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Mephisto

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  1. Die Wiederholungsproblematik ist in der Tat mit den Speichermedien aufgekommen. Als es früher viel seltener die Gelegenheit gab, Musik zu hören (es sei denn, man machte sie selbst) waren Wiederholungen fast unabdinglich, da man in einer längeren Symphonie oder Sonate nicht alles aufnehmen kann. Allerdings steht die Wiederholung im krassen Gegensatz zur linearen zeitlichen Struktur des musikalischen Ereignisses, weshalb Mahler meinte, Wiederholung sei Theater, unwahr. Schönberg empfand Wiederholungen sogar als beleidigend, da ihm anscheinend nicht zugetraut wird, dass er die Musik beim ersten Mal nicht verstehe. Adorno gesteht der Wiederholung ihr Recht in tonalem Zusammenhang zu, zweifelt aber an der Möglichkeit der Wiederholung im atonalen Kontext. Wobei Sebastian süffisanter Pop-Seitenhieb natürlich in Anbetracht der klassischen Rondoform oder Pop-Spalten, in denen das typische Strophe-Refrain-Schema erfolgreich aufgelöst wird. Insgesamt ist dies wirklich eine interessante Diskussion und ich würde meinen früheren Standpunkt gerne etwas umformulieren. Natürlich liegt es letzten Endes stets an den kompositorischen Fähigkeiten des Einzelnen, aber auch in seinem Willen, diese bis zuletzt auszuschöpfen. Nicht selten hört man Werke bedeutender Komponisten, deren eigentliches Potenzial nur in wenigen Takten aufblitzt. Allerdings haben die zur Verfügung stehenden Mittel sich extrem geändert. Jeder kann sich mit der nötigen Technik ein Riesenorchester aufstellen und drauflos komponieren. Während man früher häufiger gezwungen wurde, für kleinere Besetzungen oder Klavier solo zu schreiben, damit die Werke aufgeführt werden konnten oder man sie selber spielen konnte, wurde erst einmal das dramaturgische Gespür und das harmonische Empfinden geschult - alles Dinge, die man mit Sample-Orchestern unter dicken Klangteppichen zu vertuschen sucht. Dass man sofort loslegen kann und alles schneller machbar ist, führt zu der Auffassung, dass man sich viel Arbeit - in jedem Bereich - sparen kann. Hierunter leidet dann auch die Werkkunde. Warum groß Strauss-, Mahler-, und Ravel-Partituren studieren, wenn man gleich selbst loskomponieren kann und es irgendwie schon fett klingt? Das alles wäre kein Problem als solches, jeder soll machen können, was er will. Was aber bis vor wenigen Jahren so nicht möglich war ist, dass jeder Jungkomponist mit seiner mehr oder minder kompetenten Trailermusik-Kopie auch gleich eine Riesenbühne durch das Internet geboten bekommt und sich so der allgemeine Maßstab gesenkt wird. Hinz und Kunz präsentieren ihre Bombastkompositionen, wirkliche Qualität geht gerne im Sumpf der unzähligen Soundcloud-Konten unter, die Wahrnehmung, so müsse oder könne man jetzt komponieren, wie es überall gepostet wird, führt zu einem ewig langen Rattenschwanz aufgepumpter Sample-Stücke, durch die sich durchzuhören man schnell müde wird. Ich glaube kaum, dass selten soviele Leute sich (un?)rechtmäßig "Komponisten" oder "Composer & Arranger" nennen konnten, die aber nie eine kompositorische (!) Ausbildung genossen haben. Wenn man sich z.B. in der Branche der Computerspiel-Komponisten umschaut, gibt es viele mit einem (poppigen) musikalischen Hintergrund, wirklich Komposition hat da aber kaum einer studiert. Besonders interessant in dieser Hinsicht sind z. B. die Lebensläufe der Dynamedion-Gruppe: http://www.dynamedion.com/team/
  2. ...ich kenne die Faustregel eben mit der exponentiellen Verdopplung. Richtig, der frühe Mahler hat seine 10 Hörner in der ersten und zweiten Symphonie noch nicht voll ausgeschöpft, bei der Achten, die noch viel massiger besetzt ist, hat er hingegen die Anzahl der Instrumente für den ersten Teil wegen der polyphonen Fülle des Satzes gebraucht, im zweiten (erstaunlich leisen) Teil dann auf die vielbesetzten Bläser zurück gegriffen, um ganze Akkorde in nur einem Klang hervorzubringen (und für einen Septakkord braucht er da nunmal seine vier Fagotte). Was ein Mahler in frühen Überschwang tat, tun ihm heute die ganzen "Jungkomponisten" gerne nach, die meisten lernen nur weniger daraus als Mahler. Dieses "größer, größer, fetter...Holzbläser sind ja egal" ist naürlich ein sehr ärgerliches Phänomen, weil es zu immerselben langweilig-krawalligen Klangbildern kommt. Lustigerweise würde es bei den meisten Werken der Nachwuchskomponisten reichen, einen normalen Streichersatz, zwei Hörner, zwei Posaunen + Schlagzeug (ausschließlich Tomtoms und große Trommel) und vielleicht noch eine Harfe zu besetzen. Dennoch wird einem das als "fettes großes Orchester" verkauft.
