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Mephisto

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  1. Lorne Balfe - IRONCALD Bei IRONCLAD handelt es sich um die bisher teuerste walisische Independent-Filmproduktion. Der Film behandelt das beliebte Motiv einer gegen eine Übermacht durch tapfere Helden verteidigten Festung. IRONCLAD ist eine äußerst brutale und actionlastige Version dieser Geschichte, in der ein paar Kreuzritter die Bewohner von Rochester Castle im Kampf gegen eine von King John angeführte Horde Nordmänner unterstützen. Bei allem guten Willen krankt IRONCLAD an den üblichen Ärgernissen des zeitgenössischen Kinos: Eine furchtbar verwackelte Kameraführung lasst einen in den Actionsequenzen kaum nachvollziehen, wer gerade was macht, billig aussehende CGI-Bluteffekte wollen sich nicht in das Gesamtbild einfügen, Farbfilter rauben dem Bild jede Natürlichkeit etc. Die Musik zu IRONCLAD komponierte Lorne Balfe, der bisher als Assistenz in den Remote-Production-Studios für diverse Großproduktionen „additional music“ komponiert hatte. Ich habe mir die CD damals beim Colosseum-Räumungsverkauf bestellt, weil ich dachte, mir noch einmal einen Überblick über jüngere Strömungen der Filmmusik zu verschaffen, nach einer Filmsichtung, in der ich Balfes Musik hauptsächlich als grummelnden Brei wahrnahm, habe ich die CD aber doch erstmal im Regal verstauben lassen. Nun aber war die Zeit reif, IRONCLAD eine weitere Chance zu geben und ich bin ehrlich gesagt positiv überrascht. Natürlich enthält IRONCLAD die typischen Zutaten einer zeitgenössischen Kinoproduktion, die cineastisch aufgepeppte Begebenheiten dieser Epoche thematisiert: Die massigen Streicher bestreiten den Hauptteil der Musik und werden mit wuchtigem Schlagzeug flankiert und teilweise um mächtige Blechbläserklänge und einen Chor ergänzt. Dabei setzt sich IRONCLAD aber durch ein überdurchschnittlich differenziertes Klangbild von ähnlich gelagerten Musiken – ich denke da besonders an den breiigen KING ARTHUR – ab. Besonders erfrischend auch die wichtige Rolle, die die Solovioline einnimmt. Mehrfach legt sie sich als lyrisches Melodieinstrument über die breiten Streicherteppiche oder schält sich langsam aus den a-capella-Chören heraus. Sogar den ewig gehetzten rhythmischen Streichern, die sich in gefühlt jeder „epischen“ Filmmusik breitmachen, kann Balfe eine neue Facette abgewinnen, indem er bei Prinz Johns Ankunft die Solovioline parallel zu den tiefen Celli und Bässen ihre staccato-Figuren ausführen lässt. Weitere Soloinstrumente wurden übrigens von der deutschen Gruppe „Corvus Corax“ eingespielt. Dennoch bildet die Actionmusik leider den entscheidenden Schwachpunkt der Musik und somit auch des Albums. Hier erschöpft sich Balfes Komposition in den immergleichen Schlagzeugrhythmen, Staccatostreichern, massigen Chorrufen und einigen eingestreuten getragenen Passagen. Bei einem Film, in dem Kampfhandlungen und die entsprechende Musik einen großen Raum einnehmen, ist es immer ein besonderes Ärgernis, aber momentan leider die Norm, dass insbesondere die Actionmusik so uninspiriert daherkommt. Bezüglich der melodischen Ebene: Natürlich kann man hier keine opernhafte leitmotivische Arbeit erwarten, interessanterweise orientiert sich Balfe bei der Zuordnung seiner melodischen Elemente an die traditionelle Trias: Neben jeweils einem Thema für den Protagonisten und den Antagonisten etabliert er zusätzlich für die aufkeimende Liebesbeziehung zwischen dem Helden und dem Burgfräulein ein Liebesthema. Das Thema für Marshal bzw. ihn und seine Ritter ist wie das Liebesthema sehr schlicht gehalten und gewinnt seinen oftmals lyrischen Charakter insbesondere durch die wirkungsvollen Darbietungen der Solostreicher oder stimmungsvolle Chorarrangements. Einen Missgriff stellt hingegen das Thema für Prinz John dar. Es besteht aus einer orientalisch anmutenden Männervokalise und soll wahrscheinlich – wie einige weitere eingestreute Orientalismen – auf den historischen Kontext der Kreuzzüge hinweisen. Das scheint insbesondere im Prolog, in dem die geschichtlichen Hintergründe erläutert werden, noch einigermaßen angebracht, aber ein mit dem orientalischen Idiom spielendes Thema einem europäischen Herrscher in einem einzig auf dem britischen Festland spielenden Film zuzuweisen, verfehlt im wahrsten Sinne des Wortes das Thema. Glücklicherweise beschränkt sich der Einsatz des Prinz-John-Themas lediglich auf wenige Passagen. So sehr ich auch begrüße, wenn ein Komponist versucht, seiner Musik durch ein weiteres Element eine neue Facette hinzuzufügen, so bequem und widersinnig erscheint es mir hier. Solch exotisches Kolorit ist eben schnell entworfen und kann vage auf den Hintergrund der Geschichte verweisen, wirkt dann aber auch wie eine Notlösung bzw. verkrampft. Über das Album selbst kann man nicht meckern. Das Begleitheft enthält lediglich ein paar Filmbilder, mit rund 60 Minuten ist die CD gut bestückt, aber nicht zu lang. Eine Runde Sache und eine größtenteils positive Überraschung aus dem Hause Remote Control Productions!
