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Soundtrack Board

Stefan Schlegel

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  1. Klar, das sehe ich eigentlich auch so, daß die Möglichkeiten zum Reinhören heutzutage ungeheuer vielfältig sind und gar nicht mehr zu vergleichen mit dem, wie es früher mal war. Da gebe ich Dir völlig Recht. Für mich persönlich ist das auch recht einfach, weil ich ziemlich schnell weiß, ob mir was zusagt oder nicht. Wenn Mephisto sich in der Tat Beispiele bei Youtube aus Deiner Liste anhören würde, wäre das mit Sicherheit für ihn von Nutzen. Logisch. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das bei seiner Haltung - wie er es selbst ja weiter oben mal geschrieben hat - mit dem möglichst mehrfachen Anhören und dem anschließenden Durch-Analysieren jedes kompletten Albums fast Track für Track auch so ist. Für mich selbst wäre es Zeitvergeudung, mir einen zweit- oder drittklassigen Score gar mehrfach vollständig anzuhören, um mir dann erst im Detail ein Urteil darüber zu bilden. Das funktioniert bei mir definitiv anders und da fällt die Entscheidung Pro oder Contra sehr schnell. Ansonsten verpaßt man ja auch viel zuviel von dem, was einem wirklich gefällt.
  2. Ganz objektiv gesehen ist es wohl so, daß die musikalischen Präferenzen von Denton und Mephisto zum Teil doch etwas arg auseinanderdriften. Gerade, wenn ich mir die obige Liste so ansehe, kann ich eigentlich fast vorhersagen, wie rund die Hälfte der Titel bei Mephisto sicher nicht besonders ankommen wird. So wie ich seinen Geschmack einschätze aus dem bisher Gelesenen, würde er garantiert so einige Scores davon als substanzlos, zu Beat-lastig oder zu inkohärent und seicht beurteilen. Natürlich sind auch ein paar ganz interessante Titel in der Liste drin, die man eventuell empfehlen könnte, aber sich davon einfach blindlings nur so 10 Titel zum Kauf herauszusuchen, könnte meines Erachtens eher zu noch mehr Verwirrung und Frust führen als daß es groß weiter hilft. Ich selbst kenne einige Leute, die früher in den 80ern schon zu LP-Zeiten etwas unbedarft Versuche gemacht haben, ein bißchen bei italienischen Scores einzusteigen, aber zu viele Fehlkäufe gemacht haben, weil sie sich nicht auskannten in der Materie, und dann im Endeffekt lieber wieder ganz die Finger davon gelassen haben. Insofern sind solche großen Listen ein bißchen gefährlich - vor Allem, wenn sie nicht auf den konkreten musikalischen Geschmack und das Empfinden des Gegenübers abgestellt sind. Ein wenig sollte man halt schon abschätzen können, was dem Anderen gefallen könnte oder nicht.
  3. Die korrekte chronologische Reihenfolge der Titel wäre: - QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST (UA: März 1968) - SARTANA NON PERDONA (UA: Oktober 1968) - AMMAZZALI TUTTI E TORNA SOLO (UA: Dezember 1968) - LA SFIDA DEI MACKENNA (UA: März 1970) Weder VADO L'AMMAZZO noch AMMAZZALI gehen für mich bereits in den alten, kürzeren Fassungen auf den 90er Jahre-CDs von Beat, die damals De Masi selbst wohl noch zusammengestellt hatte, über Mittelmaß hinaus. Außer dem Hauptthema ist doch da eigentlich nicht viel zu holen außer viel wenig aufregende Spannungsmache. Haben mich daher beide nie so besonders angesprochen. Man merkt halt auch, der Sound wird insgesamt ein bißchen moderner, urbaner und jazziger, paßt sich auch mehr der Pop-Musik der End-60er an und könnte dann in großen Teilen eben auch zu Polizefilmen der Zeit passen. Der klassischere Spaghetti Western-Sound von SETTE DOLLARI oder ARIZONA COLT verschwindet da so allmählich. Ein für mich weitaus stärkeres und deftiges Hauptthema hat da im Übrigen sowieso noch 7 WINCHESTER PER UN MASSACRO von 1967. Der könnte Dir meiner Meinung nach dank seiner mitreißenden Dramatik vermutlich auch noch eher liegen. Ich verstehe allerdings nicht ganz, warum Du Dich unbedingt nur auf dieses eine Genre so dezidiert kaprizierst und jetzt noch drei mittelprächtige De Masi's aus dem Beat-Sondernagebot abgreifen willst anstatt eine richtig gute CD des Komponisten, wo sich der Kauf auch mal unbedingt lohnen würde. Gerade was das betrifft, würde ich doch gerade Jemandem wie Dir, der klassische Sinfonik bevorzugt, De Masi's EROE VAGABONDO von 1966 ans Herz legen, den Kronos vor drei Jahren erstmals überhaupt herausgebracht hat. Hat selbstverständlich nichts mit Western zu tun, aber ist einfach ein ganz wunderbarer Score, den man von vorn bis hinten mit Genuß anhören kann. Warum gehst Du an so was total vorbei, nur weil Du unbedingt De Masi-Western sammeln willst? So eine Ausrichtung auf ein einziges Genre bei einem Komponisten, wo man die meiste Zeit über dann doch bei Komplettfassungen eher enttäuscht wird, ist mir nicht recht begreiflich. EROE VAGABONDO, und deshalb erwähne ich den auch, ist ein echter Geheimtipp, sicherlich eine der schönsten Musiken von De Masi überhaupt. Den Film, halb Liebesgeschichte, halb Komödie, kennt halt niemand, Musik natürlich wohl auch kaum einer. Das ist ein echter Geheimtipp. De Masi hat eine hinreßend schöne romantische und glutvolle Musik dafür geschrieben, die wirklich bewegt. Ganz durch über 40 Minuten ohne große Schwachstellen sinfonisch durchgearbeitet, dazuhin mit herrllichen Viola und Gitarren-Soli von Dino Asciolla und Alesandro Alessandrioni.. Ich habe die CD erst vorgestern wieder zweimal laufen lassen. Das ist schon ein Hochgenuß wie man ihn bei De Masi gewiß nicht alle Tage erlebt. Klar scheint im spanischen Kolorit ein bißchen Rodrigos Concierto de Aranjuez durch, aber es ist ganz geschickt gemacht, wie De Masi darauf Bezug nimmt, während die ins Ohr gehenden und mundenden Themen selbst doch ganz von ihm sind. Die Wenigsten werden hinter diesem Titel irgendeine aufhorchen lassende Musik vermuten, aber dieser Score ist voller Anmut und Eleganz. Auch so kann man De Masi also mal erleben.
  4. Das sind allesamt alte Beat-CDs überwiegend aus den 90ern, und auf der letzten Seite am Ende noch 5-6 vom spanischen Vinilo-Label auch aus der Zeit. Da hat Colosseum wohl noch einige Rücklieferungen erhalten, die sie jetzt allmählich reinstellen. Von diesen Rücklieferungen hat mir ein Freund schon erzählt vor einiger Zeit. Das heißt, es dürften in den nächsten Wochen auch noch ältere CDs von anderen Labels dort ganz günstig angeboten werden. Für mich persönlich ist bei den Beat-CDs nichts dabei, was ich noch unbedingt haben müßte. Die für mich interessanten Titel habe ich längst alle. Von ein paar der Scores gabs dann später auch noch Expandierungen ebenfalls auf dm Beat-Label wie etwa bei DALLE ARDENNE ALL'INFERNO, der dann nochmals solo erschien. Diese Musiken kann ich durchaus empfehlen und sind für den Preis auf jeden Fall eine Anschaffung wert: - SEPOLTA VIVA/ANTICHRISTO (Morricone) - IL PREFETTI DI FERRO (Morricone) - IL BACIO (Piccioni) - CONSTANTINO IL GRANDE (Nascimbene) - L'UOMO CHIAMATO APOCALIISE JOE/LO CHIAMAVANO TRESETTE (Nicolai) - BERLIN '39 (Trovajoli) - EL CABALLERO DEL DRAGON (Nieto) - CRUSADES (Nieto) Gar nicht so übel ist auch der sehr romantische Micalizzi LUCREZIA GIOVANE (mit Edda-Vokalise dabei). Und einen Blick auf das Frühwerk von Mario Nascimbene von Anfang 50er gestattet der Sampler mit den drei Scores CRONACA DI UN DELITTO, OPERAZIONE MITRA und LA VALIGIA DEI SOGNI.
