Zum Inhalt springen
Soundtrack Board

Buchvorlage vs. Filmversion


Alex
 Teilen

Empfohlene Beiträge

Ich finde es unangemessen, Tolkien und Lewis als Hetzer oder Kriegstreiber darzustellen.

Tolkien hat in Briefen und Artikeln sehr klar geschrieben, dass LOTR KEINE Allegorie auf real existierende Probleme, Konflikte, Geschehnisse und Lösungsvorschläge ist oder sein soll. Ich denke, diesen Disclaimer muss man ernst nehmen und respektieren.

Bei C.S. Lewis und den Narnia- Chroniken hingegen muss man davon ausgehen, dass die Geschichte allegorisch gemeint ist - allerdings nicht auf äußerlich- weltliche Probleme und Konflikte bezogen, sondern auf den "inneren Kampf", wo man mit dem Bösen eben KEINEN Frieden schließen kann, sondern es überwinden muss. Über diese "inneren Konflikte" hat Lewis viele Bücher geschrieben, zum Beispiel "Die große Scheidung", "Flucht aus Puritanien" und die berühmte "Dienstanweisung an einen Unterteufel". Alle diese Bücher sind explizit christlich, und das ist eine bekannte Tatsache. Lewis den Vorwurf zu machen, unter dem Deckmantel eines Fantasy- Buches fragwürdige Propaganda zu betreiben, geht an der Realität vorbei, weil er zu seinen christlichen Intentionen ganz offen steht.

Genausowenig kann man IMHO Philip Pullman wegen seiner Trilogie um den Goldenen Kompass, das Magische Messer und das Bernsteinteleskop einen Vorwurf verdeckter Propaganda machen - denn auch hier steht der Autor ganz offen zu seinen anti- christlichen Intentionen. Und so verwundert es auch nicht, wenn sich am Ende Gott als seniler Greis herausstellt, der von einem größenwahnsinnigen Engel manipuliert wird, und dass der Satan persönlich (bzw. dessen literarische Inkarnation) sich am Ende aufopfert, um Welt und Menschheit zu retten - so dass am Ende das Heldentum bei denjenigen liegt, die sich gegen Gott auflehnen. Aber wie gesagt: Zu seinen anti- christlichen Einstellungen steht Pullman genauso offen wie Lewis zum Christentum.

Ob man sich jetzt dafür oder dagegen entscheidet, sich Zeug reinzuziehen, von dem man schon im Voraus weiß, dass es diametral gegen die eigenen Einstellungen geht, bleibt ja jedem überlassen. Ich zum Beispiel kann mir kaum vorstellen, dass die Lektüre von Pullmans Trilogie viel zu meiner Lebensqualität beizutragen hat. Also verzichte ich dankend.

Ebenso finde ich es nur verständlich, wenn überzeugte Nichtchristen sich entscheiden, auf die Narnia- Chroniken zu verzichten. Was sollten sie denn auch davon haben, sich eine christliche Allegorie reinzuziehen? Aber erst wissen, dass es eine christliche Allegorie ist, es dann anzugucken und sich hinterher über die Allegorie zu beschweren, finde ich inkonsistent. Sorry.

Alex

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich finde es unangemessen, Tolkien und Lewis als Hetzer oder Kriegstreiber darzustellen.

Tolkien hat in Briefen und Artikeln sehr klar geschrieben, dass LOTR KEINE Allegorie auf real existierende Probleme, Konflikte, Geschehnisse und Lösungsvorschläge ist oder sein soll. Ich denke, diesen Disclaimer muss man ernst nehmen und respektieren.

....

Alex

So etwas läge mir völlig fern. Es ging mir auch nicht um die literarischen Vorlagen, sondern um die ideologischen Implikationen ihrer filmischen Umsetzungen. Die müssen nicht zwangsläufig identisch ausfallen. Wie erwähnt hat z.B. Paul Verhoeven die militarismusverherrlichende Tendenz der literarischen Vorlage von "Starship Troopers" von Heinlein in der Verfilmung glatt in ihr Gegenteil verkehrt. Das kann man gut finden - oder auch nicht.

Hier handelt es sich um einen Film-Thread; mir ist auch klar, dass z.B. Tolkien sich ausdrücklich von einer weltanschaulichen oder politischen Deutung seiner Werke distanziert hat und daran hat sich Peter Jackson bei seinen Verfilmungen auch gehalten. Das ist bei Narnia nicht der Fall.

Filme sind nunmal nicht nur reine "Unterhaltung", sondern können auch mächtige Propaganda-Instrumente darstellen. Gerade Narnia und der Goldene Kompass sind insofern gute Beispiele, als eben der Goldene Kompass in der Verfilmung fast aller weltanschaulich problematischen Implikationen entkleidet und im wesentlichen auf reine Kinder-Unterhaltung reduziert wurde. Wer die literarische Vorlage nicht kennt, würde nicht im Traum auf die Idee kommen, hierbei könnte es such um ein anti-klerikales/-christliches/-kirchliches Pamphlet handeln.

Das kann man von der Narnia-Verfilmung wohl kaum behaupten.

Ich habe mir das übrigens nicht ausgedacht, sondern in einer sehr lesenswerten Analyse in einem Film-Blog diese Hintergründe zur Narnia-Produktion gefunden. Dass dies in Europa wenig bekannt ist, verwundert nicht, warum sollte man sich auch hier mit der ideologischen Ausrichtung von US-Filmproduzenten beschäftigen? Aber Tatsache ist nunmal, dass die Walden-Media-Gesellschaft für ihre erzkonservative ideologische Ausrichtung (in den USA) bekannt ist und diese in die Narnia-Verfilmungen einfliessen lässt - und hierbei geht es nicht um "harmlose" christliche Metaphern (die möglicherweise auch in der literarischen Vorlage zu finden sind) wie die Aslan-Christus/Gott - Gleichsetzung, sondern um die Idee, einem noch besser "formbaren" Publikum (eben Kindern) unterschwellig schon die Botschaften zukommen zulassen, für die die Erzkonservativen (die sich selbst "Christen" nennen) in den USA eben stehen: Krieg ist gut und gerecht, denn der "Feind" ist "böse" und muss vernichtet bzw. vertrieben werden (Ende von Narnia 2) - und dabei steht "Gott" auf unserer Seite usw. usw.

Ich - und ronin1975 offenbar auch - erlauben uns, das ziemlich problematisch zu finden, sorry.

Wohlgemerkt, es geht hier auch um den Status des Filmes als "Fantasy-Film für Kinder". Ich als Erwachsener bin in der Lage, diese simplen Botschaften zu erkennen und diese kritisch zu reflektieren - daher bleibe ich auch bei meiner Wertung, denn wenn man die Propaganda-Inhalte geflissentlich ignoriert, ist der Film sehr unterhaltsam und absolut professionell gemacht (wenn auch viel geklaut ist).