  2. Danke für die Infos! Kritzerland war vor ein paar Jahren für mich mindestens einmal Label des Jahres, nicht zuletzt, weil sie ganz viel wieder zugänglich gemacht haben (BARBARIAN AND THE GEISHA, ENEMY BELOW) und auch sonst viel für's Golden Age getan haben. Mit über 90 Kritzerland-Alben in meiner Sammlung ist Kimmels "Werk" bei mir gut vertreten und auch angesehen. Interessant, dass er aber insgesamt unter zu wenig Anerkennung zu leiden scheint. Er wird ja auch nicht so verehrt wie Kendall & Co.
  3. Steve Jablonksy – YOUR HIGHNESS Damals beim großen Colosseum-Ausverkauf "mitgenommen" und nun mal in den CD-Spieler geworfen. Um den Film habe ich bisher einen weiten Bogen gemacht. Dennoch habe ich der Musik mal eine Chance gegeben. Schließlich wird sie von mehreren als eine von Jablonskys gelungensten Arbeiten gehandelt – auch hier im Forum – und zweitens hatte ich die Hoffnung, dass Jablonsky, dem parodistischen Ansatz des Films entsprechend, vielleicht etwas heiterer und klangfarbenfroher zu Werke geht als in seinen grimmigen Patriotenmusiken zu TRANSFORMERS. Das Album beginnt vielversprechend. In üblicher RCP-Epen-Manier wird das oder zumindest eines der Hauptthemen in tiefen Streichern, vom Blech verstärkt über einen massigen Klangteppich eingeführt. Die Musik schwillt noch stärker an und Jablonsky präsentiert ein weiteres, sehr schönes Thema, das insbesondere dadurch gewinnt, dass es von der Solovioline über den erhabenen Klangteppich des vom Chor verstärkten Orchesters intoniert wird. Die Solovioline spielt auch in der anschließenden, eher tänzerischen Episode eine wichtige Rolle, in der Jablonsky ein drittes Thema vorstellt. Mit ihrem hüpfenden ternären Rhythmus verbreitet die Musik angemessen Abenteuerlust. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist allerdings der überaus künstliche Orchesterklang. Obwohl laut Booklet ein beachtliches Ensemble – Holzbläser sind immerhin einfach vertreten – an der Aufnahme beteiligt war, klingen die Streicher und die Flöte gewohnt dumpf, ohne Hall und komprimiert. Aber damit muss man wohl rechnen, wenn man sich eine aktuelle Filmmusik, insbesondere aus der Zimmer-Schmiede, anschafft. Das anschließende lyrische Thema für Isabel hat ebenfalls Ohrwurmpotential und wird von der Oboe über eine zarte Harfenbegleitung vorgetragen, bevor es Lisbeth Scott über die immer massiger werdende Orchesterbegleitung vokalisiert. Hier zeigt sich wieder eine typische Schwäche der aktuellen Komponistengeneration: Jablonsky macht einfach nichts aus seinem schlichten, aber ansprechenden Thema. Es wird einfach immer und immer wieder unverändert vorgetragen, sodass man schnell das Interesse verliert. In „Goodbye My Tinys“ zeigen sich dann deutliche Manierismen, die Zimmer meines Wissens nach in FLUCH DER KARIBIK 2 & 3 eingeführt hat: Anfangs noch etwas an Tschaikowskys Zuckerfee aus Der Nussknacker erinnernd, erklingt das erste Hauptthema über eine gezupfte Basston-Akkord-Nachschlag-Figur in den Streichern, die von der Bassklarinette verstärkt und schließlich stampfend vom ganzen Orchester übernommen wird, bevor eine neue Darbietung des Hauptthemas erklingt, die an den tänzerischen zweiten Teil von „Let Us Quest“ angelehnt ist. Hier werden Erinnerungen an den Album-Track „Jack Sparrow“, aber auch ähnliche Passagen aus „The Brethren Court“ wach. Steve Jablonsky präsentiert uns hier einen bunten Strauß an netten Ideen – aus denen er aber im Anschluss leider überhaupt nichts macht, denn schon mit „Best Man“ rutscht die Musik in typische, erhabene Streicher- und Bläserlinien ab, die teilweise um bedeutungsschwangere Chöre ergänzt, die so klingen, als würden sie aus einer Gruft erschallen. Isabels Thema, das zweite und dritte in „Let Us Quest“ vorgestellte Thema bleiben bis nach dem Schlusskampf komplett aus. Stattdessen rumort und rumpelt die Musik 40 Minuten generisch vor sich hin. Die Actionmusik, die im Rahmen eines Fantasyspektakels, so pubertär es auch sein mag, wahrscheinlich Gelegenheiten für schicke Themenverarbeitungen geboten hätte, ist von