  5. Es ist eigentlich ein recht weiter Sprung vom Jahr 1965 nach 1968. Ich dachte eigentlich, Du woltlest die De Masi-Scores chronologisch vorstellen. Jezt doch nicht mehr? E VENNE IL TEMPO ist schon eine ziemlich schwache Angelegenheit. Da gibts allerdings deutlich Besseres von De Masi.
  6. Georges Delerue ist etwa ein Komponist, der ein ähnliches melodisches Gespür hatte. Vielleicht solltest Du mal bei ihm ein bißchen reinhören. Und es ist ja absolut kein Zufall, daß beide Komponisten in den frühen 60ern die ältere Garde abgelöst haben - der eine in Italien, der andere in Frankreich. Es ist schon völlig richtig, daß sowohl Delerue wie Morricone meist ganz anders vorgegangen sind als ihre US-Kollegen. Genau deshalb habe ich ja oben schon geschrieben gehabt: Es ist deshalb, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleichen würde. Bei Morricone gibt es des öfteren richtige "set pieces", und die Musik wird oft auch ganz anders eingesetzt wie den Amerikanern. Die Musik folgt nicht ständig untermalend dme Handlungsablauf und einzelnen Aktionen oder Bewegungen, sondern sie steht teilweise über dem Film und prägt dessen Atmosphäre durch einen ganz bestimmten Sound. Nigel Polkinghorne hat da mal vor vielen Jahren im Morricone-Magazin MSV ein paar sehr interessante und lesenswerte Artikel zu Morricones Stil unter der Überschrift "The Continental Stylist" gebracht. Besonders detailliert geht er dabei auf den Unterschied zwischen "punctuation music" (etwa bei Goldsmith oder Willaims) vs. "reflective/contemplative music" (bei Morricone) ein. Man kann sicherlich darüber streiten, ob er in Allem Recht hat, aber es ist zum Teil schon was dran an der Sache und vor Allem daran, wie Morricone mit in sich geschlossenen Stücken, die dann in anderen Instrumentierungen/Kombinationen wiederholt und leicht abgewandelt werden, arbeitet. Das ist auch nicht nur in seinen Western-Scores der Fall, sondern absolut typisch für ihn.
  7. Ich habe mir aufgrund der ganzen Diskusssion L'UOMO DELLA VALLE MALEDETTE, den ich auf einer alten CDR noch habe, auch mal wieder genauer angehört und bin doch auch ein wenig enttäuscht von der Musik. Da Denton ohnehin mit traditioneller sinfonischer US-Musik aus den 50ern offenbar sehr große Probleme hat, kann ich es klar nachvollziehen, daß er mit so etwas wie diesem De Masi-Score überhaupt nicht klar kommt. Das ist völlig logisch. Im Gegensatz zu ihm liegt mir der Stil schon, aber man muß schon sagen, es bleibt doch Alles sehr routine- und klischeehaft, kommt daher nie auch nur in Ansätzen in die Regionen eines Tiomkin, Moross oder Bernstein rein, nicht mal eines Victor Young in seinen besten Western-Arbeiten. Das klingt eigentlich teilweise am Anfang sogar ein wenig nach Bonanza und Shiloh Ranch, könnte auch aus einem B-Western der 50er von Sawtell, Buttolph, ab und an noch Duning oder Harline kommen. Mir persönlich ist die Musik ganz bestimmt nicht unsympathisch, es ist ein recht gut verarbeitetes Haupttthema drin, aber dennoch auch eher langweilige und stagnierende Phasen, sobald nicht eines der beiden Themen zum Zuge kommt. Flirrende Streicher und Tremoli sorgen dann für die üblichen Spannungsgesten der 50er, aber es geht einfach über ein bestimmtes Mittelmaß nicht hinaus. Vor Allem ist kein richtiger Personalstil hier herauszuhören - das ist für mich die große Schwachstelle des Scores. Es hört sich überhaupt nicht nach den späteren De Masi-Western-Scores an, eher vielelicht noch ab und an nach einem seiner schwächeren Peplum-Scores aus den ein, zwei Jahren davor. Und es ist von einem wirklich eingängigen und cool vorgetragenen Thema wie dem aus ARIZONA COLT natürlich meilenweit entfernt. Insofern: Wer typische Italo-Western-Muster in dem Score sucht, der kommt folglich hier nicht im Geringsten auf seine Kosten. Was ich an Dentons Argumentation allerdings nicht verstehe, ist der "billige Klassik-Imitation"-Vorwurf wohl selbst gegenüber hervorragenden Komponisten wie Korngold oder Rozsa. Ich frage mich da auch ein bißchen, auf welche Sinfonien in der Klassik er sich überhaupt bezieht. Wenn man wie ich die Spätromantik von Mahler, Strauss und Puccion sehr mag, dann müßte man doch auch unbedingt zu den exzellent durchkomponierten und prachtvoll-schwelgerischen Arbeiten etwa der beiden genannten Golden Age-Komponisten einen guten Draht haben. Aber ich vermute mal, daß er einfach von einer anderen musikalischen Richtung herkommt. Was ihm in der italienischen Filmmusik gut gefällt, das kann ich mir auf der anderen Seite schon einigermaßen vorstellen. Neben Fidenco werden sicher auch Cipriani und Micalizzi bei ihm ganz gern gehörte Komponisten sein.
