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Angus Gunn

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  1. DOCTOR FAUSTUS: Leider ist das beeindruckende "Helen´s Theme", meiner Meinung nach eines von Nascimbenes größten Würfen, nirgendwo zu finden, aber immerhin das düstere Hauptthema: LIEBE IN DER STADT: Der Track des "Fellini"-Albums aus dem Segment "Agenzia matrimoniale" (fehlt in der deutschen Synhronfassung):
  2. Zwei Filme aus der kriminalistischen Märchenwelt der swingenden 6oer. DICK SMART 2.007 ist von 1967 und natürlich ein Vertreter des Euro-Spy-Genres, wie sie seinerzeit im Schatten von James Bond wie Pilze aus dem Boden schossen. Lady Lister (Margaret Lee) hat fünf namhafte Nuklear-Wissenschaftler in ihre Gewalt gebracht um mit deren Hilfe Kohle in Diamanten zu verwandeln... oder so ähnlich. Das Album beginnt mit dem MAIN TITLE THEME, einer hübschen Big-Band-Overtüre mit exotischem Flair und "spacigen" Echoeffekten. Leider beläßt es Nascimbene bei diesem einen Thema, das im Folgenden fast jeden Track bestimmt, ob als SHAKE, als bongo-unterstütztes DICK SMART IN ACTION oder als BOSSA PARTY. Ein Schurkenthema gibt es leider nicht, es sei denn das etwas sinister klingende Motiv in Track 2 (DICK SMART INVESTIGATES) soll ein solches sein. Auch unternimmt Nascimbene keine Versuche, den charakteristischen Klang der James-Bond-Scores zu imitieren - oder doch? Wenn überhaupt, dann finden sich die Ähnlichkeiten in den Karibik-Tracks von Monty Norman aus Dr. No. DISCOTHEQUE PARTY unternimmt einen Abstecher in rockigere Gefilde, und zum Abschluß gibt es dann noch das Hauptthema als italienisch gesungener END TITLE SONG. Das macht alles durchaus Spaß, ist aber sicherlich kein großer Wurf des Maestros, dem ich es anrechnen muß, auf jeglichen La-la-la- und Schubiduh-Gesang verzichtet zu haben, der ansonsten in diesem Genre zu der Zeit eigentlich omnipräsent war. SCENT OF MYSTERY ist im Jahre 1960 unter der Schirmherrschaft von Michael Todd jr. (Sohn von "Todd-AO-Michael) entstanden und war der Versuch, das "Smell-O-Vision"-Verfahren zu etablieren, bei dem durch angebrachte Düsen Gerüche in den Kinosaal geleitet wurden, die mit der jeweiligen Handlungssequenz übereinstimmten. Trotz Denholm Elliot, Peter Lorre und Liz Taylor wollte davon aber niemand was wissen, weswegen der Film als Totalflop in der Versenkung verschwand. Das Album ist mit seinen 35 Minuten Laufzeit allerdings eine ganz vergnügliche Sache. Es steht in einer Linie mit ähnlich gelagerten Scores von Komponisten wie Riz Ortolani oder George Duning, die zu der Zeit ebenfalls im Bereich der gehobenen Unterhaltung tätig waren und dabei so elegant-verspielte Werke zustande brachten. Es gibt spanisches Lokalkolorit, das drollige STREET STROLL - MALAGA SHOE SHINE BOY, den relaxten DIANA DORS BLUES, das humorvolle, mit Autohupen angereicherte THE CHASE, quirlige Klarinettenklänge in BUTTERFLY und natürlich das aparte Hauptthema. Bruce Kimmel beschreibt es im Booklet auf diese Weise: "Nascimbene´s Score was just right, capturing the film´s light-hearted quality and it´s picturesque locations. The two big themes, "Scent of Mystery" and "The Chase", have glorious melodies, while the rest of the cues are colorful and fun, none more so than the opening cue that follows the zipping and zooming butterfly into the garden of roses ..." Ganz so überschwenglich würde ich es nun nicht ausdrücken, aber letzten Endes fliessen beide Alben auf ihre Weise angenehm aber auch nicht besonders aufregend durchs Ohr.
  3. @ataraxus Ach du meine Güte! Nein, also bis in den Schlaf verfolgt mich sowas (bis jetzt) noch nicht. Vielleicht war das ja ein Hinweis aus anderen Sphären, wie wir doch noch an das Material herankommen... Von L´AMORE IN CITTA (Liebe in der Stadt, 1953) ist nie ein Soundtrack-Album erschienen. Es existieren lediglich drei Tracks auf dem 3-LP-Set "L´Impronta del Suono", welches sich leider nicht in meinem Besitz befindet. Sowie ein einzelner Track auf dem Doppel-Album "Tutto Fellini" von CAM. Das ist natürlich ein bißchen mager, zumal dieser eine Track bei CAM kaum mehr als ein Stück Hintergrundambiente im Tanzmusikstil der Zeit ist, aber das gibt mir immerhin die Gelegenheit, den wirklich sehenswerten Film hier mal vorzustellen. Bei diesem handelt es sich um ein Episodenfilm, der sich als ein Boulevardmagazin names LO SPETTATORE versteht, gemacht "mit Zelluloid und Objektiv, statt mit Druckerschwärze und Papier". Gedreht mit Laiendarstellern, die ihre eigenen, authentischen Geschichten und Schicksale unter namhaften Regisseuren nachstellen. Dabei liegen große Tragik und reine Lebensfreude dicht beieinander. Mario Nascimbene beginnt den Film mit einer großen, melodramatischen, aber neutralen Overtüre und schlägt von da an ruhigere und intimere Töne an. Die erste Episode ("Käufliche Liebe") von Carlo Lizzani erhält ein bluesiges Thema, das sich in variierender Instrumentierung durch die ganze Folge zieht. "Versuchter Selbstmord" wurde von Antonioni inszeniert und verzichtet (mit Ausnahme zweier kurzer Momente Sourcemusic) völlig auf Musik. Menschen, die vom Weltentaumel in verzweifelte Situationen getrieben wurden und sich mit Suizidgedanken tragen. Interviewausschnitte, verknüpft mit den für Antonioni so typischen, kargen, symbolbeladenen Bildern. Dino Risis "Paradies für 3 Stunden" um das quirlige Leben in einem Tanzlokal ist dagegen weniger bemerkenswert. In der Fellini-Episode betritt ein junger Mann ein großes, heruntergekommenes Wohnhaus, in der Absicht die Seriosität einer