  3. Ich hätte ja nichts gegen die zwölf Hörner, wenn es wirklich akustisch oder satztechnisch Sinn ergibt. Wenn da das volle Orchester spielt und Powell setzt oktavierte Akkorde ein (also viert Töne), dann wäre es sinnvoll, zwölf Hörner zur Hand zu haben, damit jeder Ton (meinetwegeh d'-f'-a'-d'') dreimal gespielt wird und der Hornklang sich gegen das restliche Orchester durchsetzen kann. Wenn aber auch in mezzo-Bereichen immer von sechs Hörnern gefordert wird, denselben Ton zu spielen, der von den übrigen sechs Hörnern eine Oktave drüber gedoppelt wird, dann frage ich mich, ob es vier Instrumente nicht auch tun würden - insbesondere in Hinblick auf die Holzbläseresetzung. Wegen der Lautstärke allein braucht man nicht so viele Instrumente. Ich hatte dieses Jahr das Vergnügen, Frank Strobel "Colse Encounters" dirigieren zu hören - da flogen einem beim Finale echt die Ohren weg. Und das, obwohl nur vier Hörner, drei Trompeten, drei Posaunen und eine Tuba besetzt ist. Es ist absolut kein Problem, mit dem durchschnittlichen romantischen Orchester einen satten, vollen und lauten Klang zu schaffen. Es handelt sich dabei allerdings um ein physikalisches Phänomen, das ich daher nur unzureichend erklären kann, aber es ist ja so, dass sich die Schwingungen der einzelnen Töne verdoppeln und dadurch ein charakteristischer Klang zustande kommt. Der klingt dann im Leisen genau so anders wie im Lauten.
  4. Das hat aber auch mit der Über-Orchestrierung im Blech zu tun. Wenn man sich einmal die Partitur zu "Hor to Train Your Dragon" ansieht, dann hat John Powell (bzw. sein Orchestrator Ashton Thomas) neben dreifachem Holz zwölf Hörner, sechs Posaunen. Dagegen "nur" vier Trompeten und eine Tuba. Theoretisch muss man Instrumente stets um ihre Anzahl verdoppeln, um einen anderen Klangeffekt zu haben. Erklärt sich ja auch der stete Anstieg der Streicherzahlen im Symphonieorchester von den rund 4 ersten Violinen Beethovens zu den acht ersten Violinen des frühromantischen Orchesters und den 16 ersten Violinen im spätromantischen Orchesters. So auch die stets ansteigende Zahl der Hörner von zwei auf vier und schließlich acht (durchschnittlich jedenfalls). Ein Zimmer kann sich nunmal leisten, fünf Tuben in "War" aus Pearl Harbour zu besetzen. Ist es sinnvoll? Powells erste "Dragon"-Musik wurde für konzertante Zwecke auf vier Hörner und drei Posaunen abgespeckt und funktioniert dennoch gut. Aber damit es besonders fett und bombastisch wird, werden nunmal zwölf Hörner besetzt, ohne dass die Komposition es hergibt (selten gehen die Hornstimmen über oktavierte einstimmige Melodien hinaus, die dann von mindestens sechs Hörnern unisono gespielt werden).
