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Angus Gunn

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Alle Inhalte von Angus Gunn

  1. Danke für den Tipp! Ein jazziger, orchestraler Krimi-Score von De Masi. Dafür bin ich natürlich zu haben. Filippo hatte schonmal in irgendeinem Booklet erwähnt, dass viele Filmmusiken seines Vaters verloren sind, da die Masterbänder damals einfach überspielt wurden um ein paar Lira zu sparen. Aber wie man sieht, kommt es hier und da doch noch zu einem Happy End.
  2. Oh, mein Lieblingsscore von Yared. Da komme ich nicht drumherum, obwohl ich nicht glaube, dass sich da wirklich etwas Essenzielles hinter den neuen Tracks verbirgt. Zumal die Cinefonia-CD ja bereits um 10 Minuten erweitert war.
  3. An Comencinis PINOCCHIO-Verfilmung hatte ich nur noch eine sehr diffuse Kindheits-Erinnerung. Dank der aktuellen Pidax-DVD war ich nun in der Lage mir die 6-teilige Mini-Serie noch einmal anzuschauen, und muss sagen, dass dem Regisseur und seinem Team hier eine ausgesprochen charmante, aber auch eigenwillige Adaption gelungen ist, die sich auch mit erwachsenen Augen angenehm goutieren läßt. Bei aller Märchenhaftigkeit versäumt es Comencini nicht, seinen Zuschauern auch das desolate soziale Umfeld des alten Holzschnitzers Geppetto ausgiebig und in teils naturalistischen Bildern zu präsentieren. Die Geschichte bietet genügend Raum für komische wie auch tragische Ereignisse, und zuweilen fühlt man sich an den skurrilen Humor eines Pasolini erinnert. Die Besetzung von Andrea Balestri in der Titelrolle ist ein Glücksgriff. Nino Manfredi als Geppetto hat sichtlichen Spaß an seiner Rolle, brabbelt zu Hause unablässig vor sich hin, spricht seine Gedanken laut aus und kommentiert jeden seiner Handgriffe. Ein typischer Langzeit-Single also. Lionel Stander ist als zwilichtiger Schausteller hinter monströsem Haupt- und Barthaar kaum zu erkennen. Die beiden hinterhältigen Taugenichtse Fuchs und Kater werden hier von dem in Italien sehr populären Komiker-Duo Franco und Ciccio gegeben. Gina Lollobrigida ist als wunderschöne, blauhaarige Fee Pinocchios moralischer Mentor. Des weiteren tauchen Mario Adorf als polternder Zirkusbesitzer und sogar "Kommissar Trimmel" Walter Richter als rauhbeiniger Fischer auf, der versucht, den in einen Esel verwandelten Pinocchio im Hafen zu ertränken. Fiorenzo Carpis Vorspannmusik fängt auf wunderbar eingängige Weise mit kleiner Solisten-Besetzung den sorglos-naiven, kindlichen Charakter der Titelfigur ein (auf dem Album Track 16 "Lucignolo"). Auch sonst ist der Score sehr sparsam orchestriert, wechselt von ruhig-melancholisch bis fröhlich-optimistisch des öfteren die Stimmung. Fuchs und Kater begehen ihre tölpelhaften Untaten zu einem slapsticknahen Tango-Motiv, während die Fee "Fata Turchina" von magischen Glockenspiel-Klängen umschmeichelt wird. Das ist alles sehr hübsch ausgearbeitet, in seiner volkstümlichen Einfachheit sehr angenehm zu hören und für das Märchen absolut passend. Aber es gibt auch eine andere Seite in dieser Musik. Diese zeigt sich in zwei Tracks, in denen sich das "Geppetto"-Tema plötzlich zu einer aufwühlenden, dramatischen Komposition in voller sinfonischer Besetzung aufschwingt. Im Film sind diese Tracks wirkungsvoll während der Sturmszene eingesetzt, als Pinocchio, der endlich seinen Vater gefunden hat, mitansehen muss, wie dessen Boot im wogenden Meer untergeht. Eine Schlüsselszene, die trotz humorigen Brechungen emotional überzeugt, was zu einem nicht unerheblichen Teil der Musik zuzuschreiben ist. Mit den 18 Tracks des ursprünglichen Albums ist man gut und ausreichend bedient. Die kürzlich zum zweiten Mal aufgelegte CD-Edition von Digitmovies bietet mit drei vollbepackten CDs natürlich jede Menge Film- und TV-Versionen, hält aber auf CD Nummer 3 noch ein paar sehr hübsche Schmankerln parat, wegen derer sich der Erwerb der Edition lohnt. So finden wir dort gleich mehrere alternative Melodien vor, von denen keine im Film vorkommt, die aber anscheinend ursprünglich mal als Hauptthemen zur Auswahl standen. Außerdem jeweils eine Gesangsversion des Geppetto-Themas mit Nino Manfredi und eine von Pinocchios Reise-Thema mit Andrea Balestri.
