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Soundtrack Board

Stefan Schlegel

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Alle Inhalte von Stefan Schlegel

  1. Es ist sicher an die 40 Jahre her seit ich LE JUGE ET L´ASSASSIN gesehen habe, ich teile aber Deine eher negative Meinung dazu nicht unbedingt. Ich fand den Film damals insgesamt schon recht beeindruckend als kühl-distanziertes Charakter-Drama, wobei vor allem Philippe Noiret als ehrgeiziger Richter wirklich zu glänzen weiß. Über den Schluß und die Texttafel am Ende kann man selbstverständlich streiten - ich denke auch, daß mit dem oben angesprochenen Vergleich zwischen Bouviers Taten und dem Tod vieler Arbeiterkinder in damaligen Fabriken Tavernier und seine beiden Drehbuchautoren Jean Aurenche und Pierre Bost den Bogen mit ihrem sozialkritschen Impetus dann ein wenig überspannt haben, so daß man darüber doch ein wenig die Stirn runzeln kann. Ging mir damals auch so. Allerdings waren die etwas mehr als zwei Stunden davor für mich durchaus sehenswert und haben bei mir lange nachgewirkt. Es sind immerhin rund 25 Minuten an Sarde-Musik im Film, so daß es an 1976 für ein sehr schönes LP-Klappalbum gereicht hat. Es sind zudem noch zwei weitere sehr eingängige Chansons für den Film komponiert worden neben dem berühmten "La complainte de Bouvier", nämlich "Sigismund le Strasbourgeois" und "La commune est en lutte", alle drei gesungen vom Chansonnier Jean-Roger Caussimon.
  2. Bei RIVER OF NO RETURN fehlt der eigentlich ganz essentielle Chor im Main Title ohne daß es dazu irgendeine Anmerkung im Booklet der Intrada-CD gab. War bei Fox offensichtlich nicht mehr vorhanden bzw. die Aufnahme dieses Overlays war zu stark beschädigt. Ich glaube, Trekfan meinte zwar schon die BIG GAMBLE-CD an sich, aber nicht den Score von Jarre, der da oben ist, sondern den zweiten Titel auf der Scheibe, nämlich TREASURE OF THE GOLDEN CONDOR von Sol Kaplan. Auch da fehlen anscheinend Chorpartien mit dem Ken Darby-Chor.
  3. MEPHISTO WALTZ ist allerdings auf der Varèse-CD auch recht verkorkst und nicht stimmig. So fehlt etwa der Klavierpart (der einen Teil des originalen Liszt-Mephisto-Walzers spielt) im Main Title neben ein paar weiteren, wohl elektronischen Overlays, die auch noch in anderen Tracks nicht mit dabei sind. Jedenfalls hatte ich damals an 1997 erst ein paar Monate zuvor das klanglich zwar nicht berauschende, aber korrekt mit allen Overlays ausgestattete Bootleg des Scores gehört - das kam nicht erst 1998 wie Soundtrack Collector angibt, sondern schon Anfang 1997, also noch vor der Varèse-CD - und war dann doch etwas verwundert, warum bei dem Main Title bei Varèse denn auf einmal so einiges fehlte, was wohl separat aufgenommen worden war. Sollte daher auch nochmals korrigiert werden. Immerhin auch schon wieder 27 Jahre her seit dieser damaligen offiziellen Veröffentlichung. Den Film selbst hatte ich 1979 im Fernsehen gesehen und das war auch 1997 schon ein ganzes Weilchen her, so daß mir das Fehlen von Instrumenten nur anhand der Varèse-CD allein damals eventuell gar nicht so stark aufgefallen wäre.