  5. Es ist ein Stück, dass am PC komponiert wurde und gerade die Aspekte hervor hebt, die meiner Ansicht nach dem Komponieren "im Moment" und am PC so, wie er heute beim Komponieren vermehrt eingesetzt wird, zu schreibe. Da das Stück (teilweise) von Dir ist, habe ich es als Beispiel genommen, da wir dann einmal an einem Fallbeispiel diskutieren können, was ja auch wunderbar geklappt hat. Danke an dieser Stelle für Deine Erläuterungen. Ich bin mir allerdings sicher, dass auch wenn es eine streng vorgeschriebene Choreo gab, es möglich gewesen wäre, diese Blöcke musikalisch miteinander deutlicher zu verbinden. Mich würde, wie gesagt, sehr die Partitur des Stücks interessieren, weil einige Dinge, die mir aufgefallen sind (oder auch nicht) vielleicht an der Abmischung liegen können. Holzbläser habe ich (bis auf ein paar fagottähnliche Klänge) gar nicht wahrgenommen. Ich glaube, es würde mehr Sinn ergeben, einmal persönlich in lockerer Atmosphäre über das Stück zu reden. Liebend gern!
  6. Mal wieder zurück zum Thema: Wenn ich das richtig verstehe, dann wird von denen, die hier ausschließlich am Sequenzer komponieren also auch keine Skizzen oder Formpläne gemacht. Wenn aber alles irgendwie "im Moment" nach dem Motto "Jetzt könnte das hier passen, dann spiel' ich das am Keyboard ein" entsteht, wie soll da dann eine sinnvolle Struktur entstehen, wie werden da die Themen und Motive verarbeitet, wenn man nicht erstmal alle Möglichkeiten ausprobiert und notiert hat, um später drauf zurück greifen zu können? Das mag vielleicht über zwei Minuten hinhaun, aber bei einer längeren Laufzeit fällt das Stück doch wahrscheinlich auseinander. Dieses Phänomen habe ich z.B. bei der Saberproject-Musik beobachtet, wo sich mir auch bei mehrmaligen Hören die formale Konzeption nicht erschließen wollte, sondern ich einen Minuten-Block nach dem anderen zu hören bekam ohne einen gespannten Bogen, eine Dramaturgie, die das ganze Stück umfasst und zusammen hält. Auch scheint es mir viel schwieriger, beim Einspielen aller Spuren einzeln wirklich gute Kontrapunkte zu schreiben. Da hilft es wirklich, die Linien wirklich auf dem Papier zu haben und dann Note für Note miteinander abzustimmen, bevor man das dann (wenn nötig) einspielt. So habe ich beim Saberproject auch fast ausschließlich parallele orizontale Linien gehört und nichts, was wirklich die Bezeichnung GEGENstimme verdient hätte. Wenn Du Deine Stücke nachher in Sibelius aufschreibst, wäre möglich, dazu einmal die Partitur zu sehen? Vom Höreindruck habe ich nämlich das Gefühl, dass die Streicher zu 90% alle rhythymischen und melodischen Passagen tragen, aber das kann auch an der Mischung liegen.