  4. Großartig! "Fiancee" hat einen richtig schönen, lyrischen Score. Werde ich bei Gelegenheit hier ausführlicher vorstellen.
  5. So, nach etlichen Terminverschiebungen kann die 4. BNO nun vorbestellt werden (vorläufig exklusiv bei jpc) und wird Anfang Dezember ausgeliefert! Carsten Bohn spricht im Zusammenhang mit der VÖ noch von ein paar "Spezialitäten". Bin gespannt...
  6. Klaus Doldinger: FLUG IN DIE HÖLLE 1932: Zusammen mit seinem Co-Piloten startet Hans Bertram mit einem Junkers-Wasserflugzeug von den Sundainseln aus über die Timorsee Richtung Australien. Ziel ist die Küstenstadt Darwin. Doch Nacht und Nebel bringen sie vom Kurs ab, und sie sind gezwungen mit den letzten Kraftstoffreserven an einem verlassenen Strand zu landen. Es beginnt ein Überlebenskampf gegen Wasser- und Nahrungsmangel in den lebensfeindlichen Kimberleys, während an Land eine Suchaktion eingeleitet wird. Doch niemand weiß, wo sich die Vermißten befinden. Eine 6-teilige Mini-Serie, und mal wieder ein Meisterstück allererster Güte. Die Geschichte ist autobiographisch, ausführlich erzählt und enorm spannend umgesetzt. Glänzend besetzt mit Helmut Zierl und Werner Stocker in den Hauptrollen, die ihren Figuren das nötige Maß an Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit geben. Gerade in den letzten Episoden verdichtet sich das Drama zunehmend und hält auch die eine oder andere wirklich unangenehme Szene bereit (Stichwort Zahnschmerzen!) Ganz großes Tennis, von mir die höchste Punktzahl. Die angenehm dahingleitende Titelmusik gab es auf mindestens einer Doldinger-Compilation. Aber der Score hat wesentlich mehr zu bieten. Der Nachtflug der beiden Protagonisten wird mit einer dramatischen, treibenden Variation des Titelthemas unterlegt, und für die späteren Sequenzen in der Wildnis und während der Rettungsaktion greift Doldinger auf exotische Percussions und den Klang des Didgeridoo zurück, die er mit trockenen, unharmonischen Keyboard-Klängen mischt. Auf diese Weise entstehen interessante Klanggebilde für die kargen, todbringenden Landschaften und die ausweglose Situation der Protagonisten.
  7. Diese Aspekte waren aber doch in der Parallelproduktion mit Patrick Bergin und Uma Thurman noch stärker und vor allem glaubwürdiger ausgeprägt. Ist für mich im direkten Vergleich die bessere Verfilmung. Aber nochmal zu dem Costner-Film: Erinnert sich hier noch jemand an die damaligen Kinoaufführungen? Es sind heute oft verärgerte Äußerungen zu lesen, da doch Sean Connery auf den DVD-Covern angekündigt ist, der dann nur einen Cameo-Auftritt am Schluß hat. Dieser Auftritt war bewußt als Überraschung geplant, und Connerys Erscheinen wurde auch in den Werbekampagnen verschwiegen. Ich habe den Film seinerzeit in der ersten Woche im fast vollbesetzten Kino gesehen, und der Effekt war verblüffend. Weder vorher noch nachher habe ich jemals in einer "normalen" Kinovorführung eine derart überschwengliche Reaktion des Publikums miterlebt. Die letzten Dialogsätze hat niemand mehr verstanden, weil alles in lautstarkem Rummel unterging. So etwas wäre heute wohl nicht mehr möglich.
