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Soundtrack Board

Angus Gunn

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Alle Inhalte von Angus Gunn

  1. Die Western der DEFA sind in der Regel naturalistischer und künstlerisch ambionierter gestaltet als unsere trivialen, westdeutschen Karl-May-Verfilmungen und einige von ihnen kommen der Wahrheit wahrscheinlich näher als es selbst die allermeisten US-Western jemals gewesen sind. In rund 20 Jahren Produktionsgeschichte hat sich freilich auch eine Menge Filmmusik angesammelt, die auf den drei "Wigwam"-Samplern von "Cinesoundz" / "All Score Media" vereint sind. Sämtliche 16 Filme aus den Jahren 1966 bis 1985 sind in mehr oder weniger großzügigen Auschnitten berücksichtigt worden. Dabei fängt die Nummer 1 des CD-Trios erstmal ernüchternd an, denn sie wird von einer Reihe von schlagerseligen Liedern eröffnet, die, z.T. von Gojko Mitic gesungen, außerhalb des Filmkontextes natürlich damals zu Promotionzwecken aufgenommen worden waren. Schwamm drüber. Danach folgen mit DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN und CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (letzterer nach James F. Coopers "Wildtöter") die Partituren von Wilhelm Neef zu den ersten beiden Filmen dieses Subgenres. Klassische Westernscores, sinfonisch eher nach amerikanischen Vorbildern ausgerichtet, wobei gerade die SÖHNE auch Abstecher in jazzige Gefilde unternehmen, die Ähnlichkeiten zu Raimund Rosenbergers "Kurdistan"-Musiken haben. CHINGACHGOOK ist alles in allem traditioneller gehalten und teils sehr dramatisch. Hat die erste CD noch ihre Schwächen, bieten die beiden Nachfolger exzellente Western-Soundtracks in beeindruckender Originalität und stilistischer Vielfalt. SPUR DES FALKEN und WEISSE WÖLFE von Karl-Ernst Sasse sind absolut mitreißend und haben Elmer Bernstein als klares Stilvorbild. DER SCOUT und PRÄRIEJÄGER IN MEXIKO, ebenfalls von Sasse, sind dagegen mehr der europäischen Tradition verpflichtet. Besonders das von Hörnern getragene, vorwärtstreibende Hauptthema des letzteren ist phantastisch und dürfte sich noch lange im Ohr festsetzen. Dazwischen sorgen immerwieder fremdartige, mystische Flöten- oder Okarina(?)-Klänge für Verschnaufpausen. OSCEOLA von Wilhelm Neef ist ebenfalls mit einer sehr unterhaltsamen Suite vertreten und beginnt mit Trompetenklängen, die sehr stark an Hans Poseggas LOCKRUF DES GOLDES erinnern. In BLUTSBRÜDER übt sich Sasse in reduzierter Instrumentierung und schafft mit einem kleinen Ensemble u.a. aus Mundharmonika, Maultrommel, Gitarre und Percussions eine zurückhaltende, interessante Musik, die mit ihrem rocklastigen Titelthema mehr dem Italo-Western verpflichtet ist. Der Film verfügt außerdem über den großartigen Titelsong "Love Your Brother", geschrieben und gesungen von Hauptdarsteller Dean Reed. Eine mitreißende, balladeske Nummer, die auf CD 1 auch in der Single-Version vorliegt. Sehr ungewöhnlich und im Western-Kontext vielleicht sogar einzigartig ist Günther Fischers TECUMSEH, dessen Titelmusik mit Flöten und Frauenstimmen eine ganz eigentümliche, hypnotische Wirkung erzielt. Auch die übrigen Tracks folgen mit Percussions, Wah-Wah-Gitarren und gelegentlichen Einsätzen eines Streichorchesters den Idiomen der Rockmusik. Eine völlig eigenständige Filmmusik, die sich im Genre auf Nichts und Niemanden zurückführen läßt und dabei hochinteressant und faszinierend anzuhören ist. Ebenfalls originell orchestriert, aber etwas traditioneller und mit gelegentlichen Abstechern ins burlesk-komikhafte erfreut Hans-Dieter Hosallas APACHEN in einer längeren Suite. BLAUVOGEL stattet Peter Rabenalt mit sphärischen, teils synthetischen Klängen aus, die im Film eine ähnliche Wirkung erzielen, wie die Popol-Vuh-Musiken in den Herzog-Filmen. Mit den minimalistischen, melancholischen und sehr eingängigen Bluesläufen von Jürgen Kehrt verabschiedet sich das Genre 1985 mit ATKINS von den Leinwänden. Wunderbare CDs in vorbildlicher Zusammenstellung. Enorm unterhaltsam und für Western-Fans sowieso unverzichtbar.
  2. Kinderbuchautorin gefangen zwischen Illusion und Realität. Mit den Filmen von Altman habe ich seit jeher so meine Probleme und auch diesen hier fand ich bisweilen etwas dröge, aber gerade in den letzten 20 Minuten auch faszinierend und packend mit konsequentem Ausklang und stimmungsvollen Landschaftsaufnahmen. Der Musik von John Williams (die die meisten hier sicherlich kennen werden) hat "Spiegelbilder" viel zu verdanken.
