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Jonas Uchtmann

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Alle Inhalte von Jonas Uchtmann

  1. Manchmal scheiden sich eben die (guten) Geister, und da wir uns hier kaum gegenseitig überzeugen werden, kann ich mit dem Geschriebenen gut leben. Die Komplettfassung der Musik hinterlässt schon einen zwiespältigen Charakter: Einerseits zieht sich Manches schon (monotone Suspensetracks mit diesem vom Shinzonthema abgespaltenen Sekundmotiv), andererseits fehlen zwei, drei gute Actiontracks und einige hübsche Variationen der alten Enterprise-Motive (das schon deutlich häufiger als zweimal im Score vorkommt). Um es kurz zu machen: NEMESIS würde ich in jedem Fall zu den fünf besten Konzeptmusiken Goldsmiths nach 1985 zählen - trotz einiger musikalischer Schwächen, die sich zumindest in der Zusammenschau mit anderen Spätwerken ergeben. In (FilmmusikWelt-)Punkten ausgedrückt, bekäme NEMESIS entsprechend "nur" 4 Punkte, wie auch FIRST CONTACT. Teil 1 und 5 liegen natürlich darüber (6 respektive 4,5 Punkte), INSURRECTION sehe ich etwas schwächer bei 3,5. Stimmt doch fast:
  2. Da muss ich ausnahmsweise in allen drei Punkten widersprechen: M. E. verfügt auch NEMESIS in ähnlicher Weise wie Goldsmiths andere Trek-Scores über eine markante, eigenständige Klanglichkeit: Teils ist die Musik düster wie FIRST CONTACT, aber dabei vielseitiger und weniger "borghaft" mechanisch-monoton. Teils ist sie ähnlich lyrisch wie INSURRECTION, aber dabei subtiler und weniger süßlich. Ich würde sogar behaupten, es ist sowohl vom sound design her (von den Misterioso-Synths bis zur tollen Sacre-Hommage mit Xylofon - führe ich bei Bedarf gern näher aus) als auch hinsichtlich der thematischen Arbeit die sorgfältigste unter den genannten, was auch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Goldsmith drei Monate lang an der Partitur gearbeitet hat. Ähnlich wie bei HOLLOW MAN hört man das, finde ich, auch diesem Score an. Trotz einiger in der Tat eher routinierter Actiontracks, die formal allerdings ansprechender durchkomponiert sind und sich auch voneinander stärker unterscheiden als Vergleichbares aus Teil VIII und IX, rangiert NEMESIS bei mir unter Goldsmiths Trek-Scores klar auf Platz Drei. Noch ein paar Anmerkungen zur thematischen Arbeit: Zwar ist es richtig, dass Goldsmith, neben der obligatorischen Fanfare, nur zwei seiner Themen wiederverwendet. Nicht nur das Quest-Motiv (hier eine Art Familienmotiv) spielt dabei eine größere Rolle als in den Vorgängern, sondern auch das Enterprise-Thema, das hier, alles andere als marschhaft und eher in Anlehnung an TMP, erstmals wieder für das Schiff selbst steht. Besonders hübsch finde ich die von Harfen umspielte Variation in den Hörnern, die es ja auch aufs Album geschafft hat. Neben offensichtlichen Bezügen wie diesen arbeitet Goldsmith auch mit strukturellen Rekurrenzen: Der zweite Teil von "Final Fight" greift das motivisch-rhythmische Schema aus "In Custody" (INSURRECTION) wieder auf, was dramaturgisch, Stichwort: Data in Action and in Danger, schon Sinn ergibt. Nur eines von mehreren Beispielen. Das alles bestimmemde Elememt ist freilich das Hauptthema, aus dessen Grundgestalt im Track "Remus" sich die diversen Varianten ableiten. Seine Verwendung als Actionthema ist da noch am wenigsten interessant, wenngleich es auch hier im oft monophonen Satz etwas seltsam Gebrochenes, somit Trek-Untypisches hat. Die häufig im Englischhorn erklingende, besonders melancholische Variante für Data/B4 orientiert sich in der Instrumentation eher am Quest-Motiv. Es mag in seiner auskomponierten Form in "A New Ending" nicht so unmittelbar "zünden" wie das Thema von FIRST CONTACT, aber vom - im Wortsinn - kompositorischen Standpunkt ist es ihm in seiner Polyvalenz m. E. überlegen. "A New Ending" finde ich persönlich schon ergreifend auskomponiert und instrumentiert - da schwingt, zumindest nach meinem Empfinden, auch viel Wehmut und Abschiedsstimmung mit, vergleichbar dem letzten Track aus TIMELINE und dieser Geigenkantilene in den LOONEY TUNES. Fehlt noch das Shinzon-Motiv als die vielgestaltigste Variante: Natürlich ist die absteigende Linie kompositorisch einfach gehalten und beim ersten Höre auch nicht besonders eingängig. Aber wie es mal ganz verhalten, als latenter Spiegel von Shinzons Wahn, in der Senatsszene in der Soloflöte auftaucht, wie es sich an anderer Stelle dann plötzlich aufbäumt, als die Scimitar das erste Mal auf dem Schirm der Enterprise erscheint, und dann noch ein zweites Mal zaghaft im Fagott, fast völlig zugedeckt von den Bässen, aufglimmt, das finde ich konzeptionell und als melodische Detailarbeit schon stark. Vielleicht erklärt sich meine NEMESIS-Begeisterung auch daher, dass ich den Score häufiger gehört habe als jedes andere seiner Alterswerke - die nicht unbeträchtliche Zahl derer, die nach mehreren Hördurchgängen ähnlich denken (Sebastian? ), lässt mich dabei aber zumindest hoffen, dass ich mir den Score nicht einfach nur "schön gehört" habe.
