltklasse - weil sie handwerklich und künstlerisch in den meisten genannten Bereichen absolut top waren. Wenn man z.B. Beethoven zuschreibt, er sei bezüglich seiner Themenbehandlung eine winzige Nuance geschickter gewesen als z.B. Mahler... dann kann es doch sein, dass man Mahler zugestehen muss, dass er bezüglich der Orchestrierung oder Kontrapunktierung einen winzigen Tick geschickter war (ob das wirklich so war, kann ich gar nicht beurteilen).

So wie der eine Weltklasse- Fußballer vielleicht ein klein wenig mehr Ballgefühl hat als der andere, dafür ist der andere möglicherweise etwas torgefährlicher oder lauffreudiger. Wer am Ende der Allerbeste der Besten ist, hängt davon ab, wie man die herausragendsten Stärken und winzigen Schwächen gegeneinander aufrechnet und bewertet - insofern bleibt die Entscheidung zwischen solchen Fußball- oder Musik- Giganten am Ende doch subjektiv.

Sonst müssten sich ja alle bedeutenden Musikprofessoren der Welt einstimmig auf einen "nach objektiven Kriterien besten Komponisten aller Zeiten" einigen können. Können sie das?

Alex

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Aber gerade den "Großen" kann man doch nicht unterstellen, sie hätten aus 10 Trompetern, 3 Geigern und zwei Fagottisten ein unpassendes Orchester zusammen gestellt. Oder dass sie "objektiv" zu schlicht oder zu ausladend orchestriert hätten.

Natürlich gibt es auch bei den "Großen" auf den ersten Blick seltsam anmutende Instrumnetationsentscheidungen - darin besteht manchmal ja auch die Neuartigkeit eines Werkes. In solchen Fällen steckt dahinter aber ja keine Willkür, sondern (s.o.) innermusikalische Notwendigkeit.

Passable Instrumentierung ist, bei ausreichenden Vorkenntnissen in Theorie und Kontrapunkt, relativ leicht zu erlernen, und in der heutigen Filmmusik ist es symptomatisch, wie schlampig in dieser Beziehung gearbeitet wird. Nimm zum Beispiel die gigantomanen Besetzungen fast sämtlicher Actionscores der letzten Jahre. Jeden gut ausgebildeten Komponisten, aber auch den anspruchsvollen Laien, sollte da das kalte Grausen packen, wie plump unnötigerweise herumgeklotzt, wie stupide klischiert da gearbeitet wird (z.B. Streichung der Bratschen oder Holzbläser und Forcierung des Blechs durch 4-6-fache Besetzung, Cello als Allzweckwaffe langweiligst ausgestalteter Solopartien, Tutti-Monodie, große SATB-Chöre, jedoch sucht man A, B und manchmal gar T vergeblich ;) ).

Wirklich meisterliche Instrumentierung ist - vielleicht stärker als alle anderen Bereiche des Tonsatzes - eine Frage umfassender Repertoirekenntnis und der praktischen Erfahrung.

Gerade darum sind sie doch Weltklasse - weil sie handwerklich und künstlerisch in den meisten genannten Bereichen absolut top waren. Wenn man z.B. Beethoven zuschreibt, er sei bezüglich seiner Themenbehandlung eine winzige Nuance geschickter gewesen als z.B. Mahler... dann kann es doch sein, dass man Mahler zugestehen muss, dass er bezüglich der Orchestrierung oder Kontrapunktierung einen winzigen Tick geschickter war (ob das wirklich so war, kann ich gar nicht beurteilen).

Man kann Beethoven und Mahler nicht 1:1 vergleichen und daher nicht sagen, wer "objektiv" besser ist. Da käme dann am Ende tatsächlich heraus, dass Beethovens Themenverarbeitung nach formalen Kriterien der mahlerschen überlegen ist (o Wunder: schließlich entwickelt er anders als Mahler seine Themen noch streng in Sonatenform), während Mahler als der vielleicht brillanteste Instrumentierer der Musikgeschichte abschneidet (o Wunder: ihm stand schließlich ein ganz anderer Apparat zur Verfügung als Beethoven). Wem nützt das aber?

Untersuchen und vergleichen kann man allenfalls die historische Größe zweier Komponisten, also ihren Einfluss auf die Musikgeschichte - und da zieht Mahler natürlich den kürzeren, wenngleich auch er ein Genie war, wie die Welt es selten gesehen hat.

