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Angus Gunn

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Alle Inhalte von Angus Gunn

  1. Schon vor einigen Jahren erschienen, aber erst jetzt für mich entdeckt. Ohne große Erwartungen gekauft, und nun doch so angenehm überrascht, dass ich ihn hier mal vorstellen möchte. Der Film MARTE DIO DELLA GUERRA von 1962 hat es nie in den deutschen Sprachraum geschafft. Er gehört zu jenen Peplums, die ihre Handlung mit SF- und Fantasy-Elementen anreicherten. Die Musik beginnt mit einem von Fanfaren eingeleiteten, ebenso epischen wie dramatischen Titelthema, bei dem ich mich ein wenig an Korngold oder auch an das Strauss´sche "Heldenleben" erinnert fühle. Es zieht sich in zahlreichen Varianten durch den Score und macht auch als Pastorale (z.B. Track 8) eine ganz wunderbare Figur. Daneben gibt es noch eine Vielzahl von thematischen Einfällen, mysteriöse Klänge, ätherische Chorsätze, ein weiteres pastorales (Liebes-?)Thema, Aggressives vom Blech für die Kampfszenen und ein schwelgerisches Finale, wie es ich für ein historisches Epos gehört. Erfreulich auch, dass Marinuzzi offenbar auf ein großzügig besetztes Orchester zugreifen konnte, was in dem Genre auch nicht unbedingt selbstverständlich war. Ein rund einstündiger Score, der auch noch durch seinen sauberen Stereo-Klang besticht, und mich fast durchgehend bei Laune gehalten hat.
  2. Historische Erzählungen: Drei weitere bemerkenswerte Fundstücke 1. Rolf Unkel: DES CHRISTOFFEL VON GRIMMELSHAUSEN ABENTEUERLICHER SIMPLIZISSIMUS (1975) Die skurrile Geschichte des einfältigen Simplex, der seinem bäuerlichen Elternhaus entrissen wird, einen gesellschaftlichen Aufstieg erfährt und sich am Ende freiwillig in die Abgeschiedenheit der Wälder zurückzieht, um dort wie der verstorbene Einsiedler, der ihn einst bei sich aufgenommen hat, sein Leben zu verbringen, wurde 1975 im Auftrag des ZDF in vier Teilen verfilmt. Rolf Unkel (1912-1990) ist einer der vielen, sang- und klanglos in Vergessenheit geratenen Komponisten, die die deutsche TV-Landschaft musikalisch bereichert haben. Seine SIMPLIZISSIMUS-Musik reicht von dramatisch-archaischen Klängen für den zeitgeschichtlichen Hintergrund (der 30-jährige Krieg) bis zur gramvollen Elegie. 2. Rudolf Gregor Knabl: DER EISERNE WEG (1984) Im 19. Jahrhundert verläßt der junge Veit Kolb sein bayerisches Heimatdorf. Sein Ziel heißt Amerika. Um sich die Überfahrt leisten zu können verdingt er sich zunächst als Waldarbeiter und landet schließlich bei der Eisenbahn, wo er unter üblen und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen beim Streckenbau mithilft. Eine großartige, sehr autenthisch anmutende, 5-teilige Mini-Serie, die eine wunderbare, von Zither- und Streicherklängen dominierte Musik bekommen hat. 3. Rolf Wilhelm: DIE FÜNFTE JAHRESZEIT (1982) In neun Episoden wird generationsübergreifend das Leben der Familie Perwanger in einem tiroler Bergdorf geschildert, angefangen von 1880, über zwei Weltkriege bis zum wirtschaftlichen Aufschwung mit der Wintersportindustrie. Dreh- und Angelpunkt ist dabei der soganannte Schneeschuh, der zunächst lediglich als zweckmäßiges Fortbewegungsmittel genutzt wurde, bis er in modernen Zeiten den Skitourismus begründete. Bis auf die letzten beiden Episoden wird diese wundervolle Serie von Rolf Wilhelm musikalisch betreut, und leider hat es bisher nichts von seinen Kompositionen hierzu auf Tonträger geschafft. Dabei wären die düster-romantischen, manchmal schwermütigen Themen unbedingt eine Entdeckung wert.
  3. Also zu dem Film habe ich ein zwispältiges Verhältnis. Damals in meiner Jugend war ich noch schwer begeistert. Später wurde ich u.a. durch die TV-Serie mit Jeremy Brett zum Sherlock-Holmes-Fan, und heute hat der Film mit seinem Spielberg-London für mich jeglichen Reiz verloren, da hilft nicht mal mehr der Kindheits-Bonus. Und tatsächlich ist es auch der Score, der mir bei der letzten Sichtung (vor ca. 15 Jahren) etwas sauer aufgestoßen ist, eben weil hier in den buntesten (Klang-)Farben jene Hollywood-Märchenwelt beschworen wird, die so gar nicht zu Doyles Detektiv-Charakter passen will. Das ist natürlich nicht die Schuld von Broughton, der sich lediglich der Inszenierung angepaßt hat, aber es ist wohl der Grund dafür, dass ich diesen Soundtrack noch nie besessen habe, bzw. hören wollte. Da sieht man mal wie man von einem negativen Bezug zu einem bestimmten Film in der Musikauswahl beeinflußt werden kann. Die Hörbeispiele gefallen mir aber sehr gut, und vielleicht besorge ich mir doch noch die CD. Ich muß halt nur die Erwartungshaltung an einen klassischen Holmes-Score loswerden...