Gruss

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Obwohl ich (bekanntermaßen) Christ bin, sind meine politischen Einstellungen mit denen der rechtskonservativen US- Fundis nicht identisch. Genau wie du finde ich es nicht okay, wenn Kinder mit dem Inhalt, Gewalt sei grundsätzlich eine zielorientierte Form, äußere Konflikte zu lösen, gefüttert werden. Als Zentrum christlicher Ethik steht nun mal die Bergpredigt, die uns dazu auffordert, sogar unsere Feinde zu lieben - da ist IMHO für Krieg und Gewalt nur wenig Platz. Soweit ich informiert bin, hat C.S.Lewis das so ähnlich gesehen wie ich. Gewisse Passagen seiner Bücher (insbesondere aus "Die große Scheidung" und "Der letzte Kampf") sind bei den frommrechten US- Hardlinern nicht besonders beliebt.

Inwiefern der Narnia2- Film diesbezüglich die Romanvorlage umdeutet, kann schon problematisch sein. Andererseits ist Gewalt als Problemlösung ein Grundthema von Literatur und Film. Ganze Genres basieren darauf, und man muss da jedes einzelne Werk für sich betrachten, wie man dargestellte bzw. angedeutete Gewalt deutet und inwiefern man das Werk als gewaltverherrlichend bezeichnen könnte bzw. muss. Eine bekannte Technik besteht darin, den "Feind" zu entmenschlichen - hierzu dienen z.B. Tolkien die "grundbösen" Orks. Man muss auch hier im Einzelfall prüfen, ob und inwiefern diese Technik zu Kriegs- oder Gewaltverherrlichung beiträgt.

Beispielsweise empfinde ich den alten "Kampfstern Galactica"- Film diesbezüglich als extrem problematisch: Während einer Friedensverhandlung wird die Menschheit von den "grundbösen" Cylonen hinterlistig ausgelöscht, und der einzige unnachgiebige Kriegstreiber überlebt mit seiner Besatzung, weil er dem Frieden nicht traut. Moral von der Geschicht: Trau deinen Feinden und ihrem Frieden nicht, sie kennen keine Menschlichkeit wie du - also musst du unnachgiebig bis zum Sieg kämpfen, sonst wirst du ausgelöscht. Als der Film gedreht wurde, waren die USA mitten im Kalten Krieg.

Dagegen empfinde ich die LOTR- Filme und Narnia1 nicht als kriegs- oder gewaltverherrlichend. Bezüglich Narnia2 halte ich mir ein Urteil offen: Den hab ich noch nicht gesehen - da kenne ich bislang bloß die Buchvorlage.

Verhoevens Umdeutung von Heinleins "Starship Troopers"- Romanvorlage finde ich aus künstlerischer Sicht nicht unproblematisch. Zwar ist mir die satirisch angehauchte Ausrichtung des Films persönlich viel angenehmer als die des Buchs; andererseits finde ich es gegenüber dem Autor nicht korrekt, die Intention seines literarisches Werks in ihr Gegenteil zu verkehren. Eine Pro- Kriegs- Botschaft in einer Pentagon- finanzierten Neuverfilmung von Kubricks "Wege zum Ruhm" wäre sicher jedem Fan des Originals ein Dorn im Auge.

Peace and Love ;)

Alex

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

letztlich funktioniert NARNIA 2 ja als Abenteuerfilm, aber wäre es nicht wünschenswert, dass auf friedliche Weise Frieden geschlossen wird, da es ja ein Film für die Kleinen sein soll? Das Religiöse wurde in Narnia 2 ja sehr reduziert erfreulicherweise, aber "Gewalt löst alle Probleme" ist eben für die Zielgruppe etwas fragwürdig und passt eben sehr in seine Entstehungszeit- und Land. Das fand ich schade und abschreckend. Aber davon eben abgesehen hat NARNIA 2 nun ja auch eigentlich gar keine Story, die Kids werden zurückgerufen, wozu eigentlich? Nur um mit in die Schlacht zu rennen, alles totzuhauen und dann gehen sie wieder heim. Ansonsten ist inhaltlich nichts passiert.

Heinleins Buchvorlage kann man nun mal heute - wenn man etwas Verstand in der Birne hat - nicht mehr Ernst nehmen... das ist einfach alles was Verhoeven dazu wohl bewegt haben wird. Obwohl vielleicht heute, nur 10 Jahre nach dem Film, ein Hollywoodstudio das Buch doch sehr werkgetreu produziert hätte. So ändern sich die Zeiten.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Naja aber man sollte nicht vergessen das Vorlagen nicht 100% übernommen werden nirgendwo. Und das wäre ja auch katastrophal langweilig wenn immer wieder die selben Interpretationen dahinterstecken. Das sollte auch vor bestimmten Ideologien und Philosophien nicht halt machen. Das ist doch das was das Geschichtenerzählen antreibt, die unterschiedlichen Inszenierungen. Was ja bei Theatern Gang und Gäbe ist sollte vor der Filmindustrie keinen halt machen. Insofern ist es doch auch Klar das Tolkien nicht gleich Tolkien ist bzw. Lewis nicht gleich Lewis...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Verhoevens Umdeutung von Heinleins "Starship Troopers"- Romanvorlage finde ich aus künstlerischer Sicht nicht unproblematisch. Zwar ist mir die satirisch angehauchte Ausrichtung des Films persönlich viel angenehmer als die des Buchs; andererseits finde ich es gegenüber dem Autor nicht korrekt, die Intention seines literarisches Werks in ihr Gegenteil zu verkehren. Eine Pro- Kriegs- Botschaft in einer Pentagon- finanzierten Neuverfilmung von Kubricks "Wege zum Ruhm" wäre sicher jedem Fan des Originals ein Dorn im Auge.

Hm, also ich danke Verhoeven auf den Knien dass er aus diesem Schund (das Buch) so einen geilen Anti-Militarismus Streifen gemacht hat ;)

Die Vorlage hat damit in diesem Fall die Strafe erhalten die sie verdient hat IMO.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gast FilmmusikOnkel
Hm, also ich danke Verhoeven auf den Knien dass er aus diesem Schund (das Buch) so einen geilen Anti-Militarismus Streifen gemacht hat ;)
Wieso "anti"? Kenne zwar die Vorlage nicht, aber Verhoevens STARSHIP TROOPERS ist eine ganz ganz üble ekelhafte unverhohlene Kriegsverherrlichungsnummer bei der die Truppen, das Militär, die Massenszenen, die "geil für sein Land gegen diese Drecks-Aliens (Aliens ist ja im Englischen auch ein Ausdruck für Ausländer, fremde ungewohnte Kulturen) quasi ein einziger langer Rekurtierungsstreifen fürs Militär sind, quasi "TOP GUN WITH GUTS N GORE AND FUCKIN' ALIEN BASTARDS TO KICK ASS".