  8. Das ist überhaupt nicht kurios. Mir geht´s nämlich genauso.? Es war zwar nicht meine erste Begegnung mit dem Behüteten - ich glaube, ich kannte damals schon den Errol-Flynn-Robin, und auch die Hörspielfassung von "Europa", aber die Serie mit ihrem mystischen Flair (a la "Excalibur") hatte es mir schon sehr angetan. Damals habe ich mir mit Zeitungen-Austragen das Geld für das Soundtrack-Album "Legend" zusammengekratzt. Nicht nur der Titelsong, auch die übrigen Stücke haben der Serie ihre ganz eigene Atmosphäre gegeben. Meine Lieblingsmusik aus dem Robin-Hood-Kosmos ist heute der Korngold, der stärkste Bezugspunkt ist aber dennoch Clannad.
  9. Ich kann mir schon denken, woher Deine Vorbehalte kommen, denn Carpi ist ja sehr gerne auch in Easy-Listening-Gefilden unterwegs. ? Besonders viel habe ich bisher nicht von ihm, aber mit Deiner Meinung zu CASANOVA gehe ich absolut d´accord. Eine wirklich beseelte Musik im venezianischen Stil der Epoche. Tänzerisch, romantisch und voller Ideen. Die Ausgabe von Point Records war damals meine erste und für viele Jahre auch meine einzige Carpi-Musik. Vor wenigen Jahren gab es ja eine Neuauflage von GDM, die nochmal um 20 Minuten erweitert war. Trotz anfänglicher Skepsis, muß ich sagen, dass diese Erweiterung dem Album in keinster Weise geschadet hat. Im Gegenteil. Es läuft immernoch ohne nennenswerte Schwächen durch, und so herrlich verspielte Tracks wie TEMA BURCHIELLO werden mir auch in der fünften oder sechsten Variante nicht langweilig.
  10. Für einen erweiterten "Airport" wäre ich schon zu begeistern. Das Einzige, was ich auf dem Album stets etwas vermißt habe, ist ein kurzes, aber sehr ergreifendes Musikstück etwa in der Mitte des Filmes. Jenes Stück nämlich, das in der Szene spielt, in der Mrs. Guerriero realisiert, dass ihr Mann mit der Kofferbombe im Flugzeug ist. Ich nehme an, das ist auch genau das Stück, das Stefan gemeint hat, mit dem typischen, elegischen Streichersound. Es hängt jetzt nicht meine Glückseligkeit von einem erweiterten "Airport" ab, aber gerade dieser eine Track hätte das Album sicherlich noch aufgewertet. Aber auch so eine tolle Musik.
  11. Franco Ferrara wird ja wahrscheinlich auch nicht so ohne weiteres zu erreichen sein. Aber ich bin zuversichtlich und natürlich voller Vorfreude auf das Album.