  4. Eigentlich eine in erster Linie österreichische Literaturverfilmung, aber filmisch wie musikalisch zu gut um sie deshalb nicht auch mal zu erwähnen: Rolf Wilhelm: TARABAS Tarabas ist eine Joseph-Roth-Adaption des österreichischen Regisseurs Michael Kehlmann der mit sonorer Stimme auch als Chronist durch die Handlung führt. Erzählt wird die Lebensgeschichte des russisch-stämmigen Katholiken Tarabas, der nach seiner Rückkehr aus Amerika während der Kriegswirren in Europa bis zum Oberst befördert wird, aber schließlich an seiner eigenen Schuld zerbricht, die er im Laufe seines Lebens auf sich geladen hat, und als Landstreicher nach Vergebung sucht. Kehlmanns außerordentlich konzentrierte Inszenierung findet ihre Entsprechung in den großartigen darstellerischen Leistungen, allen voran natürlich Helmuth Lohner in der Titelrolle. Ein solcher Stoff verlangt auch nach einer anspruchsvollen Filmmusik, die dem hohen literarischen Niveau gewachsen ist. Und Rolf Wilhelm war ganz ohne Zweifel die richtige Wahl. Seine Partitur ist von rein sinfonischer Gestalt und das Hauptthema von epischem Charakter. Und dass die CD von Alhambra exzellent produziert worden ist, bedarf gerade hier im Forum wohl keiner besonderen Erwähnung. Die Booklet-Texte sind informativ und beschreiben die Musik sehr viel fachgerechter als ich dazu in der Lage wäre. Deshalb lediglich noch ein paar ergänzende Gedanken meinerseits: Beim AUFMARSCH DER TRUPPE fühlte ich mich in der Instrumentierung und dem gleichförmig-stampfenden Takt an Morricone erinnert. Es sind auch die pastoraleren Stücke wie MORGEN IM DORF UND MARIENWUNDER und ERINNERUNGEN, die besonders beeindruckend gelungen sind. In letzterem Track nimmt das Hauptthema einen stillen, wehmütigen Ton an. Eigentlich verwunderlich, dass Wilhelm dem Tarabas-Charakter ein Thema an die Seite stellt, das sowohl in seinen aufwühlenden wie auch in seinen schwermütigen Momenten die negativen Eigenschaften der Figur auszuklammern scheint. Immerhin hat man es als Zuschauer nicht leicht, dem jähzornigen, egoistischen und rücksichtslosen Tarabas irgendwelche Sympathien entgegenzubringen. Aber es funktioniert... Große Filmmusik für den kleinen Bildschirm, und eine unbedingte Empfehlung für alle, die sie noch nicht haben. Das gilt selbstverständlich auch für alle anderen CDs der Wilhelm-Edition, die mit HIOB, FLUCHT OHNE ENDE und RADETZKYMARSCH auch die Musiken zu Kehlmanns anderen drei Roth-Adaptionen enthalten. Die Filme sind allesamt auf DVD verfügbar und zeugen mal wieder von einer Zeit, in der dem Fernsehpublikum noch wirklich anspruchsvolle Stoffe zugemutet werden konnten.
  5. Francesco De Masi: LA BATTAGLIA D´INGHILTERRA Da ich eine große Vorliebe für Francesco De Masi hege, möchte ich hier mal auf seine exzellente Musik zu Enzo Castellaris STUKAS ÜBER LONDON von 1969 aufmerksam machen. Es ist meiner Meinung nach der singulär beste Kriegsfilmscore italienischer Herkunft überhaupt. Dem Film selber wird nicht zu Unrecht oft seine mangelnde Geschichtstreue angekreidet, aber es lag sicherlich nicht in Castellaris Absicht ein seriöses Drama auf die Leinwand zu bringen. Sein Schwerpunkt liegt auf aktionsreicher Abenteuerunterhaltung, die er um einige historische Eckdaten herum spinnt. Obwohl die Luftkämpfe zum Teil aus der Trickkiste und zum Teil aus der Wochenschau stammen, ist der betriebene Produktionsaufwand nicht gering, und die effektvolle Inszenierung hält mit extravaganter Kameraführung und vorzüglichen Actionszenen bei Laune. Da gibt es beispielsweise eine sehr intime Liebesszene zwischen Frederick Stafford und Ida Galli. Akustisch untermalt wird diese von fortwährenden Detonationsgeräuschen, da draußen gerade die Stadt bombadiert wird, und die im dunklen Zimmer stattfindende Zweisamkeit wird für den Zuschauer immer nur im aufblitzenden Explosionsfeuer sichtbar. Der Score ist in vollständiger Form auf CD erschienen und eröffnet mit einem genregerechten, von aggressiven Trommelrhythmen begleiteten Titelmarsch, gefolgt von zahlreichen, interessant und einfallsreich ausgestatteten Suspense- und Actionmotiven. So wird der Luftangriff auf einen Flüchtlingstrek von wuchtigen Percussion- und Blechakkorden und dramatisch aufjaulenden Streichern kommentiert (sehr eindrucksvoll in LA RITIRATA). Melodischere und sanftere Klänge schlägt De Masi für die erwähnte Beziehung zwischen Stafford und Galli in AMORE E GUERRA