  3. Eine gleichwertige Alternative gibt es, zumindest für mich, nicht. Bei "Cinemusic" habe ich mich vor Jahren mal umgesehen als das Forum dort noch frei zugänglich war, und hatte den Eindruck einer doch recht überheblichen, elitären Community. Aber vielleicht hat sich das inzwischen geändert? Gegen FB habe ich grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings scheint die dortige Interessengemeinschaft nur den kurzlebigen Smalltalk zu bedienen ohne irgendwelche archivarischen Strukturen. Wer, so wie ich, sich nur ab und zu mal meldet und dann gerne ausführlichere Texte schreibt und Soundtracks vorstellt die sonst völlig übergangen werden, wird mit FB kaum glücklich werden. In den amerikanischen Foren bei FSM und Intrada tummeln sich für meinen Geschmack zu viele Extremfälle. Das Hobby Filmmusik ist ja schön und gut, aber gerade bei den Amis habe ich den Eindruck, dass es dort schon verdächtig in pathologische Gefilde geht. Nix für mich, zumal ich auch Schwierigkeiten hätte, längere Texte in englisch zu verfassen, ohne dass sie für die englischen Muttersprachler holprig zu lesen wären. Ergo bleibt nur das Soundtrack-Board. Hier gibt es angenehme User, ein wohltemperiertes Diskussionsklima, und ich hoffe sehr, dass man noch zu einer Lösung findet. Falls nicht, und falls Ende des Jahres tatsächlich Schluß sein sollte, werde ich mich wohl oder übel mal bei "Cinemusic" anmelden und vielleicht mit dem einen oder anderen meiner bisherigen Texte nach dort umziehen. Aber soweit sind wir noch nicht...
  4. Formidabler, extravaganter Score von Pino Donaggio zu einem vergessenen Film mit Nicole Garcia, Milva (!) und Heinz Bennent. Dass er überhaupt mal im deutschen Fernsehen lief (und zwar 1989 als "Straße der Spiegel") habe ich erst durch Nachforschungen in den "TV-Foren" herausfinden können. Den Inhaltsangaben nach ein giallo-ähnliches Kriminaldrama mit ungewöhnlicher Rollenverteilung. Die Musik ist eine der interessantesten und schönsten, die ich von Donaggio bisher gehört habe. Im Zentrum der Komposition stehen zwei Instrumente: Klavier und Harfe. Jedes steht für einen der beiden weiblichen Hauptcharaktere im Film. Donaggio läßt beide mit- und gegeneinander agieren, mal einschmeichelnd melancholisch, mal harscher im Tonfall. Es ist (im übertragenen Sinne) "Dialog-Musik", mit der Funktion das Unausgesprochene zwischen den beiden auf der musikalischen Ebene wiederzugeben. Da ist kein Ton zuviel, jede Note mit Bedacht gesetzt. Viel besser kann es natürlich der Meister selber beschreiben, daher zitiere ich hier mal aus dem Booklet: It could be defined as a minimalist score, but of a very different minimalism from that of La Monte Young or Philip Glass. Rather than relying on the concept of obsessive repetition with occasional static variations, it relies on the use of a few tools aimed at obtaining the rarefaction effect I wanted to convey. So it becomes a dialogue between piano and harp that identifies with the relationship between the two protagonists of the film, arriving, in some scenes, to give voice to their thoughts. It is the same logic of approach I used for the museum scene in Dressed To Kill. Um diese beiden zentralen Instrumente herum tummeln sich nur wenige zusätzliche Klänge, und nur zweimal (bei "Riflessioni" und "Concerto al parco") kommt ein größeres Ensemble zu Einsatz. Kunstvolle Filmmusik von einem Meister der düster-romantischen Klänge.
  5. Nachdem ich nun alle drei CDs durchgehört habe, kann ich sagen, dass meine anfängliche Skepsis völlig unbegründet war. Dem Wunsch zahlreicher Fans nachkommend, hat man sich bei Quartet-Records um die musikalische Hinterlassenschaft des spanischen Horrorkinos der 60er/70er Jahre gekümmert. Da diese Aufnahmen in ihrem Heimatland sehr stiefmütterlich behandelt wurden, muß ein Großteil heute als verloren betrachtet werden, darunter auch die begehrten Kompositionen von Anton Garcia Abril zu den "Blind Dead"-Filmen. Es wurde also zusammengekratzt, was überhaupt noch aufzutreiben war. Herausgekommen ist dabei ein CD-Trio von immensem Unterhaltungswert. EL ESPANTO SURGE DE LA TUMBA (Blutmesse für den Teufel) ist wahrscheinlich von den sechs Filmen der bekannteste. Den schummrigen Orgel-Score mit Percussioneffekten könnte man sich gut als Begleitung eines expressionistischen Stummfilms a la "Dr. Caligari" vorstellen. Schräg und nur bedingt zu empfehlen. Im Anschluß daran erklingen fünf Tracks von Alfonso Santisteban aus dem agatha-christie-inspirierten Giallo EL ASESINO ESTA ENTRE LOS TRECE. Eingängige, jazzig-melodische Themen im typischen Stil der 70er aus denen das packende "La Fuga" herausragt. Ebenfalls