  12. Ich lege Carpi mal als eigenes Thema an, da er hier unverdientermaßen bisher noch kaum Erwähnung gefunden hat. Mit Regisseur Luigi Comencini verband Carpi eine langjährige Zusammenarbeit, zu der auch der 1967 erschienene INCOMPRESO zählt. Die Geschichte vom Vater (Anthony Quayle), der nach dem Tod der Mutter seine Söhne alleine erziehen muß und seine Lebensumstände neu zu sortieren gezwungen ist, wurde in den 80er Jahren unter dem Titel MISUNDERSTOOD ein zweites Mal mit Gene Hackman verfilmt. Dreh- und Angelpunkt der Filmmusik ist das 23. Klavierkonzert von Mozart. Dieser Umstand ist der Vorliebe der verstorbenen Mutter für den großen Komponisten geschuldet. Man bekommt sie nicht zu sehen, aber die Erinnerung an sie ist in Form der Musik latent vorhanden und beeinflußt letzten Endes das Verhältnis zwischen dem Vater und seinen Söhnen über ihren Tod hinaus. Auf diesem poetischen Konzept aufbauend, konzipiert Carpi einen wunderschönen Score, der das Mozartstück leitmotivisch nutzt, zitiert, variiert, und sich aber auch immer wieder gänzlich von ihm löst. Ein Großteil der Musik wird von den Klaviersoli bestritten. Ergänzend kommen in manchen Tracks Spinett, Flöten, Glockenspiel und ein kleines Streicherensemble für die dramatischeren Untertöne hinzu. Zwischen den veträumt-melancholischen Passagen steht ein schnelleres, an Stummfilmbegleitung erinnerndes Klaviermotiv, das die beiden Jungen bei ihren übermütigen Streifzügen durch die Stadt begleitet. Die Titelmusik verhält sich dagegen völlig neutral zum eigentlichen Score. Sie ist mit "Musica vittoriana" überschrieben und ist eine Carpi-Komposition im Stil dieser Epoche, da die Vorspanntitel über Familienportäts aus viktorianischer Zeit gelegt sind. Als letzten Track der CD gibt es zum stilsicheren Abschluß noch eine zeitgenössische Aufnahme des Klavierkonzerts, die wohl auch im Film als diegetische Musik genutzt wird, und die sich bruchlos an Carpis Score anschließt. Für mich eine der erfreulichsten Überraschungen der letzten Zeit und eine absolut hinreißende, Klischees vermeidende Musik. Still, unaufdringlich und von großem Einfühlungsvermögen. Aber natürlich auch wieder eine dieser "Außenseiter"-VÖs, die von vielen nicht beachtet wird.
  13. Das kommt eben immer darauf an, welche Geschichte auf welche Weise erzählt werden soll. Aber ich habe in der Tat eine Vorliebe für solche "echten" Inszenierungen, vor allem wenn es um die 70er / 80er Jahre und auf Alltagssituationen basiernde Geschichten geht. Für "Der Tote bin ich" ist "Der Mieter" eigentlich der naheliegenste Vergleich, und in diesem Film erzielt Polanski ebenfalls diese bodenständige, reale Atmosphäre. Je mehr Identifikationspotenzial mir als Zuschauer angeboten wird, umso interessanter und spannender wirkt der Film. Sind einem die Figuren egal, wird es auch mit der Erzeugung von Spannung schwierig. Auch ein wichtiger Punkt. Persönlich unterscheide ich zwischen zwei Stilrichtungen: Ich hasse die Wackelkamera, jenes absichtliche, permanente Herumschütteln, das mit Handy- oder Kriegsreportagen-Aufnahmen assoziiert werden soll. Aber mit liebe die klug eingesetzte Handkamera, bei der aus der Hand oder von der Schulter gefilmt wird, wobei auf möglichst flüssige Bewegungen geachtet wird. Diese Aufnahmen besitzen einen unperfekten Charakter, da sie immer ein wenig unruhig sind. Das wirkt sehr organisch und in Verbindung mit einem guten Schnitt und durchdachten Schwenks auch sehr dynamisch. Die frühen Derricks sind z.B. so gedreht. Aber natürlich kann man diesen Stil nicht in jedem Sujet verwenden. Der italienische Regisseur Enzo Castellari beherrscht diesen Stil auffallend gut. Sein "Keoma" ist geradezu ein Lehrstück für den stilsicheren und kreativen Umgang mit der Handkamera. Gibt es hier eigentlich politische Aktivisten im Forum? Gerade die derzeitige Lage läßt doch nun wirklich niemanden mehr kalt, sei es nun auf der einen oder auf der anderen Seite. Bei Interesse könnte ich mir auch ein Fädchen zu aktuellen politischen Entwicklungen vorstellen.