  8. Nun ja, Gott, ich bin ja auch schon mehrere Jahrzehnte in der Filmmusikszene dabei und habe in so viele Sachen über die Jahre bereits reingehört und mitbekommen, daß ich genau weiß, was ich brauche und was nicht. Ich habe eben zu Prä-Internet-Zeiten schon viele persönliche Kontakte zu anderen Sammlern hier in Deutschland und auch anderswo gehabt, die neben den üblichen US-Scores z.B. auch an französischen oder italienischen Sachen interessiert waren. Diese Art von Sammlern gibt es zwar durchaus, aber nun halt nicht im Übermaß. Da hat man sich dann ausgetauscht, hat sich öfters mal getroffen zu zweit oder auch zu dritt, hat sich Interessantes und Unbekanntes dann überspielen lassen, Damals noch auf Kassette oder dann später auf CDR. Logischerweise hat Jeder ein bißchen andere Schwerpunkte gehabt, so daß es eine gegenseitige Bereicherung war, weil man so auch auf recht obskure Titel gestoßen ist, die man ganz allein vieilleicht nie hätte entdecken können. Dadurch konnte ich über die Jahre hinweg in die meisten auf LP, EP oder CD veröffentlichten italienischen Titel - und eben nicht bloß Morricone - mal wenigstens reinhören und dann genau entscheiden, ob es für mich in Frage kommt oder nicht. Das läuft mir bei meist recht einfach ab: Wenn was gar nicht ankommt bei mir, dann lege ich mir das auch nicht zu. Das Motto war stets bei mir: Eine Platte oder ein CD-Album muß wenigstens zu 50% gefallen, denn sonst gebe ich es wieder ab. Ich stelle mir nicht Unmengen von Zeugs in die Sammlung, das mich eh dann im Prinzip musikalisch nicht besonders interessiert und das ich doch nie wieder anhören würde. Natürlich macht man mal einen Fehlkauf, das bleibt nicht aus, aber dann habe ich immer wieder versucht, so eine Scheibe auch ziemlich schnell wieder loszubekommen und sie im Endeffekt abgegeben.. Von daher bin ich absolut kein Komplettist, nie gewesen, weder was Genre noch was die meisten Komponisten betrifft, sondern ich habe immer das genau selektiert, was meinen persönlichen Geschmack trifft und was ich deshalb auch gern in die Sammlung stelle und dort genauso gerne wieder raushole. Bei De Masi etwa würde ich auch Vieles nicht sammeln oder kaufen wollen. das sind eben auch nur einige Titel von ihm, die mir wirklich zusagen. Und das wiederum auch nicht nur auf ein Genre, also jetzt Italo-Western, bezogen, sondern aufs größere Ganze hin betrachtet. VIele Sammler speziell bei italienischer Filmmusik kommen natürlich hauptsächlich von den paar populären Genres her und sammeln dann davon fast Alles, das ist bei mir überhaupt nicht der Fall. Insofern sehe ich die Western-Scores deshalb auch nur als ein kleines Teilgebiet. Was LONE WOLF MCQUADE betrifft, so war das schon an 1983, als Film und LP herauskam, bei mir ein eher zwiespältiges Erlebnis. Sicher gibt es zwar ein fetziges Thema, aber die elektronischen Effekte und die etwas arg modisch aufgepepte, teilweise recht popige Instrumentierung haben mich nicht besonders überzeugt. Außerdem finde ich, daß bei einigen melodischen Phrasen reichlich und natürlich bewußt Morricone-Imitat drin ist. Auch zwischendrin gibts doch einige Hänger, wo De Masi nicht so arg viel eingefallen ist, so daß es auf Tonträger kein rundes Ganzes ergibt. Von daher war die Musik nie ein richtiger Hit bei mir. SETTE DOLLARI SUL ROSSO zündet da schon ganz anders bei mir, und die Themen entsprechen genau meiner Wellenlänge. das hat hier schon Verve und Intensität, ist ziemlich dicht komponiert. Spielt auf jeden Fall natürlich auch noch in einer anderen Klasse als die demgegenüber doch eher leichtgewichtigeren BARA PER LO SCERIFFO und OKLAHOMA JOHN. Genau deshalb würde ich mir wie ja bereits geschrieben auch nicht noch eine Expandierung auf einer Einzel-CD von BARA oder OKLAHOMA JOHN zulegen wollen, denn eigentlich reicht von jedem Score eine runde Viertelstunde aus. Das kann man als nette Unterhaltung nebenbei laufen lassen, sind aber nun beides keine richtig herausragenden Arbeiten. Das Tromeptenthema bei SETTE DOLLARI hat da für mich eine andere Art von Intensität, das ist schon toll gemacht. Und es ist eben doch nicht so nah dran, daß es ein Morricone-Plagiat wäre. Auch die energiegeladenen Verarbeitungen in den anderen Tracks auf der CD sprechen mich persönlich sehr an. Von der Verarbeitung kann da meiner Meinung nach auch ARIZONA COLT nicht mithalten - vor Allem nicht in der expandierten Fassung! -, aber da ist eben das Thema und dessen Varianten (sowohl gesungen als auch instrumental) auf der CD doch so bestechend, daß man über einige Spannungs-Tracks hinwegsehen kann. Aber noch mehr eine runde Sache ist für mich eben SETTE DOLLARI - den höre ich deshalb auch immer an einem Stück durch in der alten CAM-Fassung. Raritäten auf LP, die es nciht auf CD geschafft haben, gibt es in der italienischen Filmmusik noch einige. Und Vieles erscheint auch deshalb nicht, weil es nicht zu den bei den Sammlern populären Genres gehört und deshalb kommerziell nur sehr schwer absetzbar ist. Das muß man immer beachten. Deswegen braucht man kaum Sorgen haben, daß Italo-Western-Scores unveröffentlicht bleiben würden. Da wird von den Produzenten selbstverständlich so gut wie Alles gebracht, was nur geht, wenn Bänder vorhanden sind und wenn es rechtlich möglich ist. Insofern ist es sicher ganz schön, daß man auch PER UN PUGNO NELL'ÓCCHIO auf CD herausbringt. Nur, wenn ich dran denke, was es Alles an alten Scores (im CAM-Katalog und anderswo) noch an nie veröffentlichten Raritäten außerdem noch gäbe, sieht die Welt halt schon wieder etwas anders aus. Da ist dann PER UN PUGNO beileibe kein Unikat mehr.
  9. Ich weiß jetzt natürlich nicht, welche Quellen Du benützt, aber so große Widersprüche bei den Daten für die Uraufführungen der Filme sehe ich eigentlich nicht. Es gibt ja die IMDB, die oft ganz zuverlässig ist, aber nicht immer. Ich würde Dir auch die Seite "Archivio del Cinema Italiano" noch empfehlen, nur wird da immer das exakte Datum vom Freigabebescheid des jeweiligen Films verwendet. Das eigentliche Uraufführungsdatum ist dann natürlich meist erst ein paar Tage oder auch ein paar Wochen später gewesen. Aber zuverlässig ist die Quelle auf jeden Fall: http://www.archiviodelcinemaitaliano.it/index.php/archivio-del-cinema-italiano.html Für die Italo-Western gibts zusätzlich auch noch das Lexikon von Ulrich Brückner "Für ein paar Leichen mehr", wo ebenfalls alle Startdaten der Western in Italien und Deutschland genau drin sind. Es gibt natürlich noch andere Bücher in itaiien selbst, aber allein mit den drei Quellen kommt man doch sehr gut zurecht und ich sehe da eigentlich keinerlei Probleme. Die CAM-LP von De Masi's PER UN PUGNO NELL'OCCHIO ist nie recht auf den Markt gekommen, das heißt, normal im Laden gabs das auch an 1965 früher nie zu kaufen. Es sind nur eine Handvoll Promo-Exemplare gepresst worden, die dann möglicherwesie an Radiostationen verschickt wurden, aber nicht zum normalen Verkauf kamen. Von daher ist da natürlich ein Mythos um die und auch noch ein paar andere dieser CAM-LPs entstanden, die weltweit gesehen vielleicht gerade mal 2-3 Top-Sammler überhaupt je mal in den Händen gehabt haben. Das ist also nicht mit einer normal üblichen Plattenpressung zu vergleichen. Höchstens vergleichbar mit so was wie David Shires OLD BOYFRIENDS an 1979, wo ja damals wohl auch nur ein knappes Dutzend Promo-Scheiben in den Umlauf kamen. Mir persönlich gefällt die Musik zu PER UN PUGNO NELL'OCCHIO nicht so besonders. In Teilen ist das ganz nett, aber auch durchwachsen und für mich mit zuviel komödiantischem Mickey Mosunig dabei. Sicher gibts ein paar hübsche Einfälle, aber die kurzen Tracks fügen sich nicht wirklich zusammen und Vieles bleibt dann im Endeffekt Stückwerk. Von daher habe ich die CD auch nicht behalten, nur mal kurz hier gehabt. Man könnte sich vielleicht so rund 10-15 Minuten zurecht schneiden, aber insgesamt war es mir denn doch zu sehr auf einem Durchschnittslevel angesiedelt und man hat von den Themen her auch schon Besseres gehört. Normalerweise müßtest Du ja jetzt vom chronologischen Gesichtspunkt her bald mal zu De Masi's SETTE DOLALRI SUL ROSSO vordringen, denn der ist von 1966. Bin mal gespannt, wie der Score bei Dir ankommen wird. Ich habe meine alte CAM-CD davon (die auch QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST noch enthält) gerade mal wieder angehört und bin immer noch sehr angetan davon. Das fatalistisch ausgekostete Trompetenthema zählt für mich zum Feinsten, was De Masi je komponiert hat, genauspo stark ist das heroische "A Man Must Fight". Es macht wirklich Freude, den Themen, von denen es hier mindestens 3-4 im Score gibt, und deren sehr ordentlicher Verarbeitung hier zuzuhören. Es gibt eigentlich nur zwei Aussetzer, mal eine Saloon-Musik und mal ein Arrangement von "Yellow Rose of Texas", aber ansonsten empfinde ich das als eine starke, zündende und abwechslungsreiche Western-Musik, die sich in den insgesamt 14 Tracks über 30 Minuten sehr gut hält. Auch die dramatischen Orchesterausbrüche kommen ziemlich tempogeladen und gepfeffert rüber. Macht echt Laune. Stilistisch ist das schwer einzuordnen, da sozusagen eine Art Brücke zwischen dem alten US-Western-Stil - Moross schielt etwa mal kurz um die Ecke - und dem der typischen Italo-Western gebaut wird. Aber auch De Masis eigene Handschrift ist hier sehr deutlich etwa hinsichtlich der Melodieführung.
