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Jerry Goldsmith - MATINEE (1993)


Thomas Nofz
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MATINEE (Die Horrorpremiere) - Jerry Goldsmith

matineevaresevsd5408.jpg

Veröffentlichungsjahr: 1993

Label: Varése Sarabande (VSD-5408)

Trackliste:

1. Coming Attraction (02:09)

2. Hold On (03:08)

3. Brother to Brother (02:27)

4. Real People (02:13)

5. The Scam (04:08)

6. Halfway Home (03:45)

7. Showtime (04:33)

8. The Wrong Business (03:39)

9. This is It (03:51)

10. The Next Attraction (07:56)

Gesamtlaufzeit: 37:50 min

REVIEW

Autor: Mephisto

Dieser Film hinterließ beim ersten Mal zwar einen durchaus erheiternden Eindruck, aber eigentlich merkt man erst beim zweiten Anblick des Films, mit was für einer Liebe zum Detail Dantes hier dem Horrorkino der goldenen Kinoära Tribut zollte, die Athmosphäre der 60er Jahre einfing, die völlig grotesken Schutzmaßnahmen der in Panik versetzten aber völlig unwissenden Zivilbevölkerung zeigte und das intellektuelle Gleichgewicht, hauptsächlich von Sandra, Tochter von für die damalige Zeit erstaunlich toleranten Eltern und Gene getragen, gegen die die naive Bonbonwelt der anderen Kinder steht, die sich nur ums "Rummachen" und "Flachlegen" kümmern. Zwischendrin mischen sich allerlei skurille Gestalten wie die ständig garstige Ruth Cordy, der durchgeknallte Ex-Freund von Sherryl und natürlich Lawrence Wollsey, der dem durch die Kubakrise ohnehin schon nervös gewordenen Publikum seinen "Mant"-Film zeigen will, in dem der Protagonist sich langsam in eine Riesenameise verwandelt, weil sich der Speichel eines Ameisenbisses mit Röntgenstrahlen vermischte. Wollsey "würzt" seine Premiere (-> Matinee) mit kleinen Tricks, die dem Zuschauer vorgaukeln, selber im Film zu sein und einer fingierten Atombombenexplosion, die das halbwüchsige Publikum in Panik versetzt. Der "Mant"-Film ist fast komplett zu sehen (nahezu 15 min.) und mit einer Detailbessessenheit im Stile von "Die Fliege" und ähnlich gelagerte Klassiker inszeniert. Auch die "wahren" Begebenheiten um die Premiere sind schön in Szene gesetzt und - typisch Dante - teilweise ins grotesk-bizarre überzogen. Die Gegenüberstellung des fiktiven Schreckens durch einen Horrorfilm und die wahre Bedrohung der Atombombe verleiht dem Film eine ernsthafte und nachdenkliche Note, die aber durch die völlig idiotischen Ideen der Bevölkerung, wie man sich vor einer solchen Explosion schützt, wieder gut in die komödiantische Handlung eingebunden werden.

Die Musik stammt, wie auch zu anderen Dante-Filmen zuvor, von Jerry Goldsmith. Da der Film 1993 entstand, kann sich der kundige Goldsmith-Hörer schon vor dem ersten Anhören der CD oder Ansehen des Films denken, wie die Musik ungefähr klingen wird. Anfang der 90er lieferte Goldsmith zwar noch eine seiner größten "Gurken" ab ("Nicht ohne meine Tochter"), erholte sich allerdings nach und nach von seinem krativen Tief, dass er Ende der 80er hatte und Musiken wie "Warlock" oder "Criminal Law" hervorbrachte. Die synthetischen Elemente nahmen deutlich ab und machten Platz für farbigere Orchestrationen. Allerdings verharrte Goldsmith nun auf einem deutlich routiniertem Standart. In den letzten 13 Jahren seiner Karriere entstanden zwar schöne Kompositionen, wie "Mulan", "Der Geist und die Dunkelheit" oder "Der erste Ritter", die aber bei Weitem nicht mehr die kompositorische Qualität seiner Werke der 70er und Anfang der 80er erreichten. Natürlich existieren auch hier meisterliche Ausnahmen wie zum Beispiel "Basic Instinct" oder "Total Recall", die den Thriller- und Actionklang der folgenden Jahre tief beeinflussten, aber zusätzlich die Regel bestätigten.