  7. Das war ein schönes Treffen und ich hätte jederzeit Lust auf eine Wiederholung. Natürlich hängt es letzten Endes zu einem großen Teil von den Fähigkeiten ab, aber wenn Du mir erzählst, dass viele deiner Kommilitonen keine Ahnung von gängigen Orchesterinstrumenten haben und man in der (privaten) filmmusikalischen Ausbildung bei Null anfängt (was nicht schlecht ist, denn jeder sollte ja die Chance bekommen, seinen Traumberuf zu ergreifen, auch wenn er seine "Bestimmung" erst relativ spät entdeckte), dann wundert mich, dass man in diesem Studiengang immer gleich auf "großorchestrale" Projekte "losgelassen" wird. Warum nicht erst einmal sauber von Null anfangen und es bei den Kompositionen gleich zu tun als immer gleich mit monströsen Sample-Kanonen auf kleine D-Moll-Motivspatzen zu schießen. Damit musst Du Dich nicht persönlich angesprochen fühlen, schließlich beziehst Du Dich ja kompositorisch weniger auf das Golden und Silver Age, was Deine "Schattenreich"-Musik ja deutlich macht. Es ist nur so, dass ja offensichtlich viele der sogenannten "Nachwuchskomponisten" ziemlich auf vollorchestrale Action abfahren, aber eben zu träge sind, sich das notwendige Handwerkszeug zuzulegen, dass es nunmal braucht, um die Möglichkeiten eines voll besetzten Orchesters komplett auszuschöpfen. Ich habe berufsbedingt mittlerweile mehrere Partituren vom Original in mein Notenrpogramm übertragen, um eine saubere Partitur vorliegen zu haben und neue Stimmen herstellen zu können. Was ich beim bloßen Abschreiben an Orchestrierungsstilismen eines bestimmten Komponisten gelernt und verinnerlicht habe, ist unvorstellbar. Wer also wirklich satte Action komponieren will, dem würde ich raten, vielleicht Passagen aus dem "Sacre du Printemps" einfach einmal abzuschreiben, damit man einmal jede Note und jedes Instrument selber eingetragen hat und sich davon inspirieren lassen kann, etwas Eigenes zu schaffen.
  8. Da muss ich aus eigener Erfahrung widersprechen. Beim Schreiben mit der Hand wird wahnsinnig viel "gefiltert", der Prozess des Schreibens lässt einen mal mehr, mal weniger bewusst, Dinge ausscheiden, nicht mehr einfließen etc. Das ist ganz anders, als wenn man mit ein paar Klicks (und viel copy und paste) mit einem Notenschreibprogramm arbeitet oder einfach über ein Midi-Klavier einspielt. Da ist man auch sehr schnell begrenzt, belässt es bei halbgaren Improvisationen, die das Potential der Ideen nicht ausschöpfen oder durch die eigenen motorischen Fähigkeiten begrenzt werden. Wenn man eine Musik in der Handschrift vor sich liegen hat, hat man in der Partitur einen viel besseren Überblick (im wahrsten Sinne des Wortes) über das Geschriebene, als wenn man beim Notenschreibprogramm immer rauf und runterscrollen muss oder irgendwelche Schichten im Sequenzer sieht. Die meißten Kompositionslehrer bestehen daher viel weniger wegen des "ideellen Wertes" darauf, dass ihre Schüler mit handschriftlichen Erzeugnissen zu Ihnen kommen als eben aus den Gründen, dass man sorgfältiger und bewusster arbeitet. Wie könnte man sonst auch erklären, dass mit der Verbreitung all dieser Hilfsmittel eine Verflachung des musikalisch-handwerklichen Niveaus in der Filmmusik Einzug gehalten hat? Nicht umsonst machen es Nicht-Filmmusikkomponisten häufig so, dass sie erst einzelne Einfälle skizzieren, dann Formpläne anlegen, dann Particelle schreiben und diese schließlich zur Partitur instrumentieren. Erst einmal wird der Fokus auf die kompositorische Struktur gelegt, die harmonische Ausgestaltung etc. und dann auf die Farbe. Klangfarbe ist ja leider etwas, dass durch mangelnde Instrumenten- und Orchestrierungserfahrung und -kenntnis (da hilft es dann halt doch mehr, sich mal eine Ravel-Partitur anzugucken als eine mit Sechzehnteln vollgestopfte Zimmer-Partitur - auch wenn man Filmmusik schreiben will) in der Filmmusik massiv unberücksichtigt bleibt (Goldsmith hat damit ja auch schon angefangen). Wenn man alles in einem Rutsch fertig machen will, weil man keine Lust auf Schreibarbeit (oft als unnötige Fleißarbeit abgetan und darum "voll uncool") hat, dann bleibt es immer bei halbgarer Kost.