  3. Jetzt dämmert's mir, Danke für die Präzisierung! Du hast völlig recht, HOUR OF THE GUN ist sicherlich der "klassischste" Silver Age-Score unter den Goldsmith-Western. Die Parallelen zu Bernstein und, etwas weniger stark, Fielding, sehe ich ebenso. Gerade bei Goldsmith und Bernstein lässt sich das auch in anderen Genres feststellen, in den Dramen etwa und besonders deutlich in den "Israel-Scores": Man vergleiche nur Goldsmiths QB VII mit Bernsteins wirklich hervorragendem, leider sträflich unterschätztem Score zu CAST A GIANT SHADOW. Auf die Antwort im Goldsmith-Thread freue ich mich natürlich schon.
  4. Inspiriert durch Deine Texte habe ich in den letzten Tagen eine kleine Retrospektive der Goldsmith-Western veranstaltet - inkl. der Vorläufer und Vorbilder (d. h. beim RED PONY natürlich inkl. Copland, bei HOTG mitsamt Tiomkins GUNFIGHT etc.). Worin würdest Du denn bei HOUR OF THE GUN den Konservatismus sehen? Im tatsächlich sehr Americana-schwangeren Thems? Oder weil das Instrumentarium, von der Gitarre und ein wenig Percussion abgesehen, kaum vom Standardsinfonieorchester abweicht? Der Score ist m. E. doch hinsichtlich der Tonsprache schon recht weitab von einem Copland oder Tiomkin, und ebenso von einem Newman- oder Steiner-Western. Da ist STAGECOACH schon konventioneller. Sind die Attribute "konventionell"/"konservativ" wertend zu verstehen? Oder anders gefragt: wie würdest Du den Score qualitativ unter die anderen Goldsmith-Western einordnen? Mich selbst bestärkt die Beschäftigung mit der Neueinspielung eher noch darin, ihn ganz an die Spitze zu setzen, die lediglich noch von den 100 RIFLES überboten wird.
  5. Ich weiß, worauf Du hinaus willst und stimme Dir in gewissem Sinne zu. Aber die Formulierung "blass und schablonenhaft" in Bezug auf die Satztechnik des späten Goldsmith halte ich für zu hart. Ich will hier nicht in Heldenverehrung à la: "Da ist jede Note mit Bedacht gesetzt" abgleiten. Aber es ist schon so, dass Anspruch und Umsetzung (durchsichtiger Satz, konzeptionelle Geschlossenheit) einander entsprechen, dass eine schöpferische Kraft wie Goldsmith auch wenig Noten setzen kann und es trotzdem (viel) "Musik" ist (während ich selbst oder manch heute tätiger Filmkomponist auch mit vielen Noten ....... aber lassen wir das ). Die Verschlankung, Simplizität, Linearität (oder euphemistisch: Reduktion) im Alterswerk großer Künstler ist nun auch kein einzigartiges Phänomen - bei Picasso käme aber trotzdem kaum jemand auf die Idee, wie das gelegentlich in amerikanischen Foren der Fall ist, alles in Bausch und Borgen zu verdammen. Natürlich steht LEGEND - auch da stimmen wir überein - als letztes echtes Meisterwerk über einem TOTAL RECALL, BASIC INSTINCT oder HOLLOW MAN, aber sooo riesig, wie es sich hier liest, ist der qualitative Unterschied dann auch wieder nicht. Man sollte hier nicht den Fehler machen, Goldsmith nur an sich selbst zu messen. Ja, die Qualität seines Outputs hat im Alter nachgelassen, aber auf welch hohem Niveau? Die Gründe hierfür sind sicher nicht allein in veränderten Produktionsbedingungen zu suchen. Wenn Goldsmith es in der MUMIE innerhalb von drei Wochen hinbekommen hat, einen 90-Minuten-Score ansprechend zu instrumentieren, warum hat er es mit knapp 60 Minuten bei AFO in zwei Wochen nicht getan? (Bei meiner Auflistung hervorragend instrumentierter Spätwerke habe ich übrigens noch LOONEY TUNES vergessen). Schauen wir uns mal die 90er an: Da haben um 1980 Goldsmith und Williams zusammen mehr Meisterwerke geschrieben, als hier in einem ganzen Jahrzehnt entstanden sind.Die kann man an zwei Händen abzählen. Aber fragen wir uns lieber, welcher Hollywood-Komponist im fraglichen Zeitraum mehr Scores zumindest im guten bis sehr guten Bereich abgeliefert hat als Goldsmith. Da fallen mir nur wenige ein: Williams, der natürlich in der Qualität viel konsistenter war, außerdem