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Vielen Dank für die Rückmeldung Das Kino des Dritten Reiches ist ein überaus spannendes Kapitel deutscher (Film-)geschichte, an dem man gar nicht vorbeikommt, wenn einen die Entwicklung des frühen Ton- und Farbfilms in Deutschland interessiert. Schließlich wurden die ersten abendfüllenden Farbfilme während des zweiten Weltkriegs gedreht und aufgeführt. Der Umgang mit dem deutschen Filmerbe ist allerdings peinlich bis ärgerlich, DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL ist ein wundervolles Beispiel dafür. Um eine zensurlose Situation vorzugaukeln, hat man damals das Siegel "Unter Vorbehalt" eingeführt, mit dem mittlerweile noch immerhin rund 40 von den 1200 (!) im Dritten Reich gedrehten und größtenteils aufgeführten Filmen vom öffentlichen Vertrieb zurückgehalten werden. Diese 40 Filme dürfen nur in Veranstaltungen mit einem Referenten und einem Gesprächsangebot gezeigt und gesehen werden. Wer nicht in Berlin, Hamburg oder einer anderen größeren Stadt wohnt, kommt so selten in den ohne Frage fragwürdigen Genuss, Filme wie KOLBERG, ROBERT UND BERTRAM oder HITLERJUNGE QUEX zu sehen. Dass diese Unterteilung in "politische" und "Unterhaltungsfilme" aber völlig an den Haaren herbeigezogen ist, dürfte man mittlerweile gemerkt haben, geändert hat das allerdings nichts. Hier ein schönes Beispiel: Der Film VENUS VOR GERICHT ist bis heute nur "unter Vorbehalt" zu sehen.* Der Film bietet alles, was in DIE UMWEGE DES SCHÖNEN Karl thematisiert wird: Ein guter arischer Künstler findet die abstrakte Kunst der Weimarer Republik doof. Er vergräbt eine eigene Venusstatue auf einem Acker, lässt sie finden und von Kunstkennern als antikes Meisterwerk feiern. Als er enthüllen will, dass solche Kunst auch heute noch möglich ist, wenn nur gute Nazis sie machen, fehlen ihm jedoch die Beweise, der Schöpfer der Venus zu sein. Einzig die Dame, die Modell stand, kann das bezeugen, aber die ist mittlerweile Frau eines Bürgermeisters. Sie sagt sich aber doch von ihrem linken Gatten los und kommt mit dem guten rechten Künstler zusammen. Warum ist also VENUS VOR GERICHT unter Vorbehalt und DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL ab sechs Jahren freigegeben? VENUS VOR GERICHT ist plumper. Der Künstler hat eine Hakenkreuzfahne im Schrank, es gibt Hitlergrüße, also handelt es sich um einen bösen Nazifilm. In DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL gibt es das nicht, also unpolitische Unterhaltung mit lustigen Späßchen über abstrakte Kunst, modernes Theater und geile Böcke im Reichstag. Das ist absurd! Der Film, der mir also vorhält, ein Nazifilm zu sein, muss mir durch einen Referenten erklärt werden, während eine Rühmann-Komödie, die ihre nationalsozialistische Weltanschauung ebenso dreist aber ohne Hakenkreuzfahne zur Schau stellt, von Grundschulkindern munter rezipiert werden kann... *Wann der überhaupt irgendwo mal gezeigt wird, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich wollen auch die Programmkinos volle Säle und die bekommt man nunmal mit JUD SÜSS und nicht mit so einer Klamotte.