Heiratsvermittlungsagentur zu überprüfen. Er geht durch schmuddelige, unpersönliche Gänge, fragt Mieter, die ihm begegnen, aber niemand weiß, wo sich diese Agentur befindet. Ein paar Kinder wollen ihn hinführen, er verliert sie aus den Augen, bis er schließlich, ganz unvermittelt, vor der Tür steht und von einem Herren mit Krawatte hereingebeten wird. Man spürt einen Hauch der surrealen Szenarien, die Fellini in späteren Jahren auf die Leinwand bringen wird. Und genau in dieser Szene befindet sich der Track des "Tutto Fellini"-Albums: Die Musik dringt aus den offenen Türen der Wohnungen durch die heruntergekommenen Flure des monströsen Mietshauses - zumindest im Originalton. Die deutsche Synchronfassung läßt das musikalische Ambiente einfach weg, wie übrigens auch den warmherzigen Streicherscore, der das später stattfindende Rendezvous zwischen dem jungen Mann und einer vermittelten Dame begleitet. "Caterinas Geschichte" berichtet von der jungen Caterina, die arbeitslos und zeitweise auf der Straße lebend, schließlich nicht mehr weiß, wie sie ihr Kind durchbringen soll. Die sehr melodische Musik dieser Episode atmet Schwermut und Melancholie und ist auch in der Synchronfassung erhalten geblieben. Um das Publikum nicht mit diesem Runterzieher zu entlassen, wurde zum Abschluß noch eine lebensbejahende Episode mit dem Titel "Die Italiener drehen sich um" angehängt. Eine flott geschnittene Collage ohne Dialoge von herumspazierenden Frauen und den vielfältigen Reaktionen der männlichen Bevölkerung, bietet Nascimbene die Möglichkeit, die Szenen mit mannigfaltigen, humorvollen Motiven und instrumentalen Schelmereien, die in slapstickhafter Manier miteinander verknüpft werden, zu begleiten. Fast ein wenig zu viel des Guten, aber ein netter Abschluß. Die deutsche DVD bietet den Film im O-Ton, sowie in der synchronsierten Fassung an. Bei der (guten) deutschen Bearbeitung stand man anscheinend, wie so oft, vor dem Problem, keine getrennten Musikspuren zur Verfügung zu haben, was dann zur Folge hat, dass die Musik der Fellini-Episode völlig fehlt. In anderen Episoden tritt dieses Problem weniger in Erscheinung, da dort Musik und Dialog überwiegend getrennt voneinander stattfinden und man so kaum in die Musik einzugreifen gezwungen war. Lobenswert ist auch, dass man nicht versucht hat, Archivmusik zu verwenden, oder Nascimbenes Score gar ganz auszutauschen (was keine Seltenheit gewesen wäre). Ein großer Vorteil der deutschen Fassung ist auch die wesentlich bessere Tonqualität, während die Musik im O-Ton schon stark verzerrt aus den Boxen dringt. Aber egal für welche Fassung man sich entscheidet, ein alleine schon durch die Antonioni-Episode sehenswertes, und in seinem konzeptuellen Ansatz vielleicht sogar einzigartiges Kleinod.
  4. WHEN DINOSAURS RULED THE EARTH & CREATURES THE WORLD FORGOT Nach der von mir noch im Teenager-Alter erworbenen LP ONE MILLION YEARS B.C. (siehe weiter oben), kam ich natürlich um den Soundtrack des vier Jahre später entstandenen WHEN DINOSAURS RULED THE EARTH nicht herum. Schon allein das imposante Covermotiv versprach spektakuläre Dinosaurier-Action, blonde Steinzeit-Amazonen und war ein unwiderstehlicher Blickfang. Sogar derselbe Komponist war wieder mit an Bord, der mich mit seiner Urzeit-Sinfonie zum Vorgänger schon einmal in seinen Bann geschlagen hatte. Und es funkionierte auch ein zweites Mal. Nascimbene kopiert hier aber keineswegs die Musik des Erstlings, sondern wählt einen ganz klassischen, sinfonischen Ansatz und verzichtet fast völlig auf seine zuvor so wirkungsvoll integrierten Klangexperimente. Diese sind im Films sehr wohl zu finden, doch sind sie hier sparsamer und losgelöst vom eigentlichen Score im Film eingesetzt. Der Titelmusik vorangestellt ist das MAIN THEME, das in aller epischer Breite vorgestellt wird. Es beginnt mit solistischen Fanfaren der Hörner, bevor die Streicher und schließlich der gesamte Orchesterapparat das auf einem Vierton-Motiv aufbauende Hauptthema einführen. Es ist jene Tonfolge, die sich durch den gesamten Score zieht und die auch Basis für alle anderen thematischen Entwicklungen sein wird. Im darauffolgenden MAIN TITLE geht es nicht minder epochal zur Sache. Die wortlosen Chorsätze haben hier (im Gegensatz zu ONE MILLION YEARS) einen eher triumphalen Charakter und könnten auch einer monumentalen Bibelverfilmung entsprungen sein. In der Eröffnungsszene wird ein Opferitual von einem kosmischen Ergeignis unterbrochen. In einem Feuerball entsteht ein neues Gestirn am Himmel: Der Mond, was auf Erden eine Springflut auslöst. Im hereinbrechenden Chaos gelingt der blonden Sanna die Flucht. Wäre auch schade um sie gewesen, denn sie wird von Playmate Victoria Vetri verkörpert. Nascimbene vertont diese Sequenz mit furios-mitreißender Aktionsmusik und gönnt dem Hörer im Anschluß eine Verschnaufpause mit dem lieblichen LOVE THEME. PURSUIT hantiert mit vielfältiger Percussion, orchestralen Suspense-Motiven und spitzt sich mit Hörnern und Trompeten höchst wirkungsvoll immer weiter zu. Mit dem prächtig-effektvollen CATACLISM und den biblischen Chören der END TITLES entläßt uns Nascimbene aus seiner Partitur. Ich bin geneigt diese Musik als meinen persönlichen Nascimbene-Favoriten zu bezeichnen, denn sie ist bis zur letzten Note stimmig und wird von "Legend" vorbildlich als orchestrale Suite von etwas über 20 Minuten präsentiert. Diese Konzentration auf das Wesentliche hat sicherlich einen erheblichen Anteil an dem überaus positiven Gesamteindruck, den dieser Score hinterläßt. Sicher, man hätte auch noch viel mehr Musik