Zum Inhalt springen
Soundtrack Board

Jonas Uchtmann

Mitglied
  • Gesamte Inhalte

    363
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle Inhalte von Jonas Uchtmann

  1. Dem JAWS-Motiv wäre die Schöpfungshöhe ohne fette Instrumentation allerdings auch nicht zuzugestehen ...
  2. Den neuen ST-Score kenne ich noch nicht, aber mal in aller behaupteten Objektivität: Auf dem handwerklichen Niveau eines Beltrami oder Desplat liegt Giacchino nicht - auch wenn er über mehr Sinn für den Effekt verfügt (respektive eine stärkere Neigung dazu erkennen lässt) als Desplat. Deswegen wird mir mit hoher Wahrscheinlichkeit INTO DARKNESS wieder mal mehr zusagen als 85 Prozent aller Desplats. IMHO only, of course!
  3. Der KRIEGER ist sicherlich stilistisch etwas einheitlicher, konzeptionell weniger abgewetzt und damit klischiert als DIE MUMIE. Auf ganzer Länge ist Jerrys letzte Crichton-Mucke aber doch recht gleichförmig, vielleicht auch deswegen, weil dem an sich großartigen, aber primär nordisch noblem Thema schwerlich all die Facetten abgewonnen werden können, über die die leitmotivische und in den lyrischen Momenten wie im Actionscoring etwas farbiger gesetzte MUMIE nun einmal gebietet. Komplett an einem Stück muss ich mir die MUMIE (inzwischen) allerdings auch nicht (mehr) geben.
  4. An meiner Wahl wird sich bis dahin nichts mehr ändern ... Aber mal gucken, ob der Betreffende sich noch outet ...
  5. Die Wahrscheinlichkeit wächst: Es gibt sogar schon erste Gerüchte über einen Stimmemtausch ...
  6. Ich gehöre auch nicht unbedingt zu den Fans des 13. KRIEGERS, obwohl die Musik in Zusammenhang mit den Filmbildern von gigantischer Wirkung ist und diesbezüglich DIE MUMIE deutlich in den Schatten stellt. Allein von CD erweist sich die Musik dann aber doch als etwas arg simpel gestrickt, sodass mir 20-25 davon meist reichen. Gleiches gilt für THE GHOST AND THE DARKNESS, bei dem ich das Thema zwar zum Niederknien finde, mit der wenig griffig geratenen Actionmusik allerdings nie viel anfangen konnte: Was das angeht, finde ich CONGO deutlich unterhaltsamer.
  7. Sehe ich ähnlich; so lange der müde KRIEGER nicht der flinken MUMIE den Sieg kostet ... Aber schon interessant, wie nah das Feld im Spätwerk beieinander liegt. Was uns das sagt? Weiß ich auch noch nicht so genau ...
  8. Nun, das Lanzelot-Thema ist im FK-Portfolio sicherlich noch am ehesten als aventuresk zu bezeichnen. Du findest es auf dem La-La-Album erstmals am Anfang von "The Gauntlet". Nett ist auch die Variante in "Boat Trip". Die alte CD fließt zwar ganz gut, ist aber hinsichtlich der Repräsentativität eines der schlechtesten Goldsmith-Alben der 90er, da viel zu sehr auf die etwas treudoofe Noblesse des Artus-Themas fixiert. Der komplette Score hat doch wesentlich mehr zu bieten - anders als bspw. 13TH WARRIOR, wo das vorliegende Album absolut ausreicht. Wenn Du FK magst, in jedem Fall ein Kauftipp.
  9. Hörst Du denn das alte Album? Dann wäre es ja kein Wunder, dass Lancelot nicht vorkommt. Mein Liebling vom guten alten Max, CHARGE OF THE LIGHT BRIGADE, inspiriert durch den Steiner-Thread nebenan: Eine der größten Leistungen der frühen (Ton-)Filmmusik und außerdem eine der klanglich verschwenderischsten und kompositorisch dichtesten Scores des Meisters. Die mittels Steiners Collagetechnik durchkomponierte "Charge"-Sequenz ist der vielleicht eindrucksvollste Actiontrack der Filmmusikgeschichte. Allerdings keine ganz leichte Kost ...
