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Mephisto

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  1. I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA - Armando Trovaioli Nicht selten basieren Italowestern auf literarischen oder anderen Vorlagen wie zum Beispiel die im Wilden Westen angesiedelte „Hamlet“-Verfilmung QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST oder der auf Prosper Mérimées Novelle „Carmen“ basierende Film L'UOMO, L'ORGOGLIA, LA VENDETTA, der in Deutschland als Western MIT DJANGO KAM DER TOD synchronisiert wurde. I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA gehört zu den ambitionierteren Italowestern und entstand frei nach Motiven aus Alexandre Dumas' Roman „Der Graf von Monte Christo“. Die Musik steuerte Armando Trovaioli bei, dem ein mittelgroßes Ensemble von Streichern, Gitarren, E-Bass, Perkussion, Trompete, Englischhorn und Mundharmonika zur Verfügung stand. Trovaiolis Musik ist fast durchgehend melodisch gearbeitet, als einziges kleines Suspense-Element fungiert eine auf der E-Gitarre oder dem E-Bass schnell aufgeführte Tonrepetition, die in mehreren Passagen auftritt, reines Suspensewerk gibt es aber erstaunlicherweise nicht. Stattdessen entwarf der Komponist gleich eine handvoll Themen. Als erstes ist hier die Titelmelodie zu nennen, die – von der Solotrpmete über die Streicher intoniert – zu Beginn des Films erklingt. Der Ambitus dieser getragenen Linie wird stufenweise erweitert, bevor sie sich pathetisch entlädt. Interessanterweise ist das Thema fast ausschließlich zu Beginn und am Ende des Films in seiner Gänze zu hören, während es im Verlauf des „underscorings“ stets nur angedeutet wird. In solchen Fällen erklingen die Anfangsintervalle meistens in der Gitarre. In „La Prateria“ führt Trovaioli auch ein apartes Ritt-Thema über dem typischen „Galopp-Rhythmus“ der kleinen Trommel und pointierte Streicherfiguren in der Trompete ein, das bald von der E-Gitarre und dem Englischhorn übernommen wird. Dieses wird aber leider schon gegen Ende des ersten Drittels zum letzten Mal erklingen. Einen weiteren wichtigen Bestandteil des thematischen Fundus' bilden zwei „americanaartige“, gesangliche Themen, die häufig von der Mundharmonika, seltener von der E-Gitarre über Akustikgitarrenbegleitung intoniert werden. Leider krankt die Musik trotz oder gerade wegen dieser thematischen Fülle, denn kein melodischer Einfall ist derart originell, dass er wirklich auffällt, insbesondere die Mundharmonika-Themen lassen sich am Anfang schnell verwechseln. Das Titelarrangement des Hauptthemas mag in der verhallten Abmischung und mit den getragenen Streichern noch einige Stimmung zu vermitteln, verfällt die Musik bald in die immergleichen Muster. Kaum ein Einfall wird variiert, es erscheint fast, als wären hier sämtliche Takes ein- und derselben Stücke auf die CD gepresst worden. Daher gestaltet sich ein vollständiger Hördurchgang der kompletten Musik bald als überaus eintönig und spätestens ab dem letzten Drittel sind viel Geduld und Sitzfleisch gefordert, um die x-te uninspirierte Darbietung der beiden Mundharmonikathemen über sich ergehen zu lassen. Interessanterweise scheint die Nachfrage nach oder zumindest das Interesse an der Musik relativ groß zu sein. In Italien erschien 1985 eine LP mit Auszügen aus der Musik, 1997 in Japan die erste CD mit ungefähr der Hälfte der Musik, bevor 2001 GDM eine erste vollständige Veröffentlichung vorlegte, die 2007 mit einer japanischen Ausgabe getoppt wurde, auf der ein weiterer Titel enthalten ist. 2016 erschienen nochmals 500 Exemplare einer limitierten italienischen CD zu I LUNGHI GIONRI DELLA VENDETTA. Klar, die Musik ist ja nicht schlecht und recht stimmungsvoll, wird aber auf die Dauer eine echt zähe Hörangelegenheit, weswegen ich dazu raten würde, deutlich zu sondieren. Fünf oder sechs repräsentative Passagen aus dieser Musik können schließlich richtig Spaß machen, alles darüber hinaus wird überflüssig.