und dem in mehreren Variationen vertretenen FINE DI UNA VITA an. Wobei sich aber gerade der letztere zu ungeahnter Dramatik aufschwingt. Wenn die Streicher von dräuendem Unheil berichten und dazu ein seltsam frostiger Chor von apokalyptischen Zuständen kündet, dann ahnt man schon beim Lauschen, dass es mit der Liebe der beiden ein denkbar schlechtes Ende nimmt. Auch hier eine von Castellari grandios inszenierte Sequenz! Rauh, kantig und dramatisch steht LA BATTAGLIA D´INGHILTERRA der amerikanischen Filmmusik stilistisch viel näher als der italienischen. De Masi ist nicht an melodiösem Wohlklang oder vermarktbaren Melodien gelegen, sondern an einer professionell ausgearbeiteten und filmdienlichen Partitur, die im Nebeneffekt auch als Album funktioniert. Interessanterweise bekam dieser exzellente Score auf der LP-Veröffentlichung von BEAT RECORDS in den 80er Jahren lediglich eine Seite zugewiesen, und ich weiß noch, dass ich mich damals über die fehlende Titelmusik gewundert habe. Tatsächlich funktionieren die ausgewählten 15 Minuten auf dieser LP als autonome orchestrale Suite sehr gut. Wer möchte kann sich auf der CD die LP-Zusammenstellung wie folgt programmieren: 26-19-2-14-13-20-5-24-27. Randnotiz: Man beachte in der verlinkten Suite die auffallende Ähnlichkeit aus ESEGUIRE GLI ORDINI (etwa ab 07:20) zum Jedi-Thema von Williams:
  6. LES DEUX ORPHELINES VAMPIRES war 1997 Jean Rollins Rückkehr zum Vampirfilm. Louise (Alexandra Pic) und Henriette (Isabelle Teboul) sind zwei blinde, verwaiste Mädchen, die ein Leben im Heim in der Obhut von Nonnen verbringen. Unzertrennlich und stets zu zweit unterwegs, tasten sie sich tagsüber mit Blindenstöcken durch die Straßen. Nachts jedoch erwachen ihre vampirischen Instinkte. Sie sehen ihre Umwelt in blauem Dämmerlicht und gehen gemeinsam in der nächtlichen Stadt auf Beutezug. Rollins Umgang mit dem Thema entspricht natürlich auch in diesem Film wieder seinen ganz eigenen Regeln. Auch in seinem Spätwerk hat er nichts von seiner poetischen Kraft eingebüßt. Wenn seine Vampirmädchen zu nächtlicher Stunde Unterschlupf zwischen den verwitterten Grabmalen eines Friedhofs finden und rundherum die glatten Hochhausfassaden New Yorks in den Himmel ragen, dann erscheint dieser Friedhof mit einem Mal als ein harmonischer Rückzugsort, eine märchenhafte Twilight-Zone inmitten einer feindlichen, modernen und rationalen Umwelt, in die sie sich aber immer wieder hinauswagen müssen, um sich selber am Leben zu erhalten. Der Vampir, das übernatürliche Geschöpf der Nacht, als fragiles Wesen in einer feindseligen Umwelt. Diese Thematik habe ich selten, wahrscheinlich noch nie, überzeugender gesehen als hier. Auch sonst ist Rollins Werk vollgestopft mit surrealen Einfällen, die er in der für ihn so typischen Bildsprache umsetzt. Sei es nun der bizarre Gastauftritt von Brigitte Lahaie oder die imposante Fledermaus-Königin - das ist alles ganz wunderbar am Maintream vorbeiinszeniert. Auch ein Güterbahnhof (wiederkehrendes Motiv in seinen Filmen) wird hier zu einer Zwischenwelt, zu einem Ort übernatürlicher Begegnungen. Der Blaufilter, der dabei über den Nachtszenen liegt, gibt dem Geschehen einen noch entrückteren, traumwandlerischen Anstrich und erinnert sicherlich nicht zufällig an die blau eingefärbten Bilder der Stummfilmzeit. E Eine Soundtrack-CD hat es hierzu auch mal gegeben. 1997 als Beilage zum Bildband "Virgins and Vampires" erschienen. Philippe d´Aram war seinerzeit Rollins Haus- und Hofkomponist und hat für das Vampirmärchen eine passende und stimmungsvolle Musik geschaffen. Die Titelmusik beginnt mit sphärischen, synthetischen Chorälen und dem charakteristischen Klang der Glasharfe, woraus eine betörende Melodie entsteht, die den Hörer unmittelbar in Rollins eigenwillige Welt hineinzieht. Den knapp 40-minütigen Score dominieren düstere Klangfarben und melancholische Melodien. Da offenbar auf die Szenen komponiert wurde, finden sich mehrere kurze Spannungstracks auf der Scheibe, die für sich genommen nicht allzuviel hergeben. Hervorzuheben ist jedoch das knapp 6-minütige PHANTOMS IN NEW YORK. Der modernen Pop-Musik verpflichtet, aber ruhig dahinfliessend, mit zwilichtiger Synthie-Begleitung, hypnotisch und sehr eingängig. CIRCUS kommt dagegen als bizarrer Walzer mit wuchtigen, akzentuierenden Beckenschlägen daher. Eine Flöte setzt einen trübsinnigen Kontrapunkt zu den eher verspielten