  4. Die lange Szene im Pariser Bahnhof Montparnasse - auf LP/CD ist das der Track "Montparnasse" - ist natürlich großartig und wird vor allem durch Sardes Musik getragen - dadurch wirkt die ganze Sequenz wie ein Ballett choreographiert. Dazu noch eine kleine Anekdote: Lautner wollte die Szene ursprünglich als sie noch ganz ohne Musik war zum Großteil schneiden, weil sie ihm viel zu lang erschien. Sarde meinte dann zu ihm: "Lass mich mal machen". Und Lautner war dann vom Endergebnis bzw. davon, wie emotional ganz anders die Szene plötzlich durch das Hinzufügen der Musik wirkte, völlig überrascht. Natürlich war dann keine Kürzung mehr nötig. Merkwürdig, daß Du davon redest, man bräuchte bei dem Film einiges an Sitzfleisch. Ich habe ihn ja erstmals Mitte der 80er schon im Fernsehen gesehen gehabt und fühlte mich dabei bestens unterhalten. Von langatmig konnte für mich gar nicht die Rede sein, da ich den Krimi von vorn bis hinten unglaublich spannend fand, da es ja immer wieder neue überraschende Finten und Wendungen gibt. Auch die äußerst zynischen Dialoge - etwa von Kinski - machen bei diesem Film unheimlich viel Spaß, so daß das Sehen des Films für mich immer schon ein absoluter Hochgenuß war. Und dann als Tüpfelchen auf dem i natürlich dann die fantastische elegische Musik von Sarde, die lange nachwirkt und dem Film eben nochmals eine ganz eigene Dimension der Vergeblichkeit und der Verlorenheit verleiht.
  5. Ist schon klar und ist mir bekannt, Ralf, aber dennoch ist es ganz schön, das Ganze jetzt nach so vielen Jahren endlich mal als offizlelle CD zu bekommen. Ich kaufe ja ansonsten heutzutage kaum mehr eine Goldsmith-Expandierung, aber in diesem speziellen Fall ist es eben doch noch mal was Anderes, so daß sich ein Zugreifen für mich durchaus lohnt.
  6. Endlich mal wieder eine wirklich sinnvolle Veröffentlichung im Club. Man hätte die Musik doch eigentlich an 1997 schon in der Art auf CD bringen können anstatt nur als merkwürdige, nur aus einem einzigen Track bestehende Suite mit etwas mehr als 20 Minuten, was mich nie zufriedengestellt hat.
  7. Von hier aus zu beurteilen, was da nun wirklich Sache ist in Italien, geht halt beim besten Willen nicht. Es könnte aber eben durchaus sein, daß die De Angelis-Brüder noch ein paar Tracks von BREMSEN oder AUSSER RAND UND BAND haben, nur eben die kompletten Bänder nicht mehr. Und dann lohnt es sich für De Gemini nicht, das so in der Art auf CD zu veröffentlichen. Gut denkbar, daß er bei den Produktionsfirmen noch nachforscht und wartet, ob er da noch jemanden ausfindig machen kann, der vielleicht was hat. Es müssen halt genügend Tracks vorhanden sein von jedem Score - sonst ist eine CD nicht machbar. Und bei den La Bionda-Titeln ist bekanntermaßen eh nichts mehr vorhanden. De Gemini könnte höchstens noch die SUPERCOP-LP auf CD bringen - vorausgesetzt, es gibt das Album-Master davon noch.
  8. In der Tat hat Sarde dieses wiegende melancholische Stück genau ein Jahr später wiederverwendet, indem er es zum Hauptthema von MORT D´UN POURRI (DER FALL SERRANO) gemacht hat mit Stan Getz als Saxophon-Solist. Und erst dadurch und durch die prominente Art wie es im Delon-Krimi eingesetzt wurde, ist es dann auch wirklich berühmt und bekannt geworden. Es war übrigens der Wunsch von Regisseur Georges Lautner, der beide Filme ja inszeniert hat und ON AURA TOTU VU selbst als mißlungen empfand, daß Sarde dieses Thema nochmals für den weitaus gelungeneren Krimi übernehmen sollte, da es ihm so gut gefiel und er meinte, es sei bei ON AURA TOUT VU einfach nicht voll zur Entfaltung gekommen bzw. sei sein Film dieses Themas eigentlich gar nicht würdig gewesen. Sarde kam sogleich mit dem Vorschlag daher, Getz - aufgrund der Ähnlichkeit seiner Augen mit denen von Alain Delon - für die Solo-Partien anzuheuern und extra nach London zu den Aufnahmen einfliegen zu lassen. Lautner war dann im Endeffekt so begeistert von der Musik für MORT D´UN POURRI, daß er nachdem der Film eigentlich schon fertiggestellt war noch eine kurze Sequenz mit Getz´Schattenbild drehte wie man sie dann im schlußendlichen Titelvorspann des Films auch sehen kann. Wenn ich es noch recht weiß, haben sich doch sogar ein oder zwei Tracks aus ON AURA TOUT VU versehentlich auf die Universal-CD von MORT D´UN POURRI verirrt - die Instrumentierung ist halt ziemlich anders beim Delon-Krimi als bei der Pierre Richard-Komödie, so daß man daran den Unterschied ganz gut festmachen kann.