  9. ...das ist ja auch der Grund, weshalb ich mir eine Library zugelegt habe. Viel weniger, um selber "Epik" zu komponieren, als um für wissenschaftliche Zwecke ungehörte Werke wie Herrmanns "The Forest" einmal erklingen zu lassen. Welches Notationsprogramm benutzt Du denn, Sebastian?
  10. Da ich von "Charade", "The Return of the Pink Panther", "Breakfast at Tiffany's" und "Hatari" ausschließlich die Intrada-Filmversionen besitze und tatsächlich noch keine Album-Fassung seiner kommerziellen Veröffentlichungen, die sich ja anscheinend massiv von den Filmversionen unterscheiden, werde ich mir diese Box definitiv kaufen. 18 Alben, die man noch nicht hat, auf einen Schlag ist doch etwas wunderbares. Wer soll das nur alles hören...?
  11. Dass Dir die Vierte gefällt, hätte ich mir denken können, da Du gerade auf dem Bartók-Trip bist. Dann würde ich Dir auch gerne die Streichquartette empfehlen, da diese Symphonie ja auf Elementen des ersten Quartetts aufbaut. Man braucht allerdings einen sehr weit ausgedehnten Begriff der "Spätromantik", wenn man die zweite und dritte Symphonie noch in diese Schublade stecken möchte. Insbesondere die zweite erscheint mit mit den flirrenden, plötzlich ausbrechenden Klangflächen und dem aus mehreren Fetzen bestehenden Saxophon-Thema (nie zuvor und auch nicht danach hat Hartmann einem thematischen Gedanken je eine solche Bühne bereitet wie in diesem Werk) eher in die impressionistische Richtung zu schielen. Für Spätromantik ist mir Hartmann weitaus zu spröde, durchexerziert und gemessen, auch wenn massive Orchesterattacken nicht rar gesäht sind. Dennoch widerspricht die oft kühle Instrumentierung, das Festtreten auf musikalischen Zellen (hier sei die instrumentale Begleitung der ersten Verse des ersten Satzes des "Versuch eines Requiems" oder der gemessene Trauermarsch im zweiten Satz der dritten genannt) dem spätromantischen Klischee der klangschwelgerischen Üppigkeit, den unersättlichen Themengebilden etc. Vielleicht kannst Du Dich auch an der Fünften erfreuen, einem kleineren Werk, das einst ein Trompetenkonzert war und mit Strawinsk-Zitaten nicht hinterm Berg hält. Mein Favorit momentan ist ja die Sechste. Ein Werk, das mich jedes Mal auf's Neue packt mit einem unglaublich brachialen Finale! Danke jedenfalls für Deine ersten Eindrücke. Ist immer spannend, so etwas zu lesen. Den Greenwood sollte ich mir langsam echt mal in einer der vier Fassungen zulegen.
  12. Ich gehe einmal von der Originalaufnahme aus, da Goldsmith nicht auf den Film dirigiert hat und es merkwürdig wäre, wenn jetzt bei der Veranstaltung eine andere Aufnahme demonstriert wird letzten Endes auf der Platte zu hören sein wird. Außerdem hätte man Goldsmiths Namen bestimmt irgendwo erwähnt. Ich habe die Intrada und die Varèse dieser (hervorragenden) Musik. Die LP wird somit nicht in mein Regal wandern.
  13. Zufälligerweise habe ich mich erst letztens mit Hartmann auseinander gesetzt und dieser Komponist ist ganz rasch auf meiner Symphonikerleiter nach oben geklettert. Dieses EMI-Doppel-CD-Set ist eine Neuauflage des Metzmacher-Zyklus', den man in zwei Doppel-CDs gespalten hat, von denen die zweite dummerweise vergriffen ist. Die ersten sechs Symphonien sind allesamt Überarbeitungen älterer Werke, manchmal mit komplett neuen Sätzen, während die Sieben und die Acht komplette Neukompositionen sind. Interessanterweise sagen mir 1-6 viel mehr zu als die letzten beiden, insbesondere die Sechs ist meiner Meinung nach ein absoluter Knaller. Insgesamt gibt es mittlerweile drei Einspielungen der Symphonien, von denen Metzmacher die gute Mitte bildet. Hartmann verträgt durchaus noch mehr Schroffheit als Metzmacher ihm zumuttet, dafür ist die Absmischung aber sehr ausgewogen.