Klavierläufen in STATUES OF BLOOD. TOGETHER beginnt mit sanft-optimistischem Klavier um dann mit gramvollen Streicherklängen in eine wunderschöne Elegie überzugehen. Eingebettet zwischen D´Arams Musik findet sich ein mir ansonsten unbekanntes Musikstück namens REIS GLORIOS (im Abspann des Films EX GLORIOUS betitelt), dessen Interpretation einer Musikgruppe namens "Ars Antigua" zugeschrieben wird. Es fügt sich mit sphärischen Klangfarben und ätherischer Gesangsstimme wunderbar ins Gesamtbild ein und verfehlt auch im Film selbst seine Wirkung nicht. Was viele verschrecken wird, ist der Umstand, dass es sich hier um einen Synthesizer-Score handelt, möglicherweise ergänzt durch das ein oder andere akustische Instrument. Manch eine Streicherpassage klingt in der Tat etwas billig, und man hätte d´Arams doch sehr ansprechender Komposition ein höheres Budget gewünscht. Aber unterm Strich bleibt dies eine sehr feine, stimmungsvolle Musik, komponiert mit französischer Nonchalance und mit Sinn für die morbide Sinnlichkeit der Bilder eines wahren Film-Auteurs.
  7. Auch von mir vielen Dank an den Knochenkönig für die Erläuterungen! Wenn noch jemand etwas ergänzen möchte, immer gerne!
  8. Das trifft auch auf mich zu. Die BNO 4 steht ja bereits in den Startlöchern, und, ehrlich gesagt, es gibt zur Zeit nichts worauf ich mich mehr freue. Ostern wurde angepeilt, einen genauen Termin gibt es bisher nicht. Und das Beste: Carsten hat auch einen Live-Gig angekündigt! Egal wann, egal wo, egal wie teuer, ich werde dabeisein!!!
  9. Als schräges Unikat hat sich DIE BRUT DES BÖSEN inzwischen einen gewissen Status erarbeitet. Die "Edition Deutsche Vita" von Subkultur ist gewohnt makellos, der Film selber ist, und da beißt die Maus keinen Faden ab, der mit Abstand schwächste, der bisher in dieser feinen Reihe erschienen ist. Und das fällt gerade nach dem hammergeilen BLUTIGER FREITAG umso stärker auf. Der Soundtrack ist als separate Audio-CD mit an Bord und enthüllt, dass Herr Anders vielleicht doch lieber einen Filmmusik-Profi hätte engagieren sollen. Der Titelsong ist soweit noch ganz okey, der Rest des Scores macht es sich auf der Schnittstelle von Wah-Wah-Gitarren-Klischees der uninspirierten Art und Traumschiff-Kitsch bequem. Lalo Schifrin ist hier wirklich ganz weit weg.
  10. Aber bis zu einem gewissen Grad ist es dann doch Auslegungssache, wenn ich das richtig sehe? Der Begriff Americana wird ja doch i.d.R. in Zusammenhang mit sinfonischer Musik gebraucht, aber traditionelle, populäre amerikanische Musik wie Country, Blue Grass, Cajun, Dixieland, die Bürgerkriegs-Traditionals oder was es da sonst noch gibt, fallen dann auch in diesen Bereich? Oder konkret gefragt: Sind die Soundtracks von THE STING und ANATOMY OF A MURDER auch Americana? Und um nochmal auf den Main Title von WILD BUNCH zu kommen, da wäre ich mir jetzt nicht so sicher.
  11. Diese Frage beschäftigt mich eigentlich schon, seit ich diesen Begriff zum ersten Mal bewußt gelesen habe. Ich bilde mir ein, "Americana" auch ganz gut als solche erkennen zu können, aber ich beurteile es aus dem Bauch heraus, nicht weil ich es wirklich weiß. Es gibt einige Titel, wie THE BIG COUNTRY von Moross oder RED PONY von Copland, die gerne erwähnt werden, wenn es um besonders markante Beispiele dieser Musikgattung geht. Das ist für mich auch absolut nachvollziehbar, aber es tauchen trotzdem viele Fragen auf, die ich gerne hier mal näher erklärt bekommen würde. Nehmen wir mal die Titelmusik von BIG COUNTRY. Ja, die hört sich amerikanisch an, aber warum eigentlich? Nach meinem Verständnis hören sich die allermeisten US-Western nach "Americana" an, bei manchen bin ich aber nicht so sicher. Wie steht es z.B. mit dem Main Title von WILD BUNCH? Und welche Rolle spielt dabei die Instrumentierung? Wäre das BIG COUNTRY Thema immernoch Americana, wenn es jemand auf der Gitarre, oder von mir aus auch auf der Hammond-Orgel nachspielen würde? Ein Thema, das mir sehr gut gefällt ist die Titelmusik von ROADHOUSE von Michael Kamen. Klingt für mich auch sehr amerikanisch, allerdings hauptsächlich deshalb, weil dort diese bluesigen Mundharmonika- und Klavierklänge vorkommen. Ohne diese, also nur mit den Streichern und dem Horn, könnte man dieses Stück dann immernoch als Americana" bezeichnen? Ich lasse das jetzt erstmal so stehen, und harre der Antworten die da hoffentlich folgen. Alles weitere ergibt sich dann.