Dante schien den Komponisten teilweise zu Höchstleistungen zu bringen, wie unter anderen die filmisch und musikalisch sehr gelungenen "Teuflischen Nachbarn" zeigen, bei "Matinee" bleibt die Musik jedoch hauptsächlich routiniertes Beiwerk. Goldsmith komponierte ein Hauptthema für die Kinder, das sofort im Vorspann zu hören ist und nach einem typischen 90er-Goldsmith klingt. Wie so oft in Musiken dieser Epoche wird das Hauptthema von der Flöte gespielt und von weichen nicht zu üppigen Streichern unterlegt. Teilweise wird die Flöte auch von einem ähnlich klingendem Synthieeffekt verstärkt. Ein weiteres etwas behäbiges Thema für den übergewichtigen Wolsey wird hauptsächlich von den Holzbläsern getragen und fügt sich gut in den von dem Hauptthema geprägten unschuldigen und leichten Charakter der ganzen Musik ein. Goldsmith unterstützt die im Film grandios eingefangene Athmosphäre der 60er Jahre mit diversen Swing-Einlagen, hauptsächlich, wenn der schwer nach "Grease" aussehende Harvey Starkweather den neuen Freund seiner Ex-Freundin Sherryl bedrängt. Sherryls erster Auftritt wird von einer zuckersüßen Streichermelodie begleitet, die auch im Abspann zu hören ist und einen wunderbaren Gegensatz zum ruppigen Harvey-Teil der Musik bildet, ohne jedoch den stilistischen Rahmen zu verlassen.

Die Musik zum "Mant"-Film wurde um der Authentizität willen von Originalmusik aus alten Horroklassikern unterlegt. Die Musik zum wunderbar komischen Familienfilm, den sich die Kinder wegen Mangel an Horrorfilmen notgedrungen ansehen müssen und von einem Einkaufswagen handelt, der Straßenräuber bekämpft, wurde allerdings von Goldsmith komponiert und glänzt durch undervollen Orchestereinsatz, vielen Glissandi und albernen Mickey-Mousing, welches sich auch im gesamten Film nicht vermeiden lässt und so auch das Anhören der Musik erschwert, wenn man nicht den genauen Ablauf einer Szene kennt. Leider ist diese Musik genau wie viele andere hübsche Passagen nicht auf der CD zu finden. Hier denke ich vor allem an den netten Marsch, der die Überflutung der Küste von Soldaten mit allerlei Abwehrgeschützen zeigt und musikalisch an "Twilights last gleaming" erinnert sowie die von sanftem Blech getragene Hymne für Wolseys Rede vor dem Kinopersonal. Stattdessen sind auf der CD hauptsächlich das Haupt- und Wolseys Thema in ihren etlichen Momenten vertreten. Da die Themen nur bedingt variiert werden entsteht hier der Eindruck, Goldsmith habe eine abwechslungsarme Musik geschrieben, was aber so nicht richtig ist. Im Film hört man viele nette kleine Momente wie zum Beispiel die beiden oben beschriebenen Stücke. Natürlich handelt es sich bei dieser Musik um eine (gut gemachte) Routinearbeite, die aber einige kleine Stücke mit einem gewissen Charme entbehrt. Glücklicherweise finden sich einige Actionmomente wie die Kinopanik nach der "Atomexplosion", die schon hektisch mit hastigem Blech vorangetrieben wird. Wie schon zu "Meine teuflischen Nachbarn" gab's auch dieses mal wieder eine schön auskomponierte Suite für den Abspann, der alle wichtigen Themen sowie das "Panikmotiv" noch einmal klangvoll und sinnvoll zusammengestellt präsentiert. Hier hört man auch erstmals Sherryls ersten Auftritt, um den man keinesfalls betrogen werden sollte.

Eine nette Musik, die aber ein bisschen zu sehr nach netter Routine klingt. "Meine teuflischen Nachbarn" oder "Looney Tunes: Back in Action" (beide von Dante) bieten einfach mehr Spaß und Abwechslung. Obwohl die CD aus dem Haus Varèse ist, überrascht sie mit einer Laufzeit von rund 36 Minuten, auf denen sich leider hauptsächlich die beiden Hauptthemen finden, sodass hier viele nette ironische Momente vermisst werden.

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