  10. Da stimmt aber die Chronologie nun rein gar nicht. OKLAHOMA JOHN kam nämlich lange vor UNA BARA PER LO SCERIFFO in den italienischen Kinos heraus, wurde eigentlich sogar noch an 1964 produziert. Die Erstaufführung war im März 1965, die von BARA PER LO SCERIFFO dagegen aber erst im Dezember 1965.
  11. Um es mal klar zu sagen: Ich selbst war auch nie ein großer Fan der Spaghetti-Western und kam viel eher über völlig andere Scores aus ganz anderen Bereichen zur italienischen Filmmusik. Für mich gibt es wirklich nur ein paar sehenswererte Filme aus der Sparte, der größere Rest ist eher zum Abwinken. Von daher hat es auch früher länger gebraucht, daß ich mir die Musiken mal so nach und nach angehört habe. Wenn man sich jedoch für italienische Filmmusik interessiert und für bestimmte Komponisten, kommt man an dem Genre irgendwann nicht vorbei. Wenn ich so einen Score auf LP oder CD höre, dann abstrahiere ich meist vom Film selbst. Ich habs ja oben schon geschrieben: Es gibt einige Musiken für das Genre, die mir zum autonomen Anhören gut gefallen und die Spaß machen, aber doch auch sehr Vieles, was sich im mittelprächtigen Bereich bewegt oder noch darunter. Hier mit Goldsmith daherzukommen, bringt eher wenig, denn die Italo Western-Musik ist zumeist eine ganz andere Art von Musik, die auch von anderen Traditionen herkommt. Zudem spielt bei vielen Scores die Morricone-Imitation selbstverständlich eine große Rolle: Wie oft wurden alle möglichen Komponisten gebeten, den Morricone-Sound für einen zweitklassigen Streifen nachzumachen? Auch die damals sich gerade im Trend befiindliche Pop-Musik der 60er hat ja eine große Rolle gespielt. Mit Goldsmith zu vergleichen ist insofern wie wenn ich Äpfel mit Birnen vergleichen würde. Obowhl man immerhin sagen muß, er hat auf der anderen Seite mit dem Pfeifen im Main Title von BANDOLERO und ein paar anderen typischen Instrumentierungen doch auch mal ein wenig auf den damals populären Italo-Western-Sound reagiert bzw. ein Stück davon integriert. Ein Morricone arbeitet oft auch mit kleinteiligen Motivzellen, die dann verdichtet und übereinander geschichtet werden, aber es ist trotzdem einfach ein Stil für sich. Entweder mag man das oder halt nicht. Es gibt vielerlei Arten von Musik, die auf ihre Art gelungen sein können, und nicht Alles muß sich deshalb nach Goldsmith anhören. Wäre eigentlich auch schlimm, wenn es so wäre. Was Actionmusiken in Italo-Western betrifft, so finde ich einige Tracks in Morricones LA RESA DEI CONTI (THE BIG GUNDOWN) doch auch äußerst gut gemacht. Das hat schon Verve und Klasse, bietet ein zündendes orchestrales Feuerwerk. So was gibts in anderen Italo-Western in der Qualität auch nicht so oft zu hören. Oder natürlich wie oben schon erwähnt giibt es in Nicolais 10000 DOLLARI PER RINGO kraftvoll-zupackende Actiontracks, die mitreißen können und wo von der furiosen Rhythmik her schon auch mal ein wenig Strawinsky anklingen kann wie in "Incontro di fuoco" oder "Repressione violenta", wo Dissonanzen wild übereinander geschichtet werden, aber in der Spielart findet man das ansonsten eigentlich nicht so oft. Bei den vielen Komponisten aus dem B und C--Sektor fehlte es für solche Orchesterkniffe dafür dann natürlich auch oft an der Könnerschaft.
  12. Ja, die beiden De Masis UOMO DELLA VALLE MALEDETTA und UNA BARA PER LO SCERIFFO sind auf alle Fälle dem früheren ALLA CONQUISTA DELL'ARKANSAS vorzuziehen. Ich habe von BARA PER LO SCERIFFO nur die alte Beat-Fassung (gekoppelt mit RANCH DEGLI SPIETATI) mit rund 15 Minuten, aber das läßt sich eigentlich nur mit wenigen Hängern ganz gut durchhören, besticht durch ein flottes, am Anfang auch gesungenes Hauptthema, dann gibts ebenfalls wieder dahingaloppierende, auch mal nostalgisch angehauchte Passagen, die fast noch aus einem US-Western stammen könnten, und den typischen "brassy sound" von De Masi für die dramatischen Sequenzen. Für mich persönlich werden diese 15 Minuten sicherlich ausreichen. Bringt die Verlängerung auf der neueren Beat-CD hier denn wirklich noch was oder kommen wie üblich doch nur Spannungs-Tracks noch hinzu? Viele Szenen in den Italo-Western bestehen natürlich schon aus zerdehntem Lauern, Hinterhälten und Wartestellungen. Gerade das wird dann oft durch rein atmosphärische Suspense-Musik untermalt. Szenen nur mit reinen Schlägereien oder Action mußten dagegen nicht immer noch musikalisch illustriert werden, die Pistolenschüsse waren ja oft laut genug.. Es ist ja auch nicht so, daß die Filme von von Anfang bis Ende vollgepfropft wären mit Musik, es gibt schon auch immer wieder musikalische Pausen. Zu Nico Fidenco noch ein paar Anmerkungen: Eigentlich war er ja überhaupt kein richtiger Komponist, sondern nur ein popuiärer Schlagersänger. Er hatte nie irgendeine klassische Ausbildung gehabt, konnte wohl auch kaum Noten aufs Papier bringen. Das war ein Teamwork, das da die ganze Zeit über ablief. Der eigentliche Komponist bei den Fidenco-Scores war im Prinzip Gianni Dell'Orso (der Schwager von Edda Dell'Orso), der witzigerweise seit vielen Jahren ja der Chef vom italienischen GDM-Label ist. Dell'Orso hat das in einem Interview mal geschildert, wie die Arbeit mit Fidenco ablief: Fidenco hat praktisch die Melodien vorgesummt, die er haben wollte, Alles Andere, das Arrangement, die Orchestrierung, das harmonische Konstrukt, eben die ganze Kompositionsarbeit, war dann seine Sache.Mit den reinen Spannungsmusiken der Scores, wo keine Melodie vorkommt, hatte Fidenco dann überhaupt nichts zu tun, Das ging voll und ganz auf Dell'Orso's Konto. Man hat eben Fidenco für den Credit genommen, weil sein Name damals Mitte 60er schon sehr bekannt war - sozusagen als Aushängeschild. Und er war der Melodienlieferant für das oder die Hauptthemen der Musiken, aber nicht mehr.
