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Mephisto

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Alle Inhalte von Mephisto

  1. Mario Nascimbene – I MONGOLI Mario Nascimbene gehörte zu den profiliertesten Filmkomponisten Italiens und schaffte auch den Sprung nach Hollywood, wo er The Barefoot Comtessa, The Vikings, Solomon and Sheba sowie Alexander the Great vertonte. Den Film I Mongoli kann man sich auch heute noch gut ansehen. Jack Palance spielt hier den brutalen und herrschsüchtigen Ogatai, den Sohn Dschingis Khans, dessen Horde bis nach Polen vorgedrungen ist und nun Krakau eingenommen hat. Auch an der Musik wurde nicht gespart, sodass der Komponist für seine Aufnahmen ein voll besetztes Symphonieorchester sowie einen Chor zu Verfügung hätte. Nascimbene wäre aber nicht Nascimbene, wenn er nicht zumindest streckenweise einen unüblichen und originellen Vertonungsansatz gewählt hätte, sodass man hier keine gewöhnliche Abenteuermusik erhält. Zu den charakteristischen Elementen der Musik zu I Mongoli gehört das brutale Material für die Mongolen, das bereits zu Beginn des Films vorgestellt wird. Archaisch gehämmerte Trommelrhythmen und besonders ein perkussiver Effekt, der an ein Vibraslap erinnert, gemahnen ein wenig an die orgiastischen Tanzmusiken aus Solomon and Sheba. Doch Nascimbene stockte seine Schlagwerksektion hier noch um genau aufeinander abgestimmte Kochtöpfe (und das mehrere Jahre vor Goldsmiths Planet of the Apes) und diverse Stabspiele. Besonders das Marimbaphon kommt in vielen dieser rohen perkussiven Passagen stark zur Geltung. Über dieses brutale und rhythmische Fundament schichtet Nascimbene in der Titelmusik nacheinander fast alle wichtigen Themen – und das sind einige: Eine ebenso rohe wie kraftvolle Hornmelodie ergänzt das rhythmische Material für die Mongolen um ein markantes melodisches Element, bevor anschließend die Streicher die Themen für die polnische Gegenseite vorstellen. Diese bilden tatsächlich einen Schwachpunkt in der Musik, wirken sie in ihrer naiven Schlichtheit fast ein bisschen albern. Zu den wichtigsten Melodien gehört ein fanfarenartig aufgebautes Thema, das fast ausschließlich aus den Tönen eines Durdreiklangs besteht. Wirkt dieses Thema schon etwas primitiv, so fügt Nascimbene noch eine weitere, überaus schlichte Melodiefolge hinzu, die viele Hörer irritieren dürfte, denn der Komponist paraphrasiert hier (Zufall oder nicht?) Alle meine Entchen! Später werden diese Themen für die polnischen Helden auch in einer a-capella-Chorsuite präsentiert, die im Film als Gesang der Soldaten aus der Ferne zu hören ist. In der zweiten Sequenz wird ein drittes heroisches Thema für die Polen eingeführt, das den Abgesandten und seine Ritter in der nächsten Passage auf dem Weg nach Krakau begleitet. Für die weiten Landschaftsaufnahmen komponierte Nascimbene eine großorchestrale Musik in bester „Golden-Age“-Manier. Doch auch im weiteren Verlauf des Films nehmen die wilden und perkussiven Passagen für die Mongolen sehr viel Raum ein. In Sequenza 5 führt Nascimbene über den rollenden Marimbawirbeln das Liebesthema für Stephan und Amina ein, das ein wenig an die „altertümlichen“ Themen eines Miklós Rózsa erinnert. Es wird später auch als zartes Obensolo über sanfte Streicherteppiche erklingen und mit der naiv-schlichten Alle-meine-Entchen-Paraphrase kombiniert. Für die Mongolen komponierte Nascimbene außerdem auch ein fünftöniges Motiv, das stimmungsvoll als Ostinato vom Marimbaphon in Sequenza 6 vorgestellt wird. Dieses Motiv wird schließlich als Sequenza 18 das Fundament für die pompöse Musik während der Ankunft Dschingis Khans bilden. Wuchtig vom Orchester vorgetragen, wird es vom Chor mit einer eingängigen Melodie ergänzt, sodass die Musik einen rituellen Charakter erhält. Der Chor wird sonst nur noch in einer langen Tanzsequenz eingesetzt, die aber mit ihrem rauschhaften Charakter zahlreicher anderer Tanzmusiken des Genres überlegen ist. Man kann sich den balletthaften Tanz sowie das Finale am Ende des Albums aber auch ohne Chor anhören. Lange Zeit war die Musik zu I Mongoli nicht auf Tonträger erhältlich. Erst 2013 veröffentlichte Digitmovies eine Doppel-CD mit den vollständigen Aufnahmen zu diesem besonderen Eintrag in Nascimbenes Filmographie. Neben den handwerklich sehr sauber gearbeiteten konventionellen Abschnitten bilden die rauen und brutalen Klangmassen für die Mongolen eine faszinierende Erweiterung der klassischen Abenteuermusik, wie sie Nascimbene hier auch komponierte. Das Album enthält anscheinend sämtliche Aufnahmen in einigermaßen chronologischer Reihenfolge, wobei die Musik im Film stark geschnitten und verschoben wurde. Dementsprechend sind von den knapp zwei Stunden Musik (inklusive der zwei Bonusstücke) auf diesem Album nur ein Auszug im fertigen Film zu hören. Es ist auf alle Fälle ratsam, sich einen eigenen Albumschnitt aus dieser Masse an Musik zusammenzustellen, da insbesondere die perkussiven Mongolen-Passagen bei aller Kreativität irgendwann echt anstrengend werden. Auf dem Album sind offensichtlich viele kürzere Passagen zu längeren Abschnitten zusammengefügt, doch oft sie sind in ihrer musikalischen Beschaffenheit so unterschiedlich, dass sich diese Passagen sehr nach Stückwerk anhören. Es gibt nunmal keine optimale Lösung für den Umgang mit so kurzen Stücken bei Komplettveröffentlichungen. Dementsprechend zäh gestaltet sich das ganze Hörvergnügen, wenn immer Gleiches kaum variiert nochmal erklingt. Insgesamt handelt es sich aber um einen wirklich interessanten und mitreißenden Beitrag zu (italienischen) Historienabenteuerfilmmusik, die jedem ans Herz gelegt sei, der sich für große orchestrale wie archaische Klänge begeistern kann.