  12. Hans Posegga: DER SEEWOLF Unter den Advents-Abenteuer-Vierteilern, die vom ZDF zumeist in Co-Produktion zwischen 1964 und 1983 produziert worden sind, nimmt DER SEEWOLF sowohl qualitativ wie auch vom Bekanntheitsgrad her mit Sicherheit einen der vordersten Plätze ein. Und das völlig zu recht. Besser läßt sich die Geschichte nicht verfilmen. Begleitet von Reinhard Glemnitz´ angenehmer Erzählertimme greift hier schauspielerisch und inszenatorisch alles makellos ineinander. Und natürlich gilt das auch für die innovative und einprägsame Musik. Poseggas Klänge sind rauh wie der Umgangston an Deck des von Wolf Larsen geführten Schoners "Ghost". Oftmals begnügt sich der Komponist mit nur sehr wenigen Instrumenten oder erzeugt mit repitiven Strukturen jenes besondere Flair, das ganz erheblich zur Gesamtatmospähre beiträgt. So werden die KINDHEITSERINNERUNGEN von einem eigentümlichen Klangteppich mit unterkühlten Banjo- und Cembalo-Akkorden begleitet. Fast so, als lägen diese Erinnerungen unter dichten Nebelschleiern verborgen, die es erst zu durchdringen gilt. Mit Stücken wie TREIBEN AUF OFFENER SEE oder DIE GHOST IN DER NEBELBANK begleitet Posegga mit schaurigen-wabernden Klängen die Mannschaft des Schiffes auf ihrer trostlosen Reise. Ebenfalls bemerkenswert: AUF DEM WEG ZUM LAND DER KLEINEN ZWEIGE. Nachdem van Weyden an unwirtlicher Küste angespült wurde muß er sich, von Larsen eiskalt seinem Schicksal überlassen, tagelang alleine durch die karge Wildnis schlagen. Bis er schließlich am Ende seiner Kräfte und dem Wahnsinn nahe aufgegriffen und gerettet wird, wird seine strapaziöse Odyssee nur von den wie improvisiert hingestreuten Klängen einer einzelnen Flöte, oder dem Anschlagen eines Holzxylophons begleitet. Eine äußerst bukolische Tonkulisse, die grandios die Einsamkeit und Ausweglosigkeit der Situation wiedergibt. Im vierten Teil schließlich, auf der mysteriösen Insel von Swithin Hall, läßt Posegga seiner Experimentierfreude in Stücken wie DAS WINDRAD AM STEILHANG oder DIE PERLENTAUCHER dann freien Lauf und schafft im Zusammenspiel von elektronischem und akustischem Instrumentarium eine Klangkulisse, die der eines Horrorfilms gleich kommt. Wie Inseln des Friedens zwischen all der rauen Kantigkeit liegen Tracks wie KURS AUF UMA oder DAS WEITE MEER, bei denen mit einfachen Melodien entspannte Südsee-Atmosphäre heraufbeschworen wird. Umrahmt wird das Ganze natürlich von einem höchst ungewöhnlichen Titelthema, das mit kantig-wuchtigem Percussion-Rhythmus und sperriger Melodie den Titel-Charakter trefflich porträtiert. Zumindest in der deutschen TV-Fassung wird von einigen Stücken, wie etwa der schwelgerischen ROMANZE oder dem packenden MIT VOLLEN SEGELN, überhaupt kein Gebrauch gemacht, was in ausländischen Schittfassungen oder der deutschen Kinoversion womöglich anders war. Eine außergewöhnliche und bemerkenswerte Filmmusik. Im Film effektsicher genutzt, und gerade für einen Fernseh-Mehrteiler sehr gewagt, nimmt sie doch kaum Rücksicht auf Konventionen oder Hörerfreundlichkeit. Hier das Seewolf-Thema in der mit Blech und Streichern angereicherten Schlußtitelvariante (und ein wenig Beiwerk):
  13. Aufbruch ins Ungewisse Bei dem ganzen kontroversen Echo, das dieser Film derzeit hervorruft, mußte ich mir den doch mal antun, allein schon um mitreden zu können. In naher Zukunft wird unser Land von rechten Parteien regiert, und Regimekritiker wie Familie Schneider haben nichts mehr zu lachen. Den Schneiders bleibt nur noch die Flucht. Bereits nach ca. fünf Filmminuten werden sie an Namibias Küste angespült und von den dortigen Sicherheitsbehörden aufgegriffen. Und so weiter. Interessant an so einem Propaganda-Schinken ist immerhin der Umstand, dass es einen nun selber betrifft, bzw. dass wir alle zur anvisierten Zielgruppe gehören. Auf technischer und schauspielerischer Seite ist soweit auch alles nicht weltbewegend aber in Ordnung, geboten wird gediegenes (heutiges!) Fernsehniveau. Die Filmmusik ist die meiste Zeit irgendwie als Hintergrundsound vorhanden und steht für all das, was ich an modernen Scores so öde finde. Mehr designt als komponiert. Entscheidend ist aber: Als Gehirnwäsche-Propaganda funktioniert das Ganze keineswegs. Selbst ich als erklärter Gegner der "Rauten"-Politik brauche mir da keine Sorgen zu machen, dass sich irgendjemand hiervon beeinflussen läßt, denn die Autoren sind in ihren aberwitzig-plakativen Bemühungen in einem Ausmaß übers Ziel hinausgeschossen, dass wohl selbst der gleichgültigste Couch-Potato die plumpe Taktik problemlos durchschaut. Mit ein bißchen Glück wendet sich sogar der ein oder andere nach Konsum dieses Werkes aus Protest dem Gegenlager zu. Das wäre dann ein klassisches Eigentor.