So wie der eine Weltklasse- Fußballer vielleicht ein klein wenig mehr Ballgefühl hat als der andere, dafür ist der andere möglicherweise etwas torgefährlicher oder lauffreudiger. Wer am Ende der Allerbeste der Besten ist, hängt davon ab, wie man die herausragendsten Stärken und winzigen Schwächen gegeneinander aufrechnet und bewertet - insofern bleibt die Entscheidung zwischen solchen Fußball- oder Musik- Giganten am Ende doch subjektiv.

Sonst müssten sich ja alle bedeutenden Musikprofessoren der Welt einstimmig auf einen "nach objektiven Kriterien besten Komponisten aller Zeiten" einigen können. Können sie das?

Die Musikwissenschaft hat lange Zeit (bis vor 40, 50 Jahren) versucht, den "besten" Komponisten aller Zeiten zu bestimmen - das Ergebnis dieser tatsächlich immer stark subjektiv und auch nationalistisch (!) gefärbten Analysen lautete meist Bach oder Beethoven - gefolgt von Mozart. Wenn es um die historische Größe geht, kommt das sogar annähernd hin - wobei Debussy, für die deutschsprachige Forschung der damaligen Zeit ein rotes Tuch, noch ergänzt werden müsste.

Heute wird Personengeschichte dieser Art so gut wie nicht mehr betrieben, man beschäftigt sich mit einzelnen Werken, Werkvergleichen oder anderen übergeordneten Fragestellungen. Insofern passt Dein Fußball-Vergleich schon. Aber er steht nicht im Widerspruch zu den Kriterien, die Vincent und ich aufgeführt haben ... :D

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Damit ziehe ich meine Behauptung, Schostakowitsch wäre ein Wegbereiter der Moderne zurück. Er war vielmehr eine treibende Kraft in der Weiterentwicklung der Symphonie in der Moderne.

Ich hoffe, man verzeiht mir, aber ich denke dies ist durch Unübersichtlichkeit der musikalischen Entwicklungen im 20. Jahrhundert verursacht.

Passable Instrumentierung ist, bei ausreichenden Vorkenntnissen in Theorie und Kontrapunkt, relativ leicht zu erlernen, und in der heutigen Filmmusik ist es symptomatisch, wie schlampig in dieser Beziehung gearbeitet wird. Nimm zum Beispiel die gigantomanen Besetzungen fast sämtlicher Actionscores der letzten Jahre. Jeden gut ausgebildeten Komponisten, aber auch den anspruchsvollen Laien, sollte da das kalte Grausen packen, wie plump unnötigerweise herumgeklotzt, wie stupide klischiert da gearbeitet wird (z.B. Streichung der Bratschen oder Holzbläser und Forcierung des Blechs durch 4-6-fache Besetzung, Cello als Allzweckwaffe langweiligst ausgestalteter Solopartien, Tutti-Monodie, große SATB-Chöre, jedoch sucht man A, B und manchmal gar T vergeblich ;) ).

Diese Beobachtung habe ich auch schon gemacht. Vierstimmige Chöre gibt es eigentlich nie in Filmmusiken. Da war der schöne Choral "Path to Heaven" aus Kingdom of Heaven von Gregson-Williams geradezu ein Hochgenuss!

Ansonsten wird der Chor meist in Tuttistellen wie ein weiteres Instrument eingesetzt.

Dass Holzbläser meist nur noch als Soloinstrumente eingesetzt werden, ist ein genauso trauriges Faktum. Dabei gibt es so wundervoller Beispiele von Holzbläsereinsätzen in Actiontracks bei John Williams.

Aber gerade den "Großen" kann man doch nicht unterstellen, sie hätten aus 10 Trompetern, 3 Geigern und zwei Fagottisten ein unpassendes Orchester zusammen gestellt.

Diese Zusammenstellung ist als konzertantes, symphonisches Werk aufgrund der Dynamik- und Mischverhältnisse absolut undenkbar. Dabei wäre auch, trotz der Meisterschaft der Kompositionsgenies nie etwas Sinnvolles herausgekommen. Ich meine, es gibt gewisse Regeln in der konzertanten Symphonik die nicht gebrochen werden dürfen. Dazu gehören auch die Mischverhältnisse zwischen den Stimmgruppen.

Bei Studioaufnahmen können solche natürlich durch nachträgliche Bearbeitung wieder "geradegerückt" werden!

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Insofern passt Dein Fußball-Vergleich schon. Aber er steht nicht im Widerspruch zu den Kriterien, die Vincent und ich aufgeführt haben ... :applaus:

Danke für die Blumen. Ich wollte auch keinen Widerspruch konstruieren oder eure genannten objektiven Kriterien abwerten (im Gegenteil), sondern aus Interesse am Thema bloß etwas tiefer graben, wie weit man mit diesen Kriterien kommt und wo man an die Grenzen des Objektiven stößt. Ich denke, dass ich dabei musikalisch etwas schlauer geworden bin. Hat sich IMHO also gelohnt.