  14. Kleiner Exkurs: Es ist schon mehr als bedauerlich, dass sich nun auch in Hessen eine gewisse über Leichen gehende Partei von neurotischen Traumtänzern über ungeahnten Stimmenzuwachs freuen kann. Der angekündigte Rückzug der Raute des Grauens ist da auch nur ein schacher Trost, da es vermutlich nichts am momentanen Kurs ändern wird. Es gibt viele Möglichkeiten wie man mit seinem Frust über solche Zustände umgehen kann. Eine davon ist die gedankliche Ablenkung, die sich bei mir nun in Form weiterer Artikel zu filmmusikalischen Randerscheinungen äußert. Und da es noch eine Vielzahl von interessanten und spannenden Preziosen aus deutscher TV-Geschichte gibt, geht es mit unverminderter Begeisterung für unsere künstlerisch und kulturell so wichtigen Kostbarkeiten aus den vergangenen Tagen der Flimmerkiste tatkräftig weiter. Exkurs Ende. Irmin Schmidt: DER TOTE BIN ICH Der angehende Lehrer Stefan bezieht eine Wohnung in einem kölner Altbau in dem sich schon sehr bald die Merkwürdigkeiten häufen. Offenbar betritt jemand in seiner Abwesenheit seine Wohnung. Er fühlt sich von seinen Nachbar bespitzelt, bekommt Besuch von nicht bestellten Handwerkern, und in einem Brief vom Lehramt wird seine Verfassungstreue angezweifelt. Er überrascht eine junge Frau in der Badewanne, die sich als die unbekannte Untermieterin herausstellt, aber dennoch ist des Rätsels Lösung nicht in Sicht. Komplott oder Verfolgungswahn? Dieses clevere Paranoia-Drama von 1979 punktet vor allem mit seiner guten Besetzung. Marius Müller-Westernhagen ist in der Hauptrolle der glaubwürdige Durchschnittsbürger, und Anne Bennent spielt großartig das so naiv wie burschikos auftretende Mädchen. Ich mag es ja besonders, wenn gerade Filme aus dieser Zeit ein authentisches Flair haben, wenn sie sich "echt" anfühlen. Wie aus dem Leben gegriffen, auf Augenhöhe mit dem Zuschauer, was die Wahl der Schauplätze angeht, wie auch die Darstellung der einfachen Bürger mit all ihren Marotten. Dieses Ziel erreicht DER TOTE BIN ICH mit Leichtigkeit. Das Musikthema von Irmin Schmidt besteht aus jazzigen Saxophonimprovisationen über einer nervösen Rhythmuskulisse, die die permanente Stress-Situation, in der sich der Protagonist befindet, nachvollziehbar macht. Ingfried Hoffmann: AUFFORDERUNG ZUM TANZ Ebenfalls mit Westernhagen in der Hauptrolle kommt diese grandiose Ruhrpott-Komödie daher. Theo ist ein Pechvogel, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, gerät bei einem Pokerspiel an den halbseidenen Jussuf und hat von da an auch dessen zwielichtige Gauner-Clique am Hals. Auch dieser Film besticht durch seine greifbaren Typen und die authentische Milieu-Schilderung. Wenn Theo seinem Job am Güterbahnhof nachgeht, dann wird er auch schonmal in Unterschätzung der Hebelwirkung von der Sackkarre nach oben gestemmt. Und bei sperrigen Gepäckstücken sollte man sich vorher überlegen, wo diese im Waggon zu plazieren sind. AUFFORDERUNG ZUM TANZ hält sich viel mit solch amüsanten aber niemals überzogenen Nebensächlichkeiten auf, trödelt herum, und zieht gerade damit den Zuschauer auf die Seite seiner liebenswert-spleenigen Protagonisten. Großes Kino für den Bildschirm. Ingfried Hoffmanns originelle Musik ist mit Jazzensemble, Maultrommel und Toots Thielemanns Mundharmonika ein Sahnehäubchen auf dem Kuchen. https://vimeo.com/297821256