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DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL (1938) oder: Demokratisches Chaos, entartete Kunst und Negermusik in der Weimarer Republik Heinz Rühmann gehörte zu den absoluten Stars des Kinos des Dritten Reiches. Ein Film mit Rühmann fing mehrere finanzielle Pleiten desselben Studios auf und garantierte einen Publikumserfolg. In DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL spielt Rühmann einen pfiffigen Kellner, der sich mit einer Anstellung in Berlin mehr vom Leben erhofft und von dem Eintritt in die große Gesellschaft träumt. Also einer der unzähligen Unterhaltungsfilme, die weitab von der bösen Goebbels-Propaganda sind und auch heute noch jung und alt erfreuen? Die FSK dürfte das so gesehen haben, als sie diesen Film ab sechs Jahren freigab. Ich sehe das nicht so. Stutzig macht direkt die erste Texteinblendung: "Eine Kellnergeschichte aus dem Jahre 1930". Warum 1930? Die Geschichte um den kleinen Kellner mit großer Klappe könnte doch auch in dem Jahr spielen, in dem er gedreht wurde. Die Antwort liegt auf der Hand: Es geht maßgeblich darum, das vergangene demokratische Regime zu diffamieren. Dies tut man am Besten, indem man dem sympathischen Protagonisten geeignete Antagonisten gegenüberstellt. Karl Kramer gelingt bald der Zutritt in die höheren Kreise Berlins: Als er eines Abends im Tiergarten einen Unhold befreit, der einer Dame die Handtasche stehen will, entpuppt sich das Opfer als Tochter des Reichstagsabgeordneten der (fiktiven "freisinnigen Wirtschaftspartei". Der Film lässt sich ungewöhnlich Zeit, die Abendgesellschaften des Herrn Donon zu schildern. Hier wird keine Gelegenheit ausgelassen, die Politiker als habgierig, unehrlich und korrupt zu diffamieren. Stets uneinig bringen die Herren nichts voran (=Demokratie) und beschäftigen sich hauptsächlich mit Verordnungen für Bademode, um der Industrie in die Tasche zu spielen. Die (damals noch nicht gleichgeschaltete) Presse wird dabei von den einzelnen Parteien als Druckmittel ausgenutzt. Doch damit nicht genug: Der Film lässt es sich nicht nehmen, die Gesellschaft mit einem lesbisch anmutenden Pärchen zu bevölkern, das moderne Inszenierungen (Romeo im Frack, Julia im Schlafanzug - anders könne man das doch gar nicht mehr inszenieren) diskutiert. Auch die modernen Skulpturen im Salon werden natürlich mit dummen Plattitüden kommentiert ("Alles mehr Klang und Farbe als Gestalt."), um die Anhänger der "entarteten Kunst" als pseudo-intellektuelle Hohlköpfe zu diffarmieren. Wirklich schlecht wird einem zu einem späteren Zeitpunkt des Films, als Karl Kramer aus der Haft entlassen wird, in die er irrtümlich geraten ist, weil sein Kollege krumme Geschäfte gemacht hat. Seiner besorgten Verlobten sagt er: "Das kann schonmal sein, dass sie einen unschuldig einsperren, aber dann müssen sie einen ja auch wieder rauslassen." Das grenzt schon fast an Verhöhnung der Regime-Opfer, wenn dem Publikum 1938 im Kino gesagt wird, es könne ja schonmal sein, unschuldig eingesperrt zu werden. Die Nazis waren da ja zu jeder Zeit ihrer Herrschaft großzügig, mit dem Rauslassen haben sie's dann aber nicht so genau genommen.* Rassismus kommt ebenfalls nicht zu kurz: "Woher kommt der Herr?" - "Aus Hinterpommern." - "Ja, richtig, das sieht man den Leuten ja sofort an, wo sie herkommen." Letzten Endes wird natürlich alles gut, Karl weiß, wo sein Platz ist und wo er hingehört, dafür bekommt er aber auch das arische Mädel und nicht die dunkelhaarige Dame mit dem ausländischen Namen. Drei Jahre nach der Filmhandlung wird sowieso alles besser: Man wird im Reichstag aufräumen, die Jazzmusik abstellen, die Museen bereinigen, die Presse gleichschalten und nach Lust und Laune Leute verhaften...vielleicht ja auch wieder rauslassen. DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL waren für mich mal wieder ein schöner Beweis, dass man eben nicht bei scheinbar harmloser Unterhaltung das Hirn ausschalten sollte. Ich werde es mir jedenfalls massiv überlegen, ob ich diesen Film mit einem sechsjährigen sehen werde...wahrscheinlich aber nicht. *Diesbezüglich gibt es aus demselben Jahr auch den Film VERWEHTE SPUREN, in dem ernsthaft darüber diskutiert wird, die Protagonistin in Schutzhaft (!) zu nehmen, um der Panik einer eventuellen Epidemie vorzusorgen. Harlan hatte sich in seinem Streifen MEIN SOHN, DER HERR MINISTER bereits ausgiebig über die Demokratie als unfähiges System lustig gemacht. 1940 hetzte er in einem der berühmtesten Filme des Dritten Reiches, JUD SÜSS, gegen Juden, und rief mit dem Film KOLBERG kurz vor Kriegsende zum Volkssturm auf, natürlich alles gegen seinen Willen und unter Zwang des Propaganda-Ministers...