typischen staccato-Streichern, grummelnden und brüllenden Chören und einigen gewichtigen Blechbläserlinien geprägt. Hin und wieder kommt auch eine E-Gitarre zum Einsatz, die entweder generische Riffs spielen oder laut aufjaulen darf. Eine etwas interessante Idee besteht aus dem bewussten Einsatz von antiquiert klingenden Synthieeffekten, die an Fantasyfilme der 80er erinnern, aber die vermögen dieser über weite Strecken uninspirierten Musik einen individuellen Anstrich zu verpassen. Teilweise kommt die Musik über rein atmosphärisch-funktionales Gebrummel nicht hinaus. Erst als zum Schluss der Sieg errungen ist, kommt das so herzlich willkommene zweite Thema aus „Let Us Quest“ wieder zum Einsatz und auch Isabels Thema darf noch einmal von Lisbeth Scott intoniert werden. YOUR HIGHNESS ist eine enttäuschende Mischung aus verschenktem Potential und kompositorischer Unzulänglichkeit oder einfach Lustlosigkeit. Immerhin werden die 40 Minuten generischer RCP-Musik von einigen ansprechenden Passagen gerahmt, von deren Art man sich mehr gewünscht hätte. Besonders das fulminant eingeführte zweite Thema hätte mich noch gut bei der Stange halten können.
  4. Um den Film habe ich bisher einen weiten Bogen gemacht. Dennoch habe ich der Musik jetzt mal eine Chance gegeben. Schließlich wird sie von mehreren als eine von Jablonskys gelungensten Arbeiten gehandelt – auch hier im Forum – und zweitens hatte ich die Hoffnung, dass Jablonsky, dem parodistischen Ansatz des Films entsprechend, vielleicht etwas heiterer und klangfarbenfroher zu Werke geht als in seinen grimmigen Patriotenmusiken zu TRANSFORMERS. Das Album beginnt vielversprechend. In üblicher RCP-Epen-Manier wird das oder zumindest eines der Hauptthemen in tiefen Streichern, vom Blech verstärkt über einen massigen Klangteppich eingeführt. Die Musik schwillt noch stärker an und Jablonsky präsentiert ein weiteres, sehr schönes Thema, das insbesondere dadurch gewinnt, dass es von der Solovioline über den erhabenen Klangteppich des vom Chor verstärkten Orchesters intoniert wird. Die Solovioline spielt auch in der anschließenden, eher tänzerischen Episode eine wichtige Rolle, in der Jablonsky ein drittes Thema vorstellt. Mit ihrem hüpfenden ternären Rhythmus verbreitet die Musik angemessen Abenteuerlust. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist allerdings der überaus künstliche Orchesterklang. Obwohl laut Booklet ein beachtliches Ensemble – Holzbläser sind immerhin einfach vertreten – an der Aufnahme beteiligt war, klingen die Streicher und die Flöte gewohnt dumpf, ohne Hall und komprimiert. Aber damit muss man wohl rechnen, wenn man sich eine aktuelle Filmmusik, insbesondere aus der Zimmer-Schmiede, anschafft. Das anschließende lyrische Thema für Isabel hat ebenfalls Ohrwurmpotential und wird von der Oboe über eine zarte Harfenbegleitung vorgetragen, bevor es Lisbeth Scott über die immer massiger werdende Orchesterbegleitung vokalisiert. Hier zeigt sich wieder eine typische Schwäche der aktuellen Komponistengeneration: Jablonsky macht einfach nichts aus seinem schlichten, aber ansprechenden Thema. Es wird einfach immer und immer wieder unverändert vorgetragen, sodass man schnell das Interesse verliert. In „Goodbye My Tinys“ zeigen sich dann deutliche Manierismen, die Zimmer meines Wissens nach in FLUCH DER KARIBIK 2 & 3 eingeführt hat: Anfangs noch etwas an Tschaikowskys Zuckerfee aus Der Nussknacker erinnernd, erklingt das erste Hauptthema über eine gezupfte Basston-Akkord-Nachschlag-Figur in den Streichern, die von der Bassklarinette verstärkt und schließlich stampfend vom ganzen Orchester übernommen wird, bevor eine neue Darbietung des Hauptthemas erklingt, die an den tänzerischen zweiten Teil von „Let Us Quest“ angelehnt ist. Hier werden Erinnerungen an den Album-Track „Jack Sparrow“, aber auch ähnliche Passagen aus „The Brethren Court“ wach. Steve Jablonsky präsentiert uns hier einen bunten Strauß an netten Ideen – aus denen er aber im Anschluss leider überhaupt nichts macht, denn schon mit „Best Man“ rutscht die Musik in