Alex

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Zitat:

Aber gerade den "Großen" kann man doch nicht unterstellen, sie hätten aus 10 Trompetern, 3 Geigern und zwei Fagottisten ein unpassendes Orchester zusammen gestellt.

Diese Zusammenstellung ist als konzertantes, symphonisches Werk aufgrund der Dynamik- und Mischverhältnisse absolut undenkbar.

Ist mir schon klar. Die Aufzählung hab ich genau aus diesem Grund gepostet. Weil Mozart, Bach, Beethoven, Mahler, Schostakowitsch & Co. sowas aus genau deinen genannten Gründen nie gemacht hätten.

Moderne Filmmusikkomponisten stellen aber gelegentlich etwas asymmetrische Orchester zusammen - wenn auch nicht ganz so krass. Hast du ja selber geschrieben. Mit Einzel- oder Gruppenmikrophonierung und Studiomix geht natürlich auch das, aber sonst macht's wenig Sinn.

Ich denke, wir sind uns insgesamt ziemlich einig geworden. :applaus:

Alex

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  • 2 Wochen später...

Was die musikgeschichtliche Bedeutung einschlägiger Symphonien und deren Komponisten ausmacht - inklusive dem mehr oder weniger starken Einfluss auf programmsinfonische zeitgenössische Musik - zu denen ich - sicherlich von einigen Leuten auch hier im Board angezweifelt - auch, ja sogar betont, die Filmmusik zählen möchte, wurde hier bisher recht ausführlich zusammengefasst.

Nur möchte ich es dennoch versuchen Beethovens Neunte als sozusagen den perfekten Vertreter einer Kompositionsgattung in ein ganz besonderes Licht zu rücken:

Beethoven subsummiert in diesem epochalen Werk einerseits alle bis dahin möglichen und tradierten musikalischen Elemente des Abendlandes. Mustergültige klassische Instrumentierung, ein in der Intensität kaum noch zu übertreffender Einsatz der menschlichen Stimme, sowohl solistisch als auch im Chor und - natürlich - eine grossartige Verneigung vor Johann Sebastian Bach: Die Fuge und die Doppelfuge im Finale - was soll man zu diesem grandiosen kontrapunktischen Beitrag des Meisters noch sagen!!!

Andererseits öffnet Beethoven mit seiner Neunten das Tor zur gesamten folgenden Musik: War es nicht das berühmte Hornsolo im lieblichen Andante molto e cantabile, das beispielsweise die Romantiker so nachhaltig beeinflusst hat?

Kurzum: Für mich ist "Choral" das perfekte musikalische Werk schlechthin. Ich wage sogar zu behaupten, dass so etwas einmalig war, ist und es immer bleiben wird.

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  • 2 Wochen später...
Andererseits öffnet Beethoven mit seiner Neunten das Tor zur gesamten folgenden Musik: War es nicht das berühmte Hornsolo im lieblichen Andante molto e cantabile, das beispielsweise die Romantiker so nachhaltig beeinflusst hat?

Naja, WENN dann waren es Beethovens Klavierwerke die nachhaltigen Einfluss auf die Romantik hatten.

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Naja, WENN dann waren es Beethovens Klavierwerke die nachhaltigen Einfluss auf die Romantik hatten.

Beethoven gilt ja auch als Wegbereiter zur Romantik. Vielleicht kann man auch es formulieren, dass seine Sinfonien typisch klassisch waren, seine Klavierwerke schon in Richtung Romantik gingen.

Denn wenn man über Richard Wagner bpsw. redet dann ist der einzige Komponist, mit den man ihn in Vergleich zieht Beethoven.

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Ich hab jetzt irgendwo gelesen, dass Brahms jahrzehntelang keine Sinfonie geschrieben hat, weil er sich nicht mit Beethoven messen lassen wollte. Irgendwann später ist er aber dann wohl doch noch zu der Meinung gelangt, was zusammenpfriemeln zu können, womit er gegen den großen sinfonischen Übervater nicht abstinkt.

Rein quantitativ muss man wohl Beethovens Vorgänger Haydn und Mozart zu den großen Sinfonikern dazuzählen. Haydn hat über 100, Mozart über 40 Sinfonien verbraten. Dagegen sieht Beethoven mit seinen neun Sinfonien auf den ersten Blick eher klein aus.

Alex

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Ich hab jetzt irgendwo gelesen, dass Brahms jahrzehntelang keine Sinfonie geschrieben hat, weil er sich nicht mit Beethoven messen lassen wollte. Irgendwann später ist er aber dann wohl doch noch zu der Meinung gelangt, was zusammenpfriemeln zu können, womit er gegen den großen sinfonischen Übervater nicht abstinkt.