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Anscheinend immer noch zuviel, wenn Du Dich angegriffen fühlst, sobald jemand (stillos) über einen von Dir geschätzten Komponisten oder ein bestimmtes Werk herzieht:
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Deine Aussage ist faktisch richtig, allerdings muss ich gestehen, dass, wenn ich Filmmusik in meiner Freizeit höre, es für mich in allererster Linie darauf ankommt, ob die Musik so gearbeitet ist, dass ich meine Zeit dafür aufwende, sie als Musik zu hören und nicht als Spur eines Films. Daher fällt Poledouris eben häufig plumper aus als andere, gerade "Riders of Doom" ist ein schönes Beispiel. Klar ist das laut und klingt groß, das liegt aber daran, dass Poledouris viele Instrumente(ngruppen) dieselbe Stimme spielen lässt. Auch die rhythmische Gleichmäßigkeit passt natürlich wunderbar zu der archaischen Welt, die da eingefangen werden soll, losgelöst davon könnte man es aber auch als primitiv bezeichnen, wenn Fagotte und tiefe Streicher ewig die Tonika-Dominantquarte in gleichmäßigen Achtelketten spielen. Das wird dann als Hörerlebnis schnell langweilig, in Kombination mit den Bildern natürlich weniger.
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Ich glaube aber, dass es genau dieses plumpe, homophone Geballer à la Orff ist, an das Max Liebermann da denkt, wenn er den "musikalischen Neandertaler" vor Augen hat. Ich würde ihm da lieber WHITE FANG empfehlen.
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Italienische Genre-Filmmusik der 50er-70er Jahre
Mephisto erstellte ein Thema in Filmmusik Diskussion
Die italienischen Filmproduktionen verzeichnen seit den 50er Jahren auffällige Genre-Schwerpunkte. Angelehnt an die Bibelepen Hollywoods produzierte an ab den 1950er Jahren sogenannte Peplum-, zu deutsch Sandalen-Filme, die nicht immer, eher sogar selten, die amerikanischen Vorbilder in Hinblick auf den materiellen Aufwand erreichen konnten. Die Sandalenfilme wurden Anfang der 60er von den Western abgelöst, die sich anfangs ebenfalls an den entsprechenden Filmen Hollywoods orientierten, dank Sergio Leones kompromisslosen Beiträgen, insbesondere durch die Dollar-Trilogie, einen völlig eigenständigen Unterbereich im Western-Genre begründeten und ab Mitte der 60er einen wahren Boom erlebten, der bis in die frühen 70er anhielt. In diesem Thread soll es um die musikalische Begleitung derartiger Peplum-Filme und Italo-Western gehen. Inspiriert zu einer näheren Beschäftigung mit diesen Musiken wurde ich durch die meisterhaften Kompositonen Ennio Morricones zu den Leone-Western FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR, FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR, ZWEI GLORREICHE HALUNKEN, SPIEL' MIR DAS LIED VOM TOD und TODESMELODIE. Es folgten die drei FSM-Alben zu NAJAVO JOE, FIVE MAN ARMY und GUMS FOR SAN SEBASTIAN. Insbesondere die letzteren haben mich sehr beeindruckt, sodass ich mutiger wurde, mich in die schier unüberblickbaren Gefilde der Italo-Western-Musik zu begeben. Nahezu wahllos bestellte ich ich bei GDM eine Handvoll CDs, die mich aber mehr oder weniger enttäuschten. Los ging es mit John Ireson und Weyman L. Parham - UCCIDEVA A FREDDO Bei der Masse, die dank des löblichen Engagements diverser italienischer Label in den letzten zehn Jahren an Italo-Western-Musik-Veröffentlichungen erschienen sind, verwundert es nicht, dass auch mal die eine oder andere Blindschleiche dabei ist - wie diese hier. Der bloß im lokalen Verleih und heute vollständig vergessene Italowestern UCCIDEVA A FREDDO wurde von den als "Wilder Brothers" bekannten Musikern John Ireson und Weyman L. Parham vertont. Der erste und einzige Höhepunkt bildet das ganz charmante Titellied, "He Wore A Silver Star". Danach bekommen wir endlos langweilige Variationen der Titelmelodie geboten, oftmals anscheinend nur von den beiden Musikern dargeboten, wahlweise mit E-Gitarre+E-Bass, zwei Gitarren und männlicher summender Stimme, oder einem auf schätzungsweise fünf Musikern aufgestockten Ensemble. Zwei ziemlich ähnliche Suspense-Stücke gibt es auch noch, einige unspektakuläre, noch nicht einmal schmissige Saloon-Musiken und noch zwei weitere Songs der "Wilder Brothers", dann ist der langweilige Spuk auch schon (Gott sei Dank) vorrüber. Substanzlos und langweilig ohne jedes Fünkchen Witz oder Einfall - schade. Ich habe diese CD einmal für knapp 5,- Euro "mitgenommen", die üblichen 16+ ist sie auch niemals wert. Da gibt es geschätzt 400 spannenderere Italowestern-CDs auf dem Markt. GDM hat sich allerdings auch bei dieser Veröffentlichung nicht lumpen lassen: ein schön bunt bebildertes Booklet und ein famoser Klang helfen der wahnsinnig uninspirierten Musik zwar nicht, wahren aber die hervorragenden Standarts des Labels...immerhin... -
DER 13: KRIEGER leidet filmisch-narrativ deutlich unter den plötzlich vernachlässigten Handlungssträngen, wie der im ersten Teil aufkeimenden Liebesgeschichte oder dem angedeuteten Konflikt mit dem Prinzen. Da wäre noch viel dringewesen, aber diese Elemente versickern plötzlich im Sand. Das fand ich immer schade, dennoch ist mir der Film sehr sympathisch und das Buch ist sehr gelungen.