hinzufügen können, z.B. die Trommeln bei den Ritualen, das slapstickhafte Thema des Dinosaurier-Babys (das ebenfalls auf dem Vierton-Motiv beruht), die horriblen Klanggebilde beim Angriff der Riesenkrabben, diverses Suspense-Material und mehr. ONE MILLION YEARS hat auf über 30 Minuten hervorragend funktioniert, war aber auch thematisch reichhaltiger, DINOSAURS wäre eine Erweiterung mutmaßlich weniger gut bekommen. CREATURES THE WORLD FORGOT ist der dritte im Bunde der Hammer-Urzeit-Epen und wird auf der B-Seite der LP in ähnlich konzentrierter Form (acht Tracks mit einer Gesamtlänge von knapp über 20 Minuten) präsentiert. Der Film ist heute weitaus weniger bekannt als seine beiden Vorläufer, was an einem einzigen Umstand liegt: Um sich weitere teure Tricktechnik zu ersparen, ließ man die Steinzeitler diesesmal ihre Stammesfehden in einer völlig monsterlosen Welt austragen, was zur Folge hatte, dass der Film sang- und klanglos in der Versenkung verschwand und bei uns sogar allen Ernstes unter dem Titel SEX VOR SECHS MILLIONEN JAHREN durch die Lichtspielhäuser geschleift wurde. Die Musik hierzu ist spröder und thematisch weniger eindrucksvoll, aber dennoch nicht ohne Reiz. Das Orchester wurde deutlich entschlackt, der Chor ist völlig verschwunden. Statt dessen setzt Nascimbene auf vielfältige, urwüchsige Percussioneinsätze, mit denen er eigenwillige, rhythmische Strukturen erzeugt. In der Hinsicht ähnelt der MAIN TITLE demjenigen aus I MONGOLI, wo er stilistisch vergleichbar zu Werke geht. LIFE OF A TRIBE ist ein ruhiges Stück mit kargen, melancholischen Zwischentönen. Unter den Actiontracks ist ERUPTION OF THE VOLCANO der wirkungsvollste und wohl auch der Höhepunkt des Scores, der ansonsten mit seinen reduzierten Klangfarben und der weniger eingängigen Melodik das Schlußlicht im Steinzeit-Trio darstellt... Schlußlicht auf hohem Niveau versteht sich! Die CD-Edition von "Legend" enthält beide Alben, ONE MILLION YEARS, sowie DINOSAURS / CREATURES, und kann nur wärmstens empfohlen werden, da alle drei Scores in vorbildlicher Präsentation vorliegen. Der Klang könnte hier und da etwas transparenter und druckvoller sein, aber angesichts der tontechnischen Mängel vieler anderer Nascimbene-Soundtracks, kann man mit dieser CD eigentlich nur zufrieden sein. Abschließend auch hier wieder die Meinung der "Filmharmonischen Blätter", Ausgabe 008 von 1988: "Die beiden Soundtracks zu den Filmen WDRTE und CTWF sind eher in die konservative Musikrichtung einzuordnen, doch symphonisch bombastisch aufgebaut, bieten sie reizvolle Motive von hohem kompositorischem Niveau. Sie sind voller Originalität und lassen sich kaum mit dem Werk eines anderen Komponisten vergleichen. Nascimbene muß man hören und genießen."
  5. Von der legendären TV-Serie mit Peter Cushing existieren nur noch 6 Episoden, von denen Pidax nun die ersten zwei herausgebracht hat. Die weiteren sollen folgen. Da auch der deutsche Ton der Zeit zum Opfer gefallen ist, hat man den Filmen nun mit Hans Georg Panczak (Holmes) und Ekkehardt Belle (Watson) eine wertige neue Synchro spendiert. Tolle Filme, und eine höchst erfreuliche Veröffentlichung. Wer der Komponist der düster-dramtischen Filmmusik ist, konnte ich leider nicht eruieren, da hierzu jegliche Angaben (auch im Abspann selbst) fehlen. Eventuell Archiv-Musik?
  6. Francis Of Assisi & Doctor Faustus "There is some horrible electronic Wagnerian Theme Music, by Mario Nascimbene." - Da kam anscheinend bei der New York Times im Jahre 1968 jemand nicht mit dem experimentellen Ansatz zurecht, den der Maestro auch hier erfolgreich und sehr effektiv in seine Partitur einarbeitete. DOCTOR FAUSTUS basiert auf der Vorlage des britischen Dramatikers Christopher Marlowe, die natürlich ihrerseits eine Abwandlung des Ghoethe-Stoffes ist. Der Film erwies sich als künstlerischer wie kommerzieller Reinfall, doch Mario Nascimbene schrieb hierzu einen außerordentlich faszinierenden Score. Das in düsteren, schicksalsschwangeren Klangfarben gehaltene INTRODUCTORY THEME stellt mit schummrigen Streichern und gespenstischem Chor das Hauptthema vor. Mit APPARITION OF HELEN steht dem eine überirdisch schöne Melodie gegenüber, die aber aufgrund ihrer kargen Instrumentierung (Solo-Sopran: Lucia Vinardi und ab und zu angeschlagene Cembalo-Töne) auch eine große Tristesse verströmt. In HELEN´S THEME wird derselbe Effekt mittels einer Flöte erzielt (Solist: Severino Gazzelloni) dazwischen tummelt sich Zeitgenössisches wie z.B. mehrstimmige Gesänge im Stil der Epoche in MUSIC AT THE COURT. Interessant sind auch die beiden als BALLET und ANOTHER BALLET betitelten Stücke. Während das eine wie ein klassisches, fröhliches Minuet daherkommt, besitzt das andere eine sehr tragisch-elgische Note und läßt jeden tänzerischen Charakter vermissen, den man vielleicht bei diesem Titel erwartet hätte. Ein weiterer, wichtiger Aspekt bei DOCTOR FAUSTUS sind die Mono- und Dialoge. Richard Burtons Stimme, ausdrucksvoll Marlowes Texte deklamierend, wurde insgesamt vier Tracks hinzugefügt. Und das hat, in Kombination mit den düsteren Musikthemen, bei denen Nascimbene an markanten Textpausen dezente, aber wirkungsvolle Akzentuierungen setzt, eine unbestreitbar starke Wirkung. Die gespenstischen Musik-Geräusch-Collagen sind so symbiotisch mit den Dialogen verbunden, dass es tatsächlich fragwürdig ist, ob eine Trennung beider Elemente Sinn gemacht hätte. Doch zumindest das letzte Stück ELEVEN O´CLOCK SOUNDS beinhaltet ein Streicher-Motiv, dass ich auch gerne als autonomen Track auf dem Album gehabt hätte. Zum