Goldenthal, den man als ein Herrmann vergleichbares Solitär und Wenigschreiber nicht wirklich zählen kann, und vielleicht noch Elfman. Aber ansonsten? Sehen wir mal gnädig davon ab, dass die Hälfte der nachfolgend aufgezählten ohnehin eher Adepten der drei großen Jotts - John, Jerry und James - sind: Silvestri war zu inkonsistent, Howard wurde erst gegen Ende des Jahrzehnts wirklich gut - bei Doyle war es chronologisch eher umgekehrt, dito bei Young. Debney und Arnold? Eintagsfliegen. Thomas Newman? Hat sich erst nach der Jahrtausendwende, dann aber sehr verlässlich regelmäßig in der kompositorischen Spitzengruppe bewegt. Zimmer und Konsorten sowie Jamie Horner lassen wir mal außen vor. Wir sehen also: Goldsmith war in den 90ern nicht mehr überragend, aber immer noch in der Spitzengruppe. Was die Synthie-Debatte angeht: Ja, es gibt diese Aussage Goldsmiths, dass Synthesizer nur dann eine Berechtigung haben, wenn sie über Imitation hinaus die orchestrale Klangpalette erweitern. Aber das war Ende der 70er und der Mann ist Künstler - er wird seine Meinung wohl irgendwann geändert haben. Und als ich vor einigen Monaten mal wieder Zimmers et al. THE ROCK aufgelegt habe, da stockte mir glatt der Atem, wie grauenvoll patiniert die meisten synthetischen Elemente inzwischen anmuten - dabei war es doch bis vor einigen Jahre REGELMÄ?IG dieser Score, den seine Jünger uns als höchstes Beispiel der RCP-Kunst anempfohlen haben. Ein Problem ist sicherlich, dass Samples prinzipiell schneller altern als abstrakte, mittels Frequenzmodulator erzeugte Klänge. Es ist nicht so, dass mir nicht auch etliche Jerry-Synths auf den Wecker fielen, und manches ist ohne Frage sehr schlecht gealtert. Dabei handelt es sich aber teilweise auch um ein individuelles ästhetisches Problem - und versteh mich nicht falsch, auch Du musst zugeben, dass Du mit Deiner Meinung zu UNDER FIRE relativ allein auf weiter Flur stehst, so wie Ronin mit GAD. Ich jedenfalls habe festgestellt, dass ich mich auf misslungene Synths eher in den Scores versteife, wo auch sonst einiges im Argen liegt (z. B. NICHT OHNE MEINE TOCHTER). Ansonsten kann ich das schon ausblenden (ähnlich geht es mir, um mal ein Beispiel aus der Klassik zu bringen, auch bei manchem Schostakowitsch mit dem Xylophon). Echt? Nein, das ist bei mir schon anders: Ich hab an einem mittelmäßigen Goldsmith, Williams, Horner, Morricone, Goldenthal, Gordon etc. (subjektiv) wesentlich mehr Freude als an einem wirklich guten Debney, McNeely, teilweise auch Silvestri oder Howard. Die idiomatische Eigenständigkeit, das konzeptionelle Niveau und der Grad der Durchformtheit sind hier häufig trotzdem in erheblich stärkerem Maße vorhanden. Was nicht heißt, dass diese Musiken, würde ich sie rezensieren, eine bessere Wertung bekämen ... Keine Sorge, das hätte ich ohnehin nicht auf mich bezogen. Ich gebe Dir hinsichtlich der Kritik an der beschriebenen Kunstauffassung recht, halte aber Virtuosität für eine bezüglich Goldsmiths Schaffen eher vernachlässigbare Kategorie, die nur in den seltensten Fällen - auffälliger Weise nicht einmal dort, wo er bekannte Solisten verwendet (Metheny, Marsalis) - aus sich selbst heraus entsteht (was ich, wie gesagt, nicht verurteilen würde). Meist ist sie logisches Folgephänomem einer stilistisch-satztechnischen Entscheidung. BLUE MAX, WIND AND LION, NIGHT CROSSING oder POLTERGEIST würde ich daher nicht als virtuos im herkömmlichen Sinne bezeichnen. Bei Williams sieht das schon anders aus, und in der Tat dürfte das, neben dem Neid auf sein melodisches Genie, einer der Hauptansatzpunkte sogenannter "seriöser" Musikkritik an ihm sein. Ist es aber noch Virtuosität, wenn diese bei Debneys PIRATENBRAUT erst im Nachhinein per Instrumentation, meinetwegen auch schon vorher im Satz dort durch Nebenstimmen implementiert wurde, wo sie keinen kompositorischen Mehrwert liefern?