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- Jerry Goldsmith
- Intrada
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Veröffentlichung Varèse Sarabande: BACK IN TIME...1985 AT THE MOVIES
Mephisto antwortete auf peter-anselms Thema in Scores & Veröffentlichungen
Ich glaube, es ist die Tatsache, dass insbesondere das Set ein bisschen unausgegoren wirkt. Da wird ein Neueinspielungssampler zusammen mit kompletten Varèse-Alben (BLACK CAULDRON) mit einzelnen Titeln zusammen geschmissen, während bei anderen Varèse-Wiederveröffentlichungen Stücke fehlen, die jedoch vorher zugänglich waren (Bonus-Musik bei THE GOONIES). Für mich wäre das Album ausschließlich wegen THE BLACK CAULDRON interessant, auf den ich auch schon seit Ewigkeiten warte. Deswegen schlage ich bei diesem Paket dennoch nicht zu. -
Die Vorankündigungs-Veröffentlichungs-und-Gerüchte-Küche (Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Scores & Veröffentlichungen
Das ist eben der Clou. Kann mir auch nicht denken, dass das der endgültige Grund ist. -
Es ist aber auch nicht weniger verletzend, wenn einem, sobald man (berechtigte) Kritik äußert, sofort vorgeworfen wird, man sei ja ein kalter Klotz mit einem Herz aus Stein. Ich selber gerate immer wieder in "kindliches Staunen" oder uneingeschränkte Begeisterung; sei es, weil mich etwas wahnsinnig begeistert oder weil genug Nostalgie im Spiel ist. Diese emotionalen Hochphasen werden aber nicht durch alles und jeden ausgelöst. Daher ist durchaus Raum für kritische Betrachtung und Äußerung gegeben, ohne dass ich ein gemeiner Roboter wäre, der die gestaunten Bauklötze der erwachsenen Kinder durch das Zimmer kickt.