von Santisteban stammen die beiden Scores der nächsten CD. ASESINO DE MUNECAS deckt eine breite Palette musikalischer Ausdrucksformen ab. Großartig und mit orchestraler Wucht beginnt das Titelthema, das sich mit Schlagzeug und Wah-Wah-Gitarren beinahe wie ein zeitgenössisches Rockmusical ausnimmt. Phantastisch auch das folgende "Los traumas del asesino", in dem das Titelthema mit Cembalo und entrücktem Chor variiert wird. Interessante Suspense-Tracks und Zeitgenössisches runden das Bild ab. Der zweite Titel NECROPHAGOS ist sehr viel sparsamer orchestriert, kreiert mit seinem kleinen Ensemble eine psychedelische, einlullende Atmophäre, streut aber immer wieder geschickt melodisches Material ein. Dritter Tonträger im Bunde ist dem Komponisten Fernando Garcia Morcillo gewidmet. LA NOCHE DE LOS BRUJOS ist bei uns als "Woodoo - Orgie des Grauens" auf DVD erschienen. Dschungeltrommeln geben hier den Ton an, dazwischen zeittypische Bossa-Rhythmen und samtige Frauenvocalise, wiederum im Stil der Giallo-Filme. Ein Okkultismus-Drama namens EL MONTE DE LAS BRUJAS ist nicht nur die Nummer zwei auf dem Album, sondern darf auch mit Fug und Recht als das Highlight des Sechserpacks bezeichnet werden. Im Zentrum steht ein melancholisches, wunderschönes Thema, das auf dem "Dies Irae" beruht und im Titeltrack als Orchesterarrangement mit glasklarem Trompetensolo präsentiert wird. Danach deklariert ein infernalischer A-capella-Chor seine Texte zum Teil in englischer Sprache, was ich bei dem starken Akzent der beteiligten Sänger erst garnicht gemerkt habe. "Dreams of Darkness" und "Give me your command" sind zwei der Brocken, die ich glaube verifizieren zu können. Ein unglaublicher Track, der nur noch von der wahrlich furiosen Orchesterfassung getoppt wird, bei der wirklich alles aus ist. Dagegen verblaßt selbst Keith Emersons "Mater Tenebrarum" aus INFERNO, wobei hier stilistische Vergleiche durchaus naheliegen. Ein außergewöhnlicher, ambitionierter Score bei dem sich instrumentale und gesungene Tracks zahlenmäßig in etwa die Waage halten. Die Booklets sind wie gewohnt ansprechend gestaltet, beinhalten Texte zu Filmen und Musik, und auch die kaum bekannten Komponisten werden hier mal vorgestellt. Es gibt hier viel zu entdecken.
  6. Alfi Kabiljo - BANOVIC STRAHINJA / THE FALCON / DER FALKE Die Titelmusik über den Vorspann-Credits war es, die mich vor etwa 25 Jahren mächtig beeindruckt hat. Sie stammt aus der Feder von Alfi Kabiljo, jenem geheimnisvollen Komponisten, der sich mit dem Vinyl-Album "Sky Bandits" dem westlichen Filmmusikfan als virtuoser Schöpfer sinfonischer Abenteuermusik empfahl und danach auf Nimmerwiedersehen von der Bildfläche verschwand. Heute, im Zeitalter der unbegrenzten Information per Mausklick, ist die Identität des Herrn natürlich längst gelüftet. Das alte VHS-Tape von DER FALKE war damals meine erste Begegnung mit dem renommierten, serbischen Komponisten, und ich hätte im Leben nicht geglaubt von dieser jugoslawischen Produktion einmal ein Soundtrack-Album in den Händen zu halten. Umso größer war die Überraschung als Kronos Records letztes Jahr genau diese Musik ankündigte. Die Titelmusik ist freilich die Hauptattraktion des Albums. Mächtige Glockenschläge und tiefe Chöre leiten eine prachtvolle Overtüre ein - aufwühlend und pathetisch, mit Streichern und wortloser, weiblicher Gesangsstimme. Ein ergreifendes Thema, das sich ganz auf Augenhöhe des von Franco Nero gespielten Protagonisten bewegt und sich dabei auch perfekt in das mittelalterliche Szenario einfügt. Kabiljo ist aber nicht an einem aktionsreichen Abenteurscore interessiert. Er entwirft Stimmungsbilder mit begrenztem Instrumentarium und greift nur ab und zu auf das ganze Orchester zurück. Selbst ein DUEL wird in seinen Händen zu einem schwer dahingrummelnden, düsteren Requiem. Neben den sakralen Chören sind es vor allem die für die türkischen Antagonisten stehenden orientalischen Folklorismen, die einen großen Teil des Albums ausmachen. Große, aussdrucksstarke Filmmusik. Schön wäre auch mal eine sorgfältige DVD-Edition des Films, denn der ist wirklich sehenswert.
  7. Die klingt deswegen nicht kindisch, weil der Film einfach kaum kindliche Zugeständnisse hat. Der Dialog mit dem Tod am Schluß... als hätte Ingmar Bergmann in seiner düstersten Phase einen Märchenstoff verfilmt. Absolut genial und eine unbedingte Empfehlung für alle, die sonst bei Märchenfilmen die Nase rümpfen. Und das gilt auch für "Jorinde und Joringel" vom gleichen Team. Hier hat man sich wirklich was getraut und sich komplett aus dem Kinderfilm-Korsett befreit. Danke, Oliver, für die Erinnerung!