  2. Muss auch mal ein Label wieder auflegen ;). Die Promo ist ja offensichtlich nur zu Mondpreisen erhältlich. Auch 3:10 TO YUMA von Duning wäre mal schön als reguläres Album.
  3. Skinner ist ohnehin furchtbar unterrepräsentiert auf CD, würde mir auch mal gescheite Verröfentlichung seiner Musiken zu den Douglas-Sirk-Filmen wünschen. Wir scheinen ja alle ein bisschen im Western-Fieber zu sein, daher gibt's hier von Jarre: EL CONDOR/VILLA RIDES Diese Veröffentlichung von Universal France vereint zwei Westernmusiken des französischen Komponisten. Den Spätwestern EL CONDOR von BLUE-MAX-Regisseur John Guillermin habe ich bis heute nicht gesehen, scheint aber zu jenen Filmen des Genres zu gehören, die maßgeblich vom Italowestern beeinflusst wurden, der selbst bereits im Sterben lag. Dieser Eindruck wird nicht nur durch die Besetzung der Hauptrolle mit Lee van Cleef bestätigt, sondern auch von der mexikanisch-texanischen Grenzszenerie, in der der Film angesiedelt zu sein scheint und die sich natürlich in den exotischen Einfärbungen der Musik niederschlägt. Typisch für Jarre fällt dem Schlagzeug eine wichtige Rolle zu: Es schleicht sich zu Beginn der Titelmusik heran, ein tänzerisches Mosaik, zusammengesetzt aus kleiner Trommel, großer Trommel, Woodblocks, Vibraslap, Tamburin etc, in das sich auch die Streicher mit archaischen Tremoli einschalten, bevor das Hauptthema in den Bläsern und dem Akkordeon erklingt. Der A-Teil des Hauptthemas erinnert zwar vom Gestus an eine Volksmelodie, scheint sich aber immer wieder gegen das Metrum des Schlagzeugs zu wehren und wirkt daher ein wenig sperrig - typisch für Jarre. Der B-Teil kommt in den Trompeten weitaus leichter, tänzerischer und "mexikanischer" daher. Beide thematischen Elemente werden geschickt variiert (am eingängisten wahrscheinlich in "The Ride" und im weiteren Verlauf kommen noch einige weitere melodische Gedanken hinzu wie die pentatonische Tonfolge in "Luke and Jaroo". Auf die gesamte Dauer gestaltet sich EL CONDOR allerdings als ein hin und wieder mühsamer Ritt, das liegt vor Allem daran, dass es der Musik - vielleicht auch filmbedingt - ein wenig an Schmackes fehlt. Oftmals ziehen sich einzelne melodische Zellen und Themen behäbig über harmonisch angeschärften Ostinatoifiguren wie zu Beginn von "Before the attack" oder erklingen äußerst gedehnt unisono in einigen Instrumenten, durchsetzt von dissonanten Kadenzen wie in "Pure Gold". Dann plötzlich wechselt die Musik unvermittelt in fast komödiantische Varianten des Themenmaterials, indem das Hauptthema vergnügt über die Begleitung des Banjos dahertrottet, nur um wenig später wieder in schleppendes Underscoring zu versinken. In Anbetracht der langen Laufzeit der nur 10 Titel (4 oder 5 Minuten im Durchschnitt) und der raschen atmosphärischen Wechsel gehe ich davon aus, dass viele kürzere Passagen zu längeren Titeln zusammengefasst wurden. Was Filmmusik in ihrer Albumpräsentation manchmal zu Gute kommt, erschwert den Genuss dieser Musik zusätzlich. Weitaus besser "rutscht" die Musik zu VILLA RIDES. Dieser Film spielt ebenfalls in Mexiko, sodass Jarre hier was das Lokalkolorit betrifft, aus den vollen schöpft. Auch hier