  14. Das war damals meine zweite CD überhaupt. Ich war 16 oder 17 Jahre alt und kam gerade beeindruckt aus dem Kino. Eine richtig starke Musik, die zu dem Zeitpunkt für mich etwas völlig Neuartiges an sich hatte. Auch der Film ist erstklassig, obwohl er heute ein wenig in Vergessenheit geraten ist.
  15. Da im Moment der Karnevalstreck genau unter meinem Fenster vorbeizieht, fühle ich mich genötigt dem lautstark aufgezwungenen Frohsinn etwas entegegenzusetzen. Albert Glasser bietet griffige, wütende, aufbrausend dramatische Orchesterklänge und scheut auch nicht vor kakophonischen Einschüben zurück. Dazwischen tummeln sich in Andeutungen und Zitaten amerikanische Traditionals wie die "Battle Hymn of the Republic", und melodramatische Streicherthemen sorgen hier und da für Ruhepausen. Schon der MAIN TITLE ist ein überaus packender, blech- und schlagzeugbetonter Opener in dem Glasser von Anfang an klarstellt, dass subtile Charakterzeichnungen nicht das primäre Anliegen von INVASION U.S.A. sind. Der Film selber, ein unglaubliches, aber unterhaltsames, anti-kommunistisches Propaganda-Machwerk, wird im Booklet von Bruce Kimmel folgendermaßen beschrieben: "... one of the most deliciously and diliriously wacky and weird movies ever. The film is actually indescribable - it exists in a whole other movie universe." Recht hat er, und ich würde ihn wirklich gerne mal in der damaligen deutschen Kinosynchronisation sehen. Das wäre vielleicht mal ein Fall für unsere hiesigen DVD-Spezial-Label. Der "Red Dawn" der 50er, musikalisch tatkräftig unterstützt. Well done, Mr. Glasser!
  16. Zitat aus dem Booklet: "For BUNNY LAKE IS MISSING, Glass works with general serialism and even strict 12-tone techniques for his more atonal sections."
  17. Aber nicht jeder beliebige Takt ist gleich ein Ostinato, die Tonfolge muß schon etwas komplexer sein, um sich so nennen zu dürfen? Beispiel Henry Mancini: - Titelmusik von CHARADE: Die rhythmisch geschlagenen Hölzer - Dieser slapstickhafte Rhythmus im "Baby Elephant Walk" wären demnach beides Ostinati? Anderes Beispiel: Du kennst vielleicht von James Bernard die Titelmusik von DRACULA von 1958. Diese wird von einem gleichförmigen, geschlagenen Rhythmus begleitet. Keine Figur, einfach nur ein Takt (den man in der Neu-Einspielung übrigens weggelassen hat, deswegen ist jetzt mal nur die Originalaufnahme relevant). Ostinato oder nicht?
  18. Ja, das ist er tatsächlich. Hat sich seitdem musikalisch vielseitig entwickelt. Stimmt, habe nochmal nachgesehen. Mein Fehler. Zu meiner Entlastung muss ich sagen, dass ich den Text vorhin nicht von zu Hause aus geschrieben habe und somit die CD nicht zur Ansicht vorliegen hatte.
  19. Ach so, es steht so im Soundtrackcollector eingetragen, wie ich gerade selber sehe. Sind denn die Angaben dort eigentlich immer zuverlässig, mal so ganz allgemein gefragt.
  20. Das wäre in der Tat meine nächste Frage gewesen, da Hossein im Zusammenhang mit LES MISERABLES auftaucht, aber auf der Hortensia-CD kein Hinweis darauf zu finden ist. Woher weiß man sowas?