  15. TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT gilt als einer der prägensten Kriminalfilme Italiens, der dem Genre letzten Endes den Weg geebnet hat. Hierzulande fristet er nach wie vor unter dem Titel STRASSE INS JENSEITS ein Schattendasein auf einer ranzigen VHS-Kassette und seit der letzten (und einzigen?) TV-Ausstrahlung dürften auch schon mindestens 25 Jahre ins Land gegangen sein. Der blendend inszenierte Kriminalreißer zeigt nicht nur Regisseur Enzo G. Castellari auf der Höhe seines Schaffens, auch die Komponisten haben hier eine formidable Arbeit abgeliefert, die in diesem Genre kaum zu toppen ist. Das vom Gitarrenlauf angetriebene LIFE OF A POLICEMAN erzielt auch im Film eine enorme Wirkung wenn es sich mit kreischender Sirene und fiebrig säuselndem Vokal-Ensemble zum frostigen Crescendo aufschwingt. Eine Thema das die dramatischen und tragischen Ereignisse während Bellis Ermittlungsarbeit perfekt einfängt. "Quincy Jones" lautete die Vorgabe ans musikalische Konzept, und das Ergebnis findet sich in Tracks wie IL LIBANESE und GANGSTER STORY die mit repetitiven Rhythmen und simulierten Polizeisirenen u.a. der großartig inszenierten Autoverfolgungsjagd zu Beginn akustisch das Getriebe ölen. TO THE SEA und LA FIGLIA DI BELLI sind verspielt-beschaulichere Varianten des Hauptthemas und sind den Szenen zwischen Belli und seiner kleinen Tochter vorbehalten. Neben dem Score sind noch vier längere Tracks diegetischer Musik zwischendurch eingestreut, die zwar keinerlei herausragende Funktion im Film erfüllen, aber auf angenehme Weise für Abwechslung auf dem Album sorgen. Vor allem das 6-minütige CHICCA ist mit seinem trockenen, bluesigen Klang und der famosen Solisten-Arbeit ein Kleionod, das ich nicht missen möchte. Eines ihrer besten Filmmusik-Alben. Wer dem Krimi-Sound der 70er zugetan ist, sollte hier seine Erfüllung finden.
  16. Hans-Martin Majewski: EIN MANN NAMENS HARRY BRENT / ZEICHEN DER GEWALT In den 60er Jahren zog der Name Francis Durbridge die deutsche Bevölkerung vor die Bildschirme. Produktionen wie DER ANDERE und vor allem DAS HALSTUCH waren Anfang der 60er Jahre enorme Straßenfeger als es diesen Begriff noch gar nicht gab und lebten von der Ensemble-Leistung erstklassiker Schauspieler, die die zum Teil sehr statischen und dialoglastigen Inszenierungen auch heute noch mit Einschränkungen sehenswert machen. EIN MANN NAMENS HARRY BRENT ist von 1968 und deutlich unterhaltsamer inszeniert, da hier die Kameraführung unter dem bewährten Regisseur Peter Beauvais um einiges dynamischer ist und man ein wesentlich filmischeres Konzept verfolgte, während die kammerspielartigen Frühwerke aus heutiger Sicht schon ein wenig Geduld erfordern. Majewski vertonte den 3-Teiler monothematisch im Tango-Takt. Das Thema gibt nicht viele Variationen her, und dies ist auch nicht beabsichtigt. Der stets gleichförmige Rhythmus durchzieht den raffiniert ausgetüftelten Rätsel-Krimi, zielgerichtet und betulich im Tempo, von Anfang bis Ende und verleiht der Handlung eine Stringenz, die kein Abweichen in Nebenschauplätze zuläßt. Das Stück gab es seinerzeit auf einer Single. Auf einem der einschlägigen CD-Sampler ist es bisher meines Wissens nach nicht berücksichtig worden. Ich bin ein großer Fan der 70er-Jahre-Folgen der unverwüstlichen Kultserie DERRICK. Und deshalb muß in diesem Faden auch dieser Serie die Ehre erwiesen werden. Es gab zahlreiche Single-Veröffentlichungen und CD-Sampler, die diese Serie während ihres 24-jährigen Bestehens begleitet haben. Majewski hat in der frühen Phase eine handvoll Derrick-Episoden vertont, darunter auch die zwei Spitzenfolgen TOD AM BAHNGLEIS und NUR AUFREGUNG FÜR ROHN, die beide musikalisch lediglich mit wenigen und für sich genommen unergiebigen Akzenten ausgestattet sind. ZEICHEN DER GEWALT ist da ein anderes Kaliber. Mit Schlagzeug und vorrangig eingesetztem Saxophon entwickelt sich ein packendes, jazziges Krimi-Arrangement mit grimmigem Unterwelt-Kolorit, das in der abschließenden Jagd über die Dächer seinen Höhepunkt findet. Diese Szenen habe ich weitestgehend im ursprünglichen Zustand belassen, und das geht natürlich nicht ohne die damit verbundenen Geräuscheffekte. In anderer Form existiert diese Musik leider nicht.