  8. GÜNTHER HAUK: Wer reißt denn gleich vor´m Teufel aus (Titelthema & Teufels Ehehölle)
  9. Habe ich zuletzt vor rund 25 Jahren im TV gesehen und mir nun mal die DVD besorgt. Die 90er-Jahre-Verfilmung mit Anthony Quinn hat ihre Schwächen. Bei einer so berühmten Vorlage ist es eine heikle Sache, eigenmächtige Änderungen vorzunehmen, besonders dann, wenn diese nirgendwo hinführen und eigentlich nur im Weg stehen. Mit Quinn ist den Produzenten natürlich ein Besetzungscoup gelungen, und auch die deutsche Fassung glänzt hier mit der Verpflichtung von Franz-Josef Steffens in der Titelrolle. Steffens war ein überaus markanter Sprecher, der vor allem der Kassettenkinder-Generation ein Begriff sein dürfte. So ist "Der alte Mann und das Meer" letzten Endes doch eine sehenswerte, unterhaltsame Neuverfilmung geworden. An die Atmosphäre, Größe und dramatische Wucht des John-Sturges-Klassikers reicht sie aber in keinem Moment heran.
  10. Bei dem guten Ruf den die Märchenproduktionen der DEFA-Studios weltweit genießen ist es schon verwunderlich, dass dieser hübsche Sampler aus dem Hause CINESOUNDZ bisher ein Unikat geblieben ist. Denn meines Wissens nach hate es weder vor- noch nachher einen vergleichbaren Versuch gegeben das musikalische Erbe der babelsberger Fabelwelten diskographisch aufzuarbeiten. Auszüge aus 22 Filmen tummeln sich auf dieser Scheibe, die insgesamt 19 Komponisten auf großzügigen 74 Minuten vereint. Die ausgewählten Musikstücke sind keiner Chronologie verpflichtet und sind auch nicht nach Filmen sortiert, sondern folgen einer Zusammenstellung, die ein optimales, in sich geschlossenes Hörerlebnis anstrebt. Eingestreut sind kurze, markante Monologe, wie z.B. das bekannte "heute back ich, morgen brau ich..." aus der Rumpelstilzchen-Verfilmung DAS ZAUBERMÄNNCHEN. Bei MÄRCHENLAND handelt es sich also mehr um ein Konzeptalbum als um ein archivarisch sortiertes Arrangement. Und als solches funktioniert es auch wirklich gut, die Stücke selber stammen offenbar allesamt von vernüftigen Quellen (zumindest wurden keine Filmton-Aufnahmen dazwischengemogelt). Die Produktionsdaten der Filmen umfassen einen Zeitraum von 1956 bis 1991. Entsprechend abwechslungsreich und stilistisch durchwachsen ist das Album ausgefallen, aber es ist angenehm und kurzweilig anzuhören, auch wenn ich selber auf manch ein süßliches Liedchen durchaus hätte verzichten können. Im Folgenden möchte ich ein paar Musik-Beispiele herausgreifen. Das Titelthema von KÖNIG DROSSELBART ist wunderbar-eingängige sinfonische Abenteuermusik, die auch aus einer Musketier-Verfilmung stammen könnte. Ähnlich angelegt, aber verspielter und operettenhafter ist DAS SINGENDE KLINGENDE BÄUMCHEN, dessen Titelthema auf knapp 4 Minuten mehrmals die Stimmung wechselt. Einer der schönsten Tracks ist Günther Fischers Titelmusik vom BÄRENHÄUTER, einem sehr melancholischen Carillon-Spiel mit synthetischem Beiwerk, das im Film während der Vorspannsequenz sogar im Bild von einem namenlosen Musiker gespielt wird (nicht ganz synchron, aber trotzdem eine nette Idee). In den 70er Jahren hinterließen Folk und Jazz auch ihre Spuren im Märchengenre. Hier ist vor allem das kurze, aber feine SECHSE KOMMEN DURCH DIE WELT zu nennen, das erst ein volkstümliches Flötenthema mit entspanntem Beatrhythmus unterlegt und dann zu einem an Italo-Western erinnernden Trompetenmotiv übergeht. Ernste und spannende Orchesterklänge bietet das Intro vom EISENHANS, dem zwar auch der Erzählertext hinzugemischt wurde, was aber im Rahmen der Edition eigentlich kaum stört. Voller schöner Einfälle steckt auch WER REIßT DENN GLEICH VORM TEUFEL AUS, wo von tänzerisch-elegant zu dramatisch-perkussiv hin- und hergeschwenkt wird. Außerdem finden sich die essenziellen Teile von Karel Svobodas unverwüstlichem Klassiker DREI HASELNÜSSE FÜR ASCHENBRÖDEL auf der Scheibe. Eher negativ fällt auf, dass die eigentlich sehr gute Titelmusik von Joachim Werzlau zu DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN hier um etwa die Hälfte gekürzt wurde (vom selben Komponisten hätte ich übrigens auch gerne die aufbrausenden Orchesterfurien vom TEUFEL VOM MÜHLENBERG mit an Bord gehabt) Es gibt jedoch nicht nur Instrumentales zu hören, dazwischen tummeln sich selbstverständlich auch einige gesungene Lieder, die von