Finale hin schwingt sich das Orchester in einem letzten finalen Akt zu dramatischer Größe auf. Die Streicher greifen das Hauptthema wieder auf und lassen es erstmals episch erstrahlen, doch die begleitenden, bleischwer verhallenden Schläge setzten dem eine unentrinnbare Tragik entgegen. FRANCIS OF ASSISI ist dagegen ein historisches Drama mit religiösem Hintergrund. Da es sich um eine eher konventionelle Hollywood-Produktion handelt, verpaßt Nascimbene dem Ganzen auch einen entsprechenden Rahmen. Mit Chor und Orchester entspricht der MAIN TITLE ganz und gar den Anforderungen an die großen Historien- und Bibelepen jener Zeit, befindet sich damit aber nicht auf der Höhe eines Miklos Rozsa oder Alfred Newman. Seine Stärken spielt Nascimbene in den folgenden, sparsamer orchestrierten Stücken aus, wie dem gefühlvollen CLARE´S THEME, oder dem beseelten STIGMATA und streut dem Thema entsprechend sakrale Elemente ein. Aber trotz dem einen oder anderen Vorzug, werde ich mit FRANCIS OF ASSISI nicht so recht warm, dazu ist das thematische Material einfach zu schwach und die wirklich überzeugenden Einfälle, die seine Arbeiten sonst so charismatisch machen, zu dünn gesät. DOCTOR FAUSTUS dagegen macht das Album für den Nascimbene-Fan zu einer kaum verzichtbaren Angelegenheit. Klangliche Mängel müssen jedoch in beiden Soundtracks in Kauf genommen werden.
  7. Ich habe den Film mal auf Arte erwischt, das ist aber auch schon ein paar Jahre her. Meiner Erinnerung nach ist es auch so, dass der Score dort eher sparsam Verwendung fand. Das Booklet der CD (das ansonsten wirklich schön aufgemacht ist) schweigt sich ja auch komplett darüber aus, was den Einsatz des Scores im Film angeht. Und ja, es ist alles mal wieder zu lang geraten, aber andererseits finde ich die Aufteilung in Album (das in diesem Fall mit gerade mal 8 Minuten wirklich etwas kurz ist) und Komplettfassung grundsätzlich immer lobenswert. Man kann sich ja immernoch seine eigenen Highlights herauspicken. Aber wieso ist denn die US-DVD nicht empfehlenswert? Ich hatte selber mal überlegt, mir die zuzulegen, da diese auch noch "Estate Violenta", und englische UT dabei hat. Und mit NoShame habe ich eigentlich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Danke für die Deguello-Korrektur. Es taucht in der CD-Trackliste tatsächlich ohne irgendwelche weiteren Angaben auf (und wird am Ende sogar in zwei zusätzlichen Mixen angeboten), da hatte ich automatisch an eine Neueinspielung gedacht. Das Riddle-Arrangement ist mir bekannt, habe es aber lange nicht mehr gehört.
  8. Das klingt ja ernüchternd... Da fragt man sich, was dieser starrköpfige Nachlaßverwalter davon hat, dass er auf dem ganzen Material sitzen bleibt... Aber immerhin schön zu sehen, dass einige Label noch retten, was zu retten ist, wie z.B: Valerio Zurlini ist ein Regisseur, den es noch zu entdecken gilt, ist sein Name doch neben den berühmten Meistern des italienischen Films heute fast völlig in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, denn sein dritter Spielfilm LA RAGAZZA CON LA VALIGIA ist ein wunderbares Kleinod, gleichermaßen künstlerisch ambitioniert, wie auch im Unterhaltungsgenre zu Hause. Erzählt wird die Geschichte des 16-jährigen Lorenzo, der aus reichem Elternhaus stammt und sich in die mittellose Sängerin Aida verliebt - was mir auch passieren würde, denn schließlich wird diese von der hinreißenden Claudia Cardinale dargestellt. Zurlini erzählt die eigentlich tragische Geschichte jedoch mit leichter Hand und verschmitztem Humor, was seinen Film so sympathisch und sehenswert macht. Für die Musik wählte Mario Nascimbene einen ungewöhnlichen Ansatz. Zwei (!) Instrumente bestreiten den kompletten Score, und zwar Gitarre (Mario Gangi) und Cembalo (Bruno Nicolai). Letzteres ist in erster Linie für das einleitende Thema zuständig, das mit einer gewissen Leichtigkeit daherkommt und sowohl von seiner Melodie wie auch durch die Instrumentierung der Barockmusik sehr nahe steht. Thema Nummer Zwei ist ruhig und melancholisch, dabei melodisch einprägsam. Nascimbene läßt seine beiden Themen freilich nicht stur repitieren, sondern spielt mit ihnen, kontrapunktiert und ergänzt das eine Thema durch das andere, läßt seine beiden Solisten wechselseitig mit- und gegeneinander musizieren, variiert Tonhöhen und Tempi, und entwickelt dabei auch kleinere Nebenmotive. In seinem Minimalismus ist das natürlich nicht für jeden etwas. Selbst der passionierte Nascimbene-Fan wird hier kaum etwas von dessen Personalstil erlauschen können. Der Zauber dieser Musik liegt in ihrer Einfachheit und ist in ihrer prosaischen Natur vielleicht dichter an Zurlinis Charakteren dran, als es so manch ein vollorchestrierter Filmscore sein könnte. Eingestreut und auf das Album verteilt sind außerdem ein paar Stücke Source-Music - Mambo, Folklore, Rock´n´Roll, und... das Deguello aus Rio Bravo von Tiomkin! Dieses wurde von Nascimbene ziemlich originalgetreu und mit brillantem Trompetensolo arrangiert (vielleicht waren die Rechte sonst zu teuer?) Es wird im Film von einer Schallplatte abgespielt und begleitet eine Szene, in der der junge Lorenzo Aida auf der Tanzfläche beobachtet. Ihre Blicke treffen sich, doch ihr Tanzpartner hat nur eine verachtende Bemerkung für Lorenzo übrig. Große Emotionen, und die ergreifendste Szene des Filmes. Die CD von Quartet startet mit sechs Tracks, die es zuvor bereits auf einer CAM-CD gab, und die wohl seinerzeit für ein unrealisiertes Vinyl-Album vorgesehen waren. Der komplette Filmscore samt eingestreuter Source-Music schließt sich dem an.