  14. Ich habe bei meinen beiden bisherigen Filmmusiken einzig an Hand des Drehbuchs komponieren müssen, weil ich in der Drehzeit keine Musiker mehr gehabt hätte. Tatsächlich wurde dann auf die Musik geschnitten. Unmöglich ist es also nicht, aber natürlich nicht der gängige Fall. Man kann ja auch Filme nehmen, die schon Musik haben und einen "Gegenvorschlag" komponieren. Bei "Fluch der Karibik 1" ließe sich bestimmt mehr rausholen, als Badelt und ihre Mannen da in zwei Wochen zusammengezimmert haben.
  15. Die Filmmusik entstammt mit der Kinosymphonik aber der "klassischen" Musik. Besonders die in der Spätromantik geförderten Topoi, die Komponisten wie Richard Strauss und Gustav Mahler durch ihre farbige Instrumentation und die differenzierte Harmonik ausbildeten, dienten lange als Katalog und "Spielmarken-Vorrat" der Filmmusik. Gefeierte Komponisten wie John Williams, der mehr als nur Anleihen aus der "E-Musik" des letzten Jahrhunderts nahm, prägten damit die "typische" Filmmusik. Daher möchte ich auch unterstellen, dass ein mit allen musikalischen Mitteln gewappneter Komponist nicht einmal verliebt gewesen sein muss, um Liebe musikalisch zu vermitteln. Er muss nur genug andere Kompositionen kennen, in denen dieses Thema behandelt wird. Wenn Du Dir genau "Tara's Theme", "Across the Stars" und "Jill's Theme" anhörst und Dich in ihre musikalische Beschaffenheit einarbeitest, müsste Dir rein theoretisch ebenfalls ein Stück gelingen, dass die Herzen der Zuschauer zum Schmelzen bringt. Daher muss natürlich insbesondere der Filmkomponist auf schon bekannte Topoi zurück greifen und die finden sich bei der traditionellen Filmmusik nunmal in der "Klassik". Filmmusik war nie die Musik des Fortschritts und wird es auch nie sein, da der Zuschauer immer an etwas erinnert werden soll. Rein ketzerisch würde ich behaupten, dass Musik eigentlich zu abstrakt ist, etwas darzustellen, es sei denn, man fügt ein deutliches Programm oder Bilder oder Text hinzu. Selbst wenn Du versuchst, ein Stück zu schreiben, das die Schöpfung der Welt (warum müssen es denn immer solche Brocken sein?), wird die Trefferquote unter den Hörern sehr gering sein, die Dein Stück mit der Schöpfung assoziieren werden, es sei denn Du weist sie vorher darauf hin, dass sie an jene denken sollen. Wenn Du so klar Dinge transportieren willst, dann geht das tatsächlich fast nur in der Filmmusik, oder in der ihr verwandten Gattung der Oper, des Balletts oder der Programmmusik. Hast Du denn Deine kompositorische Ausbildung bei musictube schon begonnen? Normalerweise müssten da doch genug Dozenten sein, die Dich mit dem notwendigen musikalischen Rüstzeug wappnen. Wie gesagt: Musik gibt's von mir im Netz nicht zu hören, da ich nicht vorhabe, Leuten mit Werken die Zeit zu stehlen, die meinen eigenen Ansprüchen nicht genügen.