Da nutzen auch zwei drei eingestreuselte humorig angehauchte Werbeclips und "News" (das ging schon beim gleichermaßen mißlungenen ROBOCOP, der ebenfalls gewaltverherrlichend bis zum Erbrechen war) voll daneben.

Verhoevens einzig wirklich gute Filme bleiben leider BASIC INSTINCT und TOTAL RECALL.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wieso "anti"? Kenne zwar die Vorlage nicht, aber Verhoevens STARSHIP TROOPERS ist eine ganz ganz üble ekelhafte unverhohlene Kriegsverherrlichungsnummer bei der die Truppen, das Militär, die Massenszenen, die "geil für sein Land gegen diese Drecks-Aliens (Aliens ist ja im Englischen auch ein Ausdruck für Ausländer, fremde ungewohnte Kulturen) quasi ein einziger langer Rekurtierungsstreifen fürs Militär sind, quasi "TOP GUN WITH GUTS N GORE AND FUCKIN' ALIEN BASTARDS TO KICK ASS".

Da nutzen auch zwei drei eingestreuselte humorig angehauchte Werbeclips und "News" (das ging schon beim gleichermaßen mißlungenen ROBOCOP, der ebenfalls gewaltverherrlichend bis zum Erbrechen war) voll daneben.

Verhoevens einzig wirklich gute Filme bleiben leider BASIC INSTINCT und TOTAL RECALL.

Ich bin zwar anderer Ansicht, aber ich akzeptiere, wenn man die (vermeintliche) ideologische Tendenz von StarshipTroopers oder Robocop anders deutet - nämlich als "ernst" gemeinte Militarismus-, Gewalt- oder gar Faschismus-Verherrlichung. Viele Feuilleton-Rezensenten habe das damals, als der Film erschien, genauso gesehen (und das ist letztendlich auch einer der Gründe, warum der Film hierzulande indiziert ist).

Man darf aber auch nicht vergessen, dass zumindest Starship Troopers ein enorm teurer Film war (ca. 100 Millionen US$) und Verhoeven (und Drehbuchautor E. Neumeier) wäre nie damit durchgekommen, wenn er von vorneherein postuliert hätte, die "heroische, gutaussehende Jungs vs. hässliche Käfer aus dem Weltraum"-Story wäre eigentlich gar nicht ernst gemeint und würde nur sämtliche im Film vorkommenden Helden-,Kriegs- und Propaganda-Klischees satirisch ad absurdum führen. Kein Studio hätte den Film produziert.

Insofern ist die vordergründig kriegsverherrlichende Story schon auf etwas subtilere Weise umgedeutet als etwa im ziemlich plumpen "Starship Troopers III"-Sequel, das ja kürzlich erschien. Ich kann, wie schon erwähnt, den Audiokommentar auf der DVD sehr empfehlen, um den Film besser zu "verstehen".

Bei Robocop könnte es sich ähnlich verhalten. Die Geschichte vom heroischen Cop, der als Cyborg nach seinem Ableben weiterhin für "Gerechtigkeit" mit der Schusswaffe sorgt, ist eher vordergründiger Aufhänger für die Vision vom "neoliberalen Yuppie-Paradies" in dem profitorientierte Konzerne das Gemeinwesen führen, die Polizei privatisiert ist und mal eben ein amoklaufender Roboter einen Angestellten wegpustet, was aber ohne Konsequenzen bleibt, Hauptsache, die Gewinnspanne beim Verkauf der Dinger stimmt ("Wen interessiert es, ob das Ding funktioniert?"). Wenn an bedenkt, dass der Film von 1987 stammt, war er dieser Hinsicht geradezu visionär - OK, jetzt ist den neoliberalen Privatisierern die Finanzkrise in die Quere gekommen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

... Ganze Genres basieren darauf, und man muss da jedes einzelne Werk für sich betrachten, wie man dargestellte bzw. angedeutete Gewalt deutet und inwiefern man das Werk als gewaltverherrlichend bezeichnen könnte bzw. muss. Eine bekannte Technik besteht darin, den "Feind" zu entmenschlichen - hierzu dienen z.B. Tolkien die "grundbösen" Orks. Man muss auch hier im Einzelfall prüfen, ob und inwiefern diese Technik zu Kriegs- oder Gewaltverherrlichung beiträgt.

Beispielsweise empfinde ich den alten "Kampfstern Galactica"- Film diesbezüglich als extrem problematisch: Während einer Friedensverhandlung wird die Menschheit von den "grundbösen" Cylonen hinterlistig ausgelöscht, und der einzige unnachgiebige Kriegstreiber überlebt mit seiner Besatzung, weil er dem Frieden nicht traut. Moral von der Geschicht: Trau deinen Feinden und ihrem Frieden nicht, sie kennen keine Menschlichkeit wie du - also musst du unnachgiebig bis zum Sieg kämpfen, sonst wirst du ausgelöscht. Als der Film gedreht wurde, waren die USA mitten im Kalten Krieg.

....

Alex

Nun, da bin ich froh, dass wir einen Konsens gefunden haben. Den Transport ideologischer Tendenzen durch das Medium Film halte ich durchaus für zulässig und sogar nachvollziehbar, schliesslich existieren Filme als künstlerische Produkte nicht im luftleeren Raum, sondern sind auch immer ein Resultat ihres zeitgeschichtlichen Entstehungsrahmens. Wenn man dies generell für verwerflich hält, bleiben in der Tat nicht mehr viele konsumierbare Werke übrig. Dennoch besteht IMHO zwischen Zeitgeist und Propaganda nicht nur ein gradueller, sondern ein kategorialer Unterschied.

Speziell bei Werken, die sich an Kinder und Jugendliche als primäre Zielgruppe richten, sollte man eben besondere Vorsicht walten lassen, daher kann ich über die "Weihnachtsmann"-Szene in Narnia 1 keinesfalls hinwegsehen.