  9. Vor kurzem bei Kronos erschienen: Carlo Rustichellis Score zu einem mehrteiligen TV-Film von 1974 um den italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi (1807 - 1882). Thematisch vielseitiger Score in dezenter Orchestrierung und wunderbaren melodischen Einfällen. Das Titelthema wird im ersten Track in friedlicher, verspielter, folkloristischer Form vorgestellt, interpretiert von Gitarre, Spinett, Flöte und dezentem Streicherhintergrund. Später wird es in nobler, erhabener Form noch das ein oder andere Mal wieder aufgegriffen. Daneben gibt es herrliche Stücke von folkloristisch-tänzerischem Charkter, Düster-dramatisches mit leichtem Morricone-Touch, das westernartige VERSO IL RIO GRANDE und ein gefühlvolles zweites Thema, das in Track 2 (BENTO VA) erstmals vorgestellt wird und das in Track 13 (L´ULTIMA BATTAGLIA) einen besonders tragischen Charakter annimmt. Die CD ist lobenswerterweise in zwei Segmente aufgeteilt. Die Nummern 1-14 präsentieren das alte Vinyl-Album und lassen sich ganz wunderbar durchhören. Danach wird es sperriger, denn mit den Tracks 15-55 (!) folgen die zusätzlichen, auf dem Album fehlenden Stücke, die zu einem erheblichen Teil aus wenig ergiebiger Suspense-Musik bestehen und oftmals eine Länge von unter einer Minute haben. Trotzdem gibt es immer wieder auch in diesem Bonus-Segment kleinere Höhepunkte zu verzeichnen, wie z.B. die mit konzertanten Klavierläufen angereicherten Tracks 26 & 53 oder die düstere Cembalo-Stimmung in Track 37. Es ist Kronos anzurechnen, dass sie das Album in seinem ursprünglichen Schnitt belassen haben, denn es ist absolut hörenswert und der wichtigste Anschaffungsgrund für diese CD. Die übrigen Tracks werden als archivarische Ergänzung natürlich auch gerne mitgenommen.
  10. Danke für die netten Worte, Jungs! Ja, man predigt hier weitgehend vor leeren Bänken, aber es ist ja nicht so, dass ich das widerwillig machen würde. Was Nascimbene angeht, sehe ich da noch einigen Nachholbedarf, nicht nur hier im Forum, sondern auch diskographisch. Es ist zwar schon eine Menge erschienen, das kann man nicht anders sagen, aber viele (auch wichtige) seiner Filmmusiken sind schon seit Ewigkeiten OOP oder liegen nur in schlechter Tonqualität vor. Vielleicht ist das ja ein Grund dafür, warum Nascimbene unverdientermaßen so wenig Interesse entgegengebracht wird. Und natürlich sterben die älteren Sammler-Generationen allmählich aus, und die nachrückenden haben kein Interesse mehr an den alten Filmen und deren Musik, was sehr schade ist und ein ganz neues Phänomen, dass sich meiner Beobachtung nach in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten so entwickelt hat.
  11. ONE MILLION YEARS B.C. Composed and conducted by Mario Nascimbene, heißt es auf der Soundtrack-CD. Music and Special Musical Effects Compsed by Mario Nascimbene, heißt es im Vorspann des Filmes, und das ist ein sehr treffender Credit, denn der Komponist findet hier mehr als genug Gelegenheiten seine experimentellen Klangschöpfungen effektiv anzuwenden. Die Filmmusik-LP von Intermezzo war seinerzeit meine erste bewußte Berührung mit der musikalischen Welt des italienischen Maestros und hat mich nachhaltig beeindruckt, weshalb ich diesen Score heute auch nur mit einer gewissen Verklärung abhandeln kann, worunter die Objektivität möglicherweise etwas leidet. Film wie Album beginnen mit der Cosmic Sequence, einem fulminanten und höchst ungewöhnlichen, knapp 4-minütigen Eröffnungstrack. Im Zeitraffer sehen wohnen wir der Entstehung unseres Planeten bei. Kosmische Gase, die sich verdichten, der Urknall, die Erde, die vorläufig nur aus Feuersbrünsten und Lavaströmen besteht, bis Sintfluten die Oberfläche abkühlen. Bis hierhin begleitet Nascimbene das Geschehen ausschließlich mit einer in seinem Mixerama-Studio aus myriaden von übereinandergeschichteter und verfremdeter Geräusche und Instrumentierungen (teilweise meint man, Harfenklänge herauszuhören) in detaiierter Feinarbeit ausgearbeiteten Klangkulisse. Erst nach zwei Minuten setzen die Vorspanntitel ein und damit auch der konventionellere Teil der Partitur. Über die tosenden Urgewalten legt sich der pompöse Klang von Nascimbenes Hauptthema. Ohne Streicher, dafür mit wuchtigem Blech und eingängiger Melodie, ist es eines seiner gelungensten epischen Themen, gleichermaßen schroff wie kraftvoll. "Eine Welt am frühen Morgen der Zeit. Eine harte, eine trostlose Welt", meint der Chronist zu Beginn, und zu kargen Felsenlandschaften hören wir urzeitlich anmutende Klanggebilde, bevor ein von mir nicht zu idenfizierendes Blasinstrument in allertiefster Tonlage erneut die Titelmelodie anstimmt. Im Film höchst effektiv und auch als Album eindrucksvoll in seiner Fremdartigkeit. Rauhe Sitten herrschen bei den Urmenschen, die musikalisch durch ein höchst ungewöhnliches, zum Teil aus zweckentfremdeten Gegenständen bestehendes Instrumentarium charakterisiert werden. U.a. sind es Steine, die, rhythmisch gegeneinandergeschlagen, eigenwillige thematische Strukturen erzeugen. Als es zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei rivalisierenden Brüdern kommt, stürzt Tumak (John Richardson) vom Felsen. Für tot gehalten und ausgestoßen, muß er sich von nun an alleine durchschlagen. Der Moment, in dem er in eine ihm unbekannte, endlose Steinwüste aufbricht, wird von Nascimbene mit dem ersten kurzen Orchestertutti, samt Chor, kommentiert. Tumaks Reise führt ihn durch gefährliches Terrain. So wird er hinterrücks