  13. Ich würde mich da schwer tun, alle Spaghetti Western-Musiken richtiggehend über einen Haufen zu werfen. Eines ist klar: Es gibt natürlich ziemlich viel Murks in der ganzen Sparte, und wenn man sich nicht ein wenig auskennt, kann man sich recht schnell verlaufen. Ich finde, daß Du schon mit einige der schlechtesten Kandidaten überhaupt ausgewählt hast bei den Titeln, die Du weiter oben erwähnst. Ich habe die fast alle mal gehört, würde aber keinen von diesen Titeln je kaufen wollen. Fidenco ist ja ganz schwach, auch Migliardi natürlich, genauso bringt der Romitelli über eine längere Strecke hinweg nichts. Da würde ich dann schon sagen: Es gibt zumindest noch wesentlich Besseres als diese kaum jemanden vom Hocker reißenden zweit- und drittklassigen Arbeiten, eben Musiken, die dann auch demgegenüber wenigstens noch Mittelmaß darstellen. Oft ist es aber so, daß gerade bei diesen Italo-Western-Scorees ein oder zwei Tracks mit dem Hauptthema auf Samplern reichen, da der Rest oft genug in reinem Suspense versandet. Und auch ich würde mit Dir darin übereinstimmen, daß aufs Ganze gesehen sicherlich die einflußreichsten und mitreißendsten Italo-Western-Scores von Morricone geschrieben worden sind. Der Einzige, der ihm in diesem von ihm begründeten Western-Stil halbwegs das Wasser reichen konnte mit Arbeiten wie ANDA MUCHACHO SPARA, INDIO BLACK oder CORRI UOMO CORRI war Bruno Nicolai. Aber er war eben ja auch jahrelang Morricones Dirigent gewesen und konnte den Stil dementsprechend gut imitieren. Wobei man wiederum sagen muß: Er konnte in seinen Anfangsjahren aber auch anders, und sein 10000 DOLLARI PER RINGO von 1965 ist eine richtig starker Score, wo ein tempogeladenes Orchesterfeuerwerk auf den Hörer losgelassen wird nebst einem schmissigen Song, das insgesamt wenig bis gar nichts mit Morricone zu tun hat. Solltest du Dir auf jeden Fall mal anhören. Ist weitaus sinnvoller als wie die bereits oben genannten, arg trashigen Exemplare der Gattung. Daß es völlig anders geht denn wie bei Morricone, zeigt sich etwa auch bei Rustichelli in L'UOMO, L'ORGOGLIO, LA VENDETTA oder dem gerade von Jürgen erwähnten UN MINUTO PER PREGARE. Da ist viel eher opernhaftes Pathos nebst urwüchsiger Folklore angesagt, und melodisch ist das natürlich bezaubernd. Gerade diese beiden Musiken würde ich noch ein ganz gehöriges Stück über UCCIDI O MUORI stellen, der da auf keinen Fall rankommt. UCCIDI O MUORI ist nett, beileibe aber nicht herausragend. Noch eine Variante gibt es natürlich bei Piero Piciconi in MINNESOTA CLAY von 1964, wo sich Streicher aus den Karl May-Musiken mit stark synkopierten Rhythmen und Jazz-Elementen mischen. Eine recht interessante und originelle Musik, die ich ebenfalls zum Hören empfehlen würde. Ich habe zu allen drei Scores vor langer Zeit auch mal Rezensionen geschrieben. Die kannst Du hier bei Interesse nachlesen: http://www.cinemusic.de/2005-3460-italo-western-special-5-cds-zu-rustichelli-nicolai-piccioni/ Es gbt im übrigen auch deutlich bessere De Masi-Western-Musiken als den mir zu biederen ALLA CONQUISTA DELL'ARKANSAS, der mich in den frühen 80ern - ja, so lange gibts davon bereits einen Tonträger - schon auf LP ziemlich gelangweilt hat. Wiederum ein Score, den ich nicht kaufen würde. Da bieten De Masi's SETTE DOLLARI SUL ROSSO oder ARIZONA COLT, selbst sein QUANTO COSTA MORIRE doch weitaus zupackendere und zündendere Themen. Gerade bei SETTE DOLLaRI ist teilWeise auch noch ein wenig amerikanischer Einfluß präsent. Und ARIZONA COLT hat einen der ohrgängisten Italo-Western-Songs überhaupt. Sollte man von daher auf jeden Fall kennen, wenn man sich näher mit dem Genre beschäftigen möchte. Es gibt auch darüber hinaus durchaus noch einige zumindest teilweise ganz ansprechende und nicht schlecht gemachte Scores, die vielleicht nicht ganz durch gelungen sind, aber die man sich zumindest schon zulegen kann und immerhin mehr zu bieten haben als die von Dir bisher vorgestellten Titel. Die jetzt alle noch zu benenen. würde ein wenig den Platz sprengen. Was die Sequenzierungen auf den CDs anbetrifft: Im Großen und Ganzen wird schon einigermaßen chronologisch sequenziert auf den Digitmovies und GDM-CDs, nur eben meist keine Titel vergeben. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind meistens nur die Ansagen mit den "M-Nummern vorhanden bei den Originalbändern und daran hangelt man sich entlang, schaut nicht noch lang erst den Film extra an, um Alles abzugleichen. Da hätten sie sonst etwas viel Arbei bei den italienischen Labels. Das heißt, M1 ist sozusagen meist der Main Title und so wurde dann bei den Recording Sessions entsprechend den Filmszenen fortlaufend durchnumeriert. Das ist sozusagen der Leitfaden, wenn so eine CD produziert wird. Oft fehlen weitere infos, also sogenannte Cue Sheets, so daß eben auch keinerlei Titel da sind. Dann gibt es eine Auflage vom italienischen Rechteinhaber Sugar, daß bei einer CD-Veröffentlichnug hinter jedem Track der Filmtitel nochmals notiert werden muß oder man eben noch einfach die Tracks in der Art à la "Seq. 1, Seq. 2" etc. bringt, die wiederum M1, M2 etc. entsprechen. Manchmal wird natürlich auch zusammen editiert, wenn es mehrere kurze Stückchen gibt, die man besser nicht für sich allein stehen läßt. Die übliche Prozedur war schon die, daß die Recording Sessions nach "M"s gegliedert waren. Denn sonst hat man ja überhaupt keine Übersicht. Oft ist es aber auch vorgekommen, daß man ein Stück mehrfach verwendet hat im Film. Nicht unbedingt war das dann aber eine Entscheidung des Komponisen. Nicht ganz so oft dürte es jedoch passiert sein, daß wie bei Morricone/Leone geschehen ein großer Teil der Musik schon im voraus komponiert worden ist. Für diesen Luxus war ja gar keine Zeit vorhanden bei den vielen Aufträgen, die für die Komponisten zu vergeben waren und bei dem Output, der abgedreht wurde in den paar Jahren Mitte/Ende der 60er. Auch nicht ganz alltäglich ist dieses Vorgehen wie bei VERMÄCHTNIS DES INKA. Das hat aber einfach wohl damit zu tun, daß es sich hierbei um eine Co-Produktion von drei verschiedenen Ländern gehandelt hat, der Regisseur ein Deutscher war und den Komponisten ohnehin nie gesehen hat. Ist daher also recht eigenartig gelaufen. Es sind zwar viele Bänder im Lavagnino-Nachlaß da, aber nicht von VERMÄCHTNIS DES INKA. Daher wird also auch nichts veröffentlicht werden in naher Zukunft. Der zuständige Musikverlag war ohnehin Chiappo/Sonorfilm - und da kann man meist davon ausgehen, daß dort eh nichts mehr vorhanden ist. Zum Abschluß noch eine kurze Anmerkung: Lavagnino konnte durchaus großartige Westernmusik im traditionellen amerikanischen Stil schreiben, wenn er wollte. Ich verweise da nur auf den wunderbaren Track "Covered Wagons" in SOLEDAD. Das ist schon tolle epische Musik mit Chor und allem Drum und Dran - fast all dem vorzuiehen, was er später im Genre selbst dann komponiert hat. Da zeigt sich einfach, was machbar ist, wenn die Inspiration und der nötige Enthusiasmus tatsächlich vorhanden ist.