  6. @ Goldsmith-Rezis: Hab mir gerade mal Deine letzten Rezis durchgelesen, Gerrit, und bin wie immer begeistert sowohl vom Inhalt her als auch darüber, wie häufig wir übereinstimmen. Ein wiederkehrendes Detail halte ich jedoch für diskussionswürdig: 13th Warrior First Knight Stimmführung und Nebenstimmen würde ich eher als satztechnisches Phänomen und nicht als einen Aspekt der Instrumentation betrachten. Das "Problem" im Goldsmith-Spätwerk ist ja eher, dass derlei in der Komposition nicht angelegt ist, und Goldsmith, anders Howard, Debney und Konsorten, nicht auf die Idee gekommen wäre, so etwas durch instrumentatorischen Mummenschanz zu erdrücken. Natürlich ist es ebenso richtig, dass Goldsmith im Spätwerk prinzipiell konservativer komponiert hat in der Hinsicht, dass die Instrumentation als Klangphänomen dem Kompositionsprozess nachrangig gestaltet wird, während die Strukturkomponente traditionell melodisch-satztechnisch ausgefüllt ist. Bis in die 80er hatte dagegen die Klangkomponente, also die Instrumentation, häufig einen integralen oder gar vorrangigen Anteil an der Konzeption und wurde somit zur Strukturkomponente. Daneben kommt der Eindruck von Gleichförmigkeit in den späteren Scores i. Vgl. zu den früheren sicherlich auch dadurch zustande, dass relativ standardisierte Ensembles verwendet werden. Ich würde aber auch im Spätwerk differenzieren wollen: Unter den guten bis sehr guten Goldsmith-Scores zwischen 1992 und 2003 gibt es einige recht undifferenziert instrumentierte Scores, zu denen auch ich FIRST KNIGHT, 13TH WARRIOR und auch AIR FORCE ONE zählen würde. In diesen Scores gibt es allerdings immer wieder Momente (z. B. "Village Ruin", "Dos it please you" oder den Orff-Verschnitt in FK, das erste Statement des Russenthemas in AFO ("The Parachutes") oder die Höhlensequenzen im KRIEGER), die wirklich brillant gelöst sind. Dann gibt es Scores wie GHOST AND DARKNESS, FIRST CONTACT, THE EDGE oder MULAN, in denen sich die Instrumentation zumindest auf Augenhöhe mit dem sonstigen kompositorischen Einfall bewegt und schließlich einige Musiken, die ich - eingedenk des verglichen mit früher natürlich konservativeren Materials - immer noch als exzellent instrumentiert bezeichnen würde: BASIC INSTINCT und THE SHADOW etwa oder DIE MUMIE, aber auch den HOLLOW MAN und abschnittsweise (!) NEMESIS. Insgesamt muss ich doch deutlich sagen, dass mir die hin und wieder etwas gleichförmigen Scores von 92-03 dank ihrer schlechtestenfalls ordentlichen kompositorischen Substanz lieber sind als die von 86-91, die meinetwegen vielfältiger klingen mögen (Yamaha sei "Dank"), aber im übrigen häufig dürftig zusammengeschustert waren. Gelegentliche Geistesblitze natürlich ausgenommen!
  7. Allerdings. Selbst die daraus verfügbaren Ausschnitte hätten bspw. das biografische Kapitel deutlich aufwerten können. Reizvoll ist es natürlich schon, einmal 200 Seiten am Stück zum Thema Goldsmith zu lesen, allerdings sollte - das muss ich Dir ja nicht erzählen - der Erkenntniswert einer Dissertation schon über reine Faktografie und Allgemeinplätze (auch in der häufig kursorischen Beschreibung einzelner Scores) hinausgehen. Wo immer Dupuis das versucht, wird es schnell reichlich kraus, neben dem schon erwähnten verwundert z. B. auch die wiederholte Behauptung, Goldsmiths Arbeiten im dramatischen und Komödiengenre seien wenig bedeutend. Was die wissenschaftliche Redlichkeit angeht, wird zwar nicht in vergleichbarer Weise Schindluder getrieben wie im Falle Guttenberg, aber einige der unbelegten "Ondits" stoßen schon auf, bspw. im TREK-Kapitel. Möglich, dass einiges an Fußnoten dem Lektorat zum Opfer gefallen ist - ich glaube aber eher nicht daran, denn warum haben dann die überflüssigen Angaben zum Lautstärkebereich diverser exotischer Instrumente aus irgendeiner italienischen Instrumentenkunde überlebt? Die sind sowohl inhaltlich als auch von der Belegpflicht her überflüssig. Noch mal: ich will niemandem von der Lektüre abhalten, informativ ist manches sicherlich. Aber meine Erwartungen habe sich - leider - nicht erfüllt.