typische, erhabene Streicher- und Bläserlinien ab, die teilweise um bedeutungsschwangere Chöre ergänzt, die so klingen, als würden sie aus einer Gruft erschallen. Isabels Thema, das zweite und dritte in „Let Us Quest“ vorgestellte Thema bleiben bis nach dem Schlusskampf komplett aus. Stattdessen rumort und rumpelt die Musik 40 Minuten generisch vor sich hin. Die Actionmusik, die im Rahmen eines Fantasyspektakels, so pubertär es auch sein mag, wahrscheinlich Gelegenheiten für schicke Themenverarbeitungen geboten hätte, ist von typischen staccato-Streichern, grummelnden und brüllenden Chören und einigen gewichtigen Blechbläserlinien geprägt. Hin und wieder kommt auch eine E-Gitarre zum Einsatz, die entweder generische Riffs spielen oder laut aufjaulen darf. Eine etwas interessante Idee besteht aus dem bewussten Einsatz von antiquiert klingenden Synthieeffekten, die an Fantasyfilme der 80er erinnern, aber die vermögen dieser über weite Strecken uninspirierten Musik einen individuellen Anstrich zu verpassen. Teilweise kommt die Musik über rein atmosphärisch-funktionales Gebrummel nicht hinaus. Erst als zum Schluss der Sieg errungen ist, kommt das so herzlich willkommene zweite Thema aus „Let Us Quest“ wieder zum Einsatz und auch Isabels Thema darf noch einmal von Lisbeth Scott intoniert werden. YOUR HIGHNESS ist eine enttäuschende Mischung aus verschenktem Potential und kompositorischer Unzulänglichkeit oder einfach Lustlosigkeit. Immerhin werden die 40 Minuten generischer RCP-Musik von einigen ansprechenden Passagen gerahmt, von deren Art man sich mehr gewünscht hätte. Besonders das fulminant eingeführte zweite Thema hätte mich noch gut bei der Stange halten können.
  5. Habe die CD an diesem sonnigen Samstag mal wieder eingeworfen und bin wieder hin und weg, wie fantastisch sich die 80 Minuten durchhören lassen. Eine in sich geschlossene symphonische Dichtung, die überwiegend ohne Exotismen auskommt und über weite Strecken auch als Golden-Age-Musik zu einem Melodram oder Historienfilm laufen könnte.
  6. Gleich vorneweg: Die Musik zu SERENGETI DARF NICHT STERBEN gehört nicht nur zu den großartigsten Beiträgen zur deutschen Dokumentarfilmmusik, sondern zu den bedeutendsten deutschen Filmmusiken der Nachkriegszeit, wurde sie einem internationalen Publikum durch den Oscargewinn des Films bekannt. Insofern war es eine Glanztat von Alhambra, diese Musik in ihrer überraschend gut erhaltenen Originalaufnahme auf CD zu veröffentlichen. Michael Grzimek dokumentierte in seinem Film die Untersuchung der Serengeti-Steppe und die in ihr lebenden Wildtiere. Als er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, führte sein Vater Bernhard die Arbeit fort und veröffentlichte Posthum das geplante Buch seines Sohnes sowie die entsprechenden Filmaufnahmen unter demselben Titel SERENGETI DARF NICHT STERBEN. Heute wirft die Arbeit der Grzimeks einige ethische Fragen auf, die ich hier aber nicht näher besprechen möchte. Offensichtlich haben Vater und Sohn nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, die politischen Verwicklungen zu dieser Zeit sind mir zu wenig bekannt, als dass ich hier in irgendeiner Form Stellung nehmen möchte. SERENGETI DARF NICHT STERBEN wurde fast durchgehend mit Musik, komponiert von Wolfgang Zeller, vertont. Zeller hatte bereits zu Stummfilmzeiten einige Originalfilmmusiken komponiert, so zum Beispiel zu DIE ABENTEUER DES PRINZEN ACHMED und dem ersten deutschen Tonfilm MELODIE DER WELT. Heute ist er vor Allem als Komponist der Filmmusik zu dem antisemitischen Propaganda-Film JUD SÜSS bekannt, eine Tatsache, auf die auch der Booklet-Text von Alhambra eingeht. Aber nun zur Musik. Für den Film entwarf Zeller zwei Hauptthemen, die sofort während des Vorspanns eingeführt werden: Eine ausschweifende Melodielinie der Streicher über regelmäßige Harfenakkorde, die die weite Landschaft der Steppe musikalisch wunderbar einfängt, sowie ein „rassiges“ Thema für den beeindruckenden Ngorongoro-Krater, dass über einen leichten „spanischen“ Einschlag verfügt und schließlich in eine