ist die Titelmusik wieder grandios arrangiert, indem man das Thema erst über Windgeräusche gepfiffen hört, bevor das Orchester einsetzt. Das ebenfalls mexikanisch-folkloristisch anmutende Hauptthema geht weitaus leichter ins Ohr als das zu EL CONDOR und ist auch viel schmissiger in den weiteren Verlauf eingebunden, die mit dem "Waltz in the clouds" oder dem charmanten folkloristischen Liebesthema weitere schöne Einfälle verzeichnet. Auch die Action kommt hier nicht zu kurz, insbesondere in den Titeln "The battle" und "Villistas attacking the train". Mir selbst ist die Musik ja ein bisschen zu "mexikanisch", mit dieser Art von Folklore konnte ich jenseits von Source-Musik in Western wenig anfangen. Wer aber gerne eine satte Portion Mariachi-Klänge zu seinem Chili-Eintopf genießt, kann hier beherzt zulangen! Für alle, die nicht genug bekommen können gibt es die vollständige Musik zu VILLA RIDES auch in einer hervorragenden Neuaufnahme von Tadlow Music, aufgefüllt mit weiteren Titelmusiken aus anderen Jarre-Westernscores.
  4. Habe die 16 Minuten jetzt mal durchgesessen. Eine ziemlich generische Filmmusik aus der RCP-Schmiede, klanglich ist das leider alles wieder ziemlich "grau in grau" - die üblichen Hörner, Streicher und ordentlich Schlagwerk und Chor. Ich vermisse hier die Farbigkeit der Musik zu AM ENDE DER WELT oder so schöne "Gimmicks" wie die Orgel und die Spieluhr für Davy Jones. Während Hans Zimmer mittlerweile ja hauptsächlich an irgendwelchen Klangexperimenten tüftelt, liefert Zanelli hier eine Musik, die vielleicht die Acion des Films gut vorantreibt, darüber hinaus aber kaum Eigenständiges bietet. Die beiden neuen Themen, die mir aufgefallen sind, wirken ebenfalls ziemlich blass. Mal sehen, was das ganze dann im Film kann. Vielleicht hat Hybrid Soldier ja auch einfach die Suite nicht nach meinem Gusto zusammengestellt.
  5. Jerome Moross - THE BIG COUNTRY Diese musikalische Perle wird ja gerne als eine DER Westernmusiken schlechthin bezeichnet, umso erstaunter war ich, als ich der vollständigen Musik den ersten Hördurchgang gab, denn kernige synkopische Tutti-Rhythmen à la Elmer Bernstein, pentatonische Indianermusik oder mexikanisch angehauchte Folklore findet sich hier ebenso wenig wie Anklänge an nordamerikanische Volksmusik. Sicher, das im Vorspann von fulminanten Fanfaren angekündigte Hauptthema scheint das "weite Land" mit musikalisch breitem Pinsel über wogenden Bläsern, Celli und Bässen nachzumalen, doch in jedem Takt schimmert hier Moross' Begeisterung und seine Leidenschaft für den Broadway durch: es jazzt und blust in dieser Westernmusik ordentlich, seien es die lässigen Blechbläser in "05 - Courtin' Time", das hämische Thema für Buck Hannassey oder gar das Liebesthema für McKay und Julie. Fast jede musikalische "Nummer" basiert auf einem der vielen Themen und ist in sich formal geschlossen wie ein Song. Manchmal wechseln sich einzelne Themen ab, geben sich förmlich die Klinke in die Hand, aber wirklich "symphonisch verarbeitet" wird hier kein melodischer Gedanke, nicht einmal variiert: Das Hauptthema ist immer in das helle Licht der Streicher getaucht, das "Cowboy"-Thema erklingt stets in den