  10. BASIC INSTINCT FIRST KNIGHT THE MUMMY Ein ziemlich furioses Comeback vom 13. KRIEGER in dieser Runde ...
  11. Habe mich entschieden für: AIR FORCE ONE THE EDGE MULAN THE MUMMY ST: NEMESIS LOONEY TUNES MULAN den Vorzug vor FIRST KNIGHT gegeben zu haben, der es auch ohne meine Hilfe weiter schaffen wird, war zugegebenermaßen eine taktische Entscheidung. Nicht nur in meiner Gunst, sondern auch insgesamt sind die Scores aus 1990-1994 auffällig unterrepräsentiert. Dass MEDICINE MAN so beliebt ist, hat auch mich überrascht: Ich höre da, als ob es ein später Horner wär, immer nur zwei, drei Tracks und das genügt dann voll und ganz.
  12. Da will ich Dir auch gar nicht widersprechen. Vielleicht können wir uns ja darauf einigen: Die Messlatte, um in einen einkommenstechnisch auskömmlichen Bereich reinzukommen, liegt sicherlich heute höher, während man in früheren Jahren nach Bestehen der Ochsentour leichter an entsprechende Jobs kam. Wenn man es doch schafft, dürfte heutzutage aber bereits im einigermaßen gehobenen TV-Bereich mehr Geld gescheffelt werden als früher. Back to Goldsmith: Vielleicht finden sich bis heute Abend ja noch ein paar unschlüssige Zeitgenossen, die die kühle Eleganz des HOLLOW MAN zu schätzen wissen ... http://youtu.be/bBNOlg3uCUo
  13. Neee, natürlich nicht, aber das bezog sich ja auch auf kleinere Produktionen. Schauen wir uns mal den Output vom guten Hans in den letzten drei Jahren an: THE DILEMMA war vermutlich sechsstellig, aber alles andere lag mit Sicherheit über einer Million (RANGO, POTC 4, KUNG FU PANDA 2, SHERLOCK 2, MADAGASCAR 3, TDKR). Wenn James Newton Howard vor immerhin fast zehn Jahren 1,2 bekommen hat, ohne dass eine Ausnahmesituation vorlag, dürfte alles andere unrealistisch sein.
  14. Ich verweise der Einfachheit halber mal auf diesen Thread: http://www.soundtrack-board.de/topic/6047-was-verdienen-komponisten/ Dass sich das Meiste heute (wohlgemerkt, in Hollywood, bei A-Listern und Blockbustern) jenseits der 1.000.000-Grenze abspielt, war auch bei FSM immer mal wieder zu lesen. Wenn man John Williams heißt oder als Rettung in letzter Minute einspringt, kratz es sicherlich auch mal an der 2-Millionen-Marke. Selbst wenn bei etwas (!) kleineren Produktionen, wie im letzten Beitrags des Threads zu lesen, das Musikbudget insgesamt mal "nur" 1 oder 2 Millionen betragen sollte, wird der Komponist sicherlich immer noch mehrere Hunderttausend davon bekommen (was mir zum Leben reichen würde :)). Vielleicht hat ja irgendjemand im Board noch aktuellere oder detailliertere Zahlen, ich hab das immer nur am Rande verfolgt und sicherlich Manches auch wieder vergessen ... So oder so, Filmkomponisten sind die best verdienenden "klassischen" Komponisten: Da kann ein Wolfgang Rihm bei allem, auch monetärem, Erfolg lang dran stricken.
  15. Um die ökonomische Situation ging es mir zwar nur am Rande, aber dass einige junge Komponisten so denken, will ich gar nicht bestreiten. Allerdings, "mehr als ausgeglichen"? Eine feste Stellung für jeden arbeitssuchenden Komponisten bot das Studiosystem ja trotzdem genau so wenig. Auch hinsichtlich des Einkommens war die alte Zeit nicht einfach nur besser, zumindest im Silver Age. Vertragskomponist zu sein, bedeutete im Verlauf der 60er nicht zwangsläufig mehr ein regelmäßiges Einkommen: Goldsmith bekam als Top-Komponist der Fox in der zweiten Hälfte der 60er 10.000 Dollar pro Film, selbst wenn es ein roadshow-Vehikel wie SAND PEBBLES war. Wenn heutige Gehälter eines A-Komponisten deutlich im siebenstelligen Bereich liegen, ist das inflationsbereinigt mehr als das Zehnfache.