von einer riesigen Eidechse behelligt, die ihn bis zu einer Höhle verfolgt. Die Bewegungen der Echse unterlegt Nascimbene mit einem monströsen, schleifenden Geräusch, und er ist damit so erfolgreich, dass es mir in Jugendzeiten mächtig Respekt vor dem Urvieh eingeflößt hat. Auf dem Album befinden sich diese Effekte allerdings nicht, was auch wenig Sinn gemacht hätte. Der später im Film auftauchende Muschelstamm macht einen deutlich sympathischeren und fortschrittlicheren Eindruck als die Steinwüstenbewohner und wird mit einem neuen Thema für klassisches Orchester und Chor bedacht. Und erstmals kommt es auch mit Streichern, flauschigen Flöten und ätherischen Frauenstimmen zu pastoralen Momenten. Natürlich verknallt sich die Stammesschönheit Loana (Raquel Welch) ausgerechnet in den Grobklotz Tumak, was zu neuen Konflikten führt. Sie setzen ihre Reise von nun an gemeinsam fort, und es wird zu Konfrontationen beider Stämme kommen, was Nascimbene die Möglichkeit gibt seine Themen und Motive parallel zu führen und miteinander zu verflechten. Dies macht er sehr geschickt und konzentriert sich mit melodischem Einfallsreichtum stets auf die Dramatik der Geschichte und ihre Figuren. Vordergründunge Actionmusik gibt es in dem Sinne nicht, die zahlreichen, von Ray Harryhausen blendend getricksten Dinosaurierangriffe bleiben unmusikalisch. Bernard Herrmann hätte das freilich völlig anders gemacht, und es ist reizvoll sich vorzustellen, wie er wohl diesen Film vertont hätte. Beim finalen Vulkanausbruch schließlich kehrt das Hauptthema in seiner anfänglichen, urwüchsig-wuchtigen Gestalt noch einmal zurück, diesmal von schrillen Tönen begleitet, die zusätzliche Dramatik ins Spiel bringen. Wilde Geräuschcollagen leiten das triumphale Orchesterfinale ein, das in aller epischer Breite und sinfonischer Kraft das Hauptthema und das Thema des Muschelstammes zu einem organischen Ganzen vereint. Ein glorreiches Ende, nicht nur für den Film, sondern auch für das Album, das den Score in filmchronologischer Reigenfolge präsentiert und bedenkenlos empfohlen werden kann. Zum Abschluß noch der Kurzkommentar aus den "Filmharmonischen Blättern" (Ausgabe 7 von 1987), die die LP seinerzeit etwas nüchterner bewerteten: "Auch dieser neueditierte Soundtrack gehört zu den besseren Arbeiten des experimentierfreudigen italienischen Komponisten. Auch wenn die Filme schrecklich anzusehen waren, die Musik ist allemal interessant." Naja, immerhin... Die CD-Edition von Legend enthält außerdem die Soundtracks der beiden artverwandten Hammer-Produktionen "When Dinosaurs Rouled the Earth" und "Creatures the World Forgot", doch dies ist eine andere Geschichte uns soll ein ein anderes Mal erzählt werden...
  12. LA GARCONNIERE erzählt die Geschichte eines Architekten, der seine Frau über einen längeren Zeitraum in einem extra zu diesem Zweck angemieteten Appartement mit einem jungen Fotomodell betrügt. Die Sache fliegt auf, die beiden Ehepartner finden wieder zueinander, doch ihre Beziehung wird nie wieder dieselbe sein. Nascimbene rückt diesem Beziehungsdrama mit einem kleinen, von Gianni Ferrio geleiteten Ensemble zuleibe, bestehend u.a. aus Trompete, Posaune, Flöte, Vibraphon, Orgel, Gitarre (akustisch und elektrisch), Cello, Schlagzeug. Ein ruhiger, jazziger Score, dem durchgehend eine melancholische Stimmung zu eigen ist. Die Bilder des Filmes sind schwarz-weiß, was auch exakt der Atmosphäre der Musik entspricht. Ein Farbfilm wäre hierzu jedenfalls nicht wirklich vorstellbar. Fast die gesamte Musik kreist um ein einziges Hauptthema, dessen häufige Verwendung zwar etwas repitiv ist, aber dank wechselnder Instrumentierung, variierender Stimmungen und eingeflochtener Kontrapunkte durchweg interessant und hörenswert bleibt. Besonders das Cello vermag hier ganz wunderbare Akzente zu setzen. Gelegentlich wird einem Solo-Instrument auch mehr Freiraum eingeräumt. Vor allem die Trompete darf sich auch schonmal aus den vorgegebenen Bahnen lösen und improvisatorisch tätig werden. Und zwischendurch wird in einem feinfühligen Intermezzo von Gitarre und Klarinette, fast unmerklich ein zweites Thema präsentiert.
  13. BAD DAY AT BLACK ROCK - Eigentlich vertont Andre Previn hier fast ausschließlich Spannungsmomente. Das einzige Thema dieser Musik, eine nüchterne, die Beharrlichkeit des von Spencer Tracy gespielten Charakters wiedergebende, recht simple Tonfolge, durchzieht in mannigfaltigen Varianten den gesamten Score. Ausladende Melodien, schwelgerische Romantik oder gar imposante Westernmotivik sucht man hier vergebens. Es gibt kein Schurken-Thema, noch nichtmal eines für die niedliche Anne Francis, der einzigen Frauenfigur des Filmes. Previn bleibt ganz und gar bei der Hauptfigur, eröffnet den Film mit einem reißerisch-packenden Main Title, begleitet Spencer Tracys Außenseitertum unter feindseligen Fremden und geht dabei sehr sparsam zu Werke. Gerade mal 20 Minuten währt der komplette Score, der punktuell geschickt über die Laufzeit verteilt, und gerade deshalb so effektiv ist. Und in dieser Konzentration auf das Wesentliche liegt wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass Previns Musik auf CD trotz der relativ spröden Komposition einen sehr guten Eindruck macht. Es ist schon beeindruckend, welche Professionalität Previn in so jungen Jahren bereits an den Tag gelegt hat. In meinem CD-Player ist sie jedenfalls ein gern gesehener Gast, und der Film selber ist sowieso über alle Zweifel erhaben!