maskulinen Blechbläsern etc. Daraus resultiert auch die stattliche Zahl von 42 Titeln für insgesamt 74 Minuten Musik. Dem Film tut das keinen Abbruch und auch auf CD lässt sich THE BIG COUNTRY famos durchhören, den Ruhm verdankt diese Komposition wahrscheinlich hauptsächlich der grandiosen Titelmusik und der Berühmtheit des hervorragenden Films. Wirklich Schule gemacht hat Moross' "grooviger" Ansatz nicht - im Gegensatz zu Bernsteins coplanduesqer Herangehensweise seit THE MAGNIFICENT SEVEN. Dennoch klingt THE BIG COUNTRY sehr nach "klassischer" Filmmusik, was vor allem an dem orchestralen Arrangement liegt, das allerdings um einiges "glatter" ausgefallen ist als die sich wuchtig auftürmenden Klangballungen eines Dimitri Tiomkin, dem rauen und kantigen Stil eines Miklós Rózsa oder den klangschwelgerischen Partituren eines Korngold. Moross Opus magnum bietet einiges an Hörvergnügen und kann durchaus als origineller Ansatz gewertet werden. Die vollständige Musik liegt seit den 90er Jahren durch Screen Archives in hochwertiger Sammlerdeition vor, Lala Land Records veröffentlichte zu Beginn dieses Jahrtausends eine verpackungstechnisch "abgespecktere" Variante, die sich recht lange hielt. Schließlich machte das dubiose Label Harkit dieselbe Abtastung noch einmal zu Geld. Diese unspektakulär bebilderte Ausgabe wartet immerhin mit einem sehr informativen Booklet zu Film und Musik auf und ist hier als momentan einzig regulär erhältliches Album dieser Musik als Bild vertreten.
  6. Es wäre zu einfach, sich als Goldsmith-Enthusiast, der ich nunmal bin, mich hier über die Musik zu einer MUMIEN-Neuauflage aufzuregen. Stimmungsvoll mag die Musik sein, atmosphärisch - ja, aber musikalisch einfach nicht interessant. Tyler reiht hier einzelne Phrasen aneinander, mit denen er Steigerungen erzielen kann (so beispielsweise ab 3:17 bis 3:42), das kann im Zusammenhang mit den entsprechenden Bildern recht fesselnd wirken. Ich halte es auch nicht für zwingend, dass das Hauptthema einen (klischeehaften) "orientalen" Einschlag haben muss, aber diese Fünfton-Zelle, die Tyler uns hier als einziges (!) melodisches Element präsentiert (besonders prominent ab 4:32) ist der uninspiriert und floskelhaft, dass es sich kaum von den Motivbausteinen der Steigerungspassagen abhebt. Stattdessen wird dann mal wieder das Duduk herausgekramt, dass ja seit GLADIATOR eine fast zehnjährige Hochphase in der Filmmusik gefeiert hatte. Ein bisschen erinnert mich dieser hohle Bombast an fette Trailermusik, im Film vielleicht ganz nett, aber auf CD brauche ich das nicht. Es ist echt schade, dass Filmmusik (wieder) vermehrt das Urteil gegen sie nährt, sie würde nur im Filmzusammenhang ihre Funktion erfüllen und böte darüber hinaus kein Potential als musikalisches Werk. Die aktuellen Blockbuster-Hitmusiken scheinen auch genau das zu tun. Klar, die Miete muss bezahlt werden, der Film braucht eine "emotionale Komponente", aber dieser (natürlich auch produktionstechnisch bedingte) Weg des geringsten Widerstandes in der (kommerziellen) Filmindustrie - und damit auch der Musik - verhagelt mir seit mehreren Jahren die Lust, am zeitgenössischen Kommerzkino zu partizipieren.