  16. Immer diese Frühaufsteher ... Von mir noch zwei Ergänzungen zu Sami: @ Ausbildung heute: Neben den Djawadis und Streitenfelds gibt es immer noch genug Film- und Medienkomponisten mit akademischer Ausbildung (egal ob mit oder ohne Hochschulabschluss), wobei die meisten von denen, die heute in Richtung F-Musik schielen, einen dieser tollen, scheinbar praxisnahen Studiengänge belegen, bei denen die alte Garde sich nur an den Kopf gefasst hätte: angefangen bei Korngold, der als erster gesagt hat, man müsse erstmal komponieren können, um Filmkomponist werden zu können, bis hin zu Goldsmith, der sich wortreich beschwert hat, dass er seiner Filmmusik-Klasse erst einmal beibringen musste, wie man eine Melodie schreibt. Ich will hier dem teutschen Akademismus gewiss nicht das Wort reden, im Gegenteil: letztlich bleibt der Versuch, in der künstlerischen Ausbildung ökonomisierte Praxis zu generieren, doch immer eine Trockenübung. Aber eines wussten die Alten ganz genau - und Silvestri, Howard und Elfman, die aus der U-Musik kamen, würden das sicher genau so sehen: die Hauptsache ist, man kann auf irgendeine Weise komponieren - die Technik, wie Musik zum Bild zu setzen ist, lässt sich schnell lernen. Die neuen Filmmusikstudiengänge, die es in den USA schon etwas länger gibt, leisten sicherlich eines: wesentlich früher wesentlich tragfähigere Netzwerke auszubilden. Und sicher mag es auch heute einige Filmkomponisten geben, die sich nach Jahren oder Jahrzehnten hochgearbeitet haben. Verglichen mit einem Goldsmith, der seine Filmkarriere als Sekretär bei CBS begonnen hat, lief es für die musikalisch überzeugendsten Mainstream-Komponisten der Jetzt-Zeit, Beltrami, Desplat und Giacchino, allerdings weitaus runder. Selbst die Gamescores, die Giacchino am Anfang seiner Karriere rausgehauen hat, waren hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Zeit, des schlussendlichen Salärs und des karrierebefördernden Renommees weitaus erquicklicher als das Wochenpensum eines Jerry Goldsmith in den frühen und mittleren 50ern. Dieser Plackerei verdanken wir aber das, wozu er wurde. @ Präferenzen damals und heute: Natürlich hatten Produzenten schon immer eine mehr oder weniger genaue Vorstellung davon, welche Musik sie haben wollten. Vor der massenhaften Einführung der temp tracks verfügten sie aber nicht über das Druckmittel, diese auch wirklich durchzusetzen. Es gibt da eine kluge Bemerkung von Motte-Haber, dass das verwendete musikalische Idiom so lange nicht ins Gewicht fällt (= der Filmkomponist machen kann, was er will), so lange die expressive Eindeutigkeit einer Musik gewährleistet bleibt. Heißt im Klartext: so lange klar ist, dass der PLANET DER AFFEN nicht in der Lüneburger Heide liegt, passt es. Auf diese Weise gelang es der damaligen Generation relativ leicht, Neue Musik in den Hollywoodfilm zu mogeln. Diese Weisheit hebelt die temp-track- Manie locker aus. Auch ein Goldsmith wurde in seiner Karriere mindestens zweimal aufgetragen, sich für eine Vorspannmusik an Straussens "Zarathustra" zu halten. Beide Male - nämlich bei BLUE MAX und LOGAN'S RUN - gelang es ihm, Musik zu komponieren, die mit dem Gewünschten nur das eine Merkmal gemeinsam hat, dass es sich in beiden Fällen um einen Steigerungssatz handelt. Im temp-track-Zeitalter, dazu gibt es ja genügend Interview-Aussagen, wäre das so nicht mehr möglich. Wenn noch die alte Weisheit Al Newmans hinzu kommt, wonach jeder im Business ein Spezialist für seinen Bereich - und außerdem noch für Musik ist -, sieht es für den kreativen Bewegungsspielraum des Komponisten schon arg schlecht aus.