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- Hans Zimmer
- INTERSTELLAR
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Die Vorankündigungs-Veröffentlichungs-und-Gerüchte-Küche (Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Scores & Veröffentlichungen
Goldenthal sagte mir einmal, dass das Studio noch sauer wegen der 300-Klage ist, und deswegen eine längere Veröffentlichung verhindern würde. -
Also noch einmal von vorne : Die Varèse-Box setzt sich ausschließlich mit der Musik auseinander, die Bernard Herrmann im Laufe seiner Anstellung bei 20th Century Fox geschrieben hat. Allerdings hat Varèse bereits zuvor eine Reihe von drei Einzel-Alben herausgebracht unter dem Titel "Bernard Herrmann at 20th Century Fox". Auf diesen drei Alben sind folgende Einspielungen enthalten: GARDEN OF EVIL, KING OF KHYBER RIFLES, ANNA AND THE KING OF SIAM, TENDER IS THE NIGHT, A HATFUL OF RAIN und PRINCE OF PLAYERS. Diese Einzelalben enthielten aber bis auf ANNA AND THE KING OF SIAM nicht die vollständige Filmmusik und wurden daher für die 14-CD-Box erweitert. Ebenfalls als Einzelalbum wurden THE GHOST AND MRS MUIR und JOURNEY TO THE CENTER OF THE EARTH von Varèse als Einzel-CD lange vor der Box veröffentlicht, auch hier finden sich in der Box bisher unveröffentlichte Titel. Varèse hat die Rechte an einigen Titeln, u. A. auch an diesen Herrmann-Titeln (wie auch z.B. STARSHIP TROOPERS) auf Lebenszeit, das bedeutet: Entweder erbarmt sich Varèse unser und bringt erweiterte Fassungen heraus (wie im Falle von DIE HARD 2) oder eben nicht (wie bisher bei STARSHIP TROOPERS). Im Falle von Herrmann hat Varèse versucht, nahezu jeder Sekunde für diese Box habhaft zu werden. Andere Label werden auf Granit beißen, wenn sie versuchen, von Varèse urpsrünglich lizensierte Titel ebenfalls herauszubringen. Anders verhält es sich da mit Titeln, die zuvor bei anderen Labeln herausgekommen sind wie THE EGYPTIAN, der ursprünglich von FSM veröffentlicht, dann von Varèse erweitert und in der Herrmann-Box teils recycelt wurde. Den konnte Lala Land ja auch nochmal rausbringen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob Du wirklich die vollständigste Version jeder Musik brauchst oder Dich auch mit kürzeren Veröffentlichungen zufriedengeben kannst. Ist ersteres der Fall, wirst Du an der Box in den nächsten Jahren nicht vorbeikommen, da es unwahrscheinlich ist, dasss Varèse alle CDs noch einmal einzeln herausbringt. Kannst Du auch mit kürzeren Präsentationen leben, würde ich Dir empfehlen, die drei "Herrmann at 20th century Fox"-CDs zu kaufen sowie THE GHOST AND MRS MUIR und JOURNEY TO THE CENTER OF THE EARTH von Varèse, dann noch THE EGYPTIAN von Lala Land sowie THE DAY THE EARTH STOOD STILL und THE 12-MILE-REEF von Kritzerland, die in nächster Zeit auch noch WHITE WITCH DOCTOR und SNOWS OF KILIMANJARO neu auflegen wollen. Damit hättest Du dann schonmal CD 2, 3, 4, 6, 8, 9, 10, 11 (zum Teil), 13 & 14 teilweise abgedeckt. Als "Platzhalter" für CD 1 kannst Du auf die Neueinspielung von JANE EYRE zurückgreifen. Mit dieser Investition hättest Du weit weniger als 500,- ausgegeben, aber würdest schon über einen großen Teil der in der Box enthaltenen Musik verfügen.
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Ich wüsste niemanden, der seine Box ernsthaft loswerden wollte, höchstens bei Sammlungsauflösungen könntest Du Glück haben. Die Box enthielt einige Erstveröffentlichungen (PRINCE OF PLAYERS, WHITE WITCH DOCTOR) in den Originalaufnahmen, viel massiv erweitertes und mehrere neue Auflagen längst vergriffener Titel (DAY THE EARTH STOOD STILL). Von Varèse gab es die CDs nur in Form dieser Box, allerdings ist Kritzerland gerade dabei, mehrere CDs aus dieser Sammlung als Einzeltitel wieder aufzulegen, THE DAY THE EARTH STOOD STILL ist bei Kritzerland bereits ausverkauft, in Deutschland aber problemlos zu beziehen, BENEATH THE 12-MILE-REEF erst vor Kurzem neu veröffentlicht worden, WHITE WITCH DOCTOR soll folgen. Daher würde ich keine Mondpreise mehr für die Box zahlen, sondern geduldig warten, bis Kritzerland und wahrscheinlich Lala Land Records in den nächsten zwei, drei Jahren die ausstehenden Musiken neu veröffentlichen. Die Box war für mich ein Reflexkauf, den ich bis heute nicht bereut habe, obwohl sie bis heute nicht geöffnet habe. Wenn ich denn endlich mal zur ausgiebigen Beschäftigung mit Herrmann komme, muss ich mich nicht erst auf die Suche all diesen Musiken machen. Für alle, die die Box nicht gekauft haben, sieht's zur Zeit allerdings längst nicht mehr so schwarz aus wie vor ein paar Monaten