  21. So, erstmal vielen Dank für die ganzen Anregungen und Hinweise. Eine CD aus dem Iran, das ist ja mal wirklich exotisch. Besitzt Du die selber, gibt es dazu Hörsbeispiele? "Miniatures Pictures" - ist das eine Filmmusik, ein Konzert, oder was hat es damit auf sich? An die Ben-Hur-CD hatte ich vor einiger Zeit auch schonmal gedacht und sie dann wieder vergessen. Jetzt werde ich sie aus reiner Neugier mal bestellen. Beim Soundtrackcollector wird unter Hossein ja eine ganze Menge Vinyl aufgelistet, hauptsächlich EPs, aber davon besitze ich überhaupt nichts. Und selbst die meisten Filme sind momentan wohl nicht zu beschaffen, kein Wunder dass der Mann heute kaum noch ein Begriff ist. Meine allererste Begegnung mit Hossein fand damals mit der Alhambra-CD von "Rasputin" statt, und viel später dann mit dem Universal-Sampler, der aber auch wirklich gut ist, und den ich deshalb hier jetzt mal vorstelle: Um Gefallen an diesem famosen Sampler zu finden ist eine Zuneigung zur Jazzmusik unerläßlich, ist doch mehr als die Hälfte des Albums diesem Musikgenre zuzurechnen. Und es sind wahrlich einige Perlen darunter, die die Schwarz-weiß-Atmosphäre von französischer Nouvelle Vague, von schummrigen Nachtclubs der 50er Jahre, von regennassem Kopfsteinpflaster und einsamen, nächtlichen Stränden atmet. Letztere Finden sich in der Titelsequenz von Robert Hosseins TOI, LE VENIN mit dem auch das Album eröffnet wird. Der "Blues a la nuit" erzählt von Leidenschaft und Schmerz und bringt damit die Emotionen des hitzigen Psychodramas auf den Punkt. Die kürzlich erschienene DVD aus der Filmclub Edition sei hier ausdrücklich empfohlen. Andere Töne schlägt dagegen LES MENTEURS (1961) an. Obwohl es sich hierbei um einen Kriminalfilm handelt ist die knapp 5-minütige Suite von eher leichterer Natur. Im Folgenden wechselt die Stimmung mehrfach zwischen leicht-humorvoll, trist und dramatisch, mal mit Schwerpunkt auf vollem Big-Band-Sound, mal mit dem Fokus auf kleinere Solistenbesetzung. Das ist alles sehr gefällig, mit Stil und Niveau umgesetzt. Besonders die Posaunen setzt Hossein hier und da wirkungsvoll ein, etwa im packenden UNE GUEULE COMME LA MIENNE. Ist die CD bis zum 13. Track ein reines Jazz-Album, so wechselt ab hier dann schlagartig die Stimmung. Zum Zapata-Revolutionswestern LE GOUT DE LA VIOLENCE kreierte Hossein mexikanische Themen, die mit der typischen Mariachi-Instrumentierung umgesetzt wurden. Das wunderbar-leiderfüllte Titelstück wird dabei von Severiano Alvarez mit Chorbegleitung gesungen und ist für mich ein Zauberwerk von großer emotionaler Kraft und außerordentlicher Ohrwurmqualität. Ich weiß nicht, ob Hossein hier auf traditionelles Liedgut zurückgegriffen hat, aber das Ergebnis ist mehr als überzeugend und kann in drei mustergültigen Tracks genossen werden. LE VAMPIRE DE DUESSELDORF wird von Kritikerseite her oft seine historische Sorglosigkeit angekreidet mit der Regisseur Hossein hier Faschismus und sozialen Zerfall im Deutschland der 30er Jahre darstellt. Ich hatte vor einigen Jahren bei uns im Kölner Filmclub die Gelegenheit mich selber davon zu überzeugen, und ich erinnere mich vor allem an ein ambitioniert und eindrucksvoll inszeniertes Filmkunstwerk, dessen expressionistisch-düstere Schwarz-weiß-Atmosphäre trefflich von Vater Hosseins Score unterstützt wurde. Mit schleifenden Klängen und finster murmelnden Männerstimmen kreiert er ein gespenstisches Requiem als zöge der Gevatter Tod persönlich durch die nächtliches Gassen. Im Gegensatz dazu bietet das Album noch das von Pia Colombo dargebotete Chanson "La belle de nuit". L´HOMME QUI TRAHIT LA MAFIA fällt vor allem durch das "Pre-generique" mit Daba-daba-daba-Frauenvokalisen im Burt-Bacharach-Stil auf. Zwei Jahre vor "Butch Cassidy and the Sundance Kid" hat dieser Track schon große Ähnlichkeit mit dem dort zu hörenden "South American Gateway". Als Rausschmeißer gibt es dann noch drei fulminante Tracks aus dem Western UNE CORDE, UN COLT, einem von vielleicht einer handvoll echter Western, die unter französischer Schirmherrschaft entstanden sind. Den Titelsong interpretierte der Amerikaner Scott Walker (Walker Brothers), den seit jeher eine Leidenschaft insbesondere für europäisches Kino auszeichnet. "The Rope and the Colt" ist dann auch eine ungemein schmissige Testosteron-Nummer, die noch lange im Ohr bleibt. In "Manuel et Maria" begegnet uns ein melancholisches Liebesthema, das zunächst von Solo-Gitarre dargeboten wird um dann mit ausladendem Pathos in sinfonischem Gewand zu erstrahlen. Ein rundherum empfehlenswertes Album in sehr wertiger Ausstattung. Und bei dieser Gelegenheit möchte ich auch mal das ungewöhnliche Design der "Universal France"-CDs lobend erwähnen. Es sind für mich derzeit die optisch gelungensten Coverentwürfe auf dem Filmmusik-Markt. Auch das Hossein-Album ist wieder mit erlesenem Geschmack gestaltet und enthält wie immer auch ein informatives, zweisprachiges Booklet. Weitere Anregungen, Korrekturen, Ergänzungen seitens der Leserschaft sind wie immer willkommen.