  8. Folgendes habe ich vor einigen Tagen auf FSM entdeckt: http://www.amazon.com/Goldsmith-Scoring-American-Movies-ebook/dp/B00AGOD8JK Es handelt sich um die (hoffentlich stark bis sinnentstellend) gekürzte und übersetzte Fassung einer italienischen Dissertation, die es vor einiger Zeit schon mal in Printfassung gegeben hat, inkl. recht großzügiger Leseproben. Ich hatte damals keine Lust, mich durchs Italienische zu quälen, zumal das Buch dann relativ schnell wieder in der Versenkung verschwunden war. Umso mehr gefreut habe ich mich über dieses E-Book, das es auch bei iTunes gibt. Beim Lesen setzte allerdings, obwohl ich bei DEM Thema sicherlich ein ganz besonders geneigter Konsument bin, schnell Ernüchterung ein. Der Fokus ist weder biografisch noch musikanalytisch, sondern eher allgemein film(musik)historiografisch, wobei Goldsmith als repräsentativer (wenn auch überdurchschnittlich versierter) Filmkomponist in die amerikanische Filmindustrie kontextualisiert wird. Goldsmith-Kenner dürften hier kaum Neues erfahren, was vor allem der eher dürftigen Quellen- und Literaturbasis zuzuschreiben ist. Es fehlen wesentliche Interviews, Monografien der Filmmusikliteratur sowie Internetquellen, auch bei den erfolgten Archivstudien bin ich eher skeptisch. Die Notenbeispiele stammen fast ausschließlich aus ... "kursierenden" Partituren oder aus leihweise relativ einfach zu beschaffendem Material. In die Staaten hätte man dafür jedenfalls nicht reisen müssen. Gaaanz kritisch wird, als Gegensatz zum europäischen Auteur-Gedanken, die Instrumentationsgewohnheit der meisten amerikanischen Filmkomponisten, also auch von Goldsmith oder Williams, beleuchtet. Dabei wird natürlich zugestanden, dass man im System Hollywood ohne Orchestrator in der Regel nicht auskommt, allerdings scheint sich der Autor tendenziell eher hinter Morricone oder Herrmann zu stellen und in dieser Praxis einen gravierenden ästhetischen Lapsus zu sehen. Äußerungen von Goldsmith et al., stets vollständige Particelle zu erstellen, werden zwar zitiert, aber zunächst nicht exemplifiziert oder diskutiert. Danach ergeht sich der Autor dann in Mutmaßungen darüber, wann Goldsmih welchen Orchestrator (warum) eingesetzt habe: Arthur Morton "was chosen as an aide for the most complex scores" und Alexander Courages "touch is apparent in scores in need of an higher skill". An anderer Stelle wird gesagt, Courage sei der Mann fürs Strauss'sche und Respighi'sche - lachhaft, wenn man bedenkt dass sowohl BLUE MAX und NIGHT CROSSING als auch LOGAN's RUN natürlich Morton-Orchestrationen sind! Zu David Tamkin fällt Dupuis gar nichts ein (dabei war er für einige der komplexeren Goldsmith-Scores der 60er zuständig, etwa SAND PEBBLES, SPIRAL ROAD, 100 RIFLES oder HOUR OF THE GUN). McKenzie wird indirekt dafür verantwortlich gemacht, dass Goldsmith in seinen letzten Scores konventionelle Besetzungen verwendet habe. Dass auch Orchestratoren viel beschäftigte Menschen sind, die nicht immer auf Wunsch des Komponisten springen können, der Gedanke kommt Dupuis nicht - auch dass die Handvoll von Goldsmith selbst orchestrierten Score keinen Deut anders klingen als andere Arbeiten ihres zeitlichen Umfeldes, wird nicht thematisiert. Am Ende entwertet Dupuis seine seitenlangen Hypothesen durch den Befund, dass Goldsmith angesichts seiner ausführlichen Particelle (warum erst hier?) vermutlich doch Herr seiner instrumentatorischen Entschlüsse gewesen sei, selbst. So nach dem Motto: Nichts Genaues weiß man nicht ... Ansonsten frappiert an Merkwürdigkeiten, neben einigen falschen Jahreszahlen und Schreibweisen, dass auf zig Seiten die Goldsmith-Verhoeven-Connection als des Meisters wichtigste Regiebeziehung gewürdigt wird, während Goldsmith-Schaffner, Goldsmith-Frankenheimer u. a. eher en passant erwähnt werden. Dupuis scheint ohnehin eher ein Fan des späten Goldsmith zu sein, etwa wenn er allen Ernstes FIRST KNIGHT als größte Abenteuermusik Goldsmiths preist. Über weite Strecken wird gerade gegen Ende des Buches, etwa im STAR TREK-Kapitel, unkritisch italienische Literatur ohne jedwede Quellenkritik zitiert. Als wissenschaftlich wird man die Publikation in dieser Form kaum bezeichnen dürfen. Verglichen bspw. mit dem Moormann-Buch über Williams ist das hier doch recht schwach.
  9. Das Varèse-Album von HOUR OF THE GUN ist gerade mal 31 min lang, abzüglich der entbehrlichen Pop-Version des Hauptthemas bleiben weniger als eine halbe Stunde Score. Die Neueinspielung wird 57 min umfassen - da ist es doch klar, dass man eher HOTG neu einspielt als 100 RIFLES, der vollständig vorliegt, sogar in zwei Abmischungen. HOTG klingt für sein Alter wirklich fantastisch - aber wenn 50 Prozent der Musik fehlen, ist ein abschließendes Urteil zur Wertigkeit der Musik ohnehin nicht möglich. Ich könnte mir vorstellen, dass der Score in kompletter Form eher noch gewinnt, da das Hauptthema der (monothematischen) Partitur auf dem Album leicht überrepräsentiert ist. Das wäre dann aber auch die einzige Schwäche, die ich der Albumfassung attestieren würde - und ja, Du hast recht, 100 RIFLES ist Goldsmiths profundester Beitrag zum Genre, allerdings würde ich HOUR in jedem Fall - gemeinsam mit LONELY ARE THE BRAVE und vielleicht RIO CONCHOS - direkt dahinter ansiedeln. Was den technischen Anspruch angeht, tun sich die eh alle nicht viel. Es gibt gewiss leichter zu spielende, aber auch noch wesentlich schwierigere Goldsmith-Scores. Ich bin echt gespannt, wie die das inzwischen hinbekommen.
  10. Nun habt euch nicht so ... Wenn man bedenkt, wie Horner in Interviews seine Plagiate einzig damit verteidigt, indem er mit dem Finger auf andere zeigt, wie er sich Spielberg als künftiger Stammkomponist einmal fast angebiedert hat, wie er auf Yareds TROY meinte rumhacken zu müssen, um sein eigenes schales Süppchen, oder besser: Eintopf, schmackhaft zu machen ... bedenkt man all das, liegt Jan genau richtig. Ich auch, bevor irgendjemand falsche Schlüsse zieht, und merkwürdige Interviews werden daran auch nie etwas ändern. Aber man wird sich darüber doch noch lustig machen dürfen ...