  9. Kommt im Oktober und wird eine 16 CD-Schifrin-Box sein - also ähnlich wie letztes Jahr die große Williams-Box. Das komplette Tracklisting ist auf der Amazon Frankreich-Seite bereits zu sehen: https://www.amazon.fr/Sound-Lalo-Schifrin/dp/B0DG654CHH/ref=sr_1_1?__mk_fr_FR=ÅMÅŽÕÑ&crid=GMUCOBD22JC&dib=eyJ2IjoiMSJ9.7GOKAk2xVrRa-hmr0Ny_mX5GHrzHtQT8CKM3hvH-9_boUSZqc8IM-yPAS6nIcuL9QrqOyzfDy0x6corpaDWJeLwQvj2sLnu-9JcvU7fjcZP0seCHP2Jva-reG5-cg2G6WxVayPwJT3hylIsdzSyuMqMRGAz8K9cvbCK8oCdq2S3CLHJZpXP8bpbERvqpIOwt.bkIH_7DB_d3-fSiCRYgpvy-SJzP2jdQ6HXpReaRVGzs&dib_tag=se&keywords=the+sound+of+lalo+schifrin&qid=1726746518&sprefix=the+sound+of+lalo+schifrin%2Caps%2C107&sr=8-1 Alle LP-Tracks von MURDERER´S ROW befinden sich nun auf CD 6. Vom allseits gesuchten CHARLEY VARRICK gibts die zwei Tracks, die auch auf Schifrins eigener 4 CD-Box "My Life in Music"vor Jahren bereits oben waren. Siehe dazu Disc 13.
  10. Ich weiß nicht genau, wie lange De Gemini der Nazionalmusic-Katalog schon gehört, aber 25 Jahre dürften es auf alle Fälle sein. Er schreibt ja oben auf Italienisch, daß Sachen wie AUSSER RAND UND BAND oder BREMSEN wohl irgendwann schon mal kommen werden auf CD, aber wenn, dann vermutlich nicht komplett, da die Originalbänder ganz schwer wiederaufzufinden sind. Und es wird ein sehr langer Prozess sein bis diese CDs überhaupt kommen.
  11. Doch, De Gemini hat das vor einer Woche auf der Facebook-Seite von Beat gepostet: "salve, queste sono tutte OST molto difficili da reperire, purtroppo, arriveranno, se arriveranno, lentamente e probabilmente non integrali." "Porgi l'altra guancia potrebbe uscire prima o poi" Ist bei den Kommentaren unter der Ankündigung vom KROKODIL vom 10.9. zu lesen. Du täuschst Dich mit EMI Music Publishing in Italien komplett. Alle möglichen Filmmusik-Label - von GDM bis zu Quartet - haben dort in all den letzten Jahren immer schon Alben lizenziert - und das ganz ohne Probleme. Der ganze General Music-Katalog ist ja etwa seit vielen Jahren im Besitz von EMI Music Publishing. Läuft doch alles über dort ab. Einfach mal im Kleingedruckten nachschauen, bei wie vielen itlaienischen CDs der Musikverlag immer dabeisteht. Du wirst Dich wundern, wie viele das sind.