Ich bin in manchen Fällen durchaus selbst Fan "reaktionärer" Action/Sci-Fi-Streifen z.B. mit Stallone und Schwarzenegger aus den 80ern, deren Ideologie zwar heute lächerlich und überholt anmutet (und schon aus diesem Grund gar keine Wirkung mehr entfalten kann), die aber ohne das Primat der "gewaltorientierten Lösungsansätze" gar nicht denkbar gewesen wären - einfach weil sie auch heute noch enorm unterhaltsam sein können. Die hinter "Kampfstern Galctica" stehende "Cold War" Ideologie habe ich übrigens damals genauso empfunden, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies den Machern selbst peinlich war und sie daher die Cylonen als "Roboter-Imperium" geschaffen haben, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, man würde einem "menschlichen" Gegner eine solche Niedertracht zutrauen.

Danke für die angenehme und sachliche Diskussion ;)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Da ich (gerade WEIL ich Christ bin) absolut kein Weihnachtsmann- Fan bin, rennst du mit der Kritik an dieser Szene in Narnia1 bei mir offene Türen ein. Die Szene hat mir bereits im Buch übel aufgestoßen und fällt IMHO auch total aus dem Gesamtrahmen. Irgendwie muss Lewis, als er dieses Kapitel schrieb, was Falsches gegessen haben.

Ich muss auch dem Onkel an einem Punkt ansatzweise zustimmen: Die satirischen Elemente des ST- Films sind nicht wirklich offensichtlich, und der Film geht (wenn man so will) auch als militaristisches Propagandaspektakel durch.

Es ist bekanntermaßen auch eine aktuelle Tendenz in Action-, Kriegs- und Gewaltfilmen, ein paar oberflächlich ironisch- satirische oder pseudonachdenkliche Szenen einzubauen, um das fertige Produkt dann gegenüber inhaltlich- ideologischer Kritik mit dem Verweis auf satirische oder anderweitig völlig friedfertige Intentionen zu verteidigen. Diese Strategie ist IMHO meistens ziemlich unglaubwürdig. Ebenso wird immer wieder darauf gepocht, dass Filmgewalt mit realer Gewalt rein gar nix zu tun habe... auch das erscheint mir (ganz persönlich) nicht stichhaltig - warum würden sich sonst so viele Zuschauer über das Herausschneiden explodierender Köpfe, etc. so entrüsten? Offensichtlich sind es eben doch gerade diese Szenen, die einen besonderen Reiz ausüben - natürlich nur unter einem völlig friedens- und verständnisorientierten oder gesellschaftskritischen Deckmantel.

Alex

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wieso "anti"? Kenne zwar die Vorlage nicht, aber Verhoevens STARSHIP TROOPERS ist eine ganz ganz üble ekelhafte unverhohlene Kriegsverherrlichungsnummer bei der die Truppen, das Militär, die Massenszenen, die "geil für sein Land gegen diese Drecks-Aliens (Aliens ist ja im Englischen auch ein Ausdruck für Ausländer, fremde ungewohnte Kulturen) quasi ein einziger langer Rekurtierungsstreifen fürs Militär sind, quasi "TOP GUN WITH GUTS N GORE AND FUCKIN' ALIEN BASTARDS TO KICK ASS".

Ehm, haben wir den selben Film gesehen? ;)

Militarismus, Patriotismus, Faschismus werden in "Starship Troopers" dermassen überhöht und die Fehler/Gefahren dieser Ideologien derart deutlich dargestellt dass man es keine Sekunde ernst nehmen kann. Das selbe gilt für die Kritik an der im Film gezeigten Propagandamaschinerie. Der Film ist als Satire gedacht und verherrlicht gar nichts, sondern im Gegenteil macht die genannten Punkte lächerlich und zeigt sehr schön auf wie absurd und auch gefährlich diese Ideologien/Mechanismen sein können. Die Figuren im Filme werden allesamt als durch Propaganda fehlgeleitete Menschen dargestellt die verlernt haben Informationen sowie Befehle kritisch zu hinterfragen.

Verhoeven selbst hat ja gesagt dass dies seine Absicht war. Wobei man dafür nun wirklich nicht die Bestätigung des Regisseurs braucht, denn viel offensichtlicher kann eine Satire nicht mehr sein IMO.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

.... Ebenso wird immer wieder darauf gepocht, dass Filmgewalt mit realer Gewalt rein gar nix zu tun habe... auch das erscheint mir (ganz persönlich) nicht stichhaltig - warum würden sich sonst so viele Zuschauer über das Herausschneiden explodierender Köpfe, etc. so entrüsten? Offensichtlich sind es eben doch gerade diese Szenen, die einen besonderen Reiz ausüben - natürlich nur unter einem völlig friedens- und verständnisorientierten oder gesellschaftskritischen Deckmantel.

Alex

Ich glaube, dass es sich hierbei einfach um die unausrottbare Faszination auch des "modernen" Menschen für archetypische Tabus handelt. In unserer "liberalen" Gesellschaft ist fast alles enttabuisiert, mit Ausnahme von Sex und Gewalt bzw. deren Darstellung. Selbst wenn es sich "nur" um Spezialeffekte (im Film) handelt, wollen das viele sehen, weil damit ein grundlegendes Tabu gebrochen wird. Genauso wie verstümmelte Leichen oder Blutlachen nach Autounfällen, abgetrennte Köpfe, mit denen amerikanische Soldaten Fussball spielen (im Irak) auf youtube oder echte Enthauptungen in China etc. etc. Das wird es immer geben, quasi die "Fortsetzung" der Gladiatorenspiele im alten Rom, gaffender Massen bei öffentlichen Folterungen oder Hinrichtungen im Mittelalter oder des schaulustigen Mobs bei der Kreuzigung Jesu.

Ich bin nicht religiös, aber in diesem Zusammenhang ist mir etwas anderes aufgefallen (und das ist NICHT gegen dich gerichtet). Anlässlich der Erscheinung des Mel Gibson Spektakels "Die Passion Christi" ist mir mal aufgefallen, mit welcher Bigotterie die Entrüstung gegen "Gewalt in den Medien" seitens (bestimmter) selbsternannter Christen zuweilen betrieben wird.

Wenn es um die Kreuzigung Christi geht, kann gar nicht genug Blut spritzen, Folterungen und Kreuzigungen müssen dann bis in jedes visuelle Detail aufbereitet und einem Millionenpublikum präsentiert werden.

Ich habe dann mal etwas im Netz recherchiert und bin (unabhängig von den Film) auf befremdlich wirkende Artikel gestossen, in denen die Autoren sich (meinem Eindruck nach) förmlich in detaillierten Analysen von Folter- und Hinrichtungspraktiken suhlen und daran zu ergötzen scheinen, was christlicher Mythologie zufolge während der "Passion" geschehen ist.

Da konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass offenbar die Passionsgeschichte die einzigen Gewaltszenen der Menschheitsgeschichte beinhaltet, an auch denen "Christen" oder religiöse Menschen das "Gewalt-Faszinosum" (oder diesen Tabu-Bruch) erleben oder nachempfinden "dürfen", was ihnen ansonsten natürlich verboten ist oder gegen das sie gar in anderer Form protestieren.