  7. Ja, schon, aber doch nicht in der völlig anderen Abmischung! Das scheint ja echt ein Trend bei Intrada zu sein, jetzt mehrere Abmischungen der gleichen Aufnahmen als Paket zu veröffentlichen... FIRST BLOOD, PART II, ROCKETEER (Album- und Filmversion) und jetzt POLTERGEIST II.
  8. Das war zugegebenermaßen meine erste MMM-CD und ich brauchte auch ein, zwei Hördurchgänge, um die Musik auf ihre Art und Weise voll schätzen zu lernen. Wie gesagt: Es ist handwerklich tiptop, aber eben nichts, was man als Einsteiger "bräuchte". Würde mich jemand fragen, welche Westernmusiken er sich getrost kaufen könne, riete ich ihm eher zu HOW THE WEST WAS WON als zu diesem Set. Wie auch die Filme (laut Booklet) ist die Musik weitaus "naiver", als es die großen Westernproduktionen seit 1950 (WINCHESTER '73) schon sehr schnell am Image des Revolvermannes zu kratzen begannen - besonders eindrucksvoll in SHANE und WARLOCK. Mir hat dieses Album Lust auf mehr bereitet, THE TALL TEXAN von MMM wollte ich mir ohnehin schon länger zulegen und ein bisschen in der Horror-Ecke könnte man da auch noch stöbern. Weniger reizen mich diese ganzen "Swinging-Sixties"-Sachen, da ist mein Bedarf schon länger durch Intrada, FSM und Lala Land (Les Baxter) gedeckt.
  9. Vielen Dank für diese ausführliche Ankündigung. Ich kenne Rustichelli bisher ausschließlich von seinen Westernmusiken und war machnmal sehr, manchmal weniger begeistert, aber Deine Beschreibung macht Lust auf mehr. Die italienischen Label werden wie die amerikanischen Kollegen ja immer großzügiger, was die Laufzeit der neuen Veröffentlichungen angeht, wobei ich oft bei den italienischen Präsentationen nicht durchsteige: Keine Titel, keine Filmreihenfolge und keine Erläuterungen im Begleitheft. Zur Not programmiert man sich halt das alte Album zusammen.
  10. Monstrous Movie Music hat sich mit dieser Sammlung einmal nicht – wie es der Name des Unternehmens vermuten lässt – um Musik zu Science-Fiction- und Horrofilmen der B-Sparte gewidmet, sondern der Musik zu drei (genauer gesagt: zweieinhalb) Westernfilmen, die nicht minder obskur sein dürften als die Titel, mit denen das Liebhaberlabel sonst so seinen Katalog füllt. Zu Gehör gebracht werden hier drei Musiken von Komponisten, die man wahrscheinlich weniger zu den "Meistern" rechnen könnte wie Max Steiner oder Miklós Rózsa, sondern hauptsächlich der Kategorie "Handwerker". Wenngleich sie vielleicht über weniger Originalität und vielleicht auch Talent verfügten als ein Korngold, ein Alfred Newman oder Bernard Herrmann, ist es umso bewundernswerter, welche Ergebnisse sie unter den noch viel widrigeren Bedingungen der zweitklassigen Filmproduktionen zu erzielen im Stande waren, weshalb dieses Doppel-CD-Set auch abseits der filmmusikhistorischen Studie viel Freude bereitet. Es ist beeindruckend, wie alle drei es schaffen, ihren rund 25 Mann starken Orchestern so viel abzuverlangen, dass man das Gefühl hat, einem voll besetzten Orchesterapparat zu lauschen. Den Auftakt macht die wahrscheinlich vollständige Musik zu THE GREAT JESSIE JAMES RAID von Bert Shefter, der wegen ihrer Laufzeit von einer knappen Stunde (inklusive diegetischer Musik) und als