  12. Nein, die australische LP von 1981 war nur ein Reissue der italienischen EMI-Platte von 1974. Gleicher Inhalt auf beiden LPs. Die LP auf CD zu bringen wird nicht ganz so schwer sein, da De Gemini das eventuell allein über EMI abwickeln kann. Wenn er jedoch den kompletten Score haben will, steckt da eben noch Laurentiis/Radiofilmusica als Co-Editor mit drin, mit denen zu verhandeln bekanntermaßen alles andere als einfach ist. Bezüglich den beiden anderen Spencer/Hill-Soundtracks BREMSEN und RAND UND BAND hört sich seine Aussage für mich so an als ob zwar Teile der originalen Bänder möglicherweise bei den Brüdern vorhanden sind, aber nicht mehr das vollständige Material. Daher kamen davon bislang auch noch keine CDs.
  13. Daniele De Gemini hat erst vor ein paar Tagen auf der Facebook-Seite von Beat darauf hingewiesen, daß ZWEI MISSIONARE in recht absehbarer Zeit auf CD erscheinen wird - eventuell aber auch nur die alte LP-Fassung (dann wohl über EMI lizenziert), wenn man nicht an das komplette Material rankommt. Auf den Titel könnt Ihr Euch also wohl vielleicht so um Weihnachten herum einstellen. Sehr schwierig ist es dagegen anscheinend, das Bandmaterial für ZWEI SIND NICHT ZU BREMSEN oder ZWEI AUSSER RAND UND BAND überhaupt zu finden (für die La Bionda-Titel gilt natürlich dasselbe). Was auch immer das heißen mag, aber es klingt bei ihm fast so, als ob die De Angelis-Brüder selbst derzeit keinen Zugriff mehr darauf haben oder es gar verloren ging im Lauf der Jahrzehnte bzw. nur noch teilweise vorhanden ist.
  14. Ich würde an Deiner Stelle einfach mal kurz reinschauen oder muß ich alles erst erklären? Die meiste Zeit über gehts halt um die US-Blockbuster oder um die ewig gleichen SciFi-Franchises, und wenn um Komponisten dann überwiegend das längst Erprobte von Williams oder Goldsmith, vielleicht noch Mancini, weil zwei Fans von ihm dabei sind. Im Prinzip fast immer nur Mainstream ohne Ende eben, wobei ein wenig ausgefallenere CD-Veröffentlichungen gar nicht erst zur Sprache kommen. Golden Age kommt eigentlich so gut wie gar nicht mehr vor - NIGHT PASSAGE anybody? -, ältere europäische Scores kann man auch fast abhaken. Und an eine Diskussion über Sarde wie die hier vor kurzem zwischen mir und Mephisto braucht man gar nicht erst denken. Längere und detailreiche Diskusssionen über ein Thema funktionieren bei Facebook ja ohnehin nicht - dafür ist es nicht die richtige Plattform. Kurze, schnell eingeworfene Sätzchen über immer dieselben Sachen, das ist wichtig - und da machen dann halt auch viele mit. Jedenfalls nicht mein Ding.
  15. Da muß man auch gar nicht erst Mitglied sein, da die Filmmusik-Gruppe dort für jeden einsehbar bzw. öffentlich ist. Insofern eh klar, was da so abgeht. Und für mich persönlich ist dort halt kaum was zu holen.
  16. Wo wohl? In der Stempelschen Facebook-Gruppe natürlich. Wie die meisten, die von hier aus abgewandert sind und dann vielleicht einmal im Jahr auftauchen, um den Soundtrack des Jahres zu wählen. Sind wir doch mal ehrlich: Ist doch eh eigentlich nur noch eine Handvoll hier, die regelmäßig was postet. Ich sehe auch nicht, daß sich das noch groß ändern wird.