triumphale Fanfare mündet. Neben diesen beiden Hauptthemen entwarf Wolfgang Zeller noch weitere Melodien, die bestimmten Tieren oder Situationen zugeordnet sind wie z. B. das lässige Saxophonthema für die schläfrigen Löwen, das gleich im ersten Drittel des Films vorgestellt und mit einer sehr zurückgenommenen Variante des zweiten, triumphalen Hauptthemas kombiniert wird. Diese Passage ist ein gutes Beispiel für die kompositorische und konzeptionelle Raffinesse der Musik. Indem Zeller das majestätische Hauptthema mit dem der „Könige der Tiere“ kombiniert, wird ein direkter musikalisch-thematischer Bezug erstellt, der allerdings nur dadurch aufgehen konnte, dass der Komponist auch handwerklich versiert genug ist, sein ursprünglich energetisches Thema nun in eine weitaus gemächlichere Variante für überwiegend Streicher zu verwandeln. Auch für die musikalisch sehr beeindruckende Vertonung für das Ende der Trockenperiode, zu der im Film mit dem beginnenden fallenden Regen wieder das Leben in die Wüste einzieht, komponierte Wolfgang Zeller ein wunderschönes lyrisches Thema, das nach und nach in den Streichern aufblüht. Dass es nur dieser einen Passage vorbehalten ist, macht es so besonders wert- und wirkungsvoll. Zu meinen Favoriten gehört außerdem die dritte, abseits der Hauptthemen entwickelten Melodie: In der letzten Jagdszene ist ein herrlich optimistisches Thema zu hören, das charakterlich eher an eine nordische oder angelsächsische Volksweise erinnert und leider viel zu schnell verstummt. Wie auch im Film halten sich in der Musik traumhafte Landschaftspanoramen, einige spannende Momente und temporeiche Jagdabschnitte die Waage. Für den Konflikt mit den Wilddieben entwickelte Zeller ein ruppiges Thema, das (deutlich klappernd) von den Streichern vorgetragen wird und wie ein Fugenthema angelegt zu sein scheint, da es aus einem markanten Themenkopf und sich daraus entspinnenden Sechzehntelketten besteht. Insgesamt haftet diesem Thema ein leicht barocker Tonfall an, jedoch führt Zeller es – im Gegensatz zur Behauptung im Booklettext – nie als Fuge durch. Da die Musik neben der Erzählspur das einzig prägende akustische Element des Films ist, musste Zeller weder um Geräusche oder Dialoge „herumkomponieren“, noch musste er sich möglichst kleinteilig an rasche Szenen- und Stimmungswechsel anpassen. Vielmehr konnte er die einzelnen Abschnitte des Films, die individuellen Tierarten, der Jagd oder Landschaftspanoramen gewidmet sind, mit in sich geschlossenen Passagen vertonen, in denen es ihm auch erlaubt war, große Bögen zu spannen. Sogar die unverzichtbaren illustrativen Elemente wie die „schnaubenden“ gedämpften Blechbläser für den Kampf zweier Zebrahengste, verspielte, vogelhafte Flötenfiguren oder die langsam niedergleitenden Streichertremoli für die Geier bleiben kein großer Zusatz, sondern bilden einzelne motivische Gestalten, die vollwertig in den musikalischen Fluss eingewoben sind. Zu fast keinem Zeitpunkt wird allein aus der Musik ersichtlich, dass es sich über die Begleitmusik zu einem Film über die afrikanische Serengeti-Wüste handelt, da Zeller exotisches Kolorit größtenteils ausspart. Lediglich die mit dezenten Trommel-Rythmen und leicht archaisch anmutenden Holzbläsermelodien gestaltete Musik für die Massai verortet die – wenn auch nicht korrekt recherchierte und wenig authentische – Komposition in exotische Gefilde. Vielmehr könnte es sich auch um die Musik zu einem Historiendrama oder Ähnlichem handeln. Die CD von Alhambra Records enthält die vollständige Musik zum Film inklusive einiger nicht verwendeter Passagen, die glücklicherweise im Archiv der Familie Grzimek erhalten geblieben sind. Wie immer zeichnet sich dieses Album durch einen hervorragenden Produktionsstandart aus, das Booklet enthält informative Texte zum Film und der Musik. Trotz der stolzen Laufzeit von über (!) 80 Minuten kommt bei dieser schwelgerischen Abenteuermusik absolut keine Langeweile auf. Ich möchte dieses Album allen empfehlen, die sich für orchestrale Filmmusik mit großen Themen begeistern können!