sämig-kitschig bis fröhlich-heiter reichen. So ist z.B. FRAU HOLLE gleich mit zweien vertreten, dem kindertümlichen "Aufgewacht!" und dem "Frau-Holle-Lied". Und statt des operettentauglichen "Eins zwei" aus DAS FEUERZEUG hätte ich doch eher die Titelmusik bevorzugt. Mit zwei Beiträgen ist auch Manfred Krug vertreten, dessen Gesangskünste allerdings - ich drücks mal vorsichtig aus - nicht das starke Gewand dieses Albums sind. Unterm Strich eine empfehlenswerte CD für Sammler, die sich auch gerne mal in anderen Regionen umschauen. Natürlich gäben die Archive noch viel mehr her, und manch eine der hier vorgestellten Musiken würde ich wirklich gerne auch in vollständiger Form besitzen. Zum Abschluß noch eine Liste der hier vertretenen Komponisten und den dazugehörigen Filmen (zeitlich von 1956 an aufsteigend) JOACHIM WERZLAU (Das tapfere Schneiderlein) HEINZ-FRIEDEL HEDDENHAUSEN (Das singende klingende Bäumchen) SIEGFRIED BETHMANN (Das Feuerzeug / Die goldene Gans) WOLFGANG PIETSCH (Das Zaubermännchen) HANS DIETER HOSALLA (Das hölzerne Kälbchen) SIEGFRIED TIEFENSEE (Schneewittchen) GERHARD WOHLGEMUTH (Rotkäppchen) JOACHIM-DIETRICH LINK (Frau Holle) WOLFGANG LESSER (König Drosselbart) KLAUS LENZ & HERMANN ANDERS (Dornröschen) PETER RABENALT (Sechse kommen durch die Welt) KAREL SVOBODA (Drei Haselnüsse für Aschenbrödel) GÜNTHER FISCHER (Bärenhäuter / Froschkönig / Hans Röckle und der Teufel / Der Prinz hinter den sieben Meeren) GÜNTHER HAUCK (Wer reißt denn gleich vorm Teufel aus) PETER GOTTHARDT (Schneeweißchen und Rosenrot) ANDREAS AIGMÜLLER (Der Eisenhans) ZDENEK JOHN (Die Gänseprinzessin und ihr Pferd Fallada) FRIEDBERT WISSMANN (Das Licht der Liebe)
  11. Geht mir eigentlich ähnlich. Ich habe das mal als eigenes Thema angelegt, da es aus dem östlichen Europa ja nur sehr wenig Soundtrack-Veröffentlichungen gibt, und man hier wunderbar alles reinpacken kann, was geographisch östlich des ehemaligen eisernen Vorhangs liegt. Das schließt auch die Defa-Produktionen mit ein, oder Wunschkandidaten für eventuelle CD-Editionen. Bin selber mal gespannt was dabei rumkommt.
  12. Anscheinend auch von unseren hiesigen Fachhändlern völlig unbemerkt sind vor drei Jahren Francois Tusques Musikaufnahmen zu Jean Rollins LA REINE DES VAMPIRES herausgekommen. Verantwortlich hierfür ist das rührige britische Label "Finders Keepers", die die Aufnahmen aus Tusques Privatarchiv in sehr guter Tonqualität gerettet und auf LP verewigt haben. Eine CD gibt es leider nicht, und wer den Kauf eines Vinyl-Albums scheut, der kann sich zumindest an den Download halten, den das Label auf seiner Seite anbietet. Zum Film: Dieser ist der zweite Teil eines Kurzfilms names VIOL DU VAMPIRE (mit einem Score von Yvon Geraud), baut lose auf diesem auf, hat aber ansonsten eine völlig eigenständige Handlung. Beide Teile zusammen wurden als abendfüllender Spielfilm unter dem VIOL-Titel in die Kinos gebracht, wobei LA REINE bei dieser Gelegenheit in LES FEMMES VAMPIRES umbenannt wurde. Es ist eines von Rollins Meisterwerken, noch in schwarz-weiß gedreht, mit unglaublichen visuellen Einfällen, wild, poetisch, einzigartig und unvergeßlich. Die Musik von Francois Tusques läßt sich mit diesen Begriffen am besten beschreiben: Avantgarde, Free Jazz. Wem bei diesen Begriffen nun das kalte Grauen packt, der kann sich getrost zurücklehnen, denn er muß sich keinerlei Gedanken mehr machen, ob sich der Erwerb dieser Musik für ihn eventuell lohnen könnte. Wer jedoch schon Erfahrung mit dieser Musiksparte hat, oder musikalischen Experimenten wie z.B. Morricones Kapriolen mit der "Nuovo-Consonanza"-Gruppe etwas abgewinnen kann, der kann ja mal in dem unten verlinkten Auszug probehören. In den Film fügen sich Tusques kakophonische Klänge jedenfalls blendend ein und tragen sehr zur eigentümlichen Stimmung bei. Das musizierende Ensemble hat in einer Szene sogar einen Cameo-Auftritt. Tusques selber läßt in einen Interview auf der Encore-DVD durchblicken, dass er der klassischen Herangehensweise in der Filmmusik nicht viel abgewinnen kann, was nicht sehr überraschend ist und was sicherlich auch mit Rollins Ansichten übereingestimmt haben dürfte. Seine Musik zu REINE DES VAMPIRES erwies sich jedenfalls als so trefflich, dass Rollin sie 1970 für LA VAMPIRE NUE erneut verwendete.