  17. Klar, ich will den ADIEU POULET-Film selbst ja gar nicht schlecht machen und die Musik paßt da auch atmosphärisch ganz gut dazu, aber sie entwickelt darüber hinaus kein großes Eigenleben und klingt wie vieles Andere zu der Zeit, das für solche Krimis eben komponiert wurde. Ein wenig funkig, jazzig und auch ein bißchen popig noch dazu. Das hat man damals oft so oder ähnlich gehört. Ist einfach musikalisch nichts Besonderes und wertet den Film nicht zusätzlich auf. Ich hoffe mal, daß Du auch noch zu Filmen wie MORT D´UN POURRI von 1977 und LE CHOIX DES ARMES von 1981 vordringen wirst - es liegen ja nur noch ein paar wenige Jährchen dazwischen, sofern Du weiter chronologisch vorgehst - und dann ziemlich schnell begreifen wirst, was ich meine. Denn da spielt die Musik eine ganz andere, gewichtigere Rolle, gewinnt ein Eigenleben und hebt den jeweilligen Film nochmals auf eine andere, völlig überraschende Ebene. Das hervorragende Zusammenspiel von Jazz-Solisten mit elegischer Streicher-Sinfonik ist das Besondere an diesen Sarde-Werken, was so überzeugend damals in der Art kaum jemand anders umgesetzt hat. Das funktioniert dann sowohl im Film als auch auf Tonträger gleichermaßen. Bei ADIEU POULET geht es hingegen halt nur darum, den Film ein wenig atmosphärisch zu untermalen. Und auch rein quantitativ gesehen ist ja nicht viel geboten.
  18. ADIEU POULET mag ich von Sardes Krimi-Scores eigentlich am wenigsten. Das ist mir dann doch zu jazzig, zu abgefahren und zu zeitverhaftet. Schon ein ganzes Stück anders als die Scores, die er innerhalb desselben Genres dann in den folgenden Jahren komponiert hat. Es fehlt der Kontrast mit der becircenden elegischen Streichersektion, die seine Musiken wie MORT D´UN POURRI, LE CHOC oder auch LE CHOIX DES ARMES so großartig macht. Das ist mir - natürlich auch durch den Film selbst bedingt - hier zu einseitig und spricht mich daher nicht besonders an. Daher keine Musik, die ich auf CD haben müßte und die für mich nur innerhalb des recht spannenden Films - der selbstverständlich über die Jahre Kultstatus erlangt hat - zur Untermalung einigermaßen funktioniert. Selbstjustiz wurde Mitte der 70er Jahre ja ständig auf irgendeine Art und Weise in Krimis und Thrillern thematisiert - ob nun aus USA, Frankreich oder Italien. Von daher war das damals im Gefolge von Erfolgsfilmen à la EIN MANN SIEHT ROT oder DIRTY HARRY im Kino eigentlich gar nichts Besonderes mehr. Man sieht das eher aus heutiger Warte wohl ein wenig kritischer.
  19. Ich habe mal ein paar Ausschnitte von TOUCHE PAS À LA FEMME BLANCHE im Internet angeschaut: Das ist schon ziemlich surrealer Slapstick, recht absurd, aber teilweise überaus witzig. Vor allem, wenn man dann sieht, welche bekannten Darsteller hier in unglaublichen Rollen agieren und dabei aber anscheinend eine Menge Spaß gehabt haben. AFFENTRAUM ist ein weiterer ziemlich verrückter Ferreri-Film, in dem Depardieu in einem fast menschenleeren New York das Baby eines Riesenaffen bei sich aufnimmt und nicht mehr von ihm loskommt. An der Kinokasse spielte der Film hier in Deutschland an 1979 überhaupt keine Rolle und floppte. Außer den 5 Minuten an Musik, die auf dem Sarde/Ferreri-Sampler auftauchen, dürfte im Film selbst kaum große musikalische Untermalung stattfinden. Das ist zudem eine recht spröde Angelegenheit: Zuerst nur Kontrabassflöte - die speziell für die Musikaufnahmen gebaut wurde (vier Meter war die hoch und der Interpret MIchel Sanvoisin benötigte eine Leiter, um überhaupt ranzukommen), um die tiefsten Register, die es gibt, darauf spielen zu können - zu der sich dann in der zweiten Hälfte noch ein wenig Hubert Rostaings Klarinettenspiel hinzugesellt. Ganz nett als Beigabe auf dem CD-Sampler, aber nichts wirklich Herausragendes. Sarde hat wesentlich bedeutendere und wichtigere Scores in dieser Zeit um 1978 herum komponiert.