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Ich höre gerade folgendes Album...(Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Filmmusik Diskussion
Durch die Besprechungen der letzten Tage wurde ich nun auch angefixt - gerade richtig zur Osterzeit, und daher: THE ROBE - Alfred Newman/Ken Darby Alfred Newmans Musik setzt sich ebenfalls von vielen Sandalen- und Bibelfilmen ab, die insbesondere durch den etwas rauen und gewaltigen Rózsa-Klang geprägt wurden wie "Quo Vadis" und "Ben Hur". "Big Al" zeigt nämlich eine ganz andere Herangehensweise an diesen Stoff auf. Bei den Auftritten des römischen Imperators verlässt er sich ganz und gar auf die Trompeten, sodass Newmans Fanfaren deutlich glanzvoller, aber auch dichter und höher klingen als die breit oktavierten und mit Quinten gespickten Rosza-Fanfaren, die hauptsächlich von Trompeten, Hörnern und Posaunen bestritten werden. Der wahlweise weiche oder schmetternde Klang der Hörner sowie der scharfe Ton der Posaunen verleihen den Fanfaren daher einen relativ rauhen Ton. Nicht so bei Newman. Allerdings weist das Liebesthema für Diane und Marcellus den gleichen "hebräischen Touch" in der Melodieführung auf wie Roszas Liebesthema aus "Ben Hur". Des Weiteren verzichtet Newman größtenteils auf ausufernde Klänge, sondern konzentriert das Orchester meist auf mittlere Lagen, sodass der Klang an Dichte gewinnt. Der Effekt des engen und dicken Klangbildes wird durch den Chor sehr verstärkt, der sich durch die ganze Partitur zieht und maßgeblich zur "mystischen" Stimmung der Musik beiträgt. Besonders wenn man das Orchester alleine die Musik zur Kreuzigung spielen hört, merkt man, wie wichtig der Chor für diese Klangfülle ist. Sämtliche Chorarrangements und -kompositionen gehen übrigens auf Ken Darby zurück, und besonders wenn man die Gelegenheit nutzt, den Chor einmal losgelöst vom Orchester zu hören, merkt man, wie filigran Darby hier in der Stimmführung vorging. Im Gegensatz zu vielen anderen Sandalenfilmen, in denen der Chor oft nur gegen Ende des Films verwendet wurde, kommt er hier in fast allen wichtigen Momenten, insbesondere natürlich denjenigen um Christi Erlösung zum Einsatz. Newman und Darby setzen den Chor dabei oft vokalisierend ein, die "Hymne an die Toten" ist allerdings auf hebräisch gehalten, und zum Schluss darf das "Hallelujah" des Chors natürlich auch nicht fehlen. Das von Edward Powell in die Orchesterstimmen übertragene Particell weist ein interessantes Gleichgewicht von Streichern und Holzbläsern auf. Während in vielen Monumentalfilmmusiken die schwelgenden Streicher in fast keiner Szene fehlen dürfen, werden oft minutenlang Teile der Komposition mit Holzbläsern und Harfe oder Holzbläsern und Schlagwerk bestritten. Bei der Perkussion kommt oft der antik anmutende Schellenkranz zum Einsatz, bei Märschen und Auftritten Caligulas greifen Newman und Powell oft auf starkes Schlagwerk mit großen und kleinen Trommeln sowie Pauken zurück. Das Blech wird sehr selten und daher umso wirkungsvoller eingesetzt. In den dramatischen Momenten übernehmen die Hörner ausgefeilte Kontrapunkte zu leidenschaftlichen Streichern oder der gesamte Blechsatz ertönt mal als massiver, mal als würdevoller Choral. Die diegetische Musik ist abwechslungsreich interessant gestaltet. Da gibt es einmal die typisch römische Festmusik, ein reines Chorstück als Klagelied für den toten Justus oder das wundervoll lyrische Lied über die Auferstehung Christi, gesungen von Carole Richards und das in der Umsetzung und der Melodie wahrhaftig nach einem alten Lied klingt. 