Gruss

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich sage nicht, dass Gewalt NIE dargestellt werden darf. Gerade in Filmen mit dokumentarischem Charakter, die tiefere Ziele haben, kann man gelegentlich nicht darauf verzichten. Ein Antikriegsfilm ohne drastische Gewaltdarstellung z.B. kann unauthentisch und unaufrichtig sein. Die halbstündige Anfangsszene aus dem "Soldaten James Ryan" etwa ist eine brilliante und höllisch abschreckende Darstellung der wahllosen und grenzenlosen Brutalität eines echten und wirklichen Krieges. Die Szene tut dem Zuschauer fast körperlich weh, aber das ist IMHO hier für die Intention des Films notwendig. Zu prüfen ist aber jeweils, inwiefern die "abschreckende" Intention der Filmgewalt im Gesamtbild glaubwürdig ist - bei "Saw" z.B. empfinde ich diese Argumentation als wenig glaubwürdig.

So gibt es auch für die Gewaltdarstellung in der "Passion Christi" eine intentional- immanente Notwendigkeit, die ich versuchen möchte darzustellen:

Aus christlicher Perspektive (die muss man nicht zwangsweise teilen) ist Gott in Jesus freiwillig Mensch geworden, um als solcher stellvertretend die Schuld aller Menschen zu bezahlen. Er musste dazu erstens selbst völlig ohne Sünde leben, um als Unschuldiger zu gelten, zweitens musste er trotzdem die Konsequenz aller Sünde auf sich nehmen - den Tod. Er hat sich also um unserer Erlösung willen freiwillig für Folter und Kreuz entschieden - auch das ist übrigens ein Gedanke zu Weihnachten: Gott wird Mensch, obwohl der Schatten des stellvertretenden Kreuzestodes bereits über dem Baby in der Krippe liegt. Das wird bereits Jahrhunderte vor Christi Geburt vom Propheten Jesaja vorhergesagt. Das ganze Alte Testament zielt darauf ab: Die Erlösung eines Sünders (das war jeder von uns) für die Ewigkeit hat einen Preis - den stellvertretenden Tod eines Unschuldigen (das war Christus).

Für diejenigen, welche das glauben (und nur für die), ist die Passion Christi eine persönliche Sache, die Jesus für sie freiwillig aus Liebe getan hat. Insofern ist das authentische Darstellen von Gewalt in Gibsons Film kein Selbstzweck, sondern filmisch notwendig. Es geht nicht um ein "Aufgeilen", sondern um Liebe und Dankbarkeit zu dem, der da für einen leidet - es geht um Katharsis. Es ist für den Christen unabdingbar, sich die Realität von Christi stellvertretendem Kreuzestod zu vergegenwärtigen, sonst bleibt er nur theoretisch- philosophische Betrachtung ohne echte persönliche Betroffenheit. Der Film funktioniert aber nur, wenn der Zuschauer begreift: "Das da hat Christus für MICH persönlich wirklich erlitten; er stirbt meinen Tod, damit ich leben kann".

Für einen Nichtchristen, der zu den dargestellten Szenen keine innere persönliche Beziehung hat, ist der Film entweder eine unerträgliche Gewaltorgie oder ein "geiles Gemetzel". Für den Christen ist es die Vergegenwärtigung des Preises seiner Erlösung. Diesen Preis darf er nicht verdrängen, bloß weil der Gedanke daran unbequem ist.

Ich weiß, dass der Film auch unter manchen Christen umstritten ist. Meiner Ansicht nach liegt das daran, dass diejenigen Christen, welche sich über den Film entrüsten, zu Christus, seiner Identität und seiner Bestimmung keine persönliche Beziehung haben, sondern allerhöchstens eine philosophisch- theologisch- theoretische (und ich denke, das ist zu wenig, denn dann liebt man nicht Gott, sondern macht bloß Religion). Und ich kann mir gut vorstellen, dass manche solche Christen die Passion Christi und den Film tatsächlich zum Schwelgen in der Faszination des Blutes und des Tabubruchs missbrauchen. Für mich trifft das aber nicht zu.

Ich hoffe, mit diesen Ausführungen ein wenig Verständnis für die christliche Perspektive beim Betrachten von Gibsons "Passion Christi" geweckt zu haben, ohne intolerant oder zu einseitig geworden zu sein. Inwiefern Gibson in seinem Film am Ziel vorbeigeschossen ist, indem er historisch unauthentische Darstellungen verwendete, sei mal dahingestellt - ich weiß, dass die Geschichtswissenschaftler darüber streiten.

Inwiefern man Kindern und Jugendlichen den Zugang zu solchen Filmen ermöglichen sollte, steht auch auf einem anderen Blatt.

Peace and Love ;)

Alex

Bearbeitet von Alex
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Für einen Nichtchristen, der zu den dargestellten Szenen keine innere persönliche Beziehung hat, ist der Film entweder eine unerträgliche Gewaltorgie oder ein "geiles Gemetzel".

Einspruch!

Ich bin zwar Atheist und habe nicht die geringste Beziehung zu Christus oder Gott, kann aber die Intention des Films voll und ganz nachvollziehen. Man muss nicht daran glauben um zu verstehen was der Film aussagen will und ihn in diesem Kontext zu sehen. Für mich ist "Die Passion Christi" weder ein geiles Gemetzel noch ist er unerträglich. Er ist ein sehr bewegender Film der eine fesselnde Geschichte erzählt. IMO zwar eine unwahre Geschichte, dadurch wird sie und ihre Aussage aber nicht schlechter.

Ich halte es für einen Trugschluss das Menschen die nicht an Gott glauben und nichts von Religion halten (also Menschen wie ich) nichts mit religiösen Inhalten anfangen können. Zumindest bei mir ist genau das Gegenteil der Fall. Ich bin geradezu süchtig nach Filmen und Geschichten mit religiösen Inhalten und finde das ganze Thema sehr faszinierend. Wenn ich mir einen solchen Film anschaue, eine solche Geschichte lese (die Bibel steht nach wie vor ganz oben auf meiner must read Liste), dann kann ich mich problemlos in die Sichtweise eines Gläubigen hineindenken. Ob das daran liegt das mein Vater tief religiös ist oder an meiner Fähigkeit mich generell sehr gut in andere Menschen hineindenken zu können, keine Ahnung. Vielleicht liegt es auch einfach daran dass in diesen Geschichten bzw. deren "Botschaften" einfach eine tiefe Wahrheit liegt die unabhängig vom Glauben an Gott ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke für diese interessanten Ausführungen.