  14. Hierzu doch einige Anmerkungen: Die komplette Partitur (M1-M81) liegt - wie übrigens alle Lavagnino-Partituren aus dem Nachlaß - in der Bibliothek Lugi Chiarini im Centro Sperimentale in Rom vor, und zwar unter dem italienischen Verleihtitel VIVA GRINGO. Hier nachzusehen: http://scuolacinema.sebina.it/SebinaOpacSCR/Opac Das heißt also, es ist schon speziell für VERMÄCHTNIS DES INKA ein Score komponiert worden, obwohl es im Karl May-Buch von Michael Petzel ja heißt, es sei eventuell für einen anderen Italo-Western schon angefertigt worden. Regisseur Georg Marischka hat vom italienischen Co-Produzenten PEA ein fertiges Musikband erhalten und die Musik mit den passenden Szenen kombiniert. So bei Petzel zu lesen. Allerdings hat es in gewiessem Sinne schon auch seine gewisse Berechtigung, wenn Marischka anscheinend behauptet hat, er hätte die Musik auch in anderen Filmen gehört. So hat z.B. Lavagnino nur ein paar Monate nach INKA den Italo-Western GLI UOMINI DAL PASSO PESANTE (deutscher Titel: DIE TRAMPLER) vertont und der Main Title bzw. das Hauptthema ist nur ganz leicht abgeändert gegenüber dem aus INKA. An einigen Stellen klingt es fast gleich. Der komplette Film ist auf Youtube drauf. Es läßt sich also dort schön nachhören. Zum Anderen frage ich mich natürlich schon, wie man nun ausgerechnet darauf kommt, über so eine recht lasche Musik wie die zu 5000 DOLLARI SULL'ASSO Lavagnino entdecken zu wollen. Gerade Du, Mephisto, bist doch ansonsten Jemand, der auch eher von der Klassik herkommt und dem sinfonische Verarbeitung, kompositorische Dichte, inspirierte Melodik und farbige instrumentierung wichtige Kriterien sind. So was wird man in den Italo-Western von Lavagnino aber wohl eher weniger finden. Das war nun mal einfach nicht sein Terrain, weil er auch zu einer anderen Generation aus den 50ern gehörte, zu einer alten Garde, die Mitte der 60er dann kaum noch gute Filmangebote erhielt. Filme aus der A-Kategorie waren so ab Mitte 60er ganz im Gegensatz zu den Jahren davor für ihn einfach vorbei, wenn man mal von ganz wenigen Ausnahmen wie Orson Welles' FALSTAFF absieht. Hätte er also nicht die Billigproduktionen angenommen, wäre er wohl ganz weg gewesen vom Fenster. Und er hat ja dann auch Anfang der 70er ganz aufgehört. Die Western-Arbeiten zählen von daher eher zu den Schwachstellen in seinem Oeuvre, die meist äußerst dürftigen Filme haben ihn auch nicht inspiriert wie er das selbst in Interviews betont hat: Sie haben weder Herz noch Verstand angesprochen, so meinte er. Es sind reine Routinearbeiten gewesen, die in ein paar wenigen Tagen erledigt wurden und wo es meist nur um rein atmosphärische Funktionalität im Filmzusammenhang ging. Wie in den USA gab es ab Mitte der 60er radikale Veränderungen in der europäischen Filmindustrie und die traditionelle Sinfonik war nicht mehr unbedingt angesagt. Man merkt das in den Lavagnino-Western ja auch, wie er versucht hat, sich da ein wenig den Trends anzupassen, auch ein paar Pop-Stilismen der Zeit einfließen zu lassen. Man hats gemacht, weil es ein Job war und man seinen Lebensunterhalt damit verdienen mußte. Er hatte auch nicht wie manch andere italienische Komponisten bekannte und wirklich gute Regisseure, mit denen er über Jahrzehnte an renommierten Filmen zusammenarbeiten konnte. Da kam insofern irgendwie Alles zusammen. Und gerade ab Mitte der 60r Jahre gabs nur noch wenige Sachen von ihm, wo er sich wie früher üblich musikalisch wirklich voll entfalten konnte und wo man auch seinen ihm ganz eigenen Stil sofort heraushört. Den typischen sinfonischen Lavagnino-Stil muß man zumeist in den früheren Scores suchen und vor Allem auch in anderen Genres, wo er sich viel mehr zu Hause fühlte: Im Kostüm- und Hisotrienfilm, im Epos, im Melodram und im exotischen Dokumentarfilm. Überhaupt ist die klangsinnliche Exotik ja seit Mitte der 50er Jahre ein essentieller Bestandteil der wichtisten Lavagnino-Scores gewesen. Ich empfehle deshalb, einfach mal in unsere Alhambra-Reihe reinzuhören. Die CDs sind ja alle erhältlich und es gibt ja heutzutage doch die Mögiichkeit, die es früher nicht unbedingt gab, das Alles ganz einfach zu entdecken. Vielleicht machen ja auch die Ankündigungstexte zu den einzelnen CDs von mir ein wenig neugierig auf die Musik. Einfach doch mal etwa die zu L'IMPERO DEL SOLE (1956), CONTINENTE PERDUTO (1955), L'ULTIMO PARADISO (1957), SOLEDAD (1958)/L'OCEANO CI CHIAMA (1957) oder I BRIGANTI ITALIANI (1961) durchlesen: http://www.soundtrack-club.net/content/product_info.php?products_id=813 http://www.soundtrack-club.net/content/product_info.php?products_id=2703 http://www.soundtrack-club.net/content/product_info.php?products_id=3812 http://filmscoremonthly.com/board/posts.cfm?threadID=92665 http://filmscoremonthly.com/board/posts.cfm?threadID=104737 Auch andere bekannte Lavagninos wie THE NAKED MAJA, VENERE IMPERIALE, L'ASSEDIO DI SIRACUSA oder die Musiken zu den Orson Welles-Filmen OTHELLO und FALSTAFF sind selbstverständlich sehr zu empfehlen. Es gibt da eine ganze Latte von Titeln, die man nennen könnte. Nur, wenn man mit 5000 DOLLARI anfängt und gar meint, das sei repräsentativ für Lavagninos eigentlichen Stil, ist man ganz sicher auf der falschen Fährte.
  15. Oh sorry, merke das beim nochmaligen Durchlesen gerade jetzt erst. Das war natürlich Quark und da hat mich die Walton-Passacaglia oben mit dem "Death of Falstaff" wohl etwas aus dem Konzept gebracht. Bei YOUNG BESS wird natürlich der Tod Heinrichs VIII. (= Charles Laughton) mit einer Passacaglia untermalt, und bei DIANE der von King Francis I. (= Pedro Armendariz). So war es gemeint.