  17. Was den guten Jerry angeht, hat Sami bereits alles gesagt, aber ich schätze, Dir ging es um eine etwas globalere Einschätzung, oder? Eine erschöpfende Antwort habe ich natürlich auch nicht, aber hier mal ein paar grobe Linien: Das System an sich scheint mir nicht unbedingt das Problem zu sein, denn das ist in seinen Grundprinzipien seit eh und je das gute alte, studio-/produzentenbasierte Hollywood. Zu dessen positiven Merkmalen gehörte im Bereich der Filmmusik, dass vorbehaltlich gewisser ökonomischer Zwänge, also in Grenzen, Innovationen sehr wohl möglich waren und sind. Weder war das Golden Age im Sinne eines Gemeinstils so einseitig spätromamtisch, wie selbst die Fachliteratur es uns Glauben machen möchte, noch ist heute alles nur tristes Einerlei. Die größte stilistische Vielfalt hatte das Studiosystem aber im Moment seiner größten Krise, also in der Zeit, die wir filmmusikalisch als Silver Age bezeichnen. Erste Anzeichen einer musikalischen Schematisierung finden sich schon in den späten 70ern und frühen 80ern, als im Wesentlichen drei Strömungen entstanden, die im Verlauf der 80er zunächst noch parallel nebeneinander liefen: Die sogenannte Renaissance sinfonischer Filmmusik (die eigentlich ebenfalls keine war ...) im Gefolge von STAR WARS, die Weiterentwicklung elektronischer Filmmusik ab ca. BLADE RUNNER zu einem nicht mehr experimentellen, sondern nun populärem Idiom und als drittes die New-Age-Schiene inkl. Ethno-Gedudel. Der sich somit mehrheitlich aus Kunstmusik-fernen Einflüssen speisende Media Ventures-Stil, der sich um 1990 entwickelte, ist eine versatzstückhaftes Mixtur (hier von Kondensat oder Essenz zu sprechen, wäre des Lobes zu viel), die sich aus allen drei Richtungen speist, verbunden mit neuen Produktionsgewohnheiten, bei denen die Fertigung stärker als bisher aus der Verantwortlichkeit der Studios entlassen wird, vulgo: Outsourcing stattfindet. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass Filmmusik, abseits der Vermarktung von Filmsongs, für die das schon immer galt, inzwischen ein regulärer Bestandteil der Vermarktungsmaschinerie ist. Da darf selbst ein Score nicht mehr quer schießen, was akribische test screenings, Zielgruppenuntersuchungen usw. sicherstellen. Ein weiterer Grund liegt auch in den sich verändernden Kriterien von Professionalität. Filmkomponisten wie Goldsmith, Williams und selbst noch Horner haben sich nach dem Ende ihrer akademischen Ausbildung in einem 5–10-jährigen Marsch durch die Institutionen nach oben gekämpft. Heute kann ein Filmkomponist mit entsprechender, medienpraxisnaher Ausbildung das wesentlich schneller bewerkstelligen (s. z. B. Brian Tyler). Dadurch dass für diese "neuen" Filmkomponisten hohe Budgets schneller in erreichbarer Nähe rücken und die stilistischen Präferenzen seitens der Auftraggeber nun mal so sind, wie sie sind, ist die natürliche Auslese, wenn man einmal durchgeflutscht ist - oder jemand wie Zimmer einen protegiert - weitaus geringer als früher.
  18. Ja, einen so schmackhaften Burger wie FIRST KNIGHT gibt es nicht an jeder Straßenecke ... Wo ich gerade die bisherigen Umfragen Revue passieren lasse, fällt anhand bspw. meiner eigenen Beschreibungen schon auf, wie sehr sich ab den 80ern die Darstellungsmuster zu ähneln beginnen: In den 60ern und 70ern lässt sich neben der stilistischen Vielfalt immer auch viel über die - sich voneinander abhebende - Konzeption sagen. Das lässt dann in den 80ern, im stilistischen ebenso wie im konzeptionellem Reichtum, rapide nach, und wird im Spätwerk sogar ein wenig formelhaft. Wie soll das erst werden, wenn wir mal ne Barry-Umfrage machen? Jedenfalls kommt da ein wenig der Grund zum Vorschein, warum ich irgendwann kaum noch Lust hatte, aktuelle Filmmusik zu rezensieren: Man kann sich vor den Phraseologien kaum retten. Immer dasselbe ...