  20. Wenn Dir LE CHOC und MORT D´UN POURRI so gut gefallen haben, dann solltest Du Dir unbedingt auch LE CHOIX DES ARMES zulegen, bei dem die beiden Kontrabassisten Ron Carter und Buster Williams als Solisten agieren. Auch hier vermischt Sarde auf seine ganz eigene und erfindungsreiche Art Jazz und Sinfonik. Ein ganz ausgezeichneter Score, der es mir schon Anfang der 80er sehr angetan hatte. Ich habe die LP damals sogar schon gehabt bevor ich dann ein paar Monate später den zugehörigen Film im Kino sah. Der Krimi selbst mit Starbesetzung (Gérard Depardieu, Yves Montand, Catherine Deneuve) ist wirklich auch nicht zu verachten und absolut sehenswert.
  21. Es war mir gar nicht bewußt, daß von der skurrilen Western-Satire TOUCHE PAS À LA FEMME BLANCHE sogar mal eine deutsche DVD erschienen ist. Der Film kam in den 70ern ja gar nicht erst in die deutschen Kinos und man wußte über viele Jahre hinweg hierzulande überhaupt nicht, was das denn für ein seltsamer Film sein sollte. Auch heutzutage kennt ihn trotz der Starbesetzung kaum ein Mensch hier in Deutschland, da völlig untergegangen. Von der Sarde-Musik gab es an 1974 eine italienische CAM-Single mit zwei Tracks, in Frankreich hingegen nichts. Die beiden Tracks - wohl vom Anfang und Ende des Films genommen - wurden dann auch für die Sarde/Ferreri-CD von Universal übernommen. Die von Dir so benannte Eröffnungscollage nennt sich "Custer et les Indiens", das Finale dagegen "Le théatre". Damit dürfte die Sarde-Musik zum Großteil abgedeckt sein - nur für die beiden Ferreri-Filme LIZA (1972) und LA DERNIÈRE FEMME (1975) hat Sarde jeweils einen etwas umfangreicheren Score komponiert, so daß zu den beiden Musiken dann in den 70ern auch LPs erschienen. Nochmals kurz zu Bresson: Ich würde Dir empfehlen, am besten mal PICKPOCKET anzuschauen. Von dem gibt es ja - im Gegensatz zu vielen anderen Bresson-Werken, von denen merkwürdigerweise bis heute nur französische oder englische DVDs vorliegen - immerhin eine deutsche DVD und das ist eigentlich einer der zugänglichsten, zugleich spannendsten und intensivsten Filme von ihm. Die Symbiose von Inhalt und formaler Gestaltung ist in dieser virtuosen Persönlichkeitsstudie besonders gut geglückt. Ich könnte mir vorstellen, daß Dir der wesentlich besser gefällt als der dagegen doch sehr düstere und auch anstrengendere LANCELOT, zu dem ich als Einstieg bei Bresson nicht unbedingt geraten hätte. Das Wort "Überstilisierung" paßt auf Bresson irgendwie nicht so richtig, denn er versucht ja gerade nicht, alles auszuschmücken, gar zu barockisieren oder ästhetisch vollendete, auf "Kunst" getrrimmte Bilder zu kreieren - gerade bezüglich letzterem hat er sich mit Kameramann Pasqaulino De Santis, der ja etwa auch für Visconti gearbeitet hat, bei LANCELOT schon einigermaßen angelegt. Dagegen herrscht bei ihm ja vielmehr ein nüchterner, dokumentarischer Blick vor, Kargheit, Reduktion, Lakonie und daher der Verzicht auf jegliche spektakuläre Effekte, so daß die Dinge aus sich selbst heraus sprechen sollen und erst der Zuschauer aus der Abfolge von Bildern und Tönen für sich den eigentlichen Sinnzusammenhang erschließt bzw. das, was der Film oft unausgesprochen läßt.