  14. Schöne Beiträge, Max! Philippe Sarde zähle ich zu meinen Lieblingskomponisten, aber LA VIE DEVANT SOI war mir tatsächlich noch unbekannt. Hier noch eine Ergänzung zum Thema: Karl Ernst Sasses 1977 entstandene Musik zum berühmten Stummfilm mit Paul Wegener. Zitat von Sasse aus dem Booklet: "Die dritte Ebene ist die Musik der jüdischen Gemeinde. Hier sind Modi verarbeitet, ebenso wie Motive aus dem Glaubenssatz und dem Lobgesang. Diese begleiten die Geschehnisse in der Synagoge, den Zug durch die Stadt usw..." Die Herausforderung diese jüdischen Motive herauszuhören ist nicht einfach zu meistern, da Sasse sie doch sehr homogen ins sinfonische Ganze einbettet und kaum auf die für diese Musikart typischen Orchestrierungen zurückgreift. Mitunter schwierige Partitur, aber lohnenswert und spannend. Hier ein Auszug:
  15. Gefällt mir. Ist denn SEDDOK generell zu empfehlen?
  16. Aus aktuellem Anlaß möchte ich noch eine Krimimusik dazwischenschieben. Beat Records legt Trovaiolis UNA MAGNUM SPECIAL PER TONY SAITTA wieder auf. War schon zu Vinyl-Zeiten eines meiner liebsten Krimi-Alben, und scheint in der jetzigen Neuauflage unverändert zu sein. Gott sei Dank, kann man da nur sagen, denn das 32-minütige Album läuft wie geschmiert durch und ist hochgradig unterhaltsam anzuhören, ohne einen einzigen überflüssigen Track. Der Film selber ist ein ruppiger Vertreter des Poliziotteschi-Genres mit spektakulären Actionszenen, Giallo-Elementen und DIRTY HARRY als klarem Stil-Vorbild. Armando Trovaioli (der sich anscheinend mal mit "i" und mal mit "j" schreibt) hat dazu einen mitreißenden, jazzig-funkigen Score mit Streichorchester geschrieben, der im Wesentlichen aus zwei Themen besteht. "Louise" ist ruhig und melancholisch, beginnt mit bluesiger Trompete, bevor dann die Streicher übernehmen. Alex-North-Fans könnten bei diesem Thema eventuell ein Deja Vu erleben... Das zweite Thema gehört dem von Stuart Whitman verkörperten Tony Saitta und ist mit sattem Blech, Streichern, funkigem Rhythmus und jazzigem Saxophon ein furioses Beispiel für melodisches Actionscoring. Es bleibt allerdings weitgehend starr und variationsarm. "Louise" bekommt dagegen die interessanten musikalischen Entwicklungen ab. Ihr Thema ist filmbedingt auch direkt mit dem hektischen, von Keyboard-Klängen geprägten Killer-Motiv verknüpft. Wer dem 70er-Jahre-Krimi-Sound zugetan ist, der sollte sich dieses Album nicht entgehen lassen, denn es ist eines der besten seiner Art.
  17. Ich kenne sonst kaum etwas von Eidelman, aber der Main Title von TRIUMPH OF THE SPIRIT ist wirklich grandios!
  18. The Going Up of David Lev. Auch wieder so ein Film, der komplett in der Versenkung verschwunden ist. Tolle Musik, da bin ich ganz deiner Meinung! An manchen Stellen wirft "Masada" hier schon seine Schatten voraus. Simon and the Oaks. Klingt wunderbar und ist mir zugegebenermaßen völlig unbekannt. Das liegt daran, dass ich mich kaum mit aktuellerer Filmmusik beschäftige. Mag etwas engstirnig sein, aber mit Frau Focks könnte man es ja mal versuchen...
  19. Wahrscheinlich der bekannteste Score von Nascimbene, dessen martialische, von tontechnisch manipulierten Hörnern vorgetragene Eröffnungsmelodie "Violences and rapes of the vikings" wohl auch jedem Filmfreund bekannt sein dürfte, der sich sonst nicht näher mit Filmmusik beschäftigt. "Regnar returns" kleidet dasselbe Thema in episch-pastolare Klänge von außerordentlicher Schönheit und Eleganz. Nach dem rauhbeinigen "Drunk Song" gibt es ätherisch-engelsgleiche Frauenstimmen in "Eric is rescued by Odin´s daughters", einem weiteren Höhepunkt des Scores, der auch das wunderschöne Liebesthema einführt, das mich doch sehr an "The Wishing Star" aus Waxmans TARAS BULBA erinnert. Dass Tony Curtis in beiden Filmen zugegen ist (und auch direkt mit dem jeweiligen Thema in Verbindung steht) wird wohl reiner Zufall sein... Es taucht erstmals in Track 3 auf, etwa ab der 4. Minute, oder auch in Track 5 "Eric and Morgana escape / Love Theme". Achtet mal darauf! Bis zum furiosen Chor-Finale gibt es dann noch eine Menge Dramatik und Schlachtengetümmel, von Franco Ferrara gewohnt kompetent geführt. Eine ganz prächtige, melodisch reichhaltige Filmmusik, in der Nascimbene seine Experimentierfreude zu Gunsten einer klassisch ausgearbeiteten Komposition weitgehend im Zaum hält. Der Film selbst enthält Passagen mit Musik des britischen Komponisten Gerard Schurmann, da Nascimbene nach Schurmanns eigener Aussage nicht in der Lage war, die gewünschte Aktionsmusik zu schreiben. Nun, er war halt Italiener und wurde entsprechend musikalisch anders sozialisiert, als seine britischen oder amerikanischen Kollegen, und es spricht eher für ihn, dass er sich stilistisch nicht so ohne weiteres verbiegen ließ, und seinem Personalstil treu blieb, den ich an ihm so schätze. Das wäre zumindest meine bescheidene Meinung dazu. Ein ganz anderes Problem stellt der Soundtrack selber dar. Obwohl mit "newly remastered" beworben, leidet die CD von Legend (und bei anderen Veröffentlichungen wird es wohl ähnlich sein) unter einem sehr uneinheitlichen Klangbild. Da folgen Tracks von sehr ordentlicher Tonqualität auf Tracks, die mit sehr dumpfem und mulmigem Klangbild leider das Hörerlebnis empfindlich stören. Hier bedarf es dringend einer Überarbeitung. Mein Wunsch wäre, dass sich nochmal ein engagiertes Label dieses Scores annimmt und die besten verfügbaren Tonquellen mit den heutigen Mitteln sorgfältig restauriert (was im übrigen auch für "Barabbas" gilt). Ob das möglich ist, weiß ich nicht, aber in der jetzigen Form ist THE VIKINGS jedenfalls leider ein unbefriedigendes Erlebnis.