  2. "Mild" bedeutet halt, dass Du nicht ins Krankenhaus musst. Sonst ist alles drin. Ich wünsche Sebastian jedenfalls alles Gute! Den Young kenne ich bisher nicht. Hattest Du denn Zugriff auf die Partitur oder ist das alles nach Gehör transkribiert?
  3. Für mich ist das wahrscheinlich der unspektakulärste Dante-Goldsmith, hätte den auch eher von Varèse erwartet. Hier meine Eindrücke von "damals"
  4. Das überrascht mich nicht Danke für die weiteren Informationen! Ich beschäftige mich gerade haupsächlich mit der Musik an sich und versuche, meine Beschreibungen etwas zu kontextualisieren. Manchmal schaffe ich es, auch den Film zu sehen, aber über Dein enzyklopädisches Wissen verfüge ich natürlich nicht. Es freut mich immer, wenn Leute meinen Besprechungen etwas abgewinnen können! Ein paar werden noch folgen, wobei ich jetzt auch das Peplum-Feld demnächst verlassen werde. Ich schätze die CD auch sehr und habe großere Bewunderung für Rustichelli, wie viel starke Musik er in so kurzer Zeit komponiert hat. Und die Wiederholungen im ersten Drittel knn man ja locker wegprogrammieren.
  5. Carlo Rustichelli – Il Dominatore Del Desertio/Maciste Alla Corte Delle Zar Carlo Rsutichelli gehörte zu den produktivsten italienischen Komponisten seiner Zunft. Digitmovies veröffentlichten im Rahmen ihrer Peplum-Reihe als Album Nr. 25 die vollständigen Aufnahmen zu gleich drei Filmproduktionen, zu denen Rustichelli die Originalmusik komponierte. In allen drei Filmen ist aus Kostengründen auch Musik von anderen Komponisten aus anderen Filmen zu hören, sodass es Rustichellis Aufgabe war, vor allen Dingen ein neues Hauptthema für die jeweiligen Filme zu komponieren und mehrer Varianten davon aufzunehmen, damit es sich wie ein roter Faden durch die sonst so heterogene Musikzusammenstellung ziehen kann. Auch hier ist Digitmovies wieder einmal ein großes Lob auszusprechen, sich so verdient um die italienische Filmmusik zu machen. Dabei sind viele Zusammenstellungen und Albumserien von einem unschätzbaren archivarischen Wert und wären die Booklets auf FSM-Niveau, könnte man fast von einer wissenschaftlichen Ausgabe sprechen. Aufgrund der oft auf Vollständigkeit bedachten Veröffentlichungen ergeben sich bei zahlreichen Alben allerdings einige Längen, wenn die Musik rein als Hörgenuss fungieren soll. So auch im Falle des ersten Beitrags auf dieser CD, den Themenvarianten zu Il Dominatore Del Desertio. Dem Handlungsort des Films angemessen komponierte Rustichelli hier ein schönes Hauptthema mit deutlich orientalischem Einschlag. Insbesondere die sich windende Melodie des B-Teils dieser Komposition versprüht einiges an „Wüstenflair“. Einen leicht poppigen Charakter erhalten die Stücke häufig, indem sich das Hauptthema in den Violinen und Hörnern über einem durchgehenden Rhythmusteppich legen. Allerdings variiert Rustichelli seinen Einfall kaum. Es gibt noch eine schicke „Nocturne“-Variante sowie einen ebenfalls orientalisch angehauchten Tanz, aber letzten Endes fällt die Musik stets in das immergleiche Arrangement aus der Titelmusik zurück. Man kann die insgesamt neun Titel getrost auf drei herunterkürzen und verpasst nichts. Diese drei Titel lohnen sich dafür umso mehr. Für Maciste Alla Corte Delle Zar komponierte Rustichelli lediglich fünf Stücke, allerdings gestaltet sich die Musik hier weitaus abwechslungsreicher. In der Titelmusik erklingt ein eingängiges, folkloristisches Thema, das mit einer Balalaika als Melodieinstrument auch gleich eine Prise Lokalkolorit versprüht. Dem gegenüber stellt der Komponist ein kräftiges und heroisches Marschthema der Blechbläser über einen markanten Tutti-Rhythmus der Streicher und des Schlagwerks. Das folkloristische Thema wird auch zweimal als lyrische Variante für weiche Streicher oder Klarinettensolo variiert, bevor Rustichelli noch eine temporeichere Rittmusik etabliert, und anschließend mit einer Rekapitulation der Titelmusik den Film beschließt. Einen weitaus geschlosseneren Eindruck macht der letzte Beitrag auf diesem Album: Die Musik zu Predoni della Steppa. Für diesen Film komponierte Rustichelli immerhin 25 Minuten neues und abwechslunsgreiches Material. Die furiose Titelmusik wird von treibendem Schlagwerk, leicht von den Streichern unterstützt, vorangetrieben, während die Posaunen das Hauptthema intonieren. Dieses ist vielleicht nicht so eingängig wie das zu Il Dominatore Del Desertio, dafür nutzt es sich nicht so schnell ab. Erst wenn der Komponist es für eine diegetische Passage als Oboensolo über dezente Rhythmusbegleitung umarbeitet, kommt der orientalische Charakter dieser Melodie deutlich zum Ausdruck. Des Weiteren komponierte Rustichelli eine sehr sanfte Passage mit fast hymnischer Melodie sowie einen wuchtigen Marsch. Insgesamt birgt diese Zusammenstellung zahlreiche tolle Passagen aus der italienischen Abenteuerfilmmusik und gestaltet sich ab der zweiten Hälfte sehr unterhaltsam und abwechslungsreich. Kompliment an Digitmovies für diese wertvolle Bereicherung der CD-Sammlung mit drei Musiken aus Rustichellis Schaffen, die wahrscheinlich eher unter „ferner liefen“ verbucht wurden, bevor sie nun in „Gänze“ zu hören sind.