  22. Von einem großen Erfolg an der Kinokasse kann man kaum sprechen, eher schon von extremer Frontlastigkeit wie es bei durchscnittlichen Blockbustern heutzutage meist üblich ist. Von $42 Mio. am ersten Wochenende in den USA auf nur noch $16 Mio. am zweiten Wochenende runterzusausen sagt natürlich schon alles. Das ist ein Rückgang um 61 Prozent. Und die allgemeinen Zahlen in Deutschland sind noch weitaus schlechter. An diesem Wochenende kommen von Do.-So. wohl nicht mal mehr 100 Zuschauer im Schnitt pro Kino zusammen. Hier in Deutschland gabs von Woche 1 auf 2 bereits einen Rückgang um 40 Prozent, von Woche 2 auf 3 werden weitere 40 Prozent hinzukommen, wenn nicht sogar mehr. Damit ist der Film dann bereits durch.
  23. Das obige Sarde-Zitat zu DAS GROSSE FRESSEN stammt aus dem Booklet der Sarde/Ferreri-CD von Universal. Der Film selbst hat ja schon bei den Filmfestspielen in Cannes 1973 für einen ordentlichen Skandal gesorgt und auch hier in Deutschland hat man sich teils entrüstet. Aber genau dadurch wurde der Film eben zum großen Kinoerfolg, da die Zuschauer natürlich umso neugieriger warenn , was es denn da alles wohl an Verbotenem zu sehen gab. Ganz ähnlich wie im Jahr zuvor beim LETZTEN TANGO IN PARIS. Die Titelmusik für LANCELOT DU LAC ist wohl eines der Stücke, das Sarde dann in den foglenden Jahrzehnten am häufigsten recycelt hat. Es taucht als Hauptthema bei LE CHOC an 1982 mit den Saxophon-Soli von Wayne Shorter wieder auf, dann erscheint es in André Techiné´s RENDEZVOUS an 1985 als Source Music in einer Jazzversion, im Track "Les nuits de Caylus" aus LE BOSSU an 1997 in einer ähnlichen mittelalterlichen Instrumentierung wie bei LANCELOT, dafür im Tempo langsamer, und an 2009 sogar in der Originalversion in LA FILLE DU RER wiederum von Techiné. Ganz so streng wie Bresson es in seinen "Notes" formulierte hat er es dann in seinen Filme meist aber doch nicht gehandhabt. In den Filmen vor LANCELOT ist meist schon immer ein wenig Klassik zu hören - ob nun Mozart in EIN ZUM TODE VERURTEILTER IST ENTFLOHEN (1956), Lully in PICKPOCKET (1959) oder Schubert in ZUM BEISPIEL BALTHASAR (1965) - letztere Musik ganz wunderbar eingesetzt und einfach unvergeßlich, wenn man die grandiose Kombination mit den Bildern mal erlebt hat. Bresson hat natürlich nie konventionelles kommerziellles Kino gemacht oder sich traditioneller Dramaturgie untergeordnet - es geht auch weniger um Realismus bei ihm als um die Suche nach der Wahrheit, die jedoch oftmals verborgen bleibt. Persönlich schätze ich Bresson schon sehr und halte etwa PICKPOCKET oder BALTHASAR für außergewöhnlich starke Filme, die mich unheimlich beeindruckt haben und mit denen ich beim Anschauen keinerlei Probleme hatte. Bresson verlangt natürlich einen aktiven und mitdenkenden Zuschauer, der sich auf seinen typischen, oft fragmentarischen und elliptischen Stil einläßt, auf seine scheinbare Kühle, und der selbst Bezüge zwischen den Bildern herstellt, wodurch dann aber eine ungeheure Dichte und Intensität entstehen kann. Witzigerweise war LANCELOT DU LAC der erste Bresson-Film, den ich im Alter von 15 Jahren gesehen hatte. Es war sicherlich damals keine einfache Kost für mich, natürlich stilistisch ungewöhnlich, aber durchaus interessant und eindrucksvoll, wenn man sich mal darauf einläßt und die nötige Geduld mitbringt. Ich habe den Film jetzt wirklich seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gesehen, würde aber sagen, daß er zu den düstersten und abstraktesten Werken des Regisseurs