Begleitung des einzigen Farbfilms dieser Sammlung die erste CD einberäumt wurde. Shefters im Vorspann noch glorios eingeführtes Thema (inklusive Klipp-Klopp-Holzblöcken) erklingt im Verlauf der Musik häufig sehr aggressiv in tiefer Lage. Neben einigen klischeehaften Actionpassagen gibt es auch charmant-tänzerische Familienatmosphäre zu Beginn und ein "lustiges" Fagottsolo für einen trotteligen Charakter. THE BARON OF ARIZONA ist nur ein "halber Western", handelt es sich sich doch um einen Abenteuerfilm um einen Schwindler, der sich als Besitzer des US-Staats ausgibt. Mehrere Szenen des Films begleiten den Hochstapler Reavis bei der Fälschung seines Stammbaums in Europa, was Paul Dunlap die Gelegenheit bescherte, einige Zigeunerfolklore zu komponieren. Ansonsten gestaltet sich die Musik zu THE BARON OF ARIZONA sehr vieseitig, alle Facetten eines Golden-Age-Abenteuerfilms werden bedient: schmachtende Streicher für die Liebesszenen, ein triumphales Hauptthema (das ein bisschen an Goldsmiths INCHON erinnert bzw. umgekehrt), vom Blech getriebene Actionpassagen und grimmige Suspense. Den Abschluss machen die überlebenden 20 Minuten aus Albert Glassers Musik zu LAST OF THE WILD HORSES. Glasser nutzte den Vorspann nicht, um ein westernhaftes Hauptthema einzuführen, sondern vertonte ihn wie eine Actionsszene oder eine Vorspannmusik zu einem Monsterfilm. Vielleicht wollte der Komponist hier schon einmal die Action liefern, die dem Film fehlt. Auch die Actionpassagen gestalten sich als furioses Orchesterspektakel (und das bei nur etwas mehr als 20 Musikern!). Doch lässt Glasser auch nicht lyrische Passagen und einige Dramatik vermissen. Die Aufnahmen klingen bemerkenswert gut, wenn man bedenkt, dass sie bereits 70 Jahre auf dem Buckel haben. Das Booklet ist sehr informativ gehalten, reich bebildert und ansprechend formuliert. Man erhält viele Hintergrundinformationen über die Produktionen und merkt schnell, dass Liebhaber am Werk waren. Für diese ist das Set offensichtlich auch gedacht. Letzten Endes handelt es sich hier eben um Filmmusik aus den 50ern: kompetent gemacht, aber fast jede musikalische Geste, jeder melodische Einfall, ist Plattitüde oder Floskel. Mit haben diese knapp zwei Stunden Musik in den letzten Wochen viel Freude bereitet. Es ist schön, mal wieder in die (musikalische) Welt der naiven Gut-gegen-böse-Western einzutauchen.
  11. Vielen Dank für diese ausführlichen Erläuterungen, habe ich sehr gerne gelesen. Ich bekenne mich ja zu der Gruppe gehörig, die mit den Marvel-Filmen meistens wenig anfangen kann. AVENGERS I habe ich damals noch gesehen, ebenso die drei IRON-MAN-Teile, aber dann hat's mir ziemlich schnell gereicht mit den Superhelden. Wirklich begeistert war ich damals von den ersten beiden Raimi-SPIDERMAN-Filmen, aber das lag auch an Raimis virtuoser Regie. Mir waren die Marvel-Filme, die ich gesehen habe, einfach zu "glatt" insofern, als dass hier filmisch (vielleicht weniger inhaltlich) eine offentlichtliche Blockbuster-Rezeptur gefahren wurde, um ja keinen Flopp zu riskieren. Wen Superhelden (und Astronauten) nicht reizen und keine Lust auf CGI-Schlachten hat, zieht im aktuellen Kino leider massiv den Kürzeren.