  20. Aber genau das ist doch der Punkt! Die Musik paßt ganz hervorragend zum Film, der eben dieses archaische, rauhbeinige Völkchen zum Thema hat, und Schauwerte im Sinne antiker, römischer Prachtstädte gibt es hier ja nicht, sondern schräge Maskierungen, holzige Hütten, rohe Kampfszenen und robuste Grausamkeiten. Da ist eine derart unbequeme Musikuntermalung schon naheliegend. Sicher, man hätte auch einen anderen musikalischen Ansatz wählen können, aber so wie Canfora es angegangen ist, war er damit erfolgreich. Was anderes könnte ich nicht behaupten, ohne ihm Unrecht zu tun. Einen Vergleich mit Nascimbene und Fusco zu ziehen, kann man machen, ist aber schon etwas unfair, da die beiden tatsächlich in einer anderen Liga spielen. Aber im Rahmen seiner Möglichkeiten war das schon trefflich musiziert.
  21. Aha, ganz offensichtlich also eine sehr kontroverse CD. Möglicherweise ein Kandidat aus der Kategorie "entweder man mag oder man haßt ihn", aber das war ja vorauszusehen. Gibt´s noch mehr Meinungen dazu?
  22. Diesen hier würde ich gerne noch einwerfen. Bruno Canfora hat es hier mit einem ähnlich kleinen Orchester zu tun wie weiter oben Maestro Giombini, doch geht Canfora meiner Ansicht nach geschickter damit um. Er konzentriert sich auf Percussions, Blech und Holzbläser, alles in hörbar kleiner Besetzung, und die Streicher freuen sich über einen freien Tag. Der Score ist rauh und spröde im positiven Sinne, im Stil der russischen Schule a la Strawinski gehalten, durchzogen von aggressiven Clustern, gewagten Disharmonien und wildem, blechgepanzertem Kampfgetümmel (Track 10!). Selbst friedliche Momente sind mit einem oder zwei Holzbläsern äußerst karg gehalten, von schroffer Urwüchsigkeit und von spätromantischem Pathos weit entfernt. Das instrumentale Arrangement ist so geschickt ausgeführt, dass die begrenzte Besetzung nicht weiter auffällt, sondern, im Gegenteil der unsentimentalen Komposition sogar noch entgegenkommt. Gerade hierzu würden mich andere Meinungen interessieren, da ich mir vorstellen kann, dass diese Musik kontrovers aufgenommen wird.
  23. Gerade erstmals erschienen: Die Musik zur dreiteiligen Joseph-Conrad-Verfilmung von 1979. Nach den Hörbeispielen, die Kronos auf ihrer Seite bereitgestellt haben, war bei mir erstmal Skepsis angesagt. Ich vermutete so etwas wie "Bhovani Junction" von Miklos Rozsa, ein Score der wenig mehr war als exotische Hintergrund-Berieselung. Doch REITTO DELLE ISOLE ist ein anderes Kaliber. Dies zu verdeutlichen ist nicht einfach. Das Ensemble besteht u.a. aus Sitar, Santur (einem Verwandten des Hackbretts) und Tabla und entwirft Stimmungsbilder, die weit über vordergründige Ambiente-Untermalung hinausgehen. Die CD eröffnet mit den rauhen Klängen eines Streichinstruments (möglicherweise eine chinesische Erhu?) fernab von weichgespühlter Konzertsaalakustik. Danach folgt der einsame, traurige Gesang eines Kindes ("Funerale"), dem Nascimbene naturalistische Wassergeräusche unterlegt. Als würde eine Hand mit sanftem Schwung in Wasser eintauchen und wieder hochkommen, wiederholt sich dieser Effekt die gesamten drei Minuten kontinuierlich, so dass daraus ein Art Rhythmus entsteht. Hervorzuheben ist außerdem Track 5 ("Angoscia") in dem Nascimbene mit leisen gezupften Klängen und einer Bambusflöte (letztere Angabe ohne Gewähr) ein hypnotisches Klanggespinst schafft. Unterlegt ist das ganze Stück mit einem durchgehenden, gleichbleibenden Ton, der dem Hörer unterschwellig vermittelt, dass hier nicht alles so harmonisch verläuft, wie es den Anschein hat. Dramatik auf ganz subtile Weise. Die CD endet mit dem 8-minütigen "Notturno", das wiederum sehr unaufdringlich eine fremdartige, mystische Stimmung erzeugt, seine Tonhöhe zum Ende hin kontinuierlich steigert und damit einen eigentümlich-beunruhigenden Unterton erzielt. Eine Musik, auf die man sich einlassen muß, in die man eintauchen kann, die über bloße Folklorismen hinaus dramatische Tiefe erzielt, ohne dabei auf westliche Hörgewohnheiten Rücksicht zu nehmen. Insofern ist sie ein direkter Verwandter von GLI ATTI DEGLI APOSTOLI und im Vergleich zu dem, was man sich im heutigen Mainstream unter ethnischer Musik so vorstellt, eine wahre Frischzellenkur. Allerdings bezweifle ich, dass sie viele Freunde finden wird.
  24. Was soll man da noch sagen? The Sea Hawk ist nicht kritisierbar. Die Gerhardt-Einspielung ist brillant, gar keine Frage, aber mein persönlicher Favorit ist das Kojian-Album. Hängt sicher auch damit zusammen, dass ich damals diese Fassung als erstes kennengelernt habe. Gerhardt fügte hier und da was hinzu, um manchen Stücken noch eine Coda mitzugeben, z.B. bei "Shores of Dover", die in der eigentlichen Filmversion so nicht vorhanden waren. Allein deshalb ist die Gerhardt-Fassung eine unverzichtbare Ergänzung.
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