  13. VALERIE - EINE WOCHE VOLLER WUNDER von Lubos Fiser Wer den Film sieht wird sich fragen, für welche Zielgruppe er eigentlich gemacht ist. Die eigenwillige Mischung aus Märchen, Drama, gotischen Horrormotiven und erwachender Sexualität, erzählt in einem collagehaft zusammengesetzten, rauschhaften Bilderreigen, steckt voller Symbolismen die zu entschlüsseln der Zuschauer selber gefordert ist. Heute genießt VALERIE in cineastischen Kreisen einen Ruf als eines der bedeutendsten, ungewöhnlichsten und kunstvollsten Werke des tschechischen Kinos. Regisseur Jaromil Jires entstammt der tschechischen "New Wave", einer dem Neuen Deutschen Film vergleichbaren Bewegung, aus der u.a. auch Milos Forman hervorgegangen ist. Die 13-jährige Hauptdarstellerin Jaroslava Schallerova ist perfekt für die Titelrolle und trat später dann noch in konventionelleren Märchenfilmen wie "Die Gänsehirtin am Brunnen" auf. Lobus Fiser war über vier Jahrzehnte ein höchst produktiver Filmkomponist. In seine Filmographie gehören u.a. die Rübezahl-Stop-Motion-Kurzfilme aus dem 70er Jahren, der charmante TV-Klassiker "Die Märchenbraut" und Karel Zemans geniale Jules-Verne-Verfilmung "Auf dem Kometen". VALERIE beginnt mit dem knapp 6-minütigen THE MAGIC YARD, wunderbar klassizistisch, hinreißend melodiös. Im Folgenden werden stlistisch viele Haken geschlagen, auch innerhalb eines Tracks ändert sich gerne mal abrupt die Stimmung. Düsteres wechselt mit melancholischem Harfensolo, Cembalo- und Carillon-Klänge gehen in sakrale Chöre über. Volkstümliche Tänze, sinistre Sprechgesänge, Zirzensisches, Kirchenorgel und hier und da schieben sich horrible Schauerintermezzi dazwischen. Dass VALERIE trotz der musikalischen Vielfalt nicht auseinanderfällt, ist Fisers sensiblem Umgang mit seinem Material zu verdanken. Tatsächlich fällt nicht ein einziger Track negativ aus dem Rahmen, alles fügt sich harmonisch ins Gesamtkonzept und verliert auch nach mehrmaligem Durchhören nichts von seinem einnehmenden Zauber und seiner suggestiven Kraft. Die CD stammt vom engagierten Label "FindersKeepers", die nicht nur Filmmusik bringen und gerne in den modrigsten Archiven auf Beutezug gehen. Das Booklet ist wie immer mit Hingabe produziert, informativ, ausführlich und kompetent.
  14. Kannte ich bisher noch gar nicht und bin gerade schwer begeistert. Habe mir bei dem Versuch die Scheibe unbeschadet aus der Verankerung zu puhlen zwar fast den Daumen gebrochen, aber die Mühe war es definitiv wert! Fantastisches Hauptthema, ungeheure Dramatik in "Major´s Rescue" und "Rosanna´s Death", aber auch (und gerade) die tiefschürfenden ruhigen Tracks wie "No Sleep" sind meisterhaft ausgearbeitet und sehr eindringlich. Man lauscht gebannt dem Spiel mit den Klangfarben, der Mischung aus Pastoralem und Schwermütigem, besonders beeindruckend in "Home Again". Letzteren würde ich jetzt nach dem ersten Hördurchgang auch als den Höhepunkt der Partitur bezeichnen. Aber das ist nur der erste Eindruck, denn bei einer Filmmusik von derart hohem Niveau ist jetzt erstmal ein zweiter Durchgang erforderlich...
  15. Na bitte, da haben wir ja jetzt (fast) alles aufgedröselt! Das Booklet (wenn man es so nennen kann) der Hexacord-CD ist doch sehr mager und äußerst dürftig an Information. Warum wurde die Herkunft der Tracks nicht mit angegeben, oder wußte Zamori es selber nicht so genau? MORTE DI UN AMICO & WHERE THE SPIES ARE sind tatsächlich Lücken in meiner Sammlung. Wußte gar nicht, dass ich davon doch was habe! Nice!
  16. Einen schönen Einblick ins Archiv bietet dieses 61-minütige Album von Hexacord. Ein unterhaltsamer Querschnitt durch das jazz-orientierte Schaffen des Maestros, der über die die gesamte Laufzeit angenehm zu unterhalten vermag, wenn auch wirklich prägnante oder gewagte Einfälle kaum zu finden sind. Die Kompositionen bewegen sich in den typischen Gefilden amerikanischer Jazzkompositionen der 40er und 50er Jahre und würden im Programm von Stevie Waynes Leuchtturm-Sender nicht aus dem Rahmen fallen. Mal ruhig-melodisch, mal aufbrausend-lebhaft, mal mit Big-Band-Begleitung, mal mit lateinamerikanischem Flair. Aufgeteilt ist das Album in vier Segmente. Tracks 1-9 entstammen der musikalischen Begleitung eines Bühnenstückes namens BELLINDA E IL MOSTRO, bei denen das Bellinda-Thema hervorsticht. Als CANZONE dargeboten, weist es mit Streichorchester und gemischtem Chor nicht zu leugnende Ähnlichkeiten zum Mancini-Stil jener Epoche auf. Die Tracks 10-13 sind mit "Suite for a psychological film" überschrieben und beinhalten die interessantesten und wildesten Tracks der CD. Titel wie SUSPENSE und FUGA DOPO IL COLPO verweisen schon auf ihre etwaige Verwendung in aktionsorientierten Kriminalfilmen und sind vermutlich auch genau dafür konzipiert worden. Mit "the rhythmic suite" (Tracks 14-17) geht es in exotischere Gefilde. AFRO-CUBAN SWING weis mit Bongowirbeln, mannigfaltiger Percussion und Hammondorgel zu gefallen. Interessant und innovativ ist FUGATO IN BLUE , bei dem nascimbenes Experimentierfreude auch mal zum Tragen kommt, hat er doch hier einen Rhythmus entworfen, der schon sehr nach Mixerama-Spielereien klingt. Die letzten neun Titel sind als "Bonus Tracks" vermerkt. Im Gegensatz zum vorhergehenden Programm sind diese Aufnahmen von Roberto Pregadio geleitet und von eher ruhigerem Charakter. Hervorheben möchte ich hier eine sehr angenehme, mit sanften Klavierklängen ausgestattete Alternativversion von BLUES DELLA NOTTE, eine Komposition die schon in BELLINDA E IL MOSTRO zu finden ist. Mein persönlicher Favorit ist aber CLASSIC BEGUINE, ein 4-minütiger, balladesker Track mit dezentem, lateinamerikanischem Rhythmus, Streichorchester und wechselnden Solo-Parts. Melodisch wunderschön und toll orchestriert. Danach geht es bluesig weiter, bis SWING IN QUARTET das Album mit einer fröhlich-verspielten Nummer beendet. Als Fazit bleibt eine hörenswerte, abwechslungsreiche, aber, bis auf eine handvoll herausragender Beispiele, auch wenig spektakuläre Zusammenstellung. Was die nascimbene´sche Jazz-Musik angeht, da ist für mich der Soundtrack zu LA PRIMA NOTTE DI QUIETE sein Meisterstück, aber auch den "Footprints" bin ich mit einigem Vergnügen gefolgt.