Rein quantitativ muss man wohl Beethovens Vorgänger Haydn und Mozart zu den großen Sinfonikern dazuzählen. Haydn hat über 100, Mozart über 40 Sinfonien verbraten. Dagegen sieht Beethoven mit seinen neun Sinfonien auf den ersten Blick eher klein aus.

Alex

Oder weil Richard Wagner zwischenzeilich eine veröffentlicht hatte:D .

haydn zählt tatsächlich zu dem vater der symphonie, allerdings kann man mozarts und haydns symphonien nicht mit beethovens und nachfolgenden vergleichen - das sind völlig andere dimensionen

Schon, es sind ja aus 2 unterschiedliche Epochen. Aber wie James Horner sagte, wenn man Haydns Musik mit der von Mozart oder 15 anderen vergleicht kommen doch unweigerlich Parallelen und Merkmale vor ;).

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Oder weil Richard Wagner zwischenzeilich eine veröffentlicht hatte:D .

Das ist Quatsch! Brahms hatte große Erfurcht vor Beethoven. Wagners Einfluss auf dem symphonischen Gebiet ist vernachlässigbar klein!

Schon, es sind ja aus 2 unterschiedliche Epochen.
Nein, Haydn Mozart und Beethoven gehören alle zur Wiener Klassik!
Und zum Thema: Haydn über 100 Symphonien und Mozart über 40... Quantität hat rein gar nichts mit Qualität zu tun. ;) Was nicht heißen soll, dass diese beiden nur schlechte Symphonien geschrieben haben.
Das definitiv nicht! Trotz der unglaublichen Masse schrieben beide eine Vielzahl hervorragender Werke! Allein schon die letzten 5 Mozartsymphonien stehen meines Erachtens weit über den Ersten von Beethoven.

Was mich ein bisschen stört ist, dass hier immer so allgemein über Beethovens Symphonien geredet wird. Auch hier gibt es Stärkere und Schwächere! Welche sind eure Favouriten oder warum könnt ihr mit Manchen nichts anfangen?

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Welche sind eure Favouriten

Ganz klar, die Fünfte. Nicht, weil jeder die ersten vier Noten aus dem ersten Satz kennt, sondern weil sie meines Erachtens eine wunderbare und revolutionäre Instrumentierung aufweist, die ich bei keiner anderen, auch nicht bei der Neunten, gehört habe. Sie trägt ja nicht umsonst den inoffiziellen Beinamen "Das Schicksal", denn das Schicksal-Motiv in verschiedenen Varationen auf den Sätzen verteilt, ist meines Erachtens eines der besten "Erfindungen", die Beethoven komponierte, obwohl sie recht simpel ist.

oder warum könnt ihr mit Manchen nichts anfangen?

Am Wenigsten kann ich mit der Achten etwas anfangen. Es gibt da irgendwie nichts, was irgendwie ohrwurmreif oder sonstige Qualitäten in Relation auf die anderen Symphonien Beethoven's aufweist. Für mich ist diese eine reine "Pastorale-Abklatsch". Sicherlich ist die Pastorale und die Achte in F-Dur, daher die Ähnlichkeiten, doch irgendwie fehlt etwas. Wahrscheinlich wird jetzt ein großes Geschrei folgen, dass meine Ansicht als "Pastorale-Abklatsch" eine reine Pauschalierung ist, dennoch bekomme ich beim Hören dieser Symphonie das Gefühl der zweiten Pastorale, für mich als negative Definition: "Pastorale-Abklatsch".

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Ach und weil alle Musiklehrer sagen, dies seien die Besten, deshalb ist es so?!?

Dass jeder die fünfte und neunte Symphonie von Beethoven kennt, sagt gar nichts über deren Qualität aus.

Jeder kennt auch "Oops I did it again" von Spears und trotzdem würde ich dieses Lied wirklich nicht zu den Besten zählen!

finde beethovens symphonien auch am besten, aber weil alle professionellen musiker das sagen, muss es nicht stimmen. bzw da in der musik von "richtig" und "falsch" oder "gut" und "schlecht" zu reden, finde ich unsinnig - wer so musik bewertet, hat den geist de rmusik irgendwie nicht richtig erkannt.

So und jetz fangt die Diskussion nochmal mit Komponisten wie John Williams an! ;)

Kleiner Scherz^^

So mal sehen ob ich auch was bei Wikipedia zum Thema Symphonie finde um mich intellektuell wirken zu lassen... :D

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