Wenn das so ist, dann frage ich mich unwillkürlich, warum eigentlich die Bibel in den Evangelien diese Geschehnisse vollkommen nüchtern und ohne jegliche emotionale Beteiligung schildert. Wenn ich mich recht entsinne, ist dort hinsichtlich der im Film in epischer Breite präsentierten Gewaltszenen lediglich geschrieben "...und Pilatus liess Jesus auspeitschen..." und auf Golgotha "...und sie kreuzigten ihn..."

Da spritzt kein Blut, keine Details der Folter oder Hinrichtung finden Erwähnung. Nichts lässt erahnen, welche Schmerzen oder Leiden damit verbunden gewesen sein könnten. Warum eigentlich nicht?

Wenn es so wichtig ist, sich anhand solcher drastischen Darstellungen den "Wert des Opfers" zu versinnbildlichen, warum schlägt dann die Bibel genau den gegenteiligen Kurs ein? Selbst die Prohezeiungen in den Psalmen bzw. Jesaja über die "Natur der Kreuzigung" sind ja vergleichsweise zurückhaltend ausgefallen.

So weit ich informiert bin, entstanden die ersten (künstlerischen) Darstellungen der Kreuzigung oder der "Passion" viele Jahrhunderte nach Jesu Tod. Waren die Menschen über all diese Zeit dann "unempfänglich" für dieses (wenn man das denn glaubt) Opfer, um die Menschheit von der Sünde zu befreien oder konnten diesem Ereignis keine Wertschätzung oder Dankbarkeit entgegenbringen?

Ich wage zu bezweifeln, dass - wenn man gläubig ist - es einer solchen Darstellung bedurft hätte, um Dankbarkeit für Christi Opfer zu empfinden. Wie haben die Gläubigen das dann geschafft, bevor es solche Filme gab?

Nein, bei mir hält sich der Eindruck, dass die "Passion" eher eine sehr willkommene Legitimationsfassade für "zulässige"("gute") Gewaltdarstellungen bzw. -phantasien abgibt, die sich dann schön plakativ gegen "sündige"("böse") Gewaltdarstellungen abgrenzen lassen ("das ist notwendig, um das Opfer Christi würdigen zu können"...wirklich??).

Da erinnere ich mich an eine imho sehr gelungene Karikatur (habe ich im Netz jetzt auf die Schnelle leider nicht mehr gefunden), in der ein entrüsteter Bischof gegen "Gewalt in den Medien" protestiert:

In der einen Hand ein "lebensnahes" Crucifix mit dem blutenden Christus, im Lendenschurz ans Kreuz genagelt, mit schmerzverzerrtem Gesicht usw. und in der anderen Hand ein Plakat mit der Forderung "STOP BOMBARDING US WITH PICTURES OF NAKEDNESS, TORTURE AND BONDAGE!"

Eine sehr treffliche Zuspitzung, finde ich.

Gruss

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Einspruch!

Ich bin zwar Atheist und habe nicht die geringste Beziehung zu Christus oder Gott, kann aber die Intention des Films voll und ganz nachvollziehen. Man muss nicht daran glauben um zu verstehen was der Film aussagen will und ihn in diesem Kontext zu sehen. Für mich ist "Die Passion Christi" weder ein geiles Gemetzel noch ist er unerträglich. Er ist ein sehr bewegender Film der eine fesselnde Geschichte erzählt. IMO zwar eine unwahre Geschichte, dadurch wird sie und ihre Aussage aber nicht schlechter.

Ich halte es für einen Trugschluss das Menschen die nicht an Gott glauben und nichts von Religion halten (also Menschen wie ich) nichts mit religiösen Inhalten anfangen können. Zumindest bei mir ist genau das Gegenteil der Fall. Ich bin geradezu süchtig nach Filmen und Geschichten mit religiösen Inhalten und finde das ganze Thema sehr faszinierend. Wenn ich mir einen solchen Film anschaue, eine solche Geschichte lese (die Bibel steht nach wie vor ganz oben auf meiner must read Liste), dann kann ich mich problemlos in die Sichtweise eines Gläubigen hineindenken. Ob das daran liegt das mein Vater tief religiös ist oder an meiner Fähigkeit mich generell sehr gut in andere Menschen hineindenken zu können, keine Ahnung. Vielleicht liegt es auch einfach daran dass in diesen Geschichten bzw. deren "Botschaften" einfach eine tiefe Wahrheit liegt die unabhängig vom Glauben an Gott ist.

Bitte um Verzeihung. Offenbar hatte ich (unbeabsichtigterweise) doch noch eine Verallgemeinerung zu viel drin. Freut mich, dass du die Intention des Films nachvollziehen kannst.

Peace and Love ;)

Alex

Danke für diese interessanten Ausführungen.

Wenn das so ist, dann frage ich mich unwillkürlich, warum eigentlich die Bibel in den Evangelien diese Geschehnisse vollkommen nüchtern und ohne jegliche emotionale Beteiligung schildert. Wenn ich mich recht entsinne, ist dort hinsichtlich der im Film in epischer Breite präsentierten Gewaltszenen lediglich geschrieben "...und Pilatus liess Jesus auspeitschen..." und auf Golgotha "...und sie kreuzigten ihn..."

Da spritzt kein Blut, keine Details der Folter oder Hinrichtung finden Erwähnung. Nichts lässt erahnen, welche Schmerzen oder Leiden damit verbunden gewesen sein könnten. Warum eigentlich nicht?

Wenn es so wichtig ist, sich anhand solcher drastischen Darstellungen den "Wert des Opfers" zu versinnbildlichen, warum schlägt dann die Bibel genau den gegenteiligen Kurs ein? Selbst die Prohezeiungen in den Psalmen bzw. Jesaja über die "Natur der Kreuzigung" sind ja vergleichsweise zurückhaltend ausgefallen.

So weit ich informiert bin, entstanden die ersten (künstlerischen) Darstellungen der Kreuzigung oder der "Passion" viele Jahrhunderte nach Jesu Tod. Waren die Menschen über all diese Zeit dann "unempfänglich" für dieses (wenn man das denn glaubt) Opfer, um die Menschheit von der Sünde zu befreien oder konnten diesem Ereignis keine Wertschätzung oder Dankbarkeit entgegenbringen?

Ich wage zu bezweifeln, dass - wenn man gläubig ist - es einer solchen Darstellung bedurft hätte, um Dankbarkeit für Christi Opfer zu empfinden. Wie haben die Gläubigen das dann geschafft, bevor es solche Filme gab?

Das ist eine hochinteressante Frage, die ich mir noch nie gestellt habe.