  17. Klingt großartig! Zugegeben, von den Orson-Welles-Lavagnino-Scores kenne ich überhaupt noch gar nichts, auch FALSTAFF nicht. Ich nehme an, das FALSTAFF-Segment ist als Ergänzung zu dem CAM-Album konzipiert?
  18. Gerngesehener Gast im CD-Spieler. Es liegt natürlich auch an meiner Vorliebe für diesen wunderbaren Vierteiler. Die mit Abstand beste "Schatzinsel"-Verfilmung erzählt die Geschichte unaufgeregt und in aller Ausführlichkeit, begleitet von Hellmut Langes charismatischer Chronisten-Stimme. Dabei wird der Geist kindlich-jugendlicher Abenteuerfantasien heraufbeschworen, wie man es sonst nur sehr selten erleben kann. Sehr treffend dazu die Filmmusik des tschechischen Komponisten Jan Hanus (mit Unterstützung durch Lubos Sluka), der die berühmten Shanty-Verse "15 Mann auf des toten Mannes Kiste..." in ein schmissiges Swashbuckler-Thema kleidet. Auch sonst sitzt die Partitur wie angegossen. Herausragendes Highlight ist das betörend anmutige "Admiral-Benbow"-Thema, das nicht nur für Jim Hawkins Heimat steht, sondern auch von der Sehsucht nach Abenteuern und fernen Ländern kündet - bewegend und unvergeßlich. Zugegeben, das Album offenbart auch viele Tracks, die lediglich der reinen Spannungsdramaturgie geschuldet sind, aber nach jeder Durststrecke folgt auch wieder Melodisches, und ich bin dankbar, das es eine solch liebevoll produzierte CD von dieser Filmmusik überhaupt gibt.
  19. ... einfach nur aus Komplettierungsgründen, oder weil du die Musik aus dem Filmen kennst?
  20. Dank für den Hinweis. Die beiden Nachfolge-CDs werden aber wohl ohne mich verkauft werden müssen. LE LAC habe ich mir tatsächlich hauptsächlich wegen des Rollin-Bezugs zugelegt. Aber ich wünsche dem Label dennoch weiterhin viel Erfolg auf seinem beschwerlichen Pfad.
  21. So. Ich habe die beiden anderen Videos wieder runtergenommen, weil zu stark konvertiert. Hier ein neues in besserer Qualität. Und dazu ein paar Hintergrundinformationen: Anfang der 80er Jahre habe ich mehrmals in Südtirol meine Sommerferien verbracht, und heute befinde ich mich sozusagen auf den Spuren meiner Vergangenheit, suche gezielt die Orte von damals auf und gehe auch Wanderwege ab, die ich damals mit Papa schon abgewandert bin. Dieses Jahr waren die drei Zinnen dran, und diese Tour habe ich mal filmisch festgehalten:
  22. Ich habe erst lange mit mir gehadert, aber als Jean-Rollin-Fan war klar, dass ich an dieser Veröffentlichung letzten Endes nicht vorbeikomme. Der Film ist nun wirklich der letzte, den man einem Rollin-Neuling als Einstieg empfehlen sollte. Er entstand als profane Auftragsarbeit für Eurocine, als Rollin kurzfristig einspringen mußte. Immerhin ist der Meister selber in einer kleinen Rolle zu sehen, und hier- und da blitzt sogar seine eigene inszenatorische Handschrift auf (etwa bei den Szenen, die das Alltägliche im Dorf zeigen, oder wenn die Untoten über eine ruinöse Burgmauer wandeln). Außerdem erfreuen Howard Vernon und Nadine Pascal durch ihre Anwesenheit. Und, mal ganz unter uns, solch ein charmanter, hanebüchener, verkorkster Horror-Erotik-Quark ist mir letzten Endes immer noch lieber, als die meisten CGI-Blockbuster unserer Zeit - aber das nur am Rande. Die Musik ist... extravagant und erfordert Aufgeschlossenheit. Das OPENING säuselt sogar ganz nett und entspannt dahin, die Horror-Szenen dagegen sind mit scheppernden Geräuschcollagen unterlegt. Und so wie in AQUATIC SEQUENCE 1 & 6 stelle ich mir die Demotracks eines Bontempi-Orgel-Herstellers vor. Hinter DIURNAL MELODY FOR A BIRD verbirgt sich ein Minütchen Vogelgezwitscher. Bleibt noch das Liebesthema. Dieses ist in mehreren Modifikationen vertreten. Leider wird ausgerechnet von dem kitschigen EROMANTIC VIOLINS (mit echten Streichern, da hat man sich nicht lumpen lassen) im Film am meisten Gebrauch gemacht. Selbiges Thema gibt es noch in angemesseneren Varianten u.a. mit weiblicher Gesangsstimme. Manche Tracks werden mangels Masterbändern von Soundeffekten begleitet, was aber gar nicht so schlimm ist, denn so ein bißchen Wassergeplätscher trägt zum Ambiente bei. Komponiert hat das Ganze