  12. Dazu Doug Fake: "Our newest release hits this coming Tuesday the 16th, on the heels of Jerry Goldsmith’s posthumous and long overdue recognition of his magnificent career this week with a Hollywood “Walk Of Fame” Star. The release brings us full circle with the composer in a 3-CD set that offers a great title oft-presented but ironically never truly complete, until now. Enjoy it all at last, totally remastered and featuring some really cool never-before-heard music. It’s always an honor to be associated with this legendary composer’s influential film scores. It began in 1986 with MGM’s big summer film at the time, and none of us imagined we’d survive the challenges. We did. Interestingly, after that project, I enjoyed meeting soon-to-be Goldsmith producer extraordinaire Robert Townson. Mentioning him feels appropriate since we had similar origin stories. Bob and I got together here in the office, established a channel for expanding Intrada’s sales into Canada and talked about our ambitions to see every one of Goldsmith’s extraordinary works made available on album. For my part, the earliest targets were obtaining the rights to Night Crossing, a particular favorite then-unreleased score from Disney and also premiering on CD the scores for First Blood and The Wind And The Lion. Bob jumped in with Varese Sarabande and tackled the massive score to The Final Conflict. And onwards we went. Anyway, let me focus on Intrada. Dozens and dozens of Goldsmith soundtracks became Intrada releases, many of them world premieres. Fun tidbit: Roger Feigelson came into the Intrada shop early on, snapped up a copy of First Blood and mentioned his dream fulfilled would be an eagerly sought release of Night Crossing. He got his dream fulfilled and eventually just joined up. Funny how things turn out. In any case, with more Goldsmith albums in production now, the list continues to grow. We hope you’ll support our latest effort, a familiar favorite given an all-new look and feel. Thank you." 1986 vertonte Goldsmith drei Filme: HOOSIERS, mittlerweile komplett von Intrada veröffentlicht, LINK, von dem es anscheinend nicht mehr verwendbares gibt als von Varèse, Intrada und Lala Land veröffentlicht, sowie eben POLTERGEIST II. Wird wahrscheinlich letzerer...
  13. Genau weil ich mit seinem seichten Plätscher-Stil nichts anfangen kann, habe ich kaum etwas von Desplat. Allerdings gibt er bei RISE OF THE GUARDIANS ziemlich Gas, wenngleich die Musik durch das Übermickymousing ziemlich zerrissen ist. Dann gäbe es für den militärischen Einschlag wahrscheinlich noch MONUMENTS MEN und GOLDEN COMPASS ist auch eher groß angelegt. Lediglich aus dem Film kenne ich sonst noch GHOSTWRITER und da hat mich Desplat sehr beeindruckt, was Spannungs- und Tempoerzeugung anging.
  14. Lang ist's her... umso mehr freut mit natürlich, dass Dir das Stück immer noch so viel gibt. "Dog in Heaven" hatte ich nie auf dem Schirm, weil die ja nicht offiziell sind. Wenn man bedenkt, dass die schon 2005 rausgekommen sind, haben die entsprechenden "Macher" sich ja nur von den Vol. 1-21 bedienen können, mittlerweile sind da ja noch 50 Alben dazugekommen. Aber brauchen tut man davon das wenigste. Ich erinner' mich da an einen schönen Dialog, den ich mit einem Kumpel hatte, als ich mich einmal abfällig über eine andere Trailerfirma äußerte (weiß nicht mehr, welche) nach dem Motto: "Das hört sich ja so an, als ob die in den Papierkörben von X-Ray-Dog gewühlt hätten, um deren verworfene Sachen doch noch einzuspielen." worauf er antwortete: "Du glaubst ernsthaft, X-Ray-Dog verwerfen Stücke?!?!"
  15. Herzlich willkommen, BMF. Schön, einen "Profi" dabei zu haben. Darf man fragen, was Dich besonders am Austausch über Filmmusik interessiert? Eher die Strömungen der aktuellen Filmmusik, musikalisch-technisches oder auch die Diskussion der Filmmusik von 1920 bis heute und ihre Präsentation auf CD/Platte/Tonträger?