  19. Meine 12 Euro-Cent zum Spätwerk: TOTAL RECALL: Der ultimative 90er-Actionscore. Da rafft sich der Alte noch mal auf, entlockt dem Synthesizer erstmals seit LEGEND wieder wirklich Zukunftsweisendes, steigert die elektronischen Elemente in Verbund mit den orchestralen Mystery-Passagen ("The Mutant") zu unerhört mächtigen Substitutionsklängen, züchtet seine ostinatobasierte Actionmusik (Höhepunkt: die bestechende Sacre-Hommage in "Clever Girl") noch einmal mit großem technischen Aufwand hoch, bringt insgesamt, wie Goldsmith selbst zu Protokoll gab, in drei Wochen genug Noten für eine Bruckner-Sinfonie zu Papier - was zwar ein generisch abwegiger, aber faktisch zutreffender Vergleich ist. Und dann begräbt die Effektabteilung alles unter Kugelhagel, Explosionen und sonstigen Geräuschattacken. Infolgedessen schreitet Desillusionierung des Meisters voran; er lässt sich die Haare wachsen und macht ein paar Jahre voll auf Softie. BASIC INSTINCT: Der ultimative 90er-Suspensescore. Verhoeven hat - wie ansonsten allenfalls noch Joe Dante - aus dem saccharinoiden Rudy-Maestro auch im Spätwerk stets das Beste rausgeholt. Das auf faszinierende Weise zwischen dunkel-unterkühlt und erotisch-schwül mäandernde Hauptthema mit seinem in Seelenabgründe schauenden großen Ambitus ist ebenso eingängig wie kongenial, das trotz seiner beträchtlichen Länge hypotrophe, ungelenk rhythmisiert wirkende Chase-Thema für Trompete kaum weniger gelungen; die an Herrmann anknüpfende Coitus-Suspense erzeugt in ihren organischen Steigerungen ("Crossed Legs") vom Bild gelöst und erst recht im Film mörderische Spannung; dies ist im Übrigen auch ein wirklich gutes Varèse-Höralbum, bei dem ich keine Expandierung gebraucht hätte. Leider der vorletzte halbwegs bedeutende Film, für den Goldsmith verpflichtet wurde. THE SHADOW: Superhelden-Action vom King. Machen wir uns nichts vor: Wenn Jerry auf Genrezüge aufgesprungen ist, die zuvor sein jüngerer Konkurrent von der East Coast gesteuert hat, blieb das Ergebnis - mit der Ausnahme von STAR TREK - meist hinter dem Vorbild zurück. Nun ist in SHADOWs Fall weniger Williams' SUPERMAN als vielmehr Elfmams düsterer Gegenentwurf BATMAN der entscheidende Bezugspunkt, aber gemessen daran schlägt sich Jerry nicht schlecht. Das Hauptthema - wenn auch von Waxman geklaut - ist dunkel-majestätisch und trotz häufig kräftiger Synthie-Grundierung geschmackvoll arrangiert. Noch weit überzeugender ist das unheilschwangre, häufig in der Solo-Tuba dröhnende, aber nie überlaute Khan-Thema, hinzu kommt ein weiteres sinistres Motiv, dessen klimaktische Steigerung in "The Hotel" ein ingeniöser instrumentatorischer Einfall ist. Die Actionmusik ist, auch dank der prägnanten Melodik, überzeugender als in jenen Jahren Goldsmith-üblich. Hier begeistern vor allem die auch solistisch verwendeten perkussiven Pattern, bei denen dem Meister vielleicht doch noch aufging, dass er, seitdem der Yamaha über ihn gekommen war, das Schlagwerk gründlich vernachlässigt hatte. FIRST KNIGHT: Mittelalter-Fastfood. Ein Score wie ein fetter Burger, riecht gut und schmeckt gut, man beißt mit Heißhunger rein und hat doch wenig später wieder Hunger. Die thematischen Zutaten - das noble, etwas betuliche Artus-Thema und das etwas bemüht schwelgerische Liebesthema sind ebenso wie die, passend zum Protagonisten, etwas ergraute Galanterie des Lancelot-Themas, die festliche Fanfare und das Schurkenthema in modo Dies irae solide, schmecken aber etwas nach Convenience. Auch die Zubereitung gerät zwar handwerklich sauber, aber doch etwas einfallslos; nur hin und wieder verrät das Dressing die Herkunft des Maître de cuisine aus der 3-Sterne-Klasse, beispielsweise wenn es den bewährten benediktbeurischen Klassiker "O Fortuna" mit Geheimzutaten etwas aufzumotzen gilt ("Camelot Lives"). In den folgenden Jahren sollte der Küchenchef mit auf dieser soliden Basis aufbauenden Rezepten allerdings beweisen, dass mit ihm in der Sternegastronomie noch immer zu rechnen ist. AIR FORCE ONE: In 14 Tagen verfertigter Action-Reißer. Insbesondere die Actionmusik ist trotz ihrer reduzierten Instrumentation und holzschnittartiger Konfektion ungeheuer kinetisch geraten: Da hämmern die knackigen Actionmotive, knappen Ostinati und konkurrierenden Instrumentengruppen aufeinander ein, dass die Funken fliegen. Der als Hauptthema dienende Marsch, als dessen Vorlage das lyrische FIRST CONTACT-Thema herhalten musste, lädt in seinem pathetischen Drive und dem "Stars and Stripes"-Gestus des Arrangements wohl selbst manch friedliebenden Trekkie zum Defilieren