der umtriebige Daniel J. White, der eine beachtliche Filmographie aufzuweisen hat und gelegentlich auch für Jess Franco als Schauspieler vor der Kamera stand. Seine vermutlich bedeutenste Rolle dürfte die des Max Karlstein in Jess Francos wunderbarem FILLE DE DRACULA sein, ein Film, den man aber freilich in erster Linie wegen der vollendeten Britt Nichols gesehen haben sollte. Die CD hat zwar keinen Booklet-Text, erfreut das Auge aber mit liebevoller, mehrseitiger Bebilderung. Für Daniel Whites Soundtrack-Premiere hätten sicherlich bessere Kandidaten zur Wahl gestanden. Aber wer weiß, schließlich ist die CD mit "Collection Horreur a la francaise Volume 1" überschrieben. Es darf also mehr erwartet werden. LAC DES MORTS VIVANTS wird jedenfalls kaum den gemeinen Filmmusikfan erreichen, sondern ist eher war für Anhänger jener Genre-Gewässer, aus denen dieses Werk entspringt, oder als Ergänzung für´s private Kuriositätenkabinett geeignet.
  23. So, wer war denn schonmal auf der düsseldorfer Rheinkirmes, und wer weiß, welche Musik hier von mir verbraten wurde?
  24. Francesco De Masi: LO SQUARTATORE DI NEW YORK Ein Hund findet eine abgetrennte Hand im Gebüsch am Hudson River und apportiert diese zu seinem wenig erfreuten Herrchen. Danach folgen die Vorspanntitel, unterlegt mit einem rauen Titelstück, leicht angejazzt, in eingängiger Garagen-Rock-Tradition, das trefflich den großen Schmelztiegel charakterisiert. Aber nicht auf die sauberen Postkartenmotive hat es De Masi abgesehen, sondern auf den urbanen Schmuddel der Nachtjackenviertel, denn das New York dieses Filmes ist kein Ort des Wohlbefindens. DER NEW YORK RIPPER steht in der Tradition italienischer Giallo-Thriller und gehört zu den berühmtesten (und berüchtigsten) Werken im Schaffen seines Regisseurs Lucio Fulci. Es gibt nicht wenige Fans, die ihn sogar als den Höhepunkt seiner Karriere bezeichnen. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Seltsam unspiriert schleppt sich die Handlung von einem Mord zum nächsten. Ohne sein sonstiges Stilbewußtsein walzt Fulci in Metzgermentalität die Dramaturgie in Grund und Boden. Gerade wenn man bedenkt, welch exzellente Genre-Beiträge er in den 70er Jahren abgeliefert hat, ist der NEW YORK RIPPER eine einzige Enttäuschung. Die Musik hat jedoch mehr Aufmerksamkeit verdient. Neben dem oben beschriebenen Hauptthema kommen einige kompositorisch sorgfältig und professionell ausgearbeitete Spannungstracks zum Einsatz, bei denen vor allem die verhallenden Saxophonklänge sehr effektiv sind. Letztere finden sich auch in WAITING FOR THE KILLER, einem langsamen, sehr atmosphärischen Suspense-Stück, das genau jene unheimliche Stimmung verbreitet, die der Inszenierung fehlt. Im PUERTORICO CLUB laufen lateinamerikanische Klänge, die ungewöhnlich orchestriert sind und nicht weiter entfernt sein könnten von zeitgenössischem Diskotheken-Chic. Eindrucksvoller Höhepunkt ist aber FAY, ein beseeltes, bluesig-melancholisches Thema, solistisch von Trompete und Mundharmonika interpretiert, umspült von dezenten Streichern, die hier einen ihrer seltenen Einsätze haben. Der Score wurde zweimal von Beat Records auf CD veröffentlicht. Das erste Mal 1995 im ursprünglichen LP-Schnitt, und 2016 in einer auf 70 Minuten verlängerten Fassung. Letztere hat Vor- und Nachteile: Die schrillen RIPTONIC-Effekte wären nicht zwingend notwendig gewesen, außerdem sind vier Source-Music-Tracks anderer Komponisten mit dabei, die zwar für sich genommen gar nicht übel sind, aber leider zwischen die Score-Tracks sequenziert wurden, was jedesmal zu störenden Stilbrüchen führt. Andererseits ist aber auch mehr FAY auf dem Album, sowie der gelungene Spannungstrack als der Killer die Radfahrerin auf eine Fähre verfolgt. Wer die Erweiterungen nicht unbedingt braucht, ist aber mit dem ursprünglichen Album bestens bedient, da es alles Wesentliche in perfekter Zusammenstellung bietet.
  25. Aber zu stark runterkonvertiert, oder? Beim nächsten Mal nehme ich ´ne höhere Auflösung. Musik: Elmer Bernstein - Birdman from Alcatraz
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