  11. Damit's nicht unbeantwortet bleibt: in "Stealing the Enterprise" hat Horner den "Kampf" verwendet, das ist die sechste Nummer des ersten Akts.
  12. Och, in "Romeo i Džul'etta" hat uns' Sergej ja selbst ein wenig gecopied und gepasted ... Bei Horner dürfen wir jedenfalls gespannt sein, welches seiner Standardliebesthemen es bei diesem Sujet wird. Vielleicht statt ENEMY AT THE GATES diesmal wieder BRAVEHEART, es wäre eigentlich an der Reihe. Den musikalischen Hintersinn in Horners Zitaten (Selbstzitate ausgeschlossen), vermisse ich übrigens nicht erst seit ZORRO - da dürfte nach ALIENS Sense gewesen sein (wenn man sich da mal die Mühe macht und die Handlung nachliest, ist die starke Frau "Gajanė" nämlich nicht gänzlich beliebig).
  13. @ Neue Musik: Ich finde auch nicht alles toll, was Rihm macht, aber er ist immerhin ein hervorragendes Beispiel für einen Komponisten, den man nicht in die postmoderne Schublade stecken kann und der sich trotzdem schwerlich einordnen lässt. Bei Rihm dürfte eigentlich jeder noch etwas finden, was ihn unmittelbar anspricht und von wo aus man sich zu weniger zugänglichem vorarbeiten kann. Außerdem kann Rihm (seine) Musik erklären wie kein zweiter. Die Neue Musik ist, wie schon gesagt, so vielseitig, dass eigentlich für jeden eine Nische dabei sein sollte. Wer dabei mit der vormodernen Musiktradition liebäugelt, wird in der amerikanischen Szene sicherlich eher was finden. Natürlich fällt den meisten Menschen der Zugang zur Neuen Musik nicht einfach so zu, man muss sich schon bemühen. Häufig, aber nicht immer, hilft die Beschäftigung mit der Konzeption dabei, auch emotional einen Zugang zu finden. Das hat nichts mit einer intellektuellen Brille zu tun und ich sehe auch nicht ein, warum Intellekt und Emotion einander ausschließende Begriffe sein sollen. Neue Musik vermag Emotionen wesentlich direkter, ungefiltert durch Tradition und Regeln zu vermitteln. Das setzt natürlich voraus, dass man das emotionale Ausdruckssystem des Komponisten oder des Werkes zu verstehen lernt.
  14. Es ist genau umgekehrt, die Phrase steht zwischen Motiv und Thema und besteht somit aus mehreren Motiven. Ein Vordersatz wäre bspw. eine Phrase. Die nächstgelegene Formenlehre gibt noch den guten Hinweis, dass Phrasen häufig als syntaktische Einheit auch optisch voneinander getrennt sind, etwa durch Pausen oder Phrasierungsbögen. Na, ich glaube, beim nächsten Mal schreib ich Definitionen am besten gleich aus dem Handwörterbuch der musikalischen Terminologie ab.
  15. Danke für den Hinweis, es muss natürlich heißen: Ein Thema hingegen ist ein selbstständiger und schon geformter melodischer Gedanke, der sich meist in einzelne Motive zergliedern lässt. Das zu sagen war auch gar nicht meine Absicht (und wer will, kann sich mit mir über die Genialität Beethovens, letzter Satz der Neunten z. B., auch gerne streiten). Und so vielgestaltig, wie die Neue Musik heutzutage ist, wird man immer Richtungen finden, die einen erkennen lassen, dass "Neu" nicht gleich "Gut" ist. Warum man allerdings Filmmusik, wenn es denn sinfonische Musik ist, nicht mit klassischer Musik (z. B. spätromantischer Programmmusik) vergleichen sollte, erschließt sich mir nicht. Da ist es schon eher problematisch, Filmmusiken wie JAWS und DARK KNIGHT miteinander zu vergleichen, die hinsichtlich ihrer musikalischen Tradition (hier Klassik, da nicht) nur wenig gemein haben.