ein. Erstaunlich, dass die Variationsarbeit trotz der stechuhrhaften Produktionsbedingungen nicht von Pappe ist; vielleicht deshalb, weil Jerry auch das diametral angelegte, choralhaft gesetzte Russenthema in irgendeiner Schublade aus der guten alten Zeit vor 1989 gefunden hat, sodass hier etwas mehr Zeit blieb; brillant sind die kraftvolle Hornvariante über massivem quasi-Orgelpunkt in "Parachutes" und die um eine Gegenmelodie ergänzte Choralapotheose in "Radek's Death". Jerry scheint die Zusammenarbeit mit Wolle "Nazi-prick" Petersen nur wenig Spaß gemacht zu haben. Eigentlich hätte er aber wissen müssen, dass er pro Jahr nur ein Drama à la L.A: CONFICENTIAL hätte vertonen müssen und irgendwann wäre der zweite Oscar von selbst gekommen. Dann hätte sich auch der im Alter wachsende Groll auf John Williams in Grenzen gehalten. THE EDGE: Breitwand-Adventurescore. Wenn am Anfang des panoramesken Vorspanns das majestätische Hauptthema in unbegleitetem colla parte der Hörner und Celli erklingt, ist schon fast gewiss: Dieses Thema wird seinen Score mühelos zu tragen wissen. Goldsmith wäre aber nicht Goldsmith, wenn er der allzu romantischen Naturstimmung nicht noch ein Gegengewicht in Form schroffer Actiontracks beigegeben hätte, die - daher rührt auch der leichte Vorteil gegenüber dem thematisch ähnlich griffigen GATD - weit sorgfältiger und effektlastiger konzipiert und instrumentiert sind, als es in jenen Jahren üblich war. Überkront werden sie vom unmittelbar assoziativen Posaunenglissando, das unmittelbar assoziativ für einen übellaunigen Meister Petz steht. Inmitten von so viel kanadischer Urwüchsigkeit vergaß der Meister übrigens glatt seine geliebten Zisch-, Wisch- und Klocks aus dem Snythesizer zu implementieren. Leider ist die Idee, durch ein Jazztrio-Arrangement des Hauuptthemas die Rückkehr des Hopkins-Charakters in die Stadt anzudeuten, im Film nicht verwirklicht; ein echter Verlust, der Goldsmiths auch im Alter hellwachen musikdramatischen Instinkte eindrucksvoll unter Beweis stellt. SMALL SOLDIERS: Die ironische Seite von AIR FORCE ONE. Zugegeben, unfreiwillig komisch ist AFO für den denkenden Menschen zu Genüge, aber in diesem Dante-Score grinst - bei ganz ähnlichen Ingredienzien - die Karikatur hinter jeder Note hervor. Großartig, wie Goldsmith hier durch den erneuten Rekurs auf PATTON und das pathetische AFO-Idiom sich selbst auf die Schippe nimmt: sowohl das neu komponierte Marschthema als auch das klassische "When Johnny Comes Marching Home" werden vielfach durch die Synthie-Verstärkung übergesteigert und dadurch gebrochen. Und außerdem: cooler als in der "Johnny"-Variante für E-Gitarre, pizzicato und Flöte sind Actionfiguren bislang noch nicht untermalt worden. Die nette Goldsmith-Americana, die ihren Komponisten eigentlich für seichte Erfolgskomödien wie MRS. DOUBTFIRE & Co. in den 90ern hätte prädestinieren müssen, bildet das Sahnehäubchen obendrauf. MULAN: Disney-Score weit über dem Durchschnitt. Allein: die dämliche Academy hat's mal wieder nicht begriffen; dabei hätte Jerry den Goldjungen hierfür wirklich verdient. In seiner zweiten Trickfilmmusik legt der Komponist eine sinfonische Abenteuermusik vor, die trotz einer deutlich stärkeren Bildbezogenheit ähnlich überzeugend strukturiert und damit durchhörbar ist wie SECRET OF NIMH. Wer ethnische Authentizität sucht, wird diese, trotz der Verwendung asiatischer Instrumente im großen und um einige recht geschmackvolle Synthe-Samples erweiterten Sinfonieorchester, vergeblich suchen. Dafür bietet der Score mitreißende, teils auch anrührende Themen, bestens unterhaltende atmosphärische Tracks nebst warm episierenden Chortracks, wobei auch die Actionpassagen ("Huns Attack"), die für Disney-Verhältnisse natürlich recht robust daher kommen, mit Verve auskomponiert sind. Hat sonst eigentlich schon jemand bemerkt, dass die Song-Arrangements sehr nach Goldsmith klingen? Entweder hat Matthew Wilder sich sehr dem Score angepasst oder Jerry hatte auch hier ein Stück weit die Finger mit im Spiel ... THE MUMMY: The Wind and the 90 minutes in 3 weeks. Eine gemessen am Lebensalter und Frustrationsgrad des Komponisten grandiose Leistung: Mehrere eingängige, nur leicht exotisierte Themen stehen neben monumental-schaurigen Chorsätzen, die mit sicherem Gespür für den monumental-schaurigen Effekt platziert sind. Durch ihre orientalische Garnitur überzeugen die atmosphärischen Momenten beinahe ebenso ("Giza Port"), doch sind das größte Pfund der Partitur die zahlreichen furiosen Actiontracks, die zwar auf den gewohnten Patentrezepten