  7. SALAMADER spare ich mir immernoch auf, daher hatte ich das gar nicht auf dem Schirm. Immerhin 8 Minuten. Hier geht's jetzt weiter mit einem absoluten Knaller: Wolfgang Zeller - SERENGETI DARF NICHT STERBEN Michael Grzimek dokumentierte in seinem Film die Untersuchung der Serengeti-Steppe und die in ihr lebenden Wildtiere. Als er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, führte sein Vater Bernhard die Arbeit fort und veröffentlichte Posthum das geplante Buch seines Sohnes sowie die entsprechenden Filmaufnahmen unter demselben Titel SERENGETI DARF NICHT STERBEN. Heute wirft die Arbeit der Grzimeks einige ethische Fragen auf, die ich hier aber nicht näher besprechen möchte. Offensichtlich haben Vater und Sohn nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, die politischen Verwicklungen zu dieser Zeit sind mir zu wenig bekannt, als dass ich hier in irgendeiner Form Stellung nehmen möchte. SERENGETI DARF NICHT STERBEN wurde fast durchgehend mit Musik, komponiert von Wolfgang Zeller, vertont. Zeller hatte bereits zu Stummfilmzeiten einige Originalfilmmusiken komponiert, so zum Beispiel zu DIE ABENTEUER DES PRINZEN ACHMED und dem ersten deutschen Tonfilm MELODIE DER WELT. Heute ist er vor Allem als Komponist der Filmmusik zu dem antisemitischen Propaganda-Film JUD SÜSS bekannt, eine Tatsache, auf die auch der Booklet-Text von Alhambra eingeht. Aber nun zur Musik. Für den Film entwarf Zeller zwei Hauptthemen, die sofort während des Vorspanns eingeführt werden: Eine ausschweifende Melodielinie der Streicher über regelmäßige Harfenakkorde, die die weite Landschaft der Steppe musikalisch wunderbar einfängt, sowie ein „rassiges“ Thema für den beeindruckenden Ngorongoro-Krater, dass über einen leichten „spanischen“ Einschlag verfügt und schließlich in eine triumphale Fanfare mündet. Neben diesen beiden Hauptthemen entwarf Wolfgang Zeller noch weitere Melodien, die bestimmten Tieren oder Situationen zugeordnet sind wie z. B. das lässige Saxophonthema für die schläfrigen Löwen, das gleich im ersten Drittel des Films vorgestellt und mit einer sehr zurückgenommenen Variante des zweiten, triumphalen Hauptthemas kombiniert wird. Diese Passage ist ein gutes Beispiel für die kompositorische und konzeptionelle Raffinesse der Musik. Indem Zeller das majestätische Hauptthema mit dem der „Könige der Tiere“ kombiniert, wird ein direkter musikalisch-thematischer Bezug erstellt, der allerdings nur dadurch aufgehen konnte, dass der Komponist auch handwerklich versiert genug ist, sein ursprünglich energetisches Thema nun in eine weitaus gemächlichere Variante für überwiegend Streicher zu verwandeln. Auch für die musikalisch sehr beeindruckende Vertonung für das Ende der Trockenperiode, zu der im Film mit dem beginnenden fallenden Regen wieder das Leben in die Wüste einzieht, komponierte Wolfgang Zeller ein wunderschönes lyrisches Thema, das nach und nach in den Streichern aufblüht. Dass es nur dieser einen Passage vorbehalten ist, macht es so besonders wert- und wirkungsvoll. Zu meinen Favoriten gehört außerdem die dritte, abseits der Hauptthemen entwickelten Melodie: In der letzten Jagdszene ist ein herrlich optimistisches Thema zu hören, das charakterlich eher an eine nordische oder angelsächsische Volksweise erinnert und leider viel zu schnell verstummt. Wie auch im Film halten sich in der Musik traumhafte Landschaftspanoramen, einige spannende Momente und temporeiche Jagdabschnitte die Waage. Für den Konflikt mit den Wilddieben entwickelte Zeller ein ruppiges Thema, das (deutlich klappernd) von den Streichern vorgetragen wird und wie ein Fugenthema angelegt zu sein scheint, da es aus einem markanten Themenkopf und sich daraus entspinnenden Sechzehntelketten besteht. Insgesamt haftet diesem Thema ein leicht barocker Tonfall an, jedoch führt Zeller es – im Gegensatz zur Behauptung im Booklettext – nie als Fuge durch. Da die Musik neben der Erzählspur das einzig prägende akustische Element des Films ist, musste Zeller weder um Geräusche oder Dialoge „herumkomponieren“, noch musste er sich möglichst kleinteilig an rasche Szenen- und Stimmungswechsel anpassen. Vielmehr konnte er die einzelnen Abschnitte des Films, die individuellen Tierarten, der Jagd oder Landschaftspanoramen gewidmet sind, mit in sich geschlossenen Passagen