  16. Thema und Motiv sind keine Synonyme, sondern verschiedene Erscheinungsweisen von Melodik. Das Motiv ist die kleinstmögliche melodisch-rhythmische Sinneinheit eines Satzes. Im Wagner'schen Sinne sind Motive als Leitmotive häufig, aber nicht zwingend, unveränderlich. Ein Thema hingegen ist ein selbstständiger und schon geformter melodischer Gedanke, der sich meist in Themen zergliedern lässt. Die von Dir aufgeführten Beispiele sind Leitmotive, diese müssen nicht kurz sein, sie können vielmehr auch ganze Perioden oder Phrasen umfassen - oder eben am anderen Ende der Skala nur ein oder zwei Töne. Auch das "Joker" aus TDK wäre somit ein Leitmotiv, allerdings eher als sound oder Klangfarbe denn im melodischen Sinn. Oszillierende Klänge setzt Zimmer hier nicht zum ersten Mal ein, das gibt es schon in HANNIBAL. Um festzustellen, ob es wirklich so bekannt ist wie Beethoven, müssten wir eine Umfrage machen, und zwar außerhalb des Forum ... Töne hat das Man with Harmonica-Thema übrigens nur drei (und damit immer noch einen mehr als der Beethoven). Dass man es, zumal am Klavier, als Drei-Ton-/Vier-Noten-Thema e-c-dis-e schon erkennt, würde ich doch bezweifeln. Ich schätze, dazu braucht es (vgl. Anfang des Tracks "Man with a Harmonica") schon noch des vorausgehenden Sekundpendels, also bspw.: e-es-e e-c-dis-e
  17. Kurze Anmerkung dazu: Den erwähnten "Zwölftontechnikern" ist so etwas durchaus schon in den Sinn gekommen, s. die Invention über einen Ton (H) aus Bergs WOZZECK. Der Clip ist sehr anschaulich, allerdings gehen die Begriffe "Thema" und "Motiv" etwas durcheinander. Und einige der Kandidaten bestehen zwar tatsächlich aus wenigen Tönen, dafür aber durch notwendige Wiederholungen aus umso mehr Noten, ohne die sie eben nicht unmittelbar wiedererkennbar wären (z. B. JAWS). Die kürzeste universell bekannte melodische Signatur der Welt (möglichst wenig Töne, möglichst wenig Wiederholung, fixe Rhythmisierung/Harmonisierung) dürfte immer noch das Kopfmotiv aus Beethoven 5 sein. Sorry Filmkomponisten ...
  18. Williams kann es natürlich, aber für gewöhnlich komponiert er doch stärker am Bild entlang als ein Goldsmith (oder Waxman), vor allem in lediglich routinierten (also "nur" guten) Scores und in Fällen, in denen er wenig Zeit hatte. Anders als im Falle Jerry G. zeichnet das häufige Vorhandensein durchkomponierter Action und Suspense also vor allem die Spitze des williamsschen Schaffens aus (s. Deine Liste). Oder anders gesprochen: Bei Williams ist das Durchkomponierte ein Qualitätskriterium für den einzelnen Score, bei Goldsmith ist es eher ein Kriterium an sich. Formale Stringenz zeichnet den (überwiegend) als Chaconne gesetzten Über-Track "The Attack", wo der kompositorische Einfall brillant ist, ebenso aus wie "Testing" aus ALONG CAME A SPIDER, den allein die formale Klarheit vor der Belanglosigkeit rettet.
  19. Geht mir genau so, diese "Kurzatmigkeit" ist dem reinen Hörvergnpügen sicherlich manchmal abträglich, allerdings empfinde ich das bei so manchem kompletten Steiner und auch Williams-Actionscores ähnlich. Johnny ist abseits der Themen, Suiten und vereinzelter set pieces auch nicht der Meister durchkomponierter Action oder Suspense, von daher soll er sich mal nicht so weit aus dem Fenster lehnen ... ;)
  20. Goldsmith scheint seine Lehrer danach beurteilt zu haben, was er bei ihnen gelernt hat - da schneidet nicht nur Rózsa, sondern auch Cestelnuovo-Tedesco eher schlecht ab. Seltsam, dass in den zig Kurzbios meist nur diese Namen aufgeführt werden und Ernst Krenek nicht. Letzterer ist nicht nur der wesentlich bedeutendere Komponist, sondern vermutlich auch dafür verantwortlich zu machen, dass aus Goldsmith kein Strauss (etc.)-Epigone, sondern ein Modernist wurde. Die Rózsas-Doku ist wirklicht nett. Auf Jerrys Urteil über die künstlerische Potenz seiner Mitstreiter sollte man nur auch nicht allzu viel geben, da spielen persönliche Be- und Empfindlichkeiten eine viel zu große Rolle, z. B. bei der Einschätzung Herrmanns (guter Filmdramaturg, mittelmäßiger Komponist - hallo?). Was allerdings Rózsa angeht, hat er dem zu Recht seine Referenz erwiesen und auch in der hohen Einschätzung Waxmans bin ich ganz bei ihm - den könnte man dank seiner hohen Variabilität und handwerklichen Brillanz tatsächlich als den Goldsmith des Golden Age bezeichnen (oder vielmehr umgekehrt: Goldsmith als den Waxman des Silver Age). Was Waxman angeht, so will ich hier noch einmal auf Samis Tipp TARAS BULBA hinweisen, der mir auch als ideale Einstiegsdroge erscheint und dank der Neueinspielung auch nicht wegen angeblich mediokren Klangs abgelehnt werden könnte. Bei Korngold - auch ein guter Ansatzpunkt - würde ich allerdings zuerst zum SEA HAWK greifen, der thematisch prägnanter und formal geschlossener ist als ROBIN HOOD. Beim SEA HAWK stehen ja sogar mehrere Einspielungen zur Auswahl. Wem die ganze Dröhnung zu viel ist, kann hier ja auch zur Chandos-Einspielung unter Gamba greifen. Das ist immer noch eine randvolle, hervorragend klingende und tadellos eingespielte CD.