  6. Carlo Savina – L’IRA DI ACHILLE Warum diese Veröffentlichung von Digitmovies nicht als Teil ihrer Peplum-Serie herausgegeben wurde, wissen wahrscheinlich nur die Verantwortlichen selbst, denn Savinas kraftvolle Orchestermusik muss sich keinesfalls hinter den anderen Arbeiten für dieses Genre verstecken. Die Musik wird von einer im vollen Blech orchestrierten Fanfare eröffnet, die so auch von Miklós Rózsa hätte komponiert worden sein können. Direkt im Anschluss präsentiert Savina sein weit ausgreifendes Hauptthema in den Violinen und vom Rest des Orchesters gestützt. Wenig später wird er es als anmutiges Violinsolo präsentieren. Zum Abschluss der Titelmusik gibt es bereits einen Vorgeschmack auf die zahlreichen Kampfpassagen. Hier stellt der Komponist mit der punktiert rhythmisierten Violinlinie eins seiner zahlreichen Motive vor, die in den Actionpassagen zur Geltung kommen. Nach der pompösen Titelmusik wird die Musik zuerst einmal deutlich dezenter, indem Savina einige fast orientalisch anmutende Holzbläsersoli über einzelne Harfenakkorde komponierte. Doch schon bald bricht der Kampf aus und die Musik spiegelt die blutigen Auseinandersetzungen gekonnt wider. Das Fundament bilden hierbei besonders die gleichmäßigen hämmernden Schläge der Pauke, über die Streicher und Blechbläser energisch ihre Motive darbieten. Spitze, von der kleinen Trommel gestützten Trompetenakkorde, markige Hornlinien und dramatische Linien der Streicher vereinen sich zu einem kraftvollen Strom. Diesen brachialen Passagen stellt Savina einige mystische Abschnitte gegenüber, in denen er auf einen Chor zurückgreifen konnte. Die über sanfte Streicherteppiche leise gesungenen Vokalisen verleihen der Musik einen stark rituellen Charakter. Besonders bei den Beerdigungen nach der zweiten Schlacht kommt die unheimliche und gleichzeitig religiöse Wirkung stark zur Geltung. Insgesamt würde ich Savinas Musik zu L’IRA DI ACHILLE definitiv im oberen Drittel der bisher gesprochenen Kompositionen ansiedeln. Leider kann die vollständige Musik die Ansprüche aber nicht erfüllen, die durch die ersten Stücke geweckt werden. Dazu rutscht sie zu oft in atmosphärische und fast geräuschhafte Stimmungspassagen ab. Zu den interessantesten Abschnitten dieser Art gehört noch das Solo der Singenden Säge über eine stets glissandierende Pauke in „Partenza“, aber die aus an- und abschwellenden Wirbel der Pauke und des Beckens wie in „Tranello“ gehören zu den typischen Peplum-Manierismen, die auf CD keine zufriedenstellende Wirkung erzielen können. Auch die „seconda battaglia“ verebbt schnell in uninteressanten Rhythmen der Pauke und wenn während der „disparazione“ fast die ganze zweite Hälfte nur ein Liegeton ausgehalten wird, stellt sich gepflegte Langeweile an. Natürlich handelt es sich hier um eine Musik, die für einen bestimmten Zwecke komponiert wurde und ich bin Digitmovies insgesamt sehr dankbar, diese Komposition erstmals zugänglich gemacht zu haben. Für ein zufrieden stellendes Hörerlebnis empfiehlt es sich, einen persönlichen Albumschnitt zu konstruieren. Dann entupput sich L’IRA DI ACHILLE als eine kraftvolle und sehr abwechslungsreiche Peplum-Musik, die wiederholt in den CD-Player wandert. Der Klang ist gemessen am Alter der Aufnahmen in Ordnung, klingt aber besonders in den Tutti-Passagen etwas dumpf. Als Bonus gibt es noch eine neun Minuten lange Suite, die hauptsächlich Chorstücke enthält und aufgrund der getrennt aufgenommenen Spuren hier im Stereo-Format vorliegt.
  7. Das ist mir ehrlicherweise ziemlich gleich. Man wird nie ganz hinter diese Geschichte steigen und sie geht einen ja in der Regel auch nichts an. Mich hat das Ganze an ähnliche Erinnerungen von Kindern prominenter Väter (bei prominenten Müttern ist es mir bisher nicht aufgefallen) erinnert, oft von Komikern, so nach dem Motto: "Wenn er nicht auf Tour war oder im Fernsehen aufgetreten ist, dann hat er sich sehr oft in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Er war insgesamt ein sehr ernster Mensch." Und man denkt sich nur: "Jetzt gib' doch zu, dass ihn seine Familie nicht interessiert hat!!" Ich fand es in diesen Videos sehr offensichtlich, dass da viel schöngeredet wurde. Was soll man auch machen, wenn der alltägliche Umgang mit dem Vater/Ehemann anstrengend und mühsam war, aber man jetzt für die Öffentlichkeit und die Fans das gewünschte Bild nicht zerstören will? Das kann ich gut nachvollziehen, aber es führt natürlich zu einem groteske Ergebnis, wenn jeder 2. Satz, den die Hinterbliebenen über Horner äußern, sich recht leicht als "er hat sich nicht gekümmert", "er wollte/konnte nicht mit uns interagieren", "es hat uns manchmal extrem genervt, dass er nicht auf uns eingegangen ist", "er war schnell eingeschnappt" etc. interpretieren lässt, aber alles notdürftig mit "it was worth it" oder "he was very special" übertüncht wird.