überhaupt gehört. Anders wie in den Filmen davor ist der Blick hier nicht mehr auf ein Individuum gerichtet, sondern die Ritter sind eigentlich nur mehr Marionetten, daher das Scheppern und Klappern der Rüstungen, das fast bis zur Karikatur ausgereizt wird - es geht hier nur noch um sinnlose Rituale, um Zerstörung und Tod. Um den Film genauer beurteilen zu können, müßte ich ihn nach so langer Zeit mal wieder sehen, aber es ist wohl schon so, daß Bresson hier seine Vorliebe fürs Fragmentarische und die Abstraktion auf die Spitze getrieben hat. In der Literatur wird ja auch immer wieder darauf hingewiesen, daß das brillante "Ballett der Hände" aus PICKPOCKET in dem streng komponierten Ritterturnier dann nochmals eine Art Entsprechung gefunden hat. Übrigens ist Bresson ja nicht der einzige bedeutende Regisseur gewesen, der auf Musik zum Großteil verzichtet hat. Auch bei Luis Bunuel war das so und auch seine Filme funktionieren ganz hervorragend ohne ausführliche Musikuntermalung.
  24. DAS GROSSE FRESSEN hatte ich mir nie angetan. Als der Film herauskam, war ich viel zu jung, um ihn zu sehen, und später hat er mich auch irgendwie nie groß gereizt. Das Hauptthema für die Quartett-Besetzung Saxophon, Klavier, Okarina, Schlagzeug ist eigentlich keine Swingnummer, sondern eine Rumba, die auch außerhalb des Films dann ein Eigenleben gewann und in Frankreich recht populär wurde. Sarde selbst hat sich zur Entstehung der Komposition recht witzig so geäußert: "My piano was jammed up against the sofa they were sprawling on while they worked on it. I´d found an idea for a very simple tune that had a rumba rhythm. Ferreri asked me to play it over and over again until I dropped. Finally, I´d had enough: "I´m going to tape myself doing this so you can play it in a loop!" "No way", said Marco, "you put different nuances in each time you play it, and they give us ideas. Keep going!" So, while they were squeezing out LA GRANDE BOUFFE, I was the exclusive accompanist for Messrs. Ferreri and Azcona [= Drehbuchautor Rafael Azcona]; their slave on the piano!" (Laughter) The repetition of that little rumba was an effect that made it into a theme of doom; it announced the coming death of four men rushing headlong into suicide."
  25. Ach so, Du hast die Universal-CD gar nicht. Es ist ganz einfach: Der komplette Main Title (also Générique") und das Finale (mit dem Titel "La visite") waren auf der CAM-Single und sind auch auf der Universal-CD zu finden. Die paar kürzeren Stücke mit nicht mal einer Minute aus dem Film dagegen nicht. Ich habe gerade nochmals nachgeschaut und finde nicht, daß die Musik für die Szene mit den zwei Typen so ganz aus dem Rahmen fällt. Das ist hier nur ein wenig bizarrer instrumentiert, aber wenn Du genau hinhörst, so taucht auch hier wieder in leicht veränderter Form dasselbe Glockenspiel-Thema vom Anfang auf. Es war übrigens Taverniers Wunsch, daß Sarde diese Glockenspiel-Melodie der Kathedrale in irgendeiner Art in seine Musik einfließen lassen sollte: "i made hm listen to the chimes of a clock, the clock in Saint-Jean cathedral, a kind of little Dies Irae: "Could you transpose that in a syncopated way?" And that´s what he did, both for the opening title - a car ablaze in the night - and for the attack on Noiret´s shop. I´ve always pushed him to do these very rhythmical compositions, with collisions, breaks and off-beat rhythms. It´s a kind of research that´s developed over the years."
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