Ich denke mal, das kam mit der Ausbreitung des Christentums als Religion der Masse, in die man ohne eigenes Zutun und eigene Glaubensentscheidung hineingeboren werden konnte. In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten waren Christen eine Minderheit, die Verachtung und zeitweise auch schlimmsten Verfolgungen ausgesetzt war. Da haben die Gläubigen das Opfer Christi IMHO noch klar begriffen. Ich denke, dass erst mit der Ritualisierung und Traditionalisierung des Christentums auch die Distanzierung vom Opfer Christi kam - und damit der Drang, es drastisch- plastisch darzustellen.

Außerdem müsste man bedenken, dass die Sprache der Bibel zunächst eine aktuelle und lebendige war, die erst im Laufe der Jahrhunderte veraltete - außerdem war das frühmittelalterliche Europa wesentlich schlechter alphabetisiert als Israel zur Zeitenwende. Auch das trug vermutlich zum zunehmenden Bedarf an bildlichen Evangeliums- Darstellungen bei. Und das Zentrum des Evangeliums ist nun mal das Kreuz.

Notwendig ist eine extrem drastisch- realistische Darstellung nicht unbedingt. Es war auch vor Gibsons Film möglich, Christ zu sein, und man muss sich den Film auch nicht unbedingt angucken, um das Opfer Christi verstehen zu können. Aber die Intention des Films ist zumindest für mich nachvollziehbar und glaubwürdig - du darfst das gern anders sehen.

Nein, bei mir hält sich der Eindruck, dass die "Passion" eher eine sehr willkommene Legitimationsfassade für "zulässige"("gute") Gewaltdarstellungen bzw. -phantasien abgibt, die sich dann schön plakativ gegen "sündige"("böse") Gewaltdarstellungen abgrenzen lassen ("das ist notwendig, um das Opfer Christi würdigen zu können"...wirklich??).
Diesen Eindruck teile ich nicht, und dieser Argumentation schließe ich mich nicht an. Ich denke wirklich, es gibt einen Unterschied zwischen filmisch notwediger Gewaltdarstellung und bloßer Gewaltverherrlichung.

Mich z.B. macht der Film betroffen; ich finde ihn absolut nicht "geil brutal" - obwohl ich durchaus davon ausgehe, dass es auch Zuschauer gibt, die ihn als fromme Version von "Saw" schätzen (ich bin schließlich nicht naiv). Aber ich bitte darum, auf unzulässige Verallgemeinerungen zu verzichten. Selbst gegenüber entschiedenen Christen. Auch wir ticken nicht alle gleich, und es gibt einige von uns, die es nicht nötig haben, unterschwellige Sadomaso- Gewaltphantasien auf Christus zu projizieren. Zumindest ich bin nicht so, ich empfinde den Film wirklich ganz anders. Danke.

Peace and Love :D

Alex

Bearbeitet von Marcus Stöhr
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Er ist ein sehr bewegender Film der eine fesselnde Geschichte erzählt. IMO zwar eine unwahre Geschichte, dadurch wird sie und ihre Aussage aber nicht schlechter.

Fakt ist und bleibt aber, dass die Kreuzigung wohl die wiederlichste Todestrafe zu jener Zeit war, die man sich vorstellen konnte. Und auch die dargestellte Folter wurde in ähnlicher Weise praktiziert. Sicherlich mag die sehr blutreiche Darstellung dazu führen, dass es in Teilen unglaubwürdig erscheint, dennoch ist es damals so passiert.

Und Jesus Christus existierte. Daran zweifelt kein Historiker mehr. Aber wie man die Figur Jesus Christus auslegt: ob als "Spinner", Erlöser oder einfach jemand, der gegen die BEsatzungsmacht der Römer aufgestanden ist, das bleibt wieder dem Auge des Betrachters überlassen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Fakt ist und bleibt aber, dass die Kreuzigung wohl die wiederlichste Todestrafe zu jener Zeit war, die man sich vorstellen konnte. Und auch die dargestellte Folter wurde in ähnlicher Weise praktiziert. Sicherlich mag die sehr blutreiche Darstellung dazu führen, dass es in Teilen unglaubwürdig erscheint, dennoch ist es damals so passiert.

Ist mir alles bekannt. Nur habe ich ja auch nie gesagt ich glaube nicht an die Kreuzigung. Ich habe lediglich gesagt ich glaube nicht an Jesus (bzw. nicht an Jesus wie ihn die Bibel schildert).

Und Jesus Christus existierte. Daran zweifelt kein Historiker mehr. Aber wie man die Figur Jesus Christus auslegt: ob als "Spinner", Erlöser oder einfach jemand, der gegen die BEsatzungsmacht der Römer aufgestanden ist, das bleibt wieder dem Auge des Betrachters überlassen.

Schade nur dass die ersten nicht-christlichen Erwähnungen Jesu Jahrzehnte nach seinem Tod datieren. Auf welche Quellen haben sich die Verfasser jener Texte gestützt? Das kann heute nicht mehr nachvollzogen werden und somit kann IMO seine Existenz nicht bewiesen werden. Ob die Mehrheit der Historiker (es gibt AFAIK nach wie vor welche die an seiner Existenz zweifeln) glaubt dass er existiert hat interessiert mich ehrlich gesagt nicht. Ich brauche handfeste Beweise bevor ich etwas glaube, keine Theorien.

Ich lehne seine Existenz aber auch nicht kategorisch ab. Bring mir einen Beweis (keine Vermutung oder Theorie) und ich lasse mich überzeugen. Allerdings nur davon dass eine Person mit dem Namen Jesus existiert hat. Mich davon zu überzeugen er sei der Sohn Gottes gewesen, nun ja, dafür wird es einiges mehr brauchen als nur ein Beweis seiner Existenz.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Also, die bloße Existenz eines umher reisenden jüdischen Rabbi, der Jeschua ben Josef (bzw. Jesus) genannt wurde und der zwischen Judäa und Galiläa vor etwa zweitausend Jahren viel Staub aufgewirbelt hat und dafür an einem Kreuz bzw. Pfahl hingerichtet wurde, bezweifelt heute tatsächlich nur eine verschwindende Minderheit aller Geschichtswissenschaftler - ausgenommen muslimische, die davon ausgehen, dass nicht Jesus, sondern ein anderer Mann gekreuzigt wurde, der ihm zufällig ähnlich sah und mit ihm verwechselt wurde. Einen BEWEIS gibt's natürlich nicht - aber das gibt's ja für Personen aus dem Altertum selten. Selbst Kaiser Karl der Große (ca. 800 n.Chr.) muss sich in regelmäßigen Abständen damit abfinden, von irgendwem zur erdachten Figur erklärt zu werden. Auch Mohammeds Existenz (ca. 600 n.Chr.) wird von gewissen Forschern bezweifelt. Soweit ich weiß, bezweifeln manche Menschen auch die Existenz der Stadt Bielefeld. ;)