50er-Jahre-Monumentalfilmmusik besteht nicht immer aus schmetternden Fanfaren, dramatischen Streicherteppichen und dem einen oder anderen Solo für Flöte und Oboe. Newman schafft zwar eine in der Stimmführung sehr reichhaltige, aber stets gezügelte Komposition, deren Stärken besonders im Feingefühl und der jeweiligen Atmosphäre liegen. Lange ein gesuchtes und rares Album hat Lala Land Recodrs diese Musik wieder aufgelegt, sodass man jetzt viel einfacher in den Genudd dieser Musik kommen kann. Bei mir läuft gerade die Club-CD, als Bonus gönne ich mir später noch die rein chorale Fassung von "Marcellus' Redemption" vom Fox Classics Album, das die erste Veröffentlichung der Originalaufnahmen gewesen sein dürfte. Die LP-Aufnahme wurde ebenfalls auf CD veröffentlicht, ist mir aber noch nicht bekannt. In welcher Form auch immer, THE ROBE sollte man jedenfalls gehört haben, wenn man sich einmal in mystische Sphären begeben möchte. Diese Musik ist tatsächlich einzigartig - insbesondere für eine Sandalenfilmmusik der 50er Jahre. Dass so etwas heute ganz unmöglich wäre, brauche ich, denke ich, nicht extra zu erwähnen. -
Die Vorankündigungs-Veröffentlichungs-und-Gerüchte-Küche (Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Scores & Veröffentlichungen
Kannst Du versuchen. Ich freue mich aus demselben Grund wie Leonard über die erweiterte Veröffentlichung. -
Ich höre gerade folgendes Album...(Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Filmmusik Diskussion
Richtig, natürlich meine ich As-Dur! Der 3/2-Takt wahrscheinlich wegen des getragenen Tempos. Daher ist das 4/2 auch richtig vermutet. -
Ich höre gerade folgendes Album...(Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Filmmusik Diskussion
Was wäre die Rebellenfanfare oder das Gefährten-Thema ohne Medianten Also reines C-Dur erklingt tatsächlich nicht, da das H vom H-Dur im Bass liegen bleibt. Das Ganze ist ja ein gemessener Dreihalbetakt. Auf die 1 des sechsten Takts erklingt H-Dur, auf die 3 desselben Taktes kommt das C-Dur in hoher Lage, das H (mit Quinte f#) bleibt im Bass bestehen. Daher die Dissonanz, die sich in Takt 7 in fulminantes A-Dur auflöst. Das ist ganz einfach am Klavier nachzuspielen. -
Ich höre gerade folgendes Album...(Teil 2)
Mephisto antwortete auf Marcus Stöhrs Thema in Filmmusik Diskussion
Freut mich sehr, lieber BVB-Fan, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Die mystische Stimmung und der strahlende Durchbruch kommen durch das schrittweise Hocharbeiten der stets von c-Moll ausgehenden Harmoniesprüngt: c-Moll - es-Moll, c-Moll - A-Dur, c-Moll - H-Dur, und anschließend folgt der Sprung von C-Dur nach As-Dur, eine strahlende Mediantverbindung! Sami hat Recht: Nur die komplette Kreuzigung vermag es, die Atmoshpäre vollständig einzufangen. Ein Hammerstück, in den das Klagemotiv zwischen Chor und Orchester stets hin- und hergeworfen wird. Sehr einfache Mittel, aber umso wirkungsvoller umgesetzt! -
Passacaglien in der Filmmusik
Mephisto antwortete auf Sebastian Schwittays Thema in Filmmusik Diskussion
Unser guter Jonas Uchtmann hat "The Attack" daher auch zutreffend als Chaconne identifiziert. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die musikwissenschaftliche Literatur da recht schwammige Begriffe und Eingrenzungen liefert. Der Umgang mit der streckenweise sehr streng formal gestalteten Musik aus THE BLUE MAX zeigt, dass eine derartige geschlossene Form sich oft schwierig mit einem Film kombinieren lässt, da sie viel "Luft zum Atmen" braucht, um sich voll zu entfalten. Ein zu heftiger und unregelmäßiger Szenenwechsel würde sich schwerlich mit der Passacaglia kombinieren. Was die Passacaglien in der "E-Musik" betrifft, möchte ich Dir unbedgint diejenige aus Benjamin Brittens "Peter Grimes" ans Herz legen, falls Du sie noch nicht kennst. Was Britten dort nach und nach für Geschütze auffährt, um eine wahrhaft klaustrophobische Spannung zu erzeugen, ist sehr beeindruckend - wie vieles von Britten! https://www.youtube.com/watch?v=_REZ0LZ-9uQ -
Die Orchestration - Eine verlernte Kunst?