des Alterswerks aufbauen, aber durch das Kolorit und die vergleichsweise verschwenderische Ornamentik ("Night Boarders") deutlich an Kaliber gewinnen. Erst im letzten Drittel lässt der Einfall etwas nach, nimmt die kapellmeisterliche Routine in zwei arg lang geratenen Suspensetracks wieder Überhand. Dafür entschädigt das furiose Finale, das neben einer schmissigen Themenrevue gegen Ende hin geradezu in Wohlklang schwelgt. Erst im direkten Vergleich zu WIND AND LION fällt auf, wie glatt und mutlos bereits die Filmmusik der 90er war, in deren Kontext sie zu den besten und beliebtesten Abenteuermusiken gehört. HOLLOW MAN: Alt-Meister-Werk. Dieser Score ist, anders als häufig zu lesen, weit mehr als ein lauwarmer BASIC INSTINCT-Aufguss. Eher schon verbindet sich hier dessen atmosphärische Brillanz mit der Komplexität von TOTAL RECALL. Die Partitur fußt auf einem unterkühlt-mysteriösen Hauptthema als Rückgrat, das bereits im Main Title in sorgfältig abgestuften Klangfarbenvariationen die Instrumemtengruppen durchwandert, seinen Reiz aber vermutlich erst nach einigen Hördurchgängen offenbart. Als Thema des titelgebenden hollow man ist es in bisweilen stark variierter Gestalt fast omnipräsent, hält die dramaturgisch wie instrumentatorsich brillant gehaltenen Suspensetracks der ersten Hälfte ("Isabelle Comes Back", "What Went Wrong") ebenso zusammen wie die mit großer Sorgfalt und Formgespür auskomponierten Actioncues der zweiten Hälfte ("False Image", "Find Him"). Sorgsam hinter der aufgeräumten Fassade des geglätteten Spätstils* verborgen, sind die Modernismen der frühen Jahre hier letztmalig präsent. Der kompositorisch profundesten Partitur in Goldsmiths Spätwerk (= nach 1995) hört man die unüblich lange, dreimonatige Entstehungszeit deutlich an. * Habe mal ein Experiment mit einem künstlich gealterten Track aus HOLLOW MAN gemacht und ihn Goldsmith-"Kennern" vorgelegt mit der Frage, aus welchem Jahrzehnt das wohl sein könnte - viele haben auf die 70er getippt. STAR TREK: NEMESIS: Abschied von der Sternenflotte. Sicherlich ist hier in der ersten Hälfte Manches satztechnisch wie instrumentatorsich allzu simpel gestrickt, sind die Manierismen angefangen von Überresten aus U.S. MARSHALS bis hin zu Bart dem Bären aus THE EDGE unüberhörbar. Wäre der Komponist in besserer Konstitution gewesen, hätte er diese Passagen vielleicht noch ähnlich sorgfältig ausgestaltet wie das elektronische Klangdesign, das nach Kräften um neue Effekte ringt und zumindest partiell reüssiert. In erster Linie ist dieser Score aber ein Werk des Abschieds, bei dem sich neben eher ungebetenen Gästen auch viele liebe Bekannte versammeln. So hat neben dem BLAUEN MAX ("Final Flight") auch Igors Frühlingsopfer, diesmal ein wenig à la Schostakowitsch arrangiert ("The Mirror"), seinen letzten Auftritt. Prototypisch führt Jerry noch einmal seine unerreichte Meisterschaft in der thematischen Arbeit vor. Alle (neuen) Themen lassen sich aus einer thematische Phrase im Main Title ableiten: das erst nackt anmutende, späterhin düster-militaristische Remaner-Thema, das vom leisen Zweiton-Motiv der Pikkoloflöte zur mächtigen Posaunenskala erweiterte Shinzon-Motiv und das innozente, vom Englisch Horn vorgestellte B4-Thema, das im Abspann zu herzzerreißender orchestraler Kraft gesteigert fast ein wenig zum Schwanengesang des Komponisten wird. LOONEY TUNES: Humoristisches Kabinettstück. Bis zuletzt und trotz schwerster Krankheit war Jerrys musikdramatisches Gespür immer noch so ausgeprägt, dass er die Mickey-Mousing-Anarchie Stallings-Stil mit ihren hunderten hit points in musikalische Formen gezwungen hat, ohne dabei unbändigen Humor zu kurz kommen zu lassen. Denn Jerry war ein großer Humorist, witzig, schlagfertig und pointiert - so unpassend ist es also nicht, wenn er sich auf diese Weise verabschiedet. Wie Goldsmith in den besten Momenten des Scores die Übergänge zwischen den Idiomen und Satztechniken furios gestaltet, ("The Bad Guys", vom impressionistisches Geflirre in einem Moment zum pseudo-barocken Fugato im nächsten), wie er auch das musikalische set-piece "Car Trouble" mit einem klasse Westernthema durchdringt und mit allen instrumentatorsichen Finessen durchführt, das ist 1-A-Spitzenklasse; man glaubt fast, die BAD GIRLS wären nie kompostiert worden. Auf den weiteren Plätzen: ST: FIRST CONTACT, THE GHOST AND THE DARKNESS, FIERCE CREATURES, 13TH WARRIOR, - und noch ein paar mehr. Mal frei heraus: Jerrys Spätwerk ist mein Grove-Tempel, mein Chart-Ersatz, der Grund, weshalb ich auf Zimm..., äh, Schlimmeres verzichten kann.