  22. Mich stören diese Eigenzitate überhaupt nicht. Erst recht dann nicht, wenn das Thema so verändert wird, dass es kaum wiederzuerkennen ist. ALICE ET MARTIN hätte ich wahrscheinlich wieder nicht bemerkt. Das ENNEMIS-INTIMES-Thema ist dagegen für mich viel leichter zu indentifizieren, auch hier bei RODIN. Keine Ahnung, warum das mal so und mal anders ist. Dazu fällt mir eine Anekdote ein: Keith Emerson hat mal erzählt wie er Argento die Filmmusik zu "Inferno" vorgestellt hat. Argento war enttäuscht, da Emerson nicht das berühmte Chorthema aus "Nabucco" mit eingearbeitet hat, wie er es sich gewünscht hatte, da dieses Stück im Film eine wichtige Rolle spielt. Emerson antwortete daraufhin das Thema käme sehr wohl vor und verwies auf den "Taxi Ride". Tatsächlich ist dieses Stück nichts anderes als eben dieses Nabucco-Thema. Emerson hat lediglich zwischen Verdis Noten noch weitere Zwischenschritte gesetzt und damit den Charakter des Stückes verändert. Argento hat´s nicht gemerkt und mir war es bis zu diesem Interview auch nicht bewußt.
  23. RODIN ist angekommen. Absolut wundervoller Score, ich kann Stefans Anmerkungen dazu nur unterschreiben. Auch das 8-minütige "La Cathedrale" mit seinem tragischen Anstrich - wie Sarde hier in Emotionen wühlt, das ist schon schwerst beeindruckend. Irgendwo hatte ich schonmal geschrieben, dass Filme über bildende Künstler und deren Werke schon viele Komponisten zu Höchstleistungen angespornt haben. Hier trifft es wieder zu. Und das mir RODIN bislang völlig entgangen ist, liegt einfach daran, dass keiner unserer hiesigen Fachhändler diesen Titel ins Angebot aufgenommen hat. Auch daran erkennt man das Nischendasein eines Albums wie diesem.
  24. Aus aktuellem Anlaß möchte ich hier einem Komponisten einen eigenen Faden spendieren, den wahrscheinlich die Wenigsten auf dem Schirm haben, der aber unbedingt Aufmerksamkeit verdient. Der Anlaß besteht in der glorreichen CD-Edition aus dem Hause Disques Cinemusique zum Orient-Abenteuerfilm SHÉHÉRAZADE (dt: Sheherazade - Der goldenen Löwe von Bagdad) aus dem Jahr 1963. Aminoullah (Andre) Hossein, im russischen Samarkand geboren, mit persischen Wurzeln, nahm zunächst in Berlin ein Medizinstudium auf, das er aber zugunsten seiner wahren Leidenschaft, der Musik, schließlich abbrach. 1926 verschlug es ihn nach Paris, als zu seiner Komposition Vers la lumiere eine Balletaufführung in der Pariser Oper choreographiert wurde. In den folgenden Jahrzehnten brachte Hossein sich und seine Familie mehr schlecht als recht über die Runden. Der Wendepunkt kam erst als er in den 50er Jahren begann Musik für die Bühnenstücke und Filme seines Sohnes zu schreiben. 1958 inszenierte Robert Hossein (meiner Meinung nach eines der charismatischsten Gesichter des französischen Kinos) mit sich selbst in einer Hauptrolle das stimmige Psychodrama TOI, LE VENIN (Nachts fällt der Schleier), dessen jazzige Musik, insbesondere der "Blues a la nuit" über den Film hinaus in Frankreich hohe Bekanntheit erlangte. Von da an waren die brotlosen Jahre vorbei, Hossein kümmerte sich zwar auch weiterhin um die Produktionen seines Sprösslings, betraute aber auch die Filme anderer Regisseure. Einer davon ist der auf Motiven aus "1001 Nacht" basierende Abenteuerfilm SHEHERAZADE mit Anna Karina und Giuliano Gemma. Prächtig und erhaben mit majestätischen Hörnern beginnt die Titelmusik Générique bevor die Streicher ein schwelgerisch-romantisches, orientalisch anmutendes Thema einführen. Im 4. Track wird das hinreißende "Theme de Renaud" mit Holzbläsern und Harfe erstmals vorgestellt, in dessen eingängiger Melodie eine große Melancholie zum Ausdruck kommt. Wunderbar in seinem klassizistisch-tänzerischen Charakter ist der "Danse de Shéhérazade", dem in "Bataille" ein aufwühlend-packendes Kriegsballett gegenübersteht. Eine phantastische, wunderschön orchestrierte Filmmusik, mit Hingabe und Ideenreichtum kreiert, die sich bei einer Lauflänge von 38 Minuten und klarem Stereo-Klang keinen einzigen Durchhänger leistet. An den Film ist zur Zeit nicht heranzukommen. Das Album entpuppt sich jedoch als funkelndes Juwel, das jedoch, so steht´s zu befürchten, nur von den Wenigsten wahrgenommen werden wird.
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