  16. Merkwürdig, daß Miklos Rozsa's Historien-Scores in diesem Forum hier anscheinend recht unbekannt zu sein scheinen. Dabei stammen zwei der berühmtesten und öfters in der Sekundärliteratur angesprochenen Filmmusik-Passacaglien aus YOUNG BESS und DIANE. In beiden Fällen liegt der gregorianische Choral Dies Irae der jeweiligen Passacaglia zugrunde und in beiden Fällen handelt es sich um Sterbeszenen. In YOUNG BESS wird Falstaffs Tod damit untermalt, in DIANE der Tod von König Heinrich VIII. Die Passacaglien sind natürlich auch auf den jeweiligen Soundtrack-CDs von YOUNG BESS und DIANE mit oben. Überhaupt ist die Passacaglia in manchem Historienfilm früher zu finden gewesen. Waxman beispielsweise hat sie in THE SILVER CHALICE im Track "The Stranger" (so betitelt auf der Tsunami-CD) bzw. "Luke" (auf der FSM-CD) verwendet. Wer sich für Passacaglien in der Filmmusik interessiert, kommt auch an David Raksins FOREVER AMBER wohl kaum vorbei. Der ganze Score basiert eigentlich auf einer Passacaglia-Figur, die gleich im Main Title vorgestellt wird. Roy Prendergast hat in seinem Buch "Film Music: A Negelected Art" schon in den 70ern einige Partiturbeispiele daraus herausgegriffen, wo man diesese Passacaglia-Figur sehr schön sieht (siehe Seite 234ff. in dem Auszug): http://www.acousticslab.org/filmmusic/Prendergast1992_06-07.pdf Was etwa Raksin im großartigen und komplex verschachtelten Track "The Great Fire" daraus macht und was er selbst dabei eine "quasicaglia" nannte, das steht etwa den oben angesprochenen Tracks aus Goldsmiths BLUE MAX hinsichtlich kompositorischer Brillanz in keinster Weise nach. Vor Allem Raksins Einspielung aus den 70ern mit dem New Philarmonia Orchestra für RCA ist hier nacnhhaltigst zu empfehlen. "The Great Fire" ist auf der CD der Track 5 und gehört für mich zum Besten, was US-Filmmusik zu bieten hat Auch ein Virgil Thomson mit seiner eindrucksvollen Passacaglia "Robbing the Alligator's Nest" für LOUISIANA STORY von 1948 sollte bei so einer Auflistung ja eigentlich nicht fehlen. Und selbst bei Morricone kann man beim Historienfilm LA DAME AUX CAMÉLIAS etwa eine Passacaglia finden. Oder bei Philippe Sarde in LA FILLE DE D'ARTAGNAN ("Passacaille mazarina").
  17. Das Problem, warum RIO BRAVO bislang nicht im Original veröffentlicht wurde, lag wohl eher nicht mal so sehr an den Bändern, denn die sind ja bei Warner wie meist bei denen aus der Zeit zwar nicht in Stereo, aber wenigstens in Mono erhalten, sondern war eher ein rechtliches. Die Songs von Dean Martin und Ricky Nelson zu lizenzieren dürfte eine Heidenarbeit und auch ziemlich kostspielig gewesen sein, weil das eben dann nicht mehr allein nur über Warner abgewickelt werden kann, sondern man es da mit zusätzlichen Rechteinhabern zu tun hat. Hinzu kommt, daß nach wie vor nicht Allzuviel von Warner aus der Zeit Ende 50er auf CD veröffentlicht wird. Seit es FSM nicht mehr gibt, macht nur noch Intrada von dort und gerade aus der Zeit sehr sporadisch was und auch das läuft jedes Mal im Prinzip über Lukas Kendall als Mitproduzent ab, weil er nach wie vor wohl den besten Kontakt dorthin hat. Aber trotzdem ist es offenbar immer noch so, daß Warner eben nicht so offenherzig bei der Sache ist wie etwa Paramount, wo jedes Label ran darf und Alles, was da ist, nach Belieben dann herausgebracht werden darf. Wahrscheinlich gibt es auch nach wie vor dort eine Limitierung, wieviele Titel aus ihrem Archiv aus der Zeit der 50er/60er (vor 1954 haben sie zudem eh nichts mehr im Archiv, weil Alles vernichtet!) pro Jahr überhaupt veröffentlicht werden dürfen. Kendall hatte sich meiner Meinung nach in diesem Sinne bei FSM auch schon mal geäußert. Es gilt auch zu bedenken, daß es etwa die beiden ebenfalls bei Warner liegenden Rosenman-Scores zu den berühmten James Dean-Filmen EAST OF EDEN und REBEL WITHOUT A CAUSE ja z.B. auch immer noch nicht im Original auf CD gibt. Das scheint ebenfalls eine lizenzrechtlich gesehen genauso schwierige Sache zu sein wie bei RIO BRAVO. Jedenfalls gibt es zu den Bändern von RIO BRAVO ja bereits folgendes Statement: "Warner Bros. provided access to their entire scoring session elements, including the lengthy session masters stored on 2″ monaural tape. As the composer had scored a longer picture than what was finally released, Intrada discovered a number of additional cues not in the finished picture, as well as two versions of the trailer music and some fascinating alternates." Im Film selbst ist ja nicht so viel orchestrale Tiomkin-Musik drin. Einiges wurde nicht verwendet umnd Anderes eben einfach für die ursprüngliche 3-Stunden-Fassung geschrieben, die dann auf die offizielle 140 Minuten-Fassung heruntergekürzt wurde. Dennoch bleiben eigentlich schon drei Themen aus dem Film unbedingt haften. Das "Rio Bravo"-Thema, das im Main Title erklingt und dann ganz am Ende von Dean Martin im Finale gesungen wird ("And the rolling Rio Bravo rolls along"), dann natürlich das Deguello-Trompetenthema (bei Intrada jetzt "De Guella" genannt), das bei THE ALAMO im folgenden Jahr 1960 wieder auftaucht, und dann das Saxophon-Liebesthema für Angie Dickinson. Alle drei Stücke sind auch auf dem tollen Western Film World of Dimitri Tiomkin-Sampler von Laurie Johnson (1981 als Unicorn-LP erschienen) enthalten.
  18. "Cindy" fehlt auf der Doppel-CD, und zwar aus folgenden von Doug Fake im Intrada-Forum angeführten Gründen: Ricky Nelson and Dean Martin both performed "My Rifle, My Pony And Me" and we've included it as well, though the fees for these songs stacked up considerably. "Cindy" is just an old folk tune that was recorded wild to the picture and had nothing to do with Tiomkin's scoring sessions nor anything to do with lyricist Paul Francis Webster. Paying for it's inclusion would only have increased the costs still higher. It would not have enhanced Tiomkin's masterpiece in any way. If I pounce, it's because I've worked for years and years to make this project happen, including not only acquiring rights to both Tiomkin/Webster-penned songs, but also including both of Dean Martin's solo takes done for Capitol back in the day - which added still further costs. This project was all about Tiomkin. We've included everything he contributed, right down to the solo whistles. Even Martin's bathroom vocal while he shaved is here. Saying virtually nothing about this release except to mention that we didn't include an old traditional folk song having nothing to do with Tiomkin raises my eyebrows. What's left of them. --Doug
  19. Sämtliche Herrmann-Partituren sind im Nachlaß, den sogenannten "Bernard Herrmann Papers", in der University of California in Santa Barbara untergebracht. Vieles davon, unter Anderem auch SINBAD, in Microfilm-Form auch in der Library of Congress. Alles Nähere, wie man an die Partituren rankommt und was man dazu machen muß, ist hier genau nachzulesen: http://www.oac.cdlib.org/findaid/ark:/13030/tf438nb3jd/entire_text/ Es gibt zu SEVENTH VOYAGE OF SINBAD auch bereits eine äußerst detaillierte Partitur-Analyse von Bill Wrobel - fast Takt für Takt der Partitur - auf seiner Film Score Rundowns-Seite: http://www.filmscorerundowns.net/herrmann/sinbad.pdf
  20. Auch im Falle von Jarres VILLA RIDES kam das Original von Universal France an 2011 einige Monate vor der Tadlow-Neuaufnahme, so daß Fitzpatrick dann das Nachsehen hatte. Im Übrigen kommt da jetzt keine Neueinspielung von TEN COMMANDMENTS nächstes Jahr. Das scheint hier nicht richtig angekommen zu sein. Vor drei Jahren hat Fitzpatrick das mal geplant, aber dann wieder total abgeblasen, als er vom Intrada-Projekt hörte. Das Ding ist daher schon längst gecancelt und auch nicht wieder in Angriff genommen worden. Alles hier nachzulesen: "Yes it must...because 3 years ago I was going to do a new complete recording of THE TEN COMMANDMENTS but was put of doing so by Intrada as they were going to issue "the ultimate" Ten Commandments set. Wish I had gone ahead with the recording now. Still have to to a new recording of BLU MAX sometime as had all the score and pats done and a recording date set when LaLa then announce their edition... And the Herrmann score I will be re-recording in just a few weeks will now also have a re-release just about the same time I wanted to release my recording... a case of bad timing?" http://filmscoremonthly.com/board/posts.cfm?threadID=106229&forumID=1&archive=0 Und es ist sicher schon so, daß die einzelnen Labelinhaber darüber Bescheid wissen, wer was macht. Warum wüßte Bruce Kimmel sonst, daß das Original von Herrmanns MARNIE seit langem in der Mache ist und wohl in ein paar Monaten von einem der bekannten Labels - vermutlich Lalaland und nicht Intrada oder Varese oder Kritzerland - kommt?