  21. Nur ein paar Schlaglichter in kursorischer Darstellung: Späte Klassik: Haydn, Londoner Sinfonien, etwa die Nr. 100 (Militärsinfonie): Beispiel für Janitscharenmusik (Einsatz von Trompete, Becken, Kleiner Trommel als Einflüsse türkischer bzw. osmanischer Musik in der Kunstmusik), im Bereich der Oper hat Mozart Vergleichbares schon früher gemacht (Entführung aus dem Serail). Beide Werke sollte man unbedingt in historischer Aufführungspraxis hören. Weber, Freischütz: eines der ersten Beispiele für romantische Registrierung und Mixtur (grob gesprochen: Mischklang als Ideal) Berlioz hatten wir ja schon. Meyerbeer, Die Hugenotten: Vergrößerung des Opernorchesters und der Chöre, um (auch heute noch) faszinierende polyphone und klangfarbliche Effekte zu erreichen. Registrierung oft absichtlich "gegen den Strich", Einführung sowohl neuer Instrumente in das Orchester (Bassklarinette) als auch erste Wiederverwendung alter Elemente (Viola d'Amore). Dringende Empfehlung, auch an Gerrit, falls der das nicht eh schon kennt. Wagner, z. B. Rheingold: führt in Vielem Meyerbeer weiter (Erweiterung des Instrumentariums, Klangfarben und -effekte), Aufwertung der Begleitung erfordert neue Stimmtypen (dramatisches Fach). Zusammen mit Wagner muss sicherlich auch Liszt genannt werden. Musorgskij, z. B. Boris Godunov: absichtliche falsche Instrumentationsentscheidungen (falsche Lagen und Kombinationen, geht schon in den ersten Takten los), um mit klangfarblichen Kontrasten das Konzept des "Volksdramas" zu verwirklichen. Die Neuinstrumentation durch Rimskij-K. ist dagegen (fälschlich) strahlend und brillant. R.-K. gehört natürlich mit der Scheherazade oder seinen Opern auch zu den wichtigen Innovatoren der Instrumentation. Strauss, sinfonische Dichtungen: Hinsichtlich des Instrumentariums und auch der Dichte der Orchestration die Spitze des romantischen Instrumentationsideals. Mahler scheint Dir ja vertraut zu sein (Spaltklang) Debussy, Prélude, Pelléas, La mer: Versuch, die Ideale der traditionellen französischen Linienkunst (la clarté francaise) auf den modernen Orchesterapparat zu übertragen, Kompromiss aus Misch- und Spaltklang: Übergänge zwischen Instrumentengruppen werden verschleiert, aber alle Stimmen bleiben als solche in der Regel hörbar. Ravel ist natürlich genau so wichtig, aber wieder eher auf den Effekt aus (Bolero als DAS Beispiel für Klangfarbenvariation). Sehr viele Beispiele aus der Opernliteratur, aber von dort kamen im 19. Jh. halt auch oftmals die Innovationen ...
  22. So, habe die fehlende Seite der Goldsmith-Bio mal aus dem Archiv geholt, zusammen mit einem weiteren Kapitel, das auf der FreeClyde-Seite nie offiziell erschienen ist. Wer mehr wissen will, bitte PN an mich ...
  23. Hier der Link zu den übrigen veröffentlichten Kapiteln der Goldsmith-Bio auf der Joel-Goldsmith-Seite - Internet Archive macht's möglich: http://web.archive.o..._goldsmith.html Und ja: glaubwürdig ist das Material schon, jedenfalls widerspiegelt es unverblümt, was (zumindest der alte, verbitterte) Goldsmith von seiner Zunft hielt. Das dürfte auch mit ein Grund sein, weswegen es nie zu einer Veröffentlichung des Buches kam ...
  24. Wegen INCHON hatte ich noch mal ins Booklet geschaut und den Titel dann doch nicht genannt, weil die Aufnahmen für diesen (in der Tat erst 82 veröffentlichten) Film schon im Juli 1980 stattgefunden haben. Zugegeben klingt's bei INCHON nicht so, als hätte das LSO gespielt, aber sauber ist die Interpretation schon. Das Problem ist für mich hier eher der Klang. Die Anekdote, dass die INCHON-sessions in einem römischen Weinkeller gemacht wurden, habe ich allerdings auch erst geglaubt, als Fake das im Booklet bestätigt hat. Zu den zumindest sauberen Ostblock-Einspielungen würde ich auch noch ISLANDS IN THE STREAM zählen (i. Ggs. zu LIONHEART) - aber klar, da waren die Bedingungen andere und perfekt ist auch diese Einspielung nicht, das gilt aber leider auch fürs Original. Politische Gründe für schlechte Einspielungen anzuführen, ist sicherlich abwegig, weil es kaum goutiert worden sein dürfte, wenn sich das Orchester für die vermutlich erklecklichen Deviseneinnahmen nicht richtig reingehängt hätte. Eventuell lag ein Zeitproblem oder schlicht Unerfahrenheit des Orchesters mit Filmmusikeinspielungen vor, denn das HSOO ist eigentlich so übel nicht. Ich sage eigentlich, weil ich auch schon mal die C-Besetzung der Herrschaften als Tournee-Operettenorchester hören durfte - das war so schlecht, das hat nicht einmal die Provinz verziehen. Auffällig finde ich übrigens, dass die kontinentaleuropäischen oder australischen Goldsmith-Einspielungen alle ziemlich mies klingen. Auch das vermag unsere Wahrnehmung der interpretatorischen Güte ja bisweilen zu beeinflussen. Das Graunke-Orchester war aber wohl seit den 80ern künstlerisch wirklich auf dem absteigenden Ast.
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