Zurück zu Jesus: Sollte es einen Rabbi dieses Namens gegeben haben, dann passt sein Messias- bzw. Christus- Anspruch in die damaligen historisch- gesellschaftlichen Zusammenhänge. Jesus war bekanntermaßen nicht der einzige, der zu jener Zeit behauptet haben soll, der Erlöser Israels zu sein. Die Gründe für das gehäufte Auftreten solcher Erlösergestalten liegen in den jüdischen Messias- Prophezeihungen, die sich voraussagegemäß gerade zu dieser Zeit erfüllen sollten. Das ist aber zugegebenermaßen auch kein BEWEIS dafür, dass Jesus eine solche Position tatsächlich beanspruchte. Der Islam z.B. postuliert, dass Jesus sich NIE selbst als Erlöser, Messias, Christus oder Gottes Sohn bezeichnet hat. Die Bibel behauptet das Gegenteil.

Ob Jesus tatsächlich der wahre Messias bzw. Christus war, kann man selbstverständlich diskutieren, bis er wiederkommt - denn dafür gibt's natürlich auch keinen BEWEIS. Ich poste ja bloß gelegentlich, was ich mit ihm erlebe - echte BEWEISE sind das alles nicht.

Ich glaube, jetzt sind wir endgültig im Religionsthread gelandet. :D

Alex

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich kann Alex da nur zustimmen. Die Existenz Jesu Christi ist unumstößlich. Das er der Sohn Gottes ist, schon eher. Aber man kann auch alles anzweifel, sei es die Evolution, oder sonst was. Man kann nicht für alles einen Beweis liefern, selbst die heutige Wissenschaft nicht. Aber jetzt weichen wir zu sehr vom Thema ab.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Tja, ich bin aber nun mal auf Beweise angewiesen um etwas glauben zu können. Oder zumindest auf sehr überzeugende Argumente. Einfach etwas das mich überzeugt :D

Bist du von der Existenz Karls des Großen überzeugt? Von der Existenz des Sokrates? Von der Existenz Mohammeds? Von der Existenz Bielefelds? Falls ja, sollte es auch ein Leichtes sein, an die Existenz des oben genannten Rabbis zu glauben. Es gibt mehr Archäologen, die die Evolution ablehnen, als Historiker, die die historische Existenz Jesu bestreiten.

Für Existenz, Leben und Sterben von Johannes dem Täufer gibt es ein außerbiblisches Zeugnis beim jüdischen Schreiber Flavius Josephus. Es fällt in der Bibel auf, dass nach der Verhaftung des Täufers plötzlich Tausende zu Jesus strömen, um ihn mit Gewalt zum König auszurufen. Könnten das die Anhänger des Johannes gewesen sein? Klingt logisch, dass sich die jetzt Luft machen wollen (aber Jesus verdünnisiert sich klammheimlich, nachdem er alle gefüttert hat, weil er keinen Volksaufstand auslösen will).

Die Existenz der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem ist auch unumstritten - sie wurde bereits kurz nach Christi Tod gegründet, nämlich an Pfingsten. Wie hätte diese Gemeinde in Jerusalem nach der Pfingstpredigt des Petrus so schnell auf 3.000 Mitglieder anwachsen können, wenn die Zuhörer nicht gewusst hätten, von welchem hingerichteten Rabbi Petrus gesprochen hat? Hätten irgendwelche jungen Fischer aus Galiläa einfach so ohne Anlass kurz vor Pfingsten nach Jerusalem kommen und dort hinterlistigerweise behaupten können, irgendein erdachter Jesus sei der Messias gewesen, und er sei erst kürzlich dort in Jerusalem hingerichtet worden? Und das sollen 3.000 Leute glauben? Klingt für meine Ohren wenig plausibel.

Was ist mit Paulus? Erst verfolgt er die Christen, dann schließt er sich ihnen an, bleibt einige Jahre ruhig, dann fängt er an herumzureisen, Gemeinden zu gründen und zu besuchen und schließlich Briefe zu schreiben. Das beweist, dass es schon kurz nach Jesu Tod christliche Gemeinden in Israel gegeben haben muss - oder meist du, diese Juden wären einem erdachten Messias gefolgt, der angeblich überall in Judäa und Galiläa rumgereist ist, von dem sie aber vorher noch nie gehört haben? Klingt auch wenig plausibel. Jesus muss unter den damaligen Juden eine eher bekannte Figur gewesen sein, von dem die meisten zumindest schon mal gehört hatten. Bereits in Antiochia hieß es: Jetzt kommen die Leute, welche die halbe Welt auf den Kopf gestellt haben, zu uns - und das war zweifellos noch vor der Zerstörung des Jerusalemer Tempels, also nur wenige Jahre nach Christi Tod. Glaubst du an eine so raffinierte Verschwörung einiger galiläischer Fischer, gemeinsam nach Jerusalem zu gehen und dort mit einem erfundenen toten und auferstandenen Rabbi eine neue Sekte zu gründen?

Da erscheint es schon plausibler zu glauben, die Jünger hätten den Leichnam Jesu nachts aus dem Grab gestohlen, um kurz darauf seine Auferstehung zu proklamieren. Diese Theorie ist sehr weit verbreitet.

Aber bitte - wenn du an die historische Existenz des jüdischen Rabbis Jesus von Nazaret nicht glauben willst, sei dir das unbenommen. Es ist nicht schlimm, zu einer Minderheit zu gehören.

An die Göttlichkeit dieses Mannes zu glauben ist dann sowieso noch mal etwas schwieriger als an seine Existenz. :D

Peace and Love ;)

Alex

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Alex

So genau habe ich mich mit dem Thema nie auseinander gesetzt ;)

Bisher habe ich nur über die Quellenlage gelesen, und die ist ja wirklich nicht soo gut. Darüber dass man auch aus anderen Informationen auf seine Existenz schliessen kann bin ich ehrlich gesagt nie gekommen.

Klingt aber überzeugend was Du schreibst. Insofern, ok, dann hat es ihn halt gegeben. Seine Göttlichkeit ist jedoch, wie Du bereits erwähnt hast, ein anderes Thema :D

mfg

Jack

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

 Teilen

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir nutzen auf unserer Webseite Cookies, um Ihnen einen optimalen Service zu bieten. Wenn Sie weiter auf unserer Seite surfen, stimmen Sie der Cookie-Verwendung und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über Formulare zu. Zu unserer Datenschutzerklärung: Datenschutzerklärung