vertonen, in denen es ihm auch erlaubt war, große Bögen zu spannen. Sogar die unverzichtbaren illustrativen Elemente wie die „schnaubenden“ gedämpften Blechbläser für den Kampf zweier Zebrahengste, verspielte, vogelhafte Flötenfiguren oder die langsam niedergleitenden Streichertremoli für die Geier bleiben kein großer Zusatz, sondern bilden einzelne motivische Gestalten, die vollwertig in den musikalischen Fluss eingewoben sind. Zu fast keinem Zeitpunkt wird allein aus der Musik ersichtlich, dass es sich über die Begleitmusik zu einem Film über die afrikanische Serengeti-Wüste handelt, da Zeller exotisches Kolorit größtenteils ausspart. Lediglich die mit dezenten Trommel-Rythmen und leicht archaisch anmutenden Holzbläsermelodien gestaltete Musik für die Massai verortet die – wenn auch nicht korrekt recherchierte und wenig authentische – Komposition in exotische Gefilde. Vielmehr könnte es sich auch um die Musik zu einem Historiendrama oder Ähnlichem handeln. Die CD von Alhambra Records enthält die vollständige Musik zum Film inklusive einiger nicht verwendeter Passagen, die glücklicherweise im Archiv der Familie Grzimek erhalten geblieben sind. Wie immer zeichnet sich dieses Album durch einen hervorragenden Produktionsstandart aus, das Booklet enthält informative Texte zum Film und der Musik. Trotz der stolzen Laufzeit von über (!) 80 Minuten kommt bei dieser schwelgerischen Abenteuermusik absolut keine Langeweile auf. Ich möchte dieses Album allen empfehlen, die sich für orchestrale Filmmusik mit großen Themen begeistern können!
  8. Würde eigentlich ein typisches Kritzerland-Album sein. Kommt aber natürlich auch als Quartet-CD in meine Sammlung
  9. Also die ersten Minuten klingen für mich immer wie eine Begleitmusik zu einem Gameboyspiel à la "Honkey-Tonk sammel Kokusnüsse" oder so ähnlich, abgelöst von Cannon-Film-Bösewicht-Musik. Aber wahrscheinlich könnte ich mich mit der Musik eher versöhnen, wenn sie gut "durchhörbar" wäre. Das zugegebenermaßen schöne Hauptthema blüht ja in "Campbell and the Children" kurz auf, ist aber von einer unglaublichen musikalischen Ereignislosigkeit umgeben, dass die paar Sekunden das Stück für mich nicht mehr retten. Manchmal beginnen einzelne Titel vielversprechend, um sofort wieder in Liegetönen oder angedeuteten Dschungel-Klischees zu versinken, die ihrerseits aber auch kaum zur Blüte gebracht werden. Es bleibt bei Schablonen, die nur karg ausgefüllt werden. So reiht sich dann größtenteils Ereignislosigkeit an Belanglosigkeit, manchmal durchsetzt von einem wirklich schönen Thema. A propros Goldsmith und schönes Thema: Hier läuft gerade RANSOM. Dieses Album macht mir schon weitaus mehr Freude. Es ist ein Jammer, dass es diese Musik nicht in die Tadlow-Neuaufnahmen von Goldsmith geschafft hat, denn hier ist Goldsmith eine wirklich packende Thrillermusik mit fantastischem Thema gelungen. Sehr hörenswert, auch in der Prometheus-LP-Rip-Variante, die wahrscheinlich die bestmögliche Quelle für diese Musik bleiben wird
  10. Vor über sechs Jahren schrieb ich über Goldsmiths MEDICINE MAN: Jetzt war es endlich soweit und ich muss sagen, dass dieses Album noch mehr an meiner Gunst verloren hat. Neben dem Elektronikeinsatz, der die Musik billig klingen lässt, stört mich mittlerweile auch die musikalische Struktur an sich. Über 50 Minuten dümpelt das Album vor sich hin, selbst das früher von mir geschätzte Glanzlicht "The Trees" wird immer wieder ausgebremst. MEDICINE MAN bedient viele Kritikpunkte, die Filmmusik so gerne gemacht werden: Keine musikalische Struktur, keine griffigen oder interessanten Ideen und keine gute motivisch-thematische Verarbeitung. Das Südamerika-Material (die Frage, ob die fröhlichen Gitarren- und Flötenklänge wirklich einer mutmaßlichen Musik der im Film gezeigten Ureinwohner nahekommen, lasse ich jetzt einmal dahingestellt) ist stereotyp, das bedrohliche Thema für die zerstörerischen Bauarbeiten im Urwald kommt durch die starken Synth-Einsätze kaum über TV-Niveau hinaus, sodass lediglich das lyrische Hauptthema als positiver Aspekt bestehen bleibt. Dieses wird ja auch im letzten Stück wunderbar ausgespielt, sodass das Finale durchaus auf einem Goldsmith-Sampler bestehen könnte. Insgesamt bleibt MEDICINE MAN aber ein verzichtbares Album in Goldsmiths ausladender Diskographie.