  8. Bezeichnend, dass die zweite Variante acht (!) Schläge zählt...
  9. Ich war gestern da, obwohl ich vor zwei Jahren noch nicht geplant hatte, nach Stettin zu fahren. Für mich war es ein sehr "aufschlussreiches" Erlebnis, Horners Musik einmal live zu hören. Der Videobeitrag war auch interessant, zumal Mutter und Tochter (was ist eigentlich mit der anderen?) ja die ganze Zeit eher um Horners Autismus rumgeiert sind, nach dem Motto: "Es war sehr schwierig für ihn, die Emotionen des Gegenübers zu interpretieren und da hat er sich dann in Musik ausgedrückt." Besonders bezeichnend auch Emilys letzte Erinnerung an ihren Vater: Er lief durch London und sie dackelte ihm hinterher. Er scheint sich da nicht wirklich für sie interessiert zu haben. Das Ganze wurde dann mehrfach gewendet nach dem Motto: "Er war sehr 'schwierig' aber die anstrengende Interaktion war es auch irgendwie wert..." Bezeichnend auch, dass auf keinem der eingeblendeten Fotos von Vater und Tochter Emily älter als acht zu sein schien. Aber zur Musik: J.A.C. sagte ja im aufschlussreichen Interview, dass Horner zu einem großen Teil auf Mischklänge verzichtete, weil ihm die individuellen Klangfarben der Instrumente wichtig waren. Live wirkte die Musik dann auch sehr "quadratisch praktisch gut", auch motivisch "mäandert" da vieles fast minutenlang durch die Gegend (besonders in BRAVEHEART und A Forest Passage). Sarah Horner sprach da ja von "ganz komplexen, verwobenen Mustern", aber Horners Musik wirkte gerade gestern Abend sehr "direkt" auf mich. Mit kam es vor wie Musik ohne Netz und doppelten Boden, aber auch ohne Ambivalenz. ALIENS hat mich sehr gefreut und ich glaube, LEGENDEN DER LEIDENSCHAFT war eine echte Überraschung. Hatte mit einer einfachen Darbietung von "The Ludlows" gerechnet, aber dieses ganze Erste-Weltkriegs-Geballer machte live schon sehr viel Spaß. Spectral Shimmer fand ich sehr interessant, weil es ein schöner Einblick in Horners "Werkstatt" war. Es ist meiner Meinung nach bezeichnend, dass ein riesiger Teil des Stücks aus Zitaten des klassisch-romantischen Kanons besteht, wie dem Hornscherzo oder - ebenso prominent - des glitzernden "Silberrosenmotiv" aus Richard Strauss' Rosenkavalier (vorher zitiert er auch den "Wasserfall" aus der Alpensinfonie und andere Dinge). Die "Auseinandersetzung" mit prä-existenter Musik war also schon immer ein Bestandteil von Horners kompositorischer Arbeit und so hat mich Spectral Shimmer seinen "Klassikklau" noch einmal aus einer anderen Perspektive heraus sehen lassen. Ich hätte mir gewünscht, er hätte noch zwei, drei mehr "solcher" Werke geschrieben und vielleicht mit eigenem Material gearbeitet. Die "Sphärenanteile" fand ich ja ganz schön und zum Teil auch die Verarbeitung der klassischen Zitate (zum Beispiel, wenn die Hörner sich in eine grelle Flötenpassage verwandeln oder der "Wasserfall" aus der Alpensinfonie kontinuierlich "verlangsamt" wird), aber mich hat es dann irgendwie doch zu sehr rausgerissen, wenn zum gefühlt zwanzigsten Mal die "Silberrose" auftauchte. Spectral Shimmer war für mich als Hörerlebnis weder Fisch noch Fleisch, aber ein wichtiges Puzzlestück in Horners Entwicklung. Insofern bin ich sehr dankbar für die Gelegenheit, es live erlebt haben zu dürfen.
  10. Ich bin trotzdem froh, die CDs zu haben, zumal die Vorspannmusiken in beiden Fällen wirklich mitreißend sind und man sich gut zwei Suiten zusammenstellen kann. Mir ist lieber, ich habe eine (zu) lange CD, als dass die Aufnahmen in irgendwelchen Archiven verrotten.
  11. Carlo Savina – SETTE A TEBE/ALL’OMBRA DI AQUILLE Für SETTE A TEBE schrieb Carlo Savina eine kraftvolle Titelmusik, in der er das Potential des orchestralen Klangkörpers voll ausschöpft. Feurig und wild erklingt das Thema in den Streichern, flankiert von wuchtigen Paukenschlägen und Blechakkkorden. Fast könnte es sich bei dieser mitreißenden Passage um eine Actionmusik handeln. Vielleicht spielt das Hauptthema im weiteren Verlauf der Musik auch keine große Rolle mehr, da es sich schwer für Dialogpassagen oder einfach untermalende Abschnitte umarbeiten lässt. So etabliert Savina in den nächsten Passagen zwei weitere zentrale Ideen, die den Kern seiner Filmmusik bilden werden: ein klagendes Motiv der Streicher, das in seufzenden Halbtonschritten abwärts gleitet und sich über wuchtige Blechakkorde und einen Puls der Pauke legt sowie ein lyrisches Thema, das wahrscheinlich als Liebesthema fungiert. Diese weit ausgreifende Melodie wird häufig von den Streichern über sanfte Harfenarpeggien intoniert, erklingt aber auch mehrfach als sanftes Klarinettensolo. Auch die typischen diegetischen Passagen für Soloharfe sowie eine etwas exotisch anmutende Tanznummer sind auf der CD zu finden. Einen viel größeren Anteil nehmen aber leider auch die für Peplum-Musiken so typischen rein