  21. Gängige Praxis allerdings ganz und gar nicht in den 50ern, das heißt 1950, als THE UNINVITED in die deutschen Kinos kam. Zum damaligen Zeitpunkt enthielt der Film selbstverständlich auch noch in der deutschen Fassung die Originalmusik von Victor Young. 30 Jahre später sah die Sache allerdings dann schon ganz anders aus. Im Januar 1980 kam DER UNHEIMLICHE GAST erstmals im deutschen Fernsehen in der ARD und für diesen Sendetermin mußte eine neue Synchronisation angefertigt werden. Und warum? Weil zu diesem Zeitpunkt keine Kopie der deutschen Kinofassung von 1950 mehr existierte, da alle 35mm-Kinokopien wohl bereits in den 60ern vernichtet worden waren, als der Film aus dem Verleih genommen wurde und insofern für den Kinoeinsatz eben absolut keine Rolle mehr gespielt hat. Da die ARD den Film also 1980 nun in einer deutschen Fassung zeigen wollte, mußte das Original logischerweise neu vertont werden. Und natürlich wurden an 1980 - wie in 90% der Fälle bei einem solch älteren Film von 1944 - keine sogenannten IT-Bänder mehr von Paramount aus den USA ans deutsche Synchronstudio geliefert. Auf diesen internationalen Tonbändern (daher der Fachausdruck IT-Bänder) befinden sich Originalmusik und Originalgeräusche untrennbar zusammen - das sind insofern also keine "Master" mit reiner Musik wie sie für CD-Veröffentlichungen verwendet wurden und werden.. Die deutsche Synchronanstalt stand dann also an 1980 mal wieder vor dem Problem: Was tun? Entweder die Originalmusik an all den Stellen raus, wo Dialog vorkommt, und in den Pausen drinlassen oder die Musik mit Mini-Orchester (rund 20-30 Mann) durch notenmäiges Transkribieren neu einspielen. Letzteres hat man z.B. für CASBLANCA an 1974 gemacht, ist aber in der Regel viel zu kostspielig gewesen und lohnt sich kaum. Folglich wird an allen besagten Dialogstellen und eventuell sogar an den "freistehenden" deutsche Archivmusik genommen, die bei den Synchronanstalten natürlich zur Genüge herurmliegt. Es gab auch einige deutsche Komponisten, die bereits in den frühen 60ern Library-Musik für den Hamburger Schacht-Musik-Verlag eingespielt haben. So Einiges davon ist dann in den deutschen Fassungen von CITIZEN KANE oder den Bogart-Filmen wie etwa MALTESE FALCON oder THE BIG SLEEP auch zu hören.
  22. Die Angabe findet sich ja im Booklet-Innenteil: "Ciaccona" Adattamento e orchestrazione di Michael Pattersson". Also eindeutig Adaption und Orchestrierung dieses Tracks von Pattersson und nicht von Rosenman.
  23. Ja, das stimmt, die ersten 7 Minuten des Tracks stimmen im Großen und Ganzen so etwa mit der Orchesterfassung von Respighi überein und dann kommt sozusagen der Bruch mit dem deutlich moderner gehaltenen Einschub - fast schon so Richtung Zweite Wiener Schule -, der bei Respighi natürlich nicht da ist. Das geht mit Sicherheit auf das Konto des Orchestrierers Pattersson, der das auf die Art und Weise ausgearbeitet hat, um, noch Platz für eine Art Violin-Improvisation zu schaffen. Erst in der letzten halben Minute geht das Stück wieder ähnlich wie bei Respighi in das Hauptthema über. Man könnte auch sagen: Der moderne Einschub nähert sich dann mehr der eigentlichen Rosenman-Filmmusik an, die Patterson ja auch orchestriert hat. Jedenfalls in der Tat eine sehr gute CD und ein starker Score von Rosenman, zugleich herb und lyrisch in seinem altbekannten Stil. Ein bißchen schade, daß die CD anscheinend vor Jahren bereits überall völlig unterging und kaum zur Kenntnis genommen wurde. Das liegt natürlich vor Allem wohl daran, daß sie nicht bei einem US-Label erschien, sondern in Italien bei Rai Trade, worum sich eben die meisten Sammler nicht besonders kümmern. Noch eine ganz interessante filmmusikalische Ergänzung zum Hauptthema der Chaconne. Auch Armando Trovajoli hat sich wohl bei seiner 1963er-Musik zum Historiendrama IL FORNARETTO DI VENEZIA bereits davon inspirieren lassen. Höre Dir mal das zauberhafte, gesungene Thema im Main Title, dem "Canzone Veneziana", an ab etwa 0:35, und Du wirst sicher auch gleich feststellen, wie das Chaconne-Hauptthema da nicht allzu weit weg ist. Ich gehe also davon aus, daß Trovajoli das damals auch schon kannte: http://www.youtube.com/watch?v=s6D50xUqtB0
  24. Da offensichtlich keiner der Board-Mitglieder sonst diese CD hat, antworte ich doch mal auf die obige Frage. JURIJ ist in der Tat der letzte Rosenman-Score aus dem Jahre 2001, aber die "Ciaccona per violino", das letzte 11-minütige Stück auf der CD, stammt gar nicht von ihm. Im Booklet ist das etwas irreführend gekennzeichnet. Bei dieser Chaconne handelt es sich eigentlich um eine Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Violinisten Ferdinand David entdeckte Partitur, die dieser dem italienischen Barockkomponisten Tomaso Vitali zuschrieb. Diese Fassung des Konzertstücks war komponiert für Violine und Generalbass. 1908 hat Ottorino Respighi davon eine Orchesterfassung angefertigt, die sich dann Chaconne für Violine, Orgel und Streicher nannte und auch etwa auf Youtube zu finden ist. Nähere Ausführungen zu den verschiedenen Versionen der Chaconne und den musikwissenschaftlichen Streitpunkten, von wem das Werk denn nun wirklich ursprünglich stammt, etwa hier: http://www.musikmph.de/musical_scores/vorworte/930.html Die Fassung nun, die sich auf der italienischen Rosenman-CD befindet, ist zwar ähnlich zu der von Respighi, aber nicht identisch und wurde wohl vom im Booklet erwähnten Michael Pattersson speziell für den Film adaptiert. Das Stück erklingt ganz offensichtlich ganz zum Ende des Films als öffentliches Konzert des jungen Geigers.
  25. Nun, das ist ganz einfach: Wenn man die unglaublich schwelgende Passage mit leichtem Mahler-Touch von 11:18 - 11:40 beim langen Track "Adventure on Earth" seit 1982 - zunächst durch extensives Hören der LP und danach auch im Film selbst - äußerst liebgewonnen hat, sie eigentlich für mit die schönste des ganzen Scores hält und dann in den 90ern bei der CD mit der sogenannten kompletten Filmfassung erstaunt feststellen muß, daß genau das da urplötzlich fehlt, auf das man natürlich wie üblich wartet, so ist das schon reichlich irritierend. Genauso ist es mir nämlich ergangen, und von daher werde ich auch nie auf die alte Albumfassung verzichten können.
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