  11. DAS ist eine wirklich gute Frage, bin auch an einer guten Antwort interessiert!
  12. Über den Eastwood habe ich natürlich auch nachgedacht, Horrorfilme interessieren mich einfach nicht, ebenso Kriegsfilme. Da mache ich nur ganz selten Ausnahmen.
  13. AMEN! Habe mir daher momentan nur THE FAVOURITE und BROTHERS AND SISTERS vorgemerkt.
  14. GHOST RIDER und ELEKTRA habe ich damals als Promo bekommen, THOR mir noch gegönnt, als er von der Bildfläche verschwand, einfach aus Interesse. Überlege ja nach dem ganzen Hype Silvestris AVENGERS als Rentenvorsorge zuzulegen Die CAPTAIN-MARVEL-Musik habe ich jetzt über den Stream auszugsweise gehört und hat mein bestehendes Urteil über Marvel-Musiken gefestigt. Die Filme würde ich mir nur noch unter Zwang, sehr gutes Zureden bestimmter Personen oder gegen Bezahlung ansehen.
  15. Also GHOST RIDER fand ich nicht schlecht, aber auch nicht dolle. War eben auch von der Marvel-Anonymität geplagt. Ich habe den Eindruck, dass viele Marvel-Musiken handwerklich solide bis gut sind, aber man nur Idiome und Stereotype serviert bekommt. Wahrscheinlich, weil einfach starke Themen fehlen und somit nur noch das "orchestrale Gerüst" bestehen bleibt.
  16. Da ich (noch) keine der Ausgaben besitze und den Film das letzte Mal wahrscheinlich vor 20 Jahren gesehen habe, kann ich Dir da nicht weiterhelfen.
  17. Also die Musik wurde von Vladimir Cosma komponiert und ist auf mehreren Alben veröffentlicht worden. Ob die gesuchte Passage auf den Alben enthalten ist, kann ich Dir allerdings nicht sagen. Auf soundtrackcollector.com findest Du eine Übersicht über die verschiedenen CD-Veröffentlichungen (kann warum auch immer gerade den Link nicht hier reinkopieren).
  18. Es gibt nur die komplette Varèse-Club-CD, alle andere CD-Veröffentlichungen sind Bootlegs. Oder Du holst Dir gleich die Twilight-Blu-Ray mit Iso-Musik.
  19. Danke für die ehrliche Einschätzung. Von Kojucharov habe ich auch drei Italo-Western-Musiken, die mich alle nicht vom Hocker gerissen haben.
  20. Gergely Hubais Buch Torn Music zufolge hat Danna zuerst lauter exotische Sachen für den Film aufgenommen und anschließend waren Orchester-Aufnahmen geplant. Diese konnten aber nicht mehr durchgeführt werden und Elfman wurden die bereits bestehenden Aufnahmen zugeschickt, weil Lee unbedingt exotische Musik in seinem Film haben wollte. Elfman hat dann Teile davon in seine Musik aufgenommen. Ein bisschen TROJA-mäßig, wo Horner ja auch auf dieselbe Sängerin zurückgegriffen hat wie Yared.
  21. Naja, Golden Age, Disney, Historienfilm. JOHNNY TREMAIN erfüllt außer "Intrada" noch einige andere Kategorien, um für bestimmte Leute interessant zu sein. Wie mich
  22. Ein überaus wertvoller und lesenswerter Artikel, wobei mir die Krakauer-Keule im Filmschrifftum mittlerweile ebenso auf den Senkel geht wie Adornos Kronzeugenrolle in ästhetischer und musikalischer Hinsicht.
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