funktionalen Spannungspassagen ein, in der wabernde Orgelakkorde und einzelne Rhythmen der Pauke sich über mehrere Minuten erstrecken. Die Musik zu SETTE A TEBE kann man dementsprechend in drei Abschnitte unterteilen: Das von der gloriosen Titelmusik eröffnete erste Drittel, in dem die thematischen Ideen im Vordergrund stehen. Im mittleren Abschnitt dominiert zwar noch das Orchester, aber Savina geht für diverse dramatische Szenen recht grobschlächtig zu Werke, indem er immer wieder massive Akkorde im ganzen Orchester über mächtige Paukenwirbel aufschichtet und mit einem schrillen Piccoloflötentriller krönt. Sind die melodischen Abschnitte im ersten Drittel recht kurz, nehmen die einzelnen Titel häufig an Länge zu, ohne dass einformaler Bogen über die einzelne Dauer gespannt wird. Die einzelnen Stücke zerfallen in unterschiedliche Passagen, von denen einige zwar noch ganz schön anzuhören sind, aber natürlich an ihrer Wirkung einbüßen, wenn sie von ereignislosen Spannungsmomenten umgeben sind. Die melodischen Elemente treten wie die orchestralen Klangfarben schließlich im letzten Drittel massiv zurück. Über mehrere Minuten bestreitet Savina seine Musik nur noch mit zwei oder drei Trommlern, die – auch noch wenig präzise – einzelne Rhythmen schlagen. Zwar webt der Komponist hier auch an einigen Stellen sein melodisches Material aus dem ersten Drittel orchestral in diese langen Abschnitte ein, aber auch hier bleiben sie Inseln in einem öden Meer. Erst zum Schluss spielt Savina sein Liebesthema noch einmal voll aus und kann die Musik so zu einem gelungenen Finale führen. ALL’OMBRA DELLE AQUILLE wirft sogar noch mehr Fragen auf. Carlo Savina komponierte für diesen Film eine mitreißende Titelmusik, in der die Trompeten das kräftige Thema über einen treibenden Rhythmus der Streicher vortragen. Diese zwei Minuten gehören zu den fetzigsten und gleichzeitig erhabensten Minuten, die mir in meiner Entdeckungsreise durch die Peplum-Musik untergekommen sind. Umso enttäuschender gestaltet sich der Rest von Savinas Komposition, die kaum über die Grenzen einer bloß funktionalen Begleitung hinausgeht. Dementsprechend spielt das einprägsame Hauptthema im weiteren Verlauf der Musik fast gar keine Rolle mehr. Lediglich in der direkt an die Titelmusik anschließenden kämpferischen Passage werden seine charakteristischsten Motive über hämmernde Paukenrhythmen gelegt, bevor es für eine Dreiviertelstunde vollständig verstummt, um anschließend noch einmal in einer neuen Variante als „Sequenza 18“ zu erklingen. Hier wird es nun vom ganzen Blech vorgetragen, während der treibende Rhythmus von der Pauke übernommen wird. Diese spielt in der gesamten Musik neben der elektrischen Orgel eine wichtige Aufgabe. Brachial hämmernd bildet sie das Fundament für einige strahlende Blechfanfaren in „Sequenza 3“ oder bestreitet mit lang ausgehaltenen Wirbeln mehrere Spannungspassagen. Diese überwiegend funktionalen Abschnitte nehmen einen großen Raum in der Musik zu ALL’OMBRA DELLE AQUILLE ein, die abgesehen von der Titelmusik auch in ihren melodisch-thematischen Abschnitten kaum zu überzeugen vermag. Das liegt jedoch weniger an den melodischen Einfällen Savinas als an der formalen Struktur. Immer wieder gibt es sehr schön gearbeitete und lyrische Abschnitte für die Streicher, aber nie blüht die Musik richtig auf. Derartige Passagen bilden häufig vereinzelte Inseln in längeren Stücken und können so nie vollständig zur Geltung kommen. Hinzu kommt auch, dass die elektrische Orgel einfach viel zu oft als solistisches Element eingesetzt wird und ihre Klangfarben häufig nicht dem Charakter der jeweiligen Themen entsprechen. So führt Savina in „Sequenza 2“ ein wunderschönes melancholisches Thema ein, das aber durch die Darbietung auf der Orgel viel zu distanziert bleibt. Einer weiteren häufiger in Erscheinung tretenden Melodie für die Streicher fehlt es wiederum an melodischer Durchschlagskraft, wenn immer wieder die gleiche aufsteigende Folge aus drei Tönen wiederholt wird. Des Weiteren komponierte Savina noch eine Harfenpassage, die wahrscheinlich für den diegetischen Einsatz bestimmt ist und als „Sequenza 8“ und „Sequenza 12“ zu hören ist sowie die längere „Sequenza 15“ teilweise durchzieht. Ebenfalls diegetisch mutet auch die rein perkussive „Sequenza 11“ an, die mit ihren rauschenden Tamburinwirbeln, den bewegten Paukenostinati und dem klingelnden Glockenspiel als einzigem Melodieinstrument zu den interessanteren Passagen dieser Musik gehört. Insgesamt bleibt ALL’OMBRA DELLE AQUILLE allerdings verzichtbar und kann eher als Bonus-CD zu der immerhin teilweise weitaus überzeugenderen Musik zu SETTE A TEBE betrachtet werden. Dennoch bin ich auch hier Digitmovies allein schon wegen der fantastischen Titelmusik dankbar, diese Musik vor der vollkommenen Vergessenheit gerettet zu haben.