  20. Eher optimierungsfähig als -bedürftig. Aber da mein eigener Vorschlag, vermute ich mal, ebenso wenig mehrheitsfähig wäre wie der eines anderen, bleiben im Prinzip nur die Aufteilung nach Jahrzehnten oder numerische Blöcke als Möglichkeit. Da erstere Option sich bis aufs Spätwerk mit meiner Einteilung deckt (bzw. sich die Zusammenlegung einigermaßen gleichartiger Werkabschnitte verschmerzen lässt), versteht sich von selbst, wo meine Referenzen liegen. Bei numerisch festgelegten Blöcken wären die schönen Einleitungstexte, die Sebastian schreibt, zudem relativ sinnlos und für mich würde sich eine wesentliche Diskussionsebene, eben der Vergleich von Werkphasen, zwar nicht unmöglich, aber doch wesentlich schwieriger gestalten. Vielleicht ist das aber auch ein individuelles Problem oder eine Deformation professionelle.
  21. Ich zitiere mal aus meiner Replik an Souchak, die ich schon verfasst hatte, als mir der Torschluss dazwischen kam: "Zumindest meinerseits war "1995-2003" auch nur ein Alternativvorschlag ohne den Anspruch auf Umsetzung. Dazu ist es wirklich schon zu spät: Nach mehreren Abstimmungen über Jahrzehnte nun für die letzten zwei einmal fünf und einmal neun Jahre rauszuschneiden, mindert am Ende nur die Repräsentanz des von Sebastian gewählten Modells. Wenn diese Umfragen ohnehin in einigen Jahren wiederholt werden, kann man doch immer noch einen anderen Modus ausprobieren."
  22. Dann zeige mir doch freundlicher Weise einmal Deine Antwort darauf: http://www.soundtrack-board.de/topic/12607-goldsmith-umfrage-teil-1-c-der-beliebteste-goldsmith-der-80er-3-runde/?p=294973
  23. Die Frage, ob eine Aufteilung sinnvoll ist, und wenn ja, wie sie durchgeführt werden soll, wurde doch im anderen Thread lang diskutiert. Auf Sebastians Bitte, einmal zu begründen, wie sich die Option 1990-1997 und 1998-2003 im Werk begründen ließe, kam dann aber nix mehr. Vielleicht sollte man diese Meta-Diskussion zu den Umfragen lieber irgendwohin auslagern, das würgt doch sonst nur inhaltliche Beiträge ab ...
  24. Ja, im Score zum ERSTEN RITTER finden sich in der Tat mehrere qualitätsichernde Grundzutaten, die durch Beigaben wie Lokalkolorit (MULAN, MUMIE), Regisseur-Bonus (SMALL SOLDIERS, LOONEY TUNES), komfortablere Arbeitsbedingungen (HOLLOW MAN) u. a. immer noch steigerbar waren. Das sind dann die 90er-Scores die mir wirklich am Herzen liegen. Den WARLOCK müsste ich mir vielleicht noch mal anschauen, ist schon eine ganze Weile her ...
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir nutzen auf unserer Webseite Cookies, um Ihnen einen optimalen Service zu bieten. Wenn Sie weiter auf unserer Seite surfen, stimmen Sie der Cookie-Verwendung und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über Formulare zu. Zu unserer Datenschutzerklärung: Datenschutzerklärung