  17. Höchstens sporadisch. Am Gegenwartskino zieht mich kaum noch etwas an.
  18. Ich muß ja mal eine erschütterndes Geständnis machen: Ich habe noch nie einen Sissi-Film gesehen (mit Ausnahme von Viscontis "Ludwig II"), und von der Existenz dieser Scheibe wußte ich bisher noch garnichts. Aber was da an Hörbeispielen zu finden ist, klingt nicht uninteressant. Das CD-Cover ist allerdings ein Grauen. Wie kann man sich erst bei der Produktion eine solche Mühe geben, und dann das Produkt mit einer solch unglaublichen Entgleisung verunstalten?
  19. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der auch beim Chris angeboten wurde. Aber jetzt ist er tatsächlich dort nicht mehr zu finden. Bei Musicbox ist die erste Charge als ausverkauft markiert, daran wird´s wohl liegen.
  20. Der hat mir auch sehr gefallen. Woody Allen ist schon seit Jahren der einzige Regisseur dessen aktuelle Filme ich mir regelmäßig anschaue, und wenn´s eben geht, dann im Kino. Dort sitzt auch in der Regel ein angenehmes Publikum, das weiß, wie man sich im Kino benehmen sollte.
  21. L´OURS werden die meisten hier wohl kennen. Es ist mit Sicherheit einer seiner bekanntesten, wenn nicht der bekannteste Score von Sarde. Großartige Bilder und eine dramatische Geschichte, die ohne Dialoge und ohne Effekthascherei vermittelt wird - ein Traumprojekt für einen Komponisten. Zeichnet Sarde die Bewegungen der Bären musikalisch nach, dann geschieht dies mit feinem Humor, aber auch in aller Würde und mit aller gebotenen Ehrfurcht. Und ich habe mich natürlich gefragt: Lohnt sich die Anschaffung des neuen Albums von Musicbox Records? Trotz anfänglicher Skepsis lautet die Antwort: Unbedingt! Zum einen bekommen wir hier natürlich endlich ein ordentliches Booklet, zum anderen ist die Musik nun nicht mehr in zwei namenlose, lange Suiten aufgeteilt, sondern liegt in 15 einzeln betitelten Tracks vor. Aber abgesehen von der besseren Übersichtlichkeit ist das Zusatzmaterial der eigentliche Grund, der diese VÖ so wertvoll macht. Es handelt sich um 6 Stücke, die mit hochkarätiger Solistenbesetzung (ohne Orchester) zur Zeit der Filmproduktion mit eingespielt wurden. Mit Cello, Gitarre, Violine und Flöte zaubert Sarde ganz hinreißende Arrangements des Tschaikowsky-Hauptthemas, mal verträumt, mal als Menuett. Zu welchem Zweck er diese Stücke damals eingespielt hat, darüber kann ich nur spekulieren. In den Film hätten sie stilistisch nicht reingepaßt. Vermutlich einfach aus Freude an der Musik. Und an dieser Freude dürfen wir nun 30 Jahre später auch teilhaben. Es lohnt sich.
  22. Dito. Auch ein liebevoll gestaltetes Booklet ist für mich ein starkes Argument für die CD. Meine Sammlung ist nicht etwa Platzverschwendung sondern Teil der Wohnungseinrichtung, um die es mir zu schade wäre, sie in Schubladen verschwinden zu lassen. Die Schallplattensammlung wird nur noch in Ausnahmefällen ergänzt, etwa durch den Erwerb alter Hörspielplatten (wer die ersten 30 Folgen der "drei Fragezeichen" auf Vinyl zusammenbekommen will, muß richtig tief in die Tasche greifen). Vinyl-LPs sind aber auch nach wie vor das beste Medium, wenn es darum geht, sich einen Tonträger vom Künstler signieren zu lassen. Würde ich nur noch streamen oder downloaden (wo ist da eigentlich der Unterschied?) hätte ich neulich in Berlin die De-Angelis-Brüder auf einer mobilen Festplatte unterzeichnen lassen müssen.