  12. Carlo Rustichelli – ANTINEA ANTINEA – DIE HERRIN VON ATLANTIS nimmt in gewisser Weise den PLANET DER AFFEN als Peplum-Variante vorweg. Zwei Wissenschaftler und ihr Pilot stranden in der Wüste und gelangen in das fantastische Reich der Herrin von Atlantis. Zu ANTINEA lieferte Carlo Rustichelli eine seiner besten Arbeiten. Die Musik ist teils mystisch, teil opernhaft dramatisch und fast immer melodiös. Für die Aufnahmen stand dem Komponisten nicht nur ein Orchester zur Verfügung, sondern auch mehrere Soloinstrumente und sogar ein Frauenchor, der hauptsächlich in der Titel- und der Schlussmusik sowie bei diversen rituellen Szenen zum Einsatz kommt. Zu Beginn wird das elegante Hauptthema vom Chor und den Streichern über wuchtige Schläge der Pauke vorgestellt und anschließend von der Solotrompete über die Begleitung der E-Gitarre intoniert. Ohne es wahrscheinlich zu ahnen, nimmt Rustichelli mit diesem poppigen Zwischenteil bereits ähnliche Klänge aus dem Italowestern voraus. Aber entgegen der Erwartungen fügen sich die zeitgenössischen Klänge wunderbar in das überwiegend orchestrale Gefüge ein. Ein besonderer Kniff ist ohne Frage der Einsatz des sonororen Saxophons, das der fantastischen Welt von Atlantis eine besonders schimmernde Aura zu verleihen mag. Auch die von mir so wenig geliebte elektrische Orgel bildet hier viel weniger einen akustischen Fremdkörper als in DAS SCHWERT DES ROTEN GIGANTEN. Mit dem Orchester weiß der Komponist famos umzugehen. Besonders die dunkel schimmernden Passagen mit sanften Streichertremoli und zarten Holzbläsersoli vermögen eine besonders mystische Atmosphäre zu kreieren, aber auch an klangvolleren Abschnitten mangelt es nicht. So vermag Rustichelli aus einer Darbietung seines Hauptthemas für Solovioline eine fast an Mahler oder Strauss gemahnende Steigerung abzuleiten, sodass bald das Thema im satten Orchestertutti erklingt. Um seine umfangreiche Musik möglichst sinnvoll gestalten zu können, komponierte Rustichelli eine Vielzahl von Themen. Neben dem Hauptthema mit seiner eleganten Tonumspielung bleiben vor allem zwei sehr chromatisch geprägte Themen in Erinnerung, die fast wie Spiegelungen voneinander wirken. Auch für die rituellen Passagen komponierte Rustichelli eigenes melodisches Material, das stets vom Chor intoniert wird und somit einen fast religiösen Anstrich erhält. In der besonders melodiösen Anlage der Musik spürt man Rustichellis Verbundenheit mit der italienischen Oper, deren dramatische Gesten ebenfalls Einzug in die Partitur zu ANTINEA gefunden haben. Zum Filmstart stellte der Komponist ein rund 40 Minuten langes Album zusammen, das jedoch erst 2013 von GDM veröffentlicht wurde. Rustichelli legte bei seinem Albumschnitt den Fokus besonders auf die melodischen und thematischen Passagen, sodass fast alle dramatischen und aktionsreichen Abschnitte fehlen. Glücklicherweise sind aber die vollständigen Aufnahmen erhalten geblieben, sodass eine weitere halbe Stunde Musik zu ANTINEA als Bonus-Abteilung im Anschluss an die Albumfassung zu hören ist. Hier findet sich auch die einzige wirkliche Actionpassage mit furiosen Streicherläufen und wuchtigen Paukenschlägen sowie weitere mystische Passagen und Varianten der zahlreichen Themen. Insgesamt handelt es sich hierbei um ein wirklich lohenswertes Album, das ich jedem empfehlen möchte, der sich für melodisch und fein gearbeitete Filmmusik mit einer Prise Exotik begeistern kann.
  13. Dann ist das natürlich noch ärgerlicher und bedauerlicher. Ich würde mir die CD auch sofort kaufen.
  14. Stefan, mir ist vollkommen klar, dass es eine sinvolle Entscheidung für das Label war, diese CD zu veröffentlichen und es ist mir ebenfalls bewusst, dass die CD vor allem bei den Fans dieses Kultfilms gezogen hat. Ich finde es auch gut und sinnvoll, dass ihr die komplette Musik veröffentlicht habt - wie ja bei so ziemlich allen hier vorgestellten Musiken - bis auf ANNIBALE und die Fälle, in denen die Aufnahmen nicht mehr vollständig verfügbar waren oder noch als verloren galten. Das ganze war keine Kritik an Alhambra, sondern an der Musik Lavagninos, die wir beide nicht für seine stärkste halten. Da ist ESTER E IL RE ein ganz anderes Kaliber und würde eine neue vollständige Veröffentlichung verdienen. Aber das wird dann natürlich kommerziell ein Verlustgeschäft und daher habe ich diesbezüglich auch keine allzu großen Hoffnungen. Trotzdem mache ich dem Label natürlich keinen Vorwurf.
  15. Das kann man aber über die anderen Threads nicht sagen und deswegen wäre es denn ausgewogener.
  16. Angelo Francesco Lavagnino – MACISTE CONTRO IL VAMPIRO MACISTES GRÖSSTES ABENTEUER wird wegen seines exotischen Settings und der Fantasy-Komponente von Peplum-Fans auch heute noch sehr geschätzt. Umso größer war die Freude, als Alhambra im Rahmen ihrer Lavagnino-Reihe diese Musik erstmals losgelöst vom Film zugänglich machte. Doch ich selber, der den Film vorher nicht kannte, muss zugeben, dass sich beim ersten Hören eine Ernüchterung einstellte. Obwohl der Film seinem Komponisten genug Möglichkeiten gibt, geht die Musik selten über funktionale Begleitung hinaus. Das stark pentatonisch gefärbte Hauptthema, das von den Streichern über wuchtige Schläge der Pauke vorgetragen wird, lässt ja noch einigermaßen Stimmung aufkommen, wobei es besonders in den späteren Arrangements wahlweise für Solovioline oder Solocello, eher asiatisch anmutet. Für musikalischen Orientalismus sorgen drei diegetische Passagen, in denen Lavagnino hörbar in seinem Element war, sowie einigen Motivfetzen der Klarinette bei der Bespitzelung des Sultans Auch sonst weist die Partitur einige schicke Einfälle auf wie z. B. das über dramatische Xylophontriller und schneidende Beckenwirbel intonierte Violinsolo für den Vampir, mit dem Lavagnino hier die typischen Topoi des „Teufelsfidel“ aufgreift. Man muss Lavagnino auch zugutehalten, dass er offensichtlich wenig Spielraum (im wahrsten Sinne des Wortes) hatte, denn schon nach der Titelmusik für die bereits schmale Besetzung aus Streichern und Pauken wird das Ensemble noch einmal drastisch auf zwei Solostreicher, eine Klarinette, ein Horn, eine Harfe sowie Tasteninstrumente und Mandolinen reduziert. Im Film selbst wurden auch Aufnahmen aus anderen Filmen verwendet, sodass die Aufgabe des Komponisten hier anscheinend darin bestand, diverse Lücken zu füllen. Die auf dem Hauptthema basierenden Solopassagen und die Ausbrüche der Violine für den Vampir sind wie gesagt sehr stimmungs- und wirkungsvoll, aber dazwischen erstreckt sich – mit Ausnahme der diegetische Passagen – zähe und funktionale Spannungsmusik. Für die Ereignisse auf dem Piratenschiff legt Lavagnino einige Hornlinien über einen stumpfen Rhythmus der Pauke, häufig wabert die elektrische Orgel mit einigen dräuenden Klangflächen über rauschende Beckenwirbel. Wer den Film nicht kennt und schätzt, braucht hier einiges Sitzfleisch. Die 500 Exemplare der Musik zu MACISTES GRÖSSTES ABENTEUER sind längst vergriffen, sodass ich hier auch keinen weiteren Schaden anrichte, wenn ich hier feststelle, dass diese Veröffentlichung aus der Lavagnino-Reihe von Alhambra verzichtbar bleibt. Dass 500 Exemplare vor LA GRANDE OLIMPIADE ihre Abnehmer gefunden haben, kann ich kaum auf die Musik, sondern die Beliebtheit des Films zurückführen. Mein Exemplar wandert jetzt erstmal in den Schrank.