Mephisto antwortete auf Arianes Thema in Filmmusik Diskussion
Ein Geschmacksurteil und als solches auch vorbildlich gekennzeichnet Ich kann dennoch die Kritik an der betreffenden HOOK-Passage nicht ganz nachvollziehen. So unübersichtlich finde ich das Stück nicht instrumentiert, natürlich ist es ein kaleidoskopischer Klang, der allerdings genau zu der betreffenden Situation passt. Williams hätte sich hier nicht besser inspirieren lassen können. Schließlich ist Tinkerbell hier auch überall und nirgends, da ist die völlig quirlige Vertonung schon angemessen. Dass Dir WAR OF THE WORLDS besser als HOOK gefällt, kann ich nachvollziehen. Ich habe ja auch meine Vorbehalte gegen HOOK, die ein (vielleicht mir allein vorbehaltenes) Williams-Problem hier besondersdeutlich machen. Der "Sacre" lebt ja aber nicht allein durch die blockhafte Klangaufspaltung. Da sind zum Beispiel der dichte Holzbläser-Vorhang, der fast naturaft aus der vom Fagott vorgetragenen Volksliedpassage hervorwuchert, da sind die ebenfalls sehr naturhaften Laute der Holzbläser im ersten Teil oder das Vorspiel zum zweiten Teil (auch hier hat sich Williams massiv für das "Tatooine"-Material in STAR WARS bedient), das ja gerade vom Bläsermischklang lebt. Der "Sacre" ist da bei Weitem klangkulianrischer als das, was Williams bei WAR OF THE WORLDS draus gemacht hat. -
Die Orchestration - Eine verlernte Kunst?
Mephisto antwortete auf Arianes Thema in Filmmusik Diskussion
Dann magst Du also auch den "Feuervogel" nicht? -
Die Orchestration - Eine verlernte Kunst?
Mephisto antwortete auf Arianes Thema in Filmmusik Diskussion
...und wer die Partitur nicht hat, kann bei Stravinskys "Feuervogel" einmal nachsehen, wie Williams das hemacht hat Mich hat an der Passage nicht gestört, dass sie zu 80% nicht von Williams ist, aber was die Orchestration und die Dramaturgie eines Stücks angeht, fand ich den "Prolog" aus HOOK unerreicht. Natürlich typisch schillernde Williams-Orchestration der 90er, aber verdammt gut gemacht. Leider kommen heutige Komponisten nicht mehr darauf, solche flirrenden Holzbläserläufe zu schreiben oder die Trompeten mit den Oboen zu koppeln, um noch eine bestimmte "Schärfe" zu erhalten. Mischklänge sind halt das A und O einer interessanten Orchestration, warum ich auch manchmal meine Probleme mit der allzu nackten ökonomischen Goldsmith-Orchestration der 90er habe, wenn etwas anderes gefordert ist wie in FIRST KNIGHT. Wer sich einmal mit Mischklängen beschäftigen möchte, der sollte unbedingt einmal in die Partituren Franz Schrekers schauen. -
An diesen Film kann ich mich auch noch gut erinnern: Als einen der drögendsten Kinoabende, die ich 2014 durchgesessen habe. Einer der Filme, die durch ihre übertriebene Vorsicht, bereits der kleinste dynamische Ausrutscher in jedweder Hinsicht könne den Film ins Melodramatische reißen, zu einem blutleeren, zähen Erlebnis werden. Klar gibt es die dargestellten moralischen Widersprüche wie die Szene, in der der Protagonist lang erklärt, dass das auf der Straße liegende Reh trächtig ist und das kleine in dem Bauh der Mutter noch lebt. Aus voller Bequemlichkeit unternehmen sie jedoch nichts weiter, als das Tier von der Straße zu ziehen und in den Straßengraben abrutschen zu lassen. So hat man das Gewissen beruhigt, "etwas getan" zu haben (das tote Tier kann nicht noch einmal angefahren werden), das Tragische an der Situation wird aber von den Protagonisten sowie vom Film ausgeblendet. Diese Szene war für mich repräsentativ für den Film, der zwar moralische Widersprüche diskutieren will, seine Figuren aber nicht die Verantwortung aufbürdet, sich wirklich mit ihnen auseinanderzusetzen. Aus dem Film habe ich lediglich die Botschaft ziehen können, das ganze aktivistische Gehabe der Protagonistengruppe ist letzten Endes so oberflächlich, teils willkürlich und falsch wie das der bösen Umwelt...nunja. Eine merkwürdige Tatsachenbehauptung, die ich dank BLACK SWAN genau so gut auf das "Tanzende Volk", dank BIRDMAN auf den "Theaterklüngel" oder LA GRANDE BELEZZA auf die Literaten deuten könnte. Wer ist denn ohnehin "der ausführende Musiker" und mit welchen dieser Leute hast Du denn ernsthaft welche Erfahrungen gemacht, um derartige Abneigungen zu verspüren...wer soll denn immerhin Dein Streichquartett und Dein Orchesterstück spielen?