  16. Ich habe mich dazu ja bereits geäußert. Hier also nun eine geraffte Zusammenfassung, da ich meinem damaligen Standpunkt nichts hinzuzufügen habe (Danke an Oli für den entscheidenden Hinweis bei der Suche): Der Komponist ist ein Handwerker, der genau so wie ein Maler oder Bildhauer sein Handwerkszeug gelernt hat und versucht, mit seinen technischen Mitteln ein möglichst formvollendetes Werk zu schaffen. Komposition ist zu einem großen Teil Technik: Wie gehe ich mit den Tonarten um, wann moduliere ich, wann springe ich direkt in eine andere? Wie gut kennt man die Instrumente und kann sie einsetzen? Wie erarbeite ich eine Balance zwischen den einzelnen Stimmungen, gestalte die Musik interessant und abwechslungsreich? Wenn ich mich nun also hinsetze und zu komponieren beginne und mir die entsprechenden Fragen beantwortet habe, sollte der Komponist nun genau abwägen, welche Mittel sich am besten eignen. Wenn ich ein trauriges Liebesthema für eine unerfüllte Liebe schreibe: Wie drücke ich das aus? Vielleicht, indem ich am Ende die Kadenz ausspare und das Thema wie auch die entsprechende Beziehung kein zufriedenstellendes (im traditionellen Sinne) Ende findet. Welche Intervalle (kleine Sekunde) drücken Schmerz aus, welche Tonkombination verbinde ich mit einer Bedrohung (Tritonus) und wie füge ich all das zu einem kunstvollen Ganzen zusammen? Es bringt nichts, sich ans Klavier zu setzen, an eine unglückliche Beziehung zu denken und dann ein bisschen zu Improvisieren, man muss akribisch und berechnend vorgehen. Man muss nüchtern überlegen, welche Hebel man in Bewegung setzt, um anschließend beim Hörer die gröstmögliche Emotionale Wirkung zu erzielen wie der Anfang von Gustav Mahlers erster Symphonie, das "morgendliche Flimmern" mit einem in den Streichern achtfach oktavierten A zu bestreiten, aber auch da ist es dann letzten Endes eine Frage der Technik, des Handwerks und weniger des Gefühls und der Emotion beim Komponisten selber (zum Zeitpunkt des Komponierens), damit der Rezipient letzten Endes genau dieses morgendliche Flimmern spürt!
  17. Das ist in der Tat ein Klavier. Goldsmith hat es langsam einspielen lassen, um es durch die Beschleunigung beim Abspielen wie ein schäbiges Saloonklavier klingen lassen zu können, da man das so noch nicht auf Synthies programmieren konnte und er auch nicht so viel Budget wie Zimmer zur Verfügung hatte, der für "Sherlock Holmes" ein Instrument in einer Tiefgarage zertrümmern ließ. Diesen Beschleunigungstrick wandte Goldsmith in diversen Americana-Scores an wie z.B. "Wild Rovers" bei der Wildpferdzähmung. In solchen Fällen sind die Booklets der FSM-CDs ohnehin die beste Informationsquelle, da in den Analysen oft auch die einzelne Instrumentierung aufgeschlüsselt wird.
  18. Es ist nunmal wissenschaftlich beweisbar, dass Goldsmiths Umgang mit dem Themenmaterial in THE BLUE MAX sorgfältiger ist, als es ein John Williams bei STAR WARS getan hat. Wo ist das Problem? Es sind schließlich zwei Paar Schuhe, ob man diese Tatsachen feststellt oder aber ob man sie zu Maßstäben erhebt. Ich höre mir manchmal auch lieber FIRST KNIGHT an als ISLANDS OF THE STREAM, habe aber kein Problem damit, anzuerkennen, dass letzterer über mehr Potential verfügt - alleine was die Instrumentierung angeht. Dennoch kann ich in dem Moment sagen "Der eine gefällt mir besser."
  19. Ich habe nicht vor das zu tun. Ich habe nur ein Problem mit Superlativen. Wenn man jeder schicken großorchestralen Musik sofort das Prädikat "Meisterwerk" verleiht, dann geht jeder sinnvollen Differenzierung schnell die Puste aus, so wie im Film-Thread einige gerne jedem Film 10/10 geben. Bei Freddy ging es exakt um "Maleficent", bei Sebastian nicht mehr ausschließlich.
  20. Weil es hier weniger um "Malificent" um sich ging, als die Tatsache, dass ein Prädikat "weltklasse" sehr wohl aus objektiv messbaren Maßstäben heraus gefällt werden kann.
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