  23. Mit der "angeschrägten Jazz-Kriminalfilmmusik" würde ich im Fall vom HEXER zustimmen. LYDIA ist aber doch sehr eingängig und in meinen Ohren keineswegs schräg. Dieses Stück wird ja im Film immerwieder eingesetzt und gibt dem eigentlich sehr dramatischen Geschehen etwas Spielerisches. Schwer zu beschreiben, aber es funktioniert auf seine Weise großartig. Nur weil ich Wilhelm im Großen und Ganzen bevorzuge, heißt das ja nicht, dass ich Vorbehalte gegen Majewski habe. Gut, ich finde sein Musikkonzept bei der "Brücke" etwas überschätzt, das "fliegende Klassenzimmer" auf der CD mitunter etwas nervig, und im Allgemeinen hätte ich bei Majewski mehr zu kritisieren als bei Wilhelm, aber das wäre freilich herummäkeln auf hohem Niveau. Die "Schachnovelle" hatte ich ja selber schon über den grünen Klee gelobt und auch viele andere seiner Werke sind mir lieb und teuer. Also beides tolle Komponisten, aber einer muß halt der Favorit sein.
  24. Eugen Thomass: DER HEXER / LYDIA MUSS STERBEN Rainer Erler ist sicherlich einer der wichtigsten und innovativsten Filmemacher der deutschen TV-Geschichte. In seiner über drei Jahrzehnte andauernden Schaffensphase wurde er bei fast allen seinen Projekten von Komponist Eugen Thomass begleitet. Erlers Umgang mit Filmmusik folgte meist nicht den gewohnten Genreregeln. So beginnt die berühmte 5-teilige SF-Reihe DAS BLAUE PALAIS mit einer barocken und mit elektronischen Klängen ergänzten Overtüre. In OPERATION GANYMED begleitet mit beißendem Zynismus ein heroischer Parademarsch die vergessenen Astronauten bei ihrem verhängnisvollen Gang durch die Wüste. Trotz der Popularität hat es nie eine Tonträger-Zusammenstellung zu Erlers Filmen gegeben . Ja, noch nichtmal ein einziges Musikstück scheint jemals autonom veröffentlicht worden zu sein. Dabei hätte sich zumindest das Titelthema aus DAS BLAUE PALAIS oder der Titelsong seines berühmtesten Filmes FLEISCH (How much is anyone worth?) für eine zeitgenössische Vinylpressung geradezu angeboten. Eines von Erlers Frühwerken ist eine Fernsehadaption von Edgar Wallace´ DER HEXER, die von ihrer schrulligen Atmosphäre lebt und sich enger an die Buchvorlage hält, als es der Kinofilm tat. Ein eher ungewohntes Sujet für den Regisseur, und von Thomass gab´s dementsprechend auch eine eher konventionelle Musikbegleitung, die die skurrilen Ereignisse augenzwinkernd kommentiert. Bei LYDIA MUSS STERBEN kommt dagegen Erlers Neigung zum Tragen, Genrekonventionen gegen den Strich zu bürsten. Nach einem mißglückten Giftanschlag auf Lydia stirbt die falsche Person, und eine Unschuldige steht unter Mordverdacht. Anwalt Lindley, der Täter, versucht dem Gericht seine eigene Schuld zu beweisen, doch das Alibi, das er sich für die Tatzeit beschafft hat, ist bombensicher. Die Musik dieses cleveren Krimis besteht zur Gänze aus einem relaxten, eingängigen Klavier-Jazz-Thema, das zwischendurch immer wieder mal eingespielt wird und jegliche dramatische Entwicklung ignoriert.
  25. Ich hätte da noch eine Frage an die Mannen von Alhambra: War´s das nun endgültig mit Majewski und Wilhelm, oder könnte da theoretisch noch mehr kommen? Es geht mir dabei speziell um "Die fünfte jahreszeit", eine Mini-Serie, die ich sehr mag und die auch eine tolle Musik hat. Hatte ich im Straßenfeger-Faden schonmal vorgestellt. Aber auch Majewski hat im TV ein paar sehr ordentliche Sachen gemacht. Spontan fällt mir dazu die Derrick-Folge "Zeichen der Gewalt" ein. Richtig coole Krimimusik mit kleinem Ensemble.
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