  17. Oder einfach "Ich höre gerade..."? Da gibt es ja sehr viel zu entdecken. Ich gebe zu, dass die Gebiete, in denen ich zuletzt unterwegs war, etwas nischig waren. Man kann ja nicht immer Goldsmith hören
  18. @Stefan Schlegel, vielen Dank mal wieder für den Link! Diese Fassung habe ich auch zum Abgleich der Musik herangezogen. Pierre Brice als antike Gottheit ist schon ein Kuriosum...
  19. Mario Nascimbene – LE BACCANTI Im Rahmen seiner umfangreichen Peplum-Serie machte Digitmovies schließlich auch die vollständige Musik zu IL BACCANTI von Mario Nascimbene zugänglich. In dieser längst vergessenen Verfilmung eines Theaterstücks von Euripides spielt Pierre Brice den griechischen Gott Dionysus, der die Stadt Theben besucht. Aufgrund der dialoglastigen Vorlage fällt auch Nascimbenes Musik zurückhaltend, aber sehr stimmungsvoll aus. Bereits das Hauptthema mit seiner mäandernden Wechselnote verbreitet als Chorvokalise in der Titelmusik eine mystische, fast fantasyartige Stimmung. Nach einigen ruppigen Läufern der tiefen Streicher schlägt die Musik in eine tänzerische Passage mit klingendem Glockenspiel und zarten Harfentönen um, die fast an ein Ballett gemahnt. Auch ein strahlendes Fanfarenmotiv darf in einer Peplum-Musik natürlich nicht fehlen, doch sonst bleibt die Musik sehr lyrisch und dezent. Neben dem Hauptthema komponierte Nascimbene eine handvoll weitere Themen, mit denen er weite Abschnitte seiner Musik gestaltet. So stellt er nach der Titelmusik eine neue Melodie in wuchtigem Bläserklang vor, gestützt von anschwellenden Schlagzeugklängen. Kurz vor dem Finale wird es eine furiose Steigerung erfahren, die ein wenig an den orgiastischen Tanz aus SOLOMON AND SHEBA erinnert. Derart breite Klänge sind in der Musik insgesamt sehr rar gesät. Oftmals dominieren zarte Holzbläser, mystische Chorvokalisen und sehr dezent eingesetztes Schlagzeug. So etwa beim Dritten Thema, das leicht orientalisch anmutet und vom Englischhorn über tiefe Streicherpizzicati und den Rhythmus einer kleinen Trommel intoniert wird. Auch Actionpassagen sind kaum zu finden, lediglich eine rein perkussive und recht wilde Passage könnte als Kampfmusik fungieren. Insgesamt schuf Nascimbene hier eine sehr stimmungsvolle Musik, die besonders in den atmosphärischen Chorpassagen zu überzeugen vermag. Obwohl man den Aufnahmen ihr Alter natürlich anhört, sind sie überraschend sauber und klar. Die komplette Musik ist mit 42 Minuten gut durchhörbar, ohne dass spürbare Längen auftreten. Ich würde dieses Album Einsteigern in die Materie nicht unbedingt empfehlen sondern allen, die einmal abseits der typischen Pfade wandeln wollen.
  20. Intrada stand doch eher in der Kritik, ihre Alben zu leise abzumischen, vgl. An American Tail. Da würde ich mir jetzt keine allzu großen Sorgen machen. Hast Du denn LAND BEFORE TIME? Was mich betrifft, habe ich JUMANJI noch gar nicht und kann daher beherzt zugreifen .
  21. Da würde ich auf alle Fälle zustimmen! Vielen Dank auch nochmal, dass Du auf den Thread aufmerksam gemacht hast, den ich mir schon gestern zu Gemüte geführt habe.
  22. Vielen Dank! Ich finde dieses Album wirklich sehr stark und die Musiken wirklich toll, weil sie auch nochal "anders" klingen, als die "üblichen" Peplum-Musiken. Von Fusco kenne ich soweit nur diese beiden Kompositionen, aber sie haben mich sehr neugierig gemacht...
  23. Giovanni Fusco – LA GUERRA DI TROIA/LA LEGGENDA DI ENEA Auch der sechste Beitrag zur Peplum-Serie von Digitmovies vereint zwei thematisch zusammenhängende Musiken auf einem Doppel-CD-Album: DER KAMPF UM TROJA und die ein Jahr später entstandene Partitur zur Fortsetzung ÄNEAS, beide von Giovanni Fusco vertont. Die jeweiligen Kompositionen ergänzen sich dabei perfekt. Während Fusco den Kampf um Troja mit massigen und martialischen Klängen vertonte, ging er bei der Fortsetzung weitaus filigraner zu Werke. Dabei stand dem Komponisten eine gut bestückte Bläser- und Schlagwerkbesetzung zur Verfügung. In DER KAMPF UM TROJA konnte der Komponist auch auf eine Cellogruppe zurückgreifen, während er bei ÄNEAS ganz auf Streicher verzichtete – höchstwahrscheinlich aus Budget-Gründen. DER KAMPF UM TROJA ist eine Peplum-Musik par excellence. Hier dominieren massive Bläserakkorde und schmetternde Fanfaren. Das majestätische Hauptthema für die Stadt Troja wird bereits im Prolog vorgestellt und in der Titelmusik in voller Pracht in vollem Blech und mit Verstärkung des Chors präsentiert. Einen wichtigen Bestandteil der Musik stellt außerdem der hüpfende, punktierte 3/8-Rhythmus dar, der auch in der Titelmusik das Fundament für die massigen Klänge der Bläser und des Chors bildet und später in diversen Kampfpassagen auftaucht. An diesen mangelt es der Musik freilich nicht. Man kann die Schlachtmusiken für DER KAMPF UM TROJA zweifellos zu dem besten rechnen, was das Peplum-Genre in dieser Hinsicht zu bieten hat. Hämmernde und treibende Schlagzeugrhythmen, rasche Läufe und wendige Figuren der Holzbläser und markante Melodien des Blechs verleihen dem Schlachtengetümmel ordentlich Tempo und Wucht. Diesen agilen Passagen stellt Fusco ein eher schleichend wirkendes Ostinato der gezupften Celli gegenüber, das rhythmisch mit den ersten vier Tönen der Troja-Fanfare übereinstimmt und oftmals den Untergrund für schlichte und leicht dissonierende Linien der Holzbläser bilden. Als lyrisches Element führt der Komponist außerdem ein sehr schlichtes Thema für Creusa ein, das stets von einem Englischhorn über sanfte Harfenakkorde vorgetragen wird und fast wie eine diegetische Passage wirkt. Erst zum Finale wird wieder der Chor eingesetzt und schichtet mehrere kontrapunktische Linien über das tappend-schleichende Cello-Ostinato, eingerahmt von einer massiven Darbietung des Troja-Themas. Gegen die wuchtige Musik zu DER KAMPF UM TROJA wirkt ÄNEAS schon fast kammermusikalisch. Fusco hatte für die Aufnahmen ein ähnliches Ensemble wie zum Vorgängerfilm zur Verfügung, wobei er statt eines Chores zumindest beim Finale auf eine vollere Streicherbesetzung zurückgreifen konnte. Entsprechend der völlig anderen stilistischen Ausrichtung referiert der Komponist auch auf keine Themen aus DER KAMPF UM TROJA. Lediglich der hüpfende Dreierrhythmus taucht bei der Begegnung der beiden Völker in verkürzter Form noch einmal auf. Für den Helden komponierte Fusco ein langes Thema mit einem fast hymnisch anmutenden B-Teil, das zurückgenommen von der Flöte und dem Fagott über die dezente Begleitung der kleinen Trommel, durchsetzt von einzelnen Triangelschlägen, vorgestellt wird. Insgesamt wird Fusco nur noch zwei weitere Male auf diese Melodie in ähnlichem Arrangement zurückgreifen, bevor es im Finale eine apotheotische Steigerung erfährt. Viel häufiger erklingt ein mild dissonantes Fanfarenmotiv, das aus einer Umschichtung eines vierstimmigen Quartenakkords gewonnen wird. Die Trompeten legen die einzelnen Töne schichtweise übereinander und stoßen den dadurch entstehenden Akkord anschließend rhythmisch variiert immer wieder an. Oftmals wird diese Fanfare von einer harmonisch richtungslosen, eher modal anmutenden kreisenden Figur der anderen Bläser kontrastiert. Diese kommt auch alleinstehend zur Geltung, indem mehrere Bläser sich überlappen und so aus dieser Figur eine polyphone Textur entstehen lassen. Insgesamt mutet die Musik durch die modale, ziellose Harmonik und den kühlen Bläserklang deutlich zurückgenommener an als die sonst so übliche, vor Streicherschmalz und klaren Harmonien geprägte Kinosinfonik dieser Jahre. Eine wichtigere Rolle als in DER KAMPF UM TROJA spielt nun auch das Klavier, das sich mit seinen pulsierenden Akkorden oft als der Kern des Ensembles erweist. Es kommt sogar an mehreren Stellen solistisch zum Einsatz. Auch bei den Kampfszenen geht der Komponist anders zu Werke als beim Vorgänger. Statt wuchtiger und martialischer Klänge setzt Fusco auch hier auf einen eher transparenteren Orchestersatz. Auch wenn die Pauke streckenweise mit ihren gleichmäßigen Achteln vorantreibt, wirkt sie hier deutlich reservierter, schrille Triller der Holzbläser und des Klaviers bereiten einen nervösen Rahmen für die Linien der Blechbläser. Auch wieder die in sich selbst kreisenden, motorisch anmutenden Figuren der Bläser halten die Kampfmusik über weite Strecken am Laufen. Ein absoluter Höhepunkt der Musik stellt allerdings nicht die Musik zu einem Kampf, sondern die treibende Musik zu einem Pferdewettrennen dar. Ein Pendant zu Creusas Thema sucht man vergebens. Wie gesagt: Für lyrische Momente bietet diese nüchterne und kühle Musik noch weniger Raum als die massige Musik zu DER KAMPF UM TROJA. Erneut hat Digitmovies verborgene Perlen der italienischen Filmmusik geborgen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Beide Musiken sind anscheinend vollständig erhalten geblieben und hier auf CD gepresst. Die Titelmusik und das Finale zu DER KAMPF UM TROJA kann man auch in einer alternativen Fassung ohne Chor hören, während zu ÄNEAS noch eine gekürzte Fassung der Passage bei der Begegnung der beiden Völker angehängt wurde. Klanglich weisen die Aufnahmen natürlich die übliche Patina auf, wobei ÄNEAS etwas dumpfer klingt als DER KAMPF UM TROJA. Doch das tut dem Musikgenuss keinen Abbruch. Wer einmal eine richtig schmetternde Peplum-Musik hören möchte, sollte bei DER KAMPF UM TROJA unbedingt ein Ohr riskieren, während ÄNEAS eine gekonnte Alternative zum üblichen filmmusikalischen Orchesterklang bildet.
  24. 40 Minuten sind ja in der Tat besser als nichts! Das ist nun wirklich eine Intrada-Veröffentlichung "wie in alten Zeiten" und wird von mir definitiv mit einem Kauf unterstützt.
  25. Wow! Die ist definitiv gekauft! Schön, dass Intrada den jetzt in einer definitiven Fassung wiederveröffentlicht hat!
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