  16. Wie immer geht man hier den Weg des geringsten Widerstandes. Als Filmmusik dürfte es mit den entsprechenden Hochglanzbildern eine gute Wirkung entfalten, aber zum Anhören ist mir das einfach zu wenig. Ich habe das Gefühl, beim ersten Mal schon alles erkannt und auch "durchschaut" zu haben: Insgesamt ist das Stück als große Steigerung mit einem kurzen Nachspiel aufgebaut, wie fast immer bestreiten (synthetische) Perkussion, tiefe Streicher und Hörner fast das gesamte Klangbild. Die Solovioline für den "emotionalen Touch" ist ja ein netter Einfall, aber wie so häufig wird einfach nicht viel draus gemacht: Es werden die naheliegendsten Dreiklänge aneinander gereiht und die simpelste Hornmelodie drübergesetzt, die viel zu charakterlos ist, als dass sie mir als Thema in Erinnerung bleibt oder Raum für interessante Variationen und Varianten bietet. Was bleibt ist "Affektmusik", die wahrscheinlich den Ansprüchen der Produktion genügt. Für mehr als ein "befriedigend" reicht es nicht, muss es aber auch nicht.
  17. Meine Beschäftigung mit Trailermusik erwuchs eigentlich nur dem Sammlerehrgeiz, an die damals noch sehr begehrten und superaren CDs zu kommen. Immediate gehörten seit Beginn zu meinen Favoriten, haben ja auch als erste gemerkt, dass im kommerziellen Bereich etwas zu holen ist. Aber auch wenn viele Trailermusikschmieden ihre Titel jetzt auch für den kommerziellen Gebrauch arrangieren, ändert es wenig daran, dass es sich hier immer noch in erster Linie um zweckmäßige Produktionsmusik handelt. Die Stücke sind dafür entworfen, möglichst viel Stimmung in möglichst kurzer Zeit zu transportieren, zumal ja auch selten ein einziges Stück in einem Trailer verwendet und sich daher voll entfalten kann wie in STAR TREK 2008. Daher hängen viele verschiedene Teile einer einzigen Trailermusik musikalisch häufig gar nicht zusammen. Dass man als Komponist_in da gar keine Idee wirklich ausarbeiten kann, liegt auf der Hand. Die Kurzatmigkeit steht in der vorgegaukelten "Größe" der Musik in keinem Verhältnis. Da braucht es dann eigentlich schon ein Orchesterstück von mindestens 15 Minuten, um solchen Krawall zu rechtfertigen, aber für eine fette Schlusshymne einer ausgewachsenen Symphonie sind die einzelnen melodischen Ideen nicht interessant genug. Kann man's den Leuten zum Vorwurf machen? Ich denke nicht. Ich finde es aber interessant, dass sich scheinbar auch in diesem sehr homogenen Trailergenre "fett Chor und Orchester" (es gibt natürlich auch viel anderes wie die "vertrailerung" von Popsongs, auf die Fredie hier letztens aufmerksam gemacht hat) der "A-Klasse" deutlich hörbare Unterschiede zu erkennen sind: Die X-Ray-Dog-Sachen fand ich beispielsweise schon immer zum Davonlaufen. Kaum eine zündende melodische Idee und oft schrecklich flach klingende Arrangements. Wieso "Here comes the king" so einen Hype ausgelöst hat, ist mir immer noch nicht klar.
  18. Auf meiner Seite gibt's nur ein Schulterzucken - das gilt nämlich in erster Linie dem aktuellen Kinoprogramm (fast schon seit drei Jahren) und damit auch den aus ihm hervorgegangenen Trailern. Ich war seit 2016 nur fünf Mal im aktuellen Kino (HATEFUL EIGHT, GODS OF EGYPT (und da wusste ich, was für ein Schwachsinn das werden würde),HAIL CEASAR, TCHICK und dieses Jahr ELLE), dafür aber rund 50 Mal in Programmkinos unterwegs. Somit habe ich auch kaum etwas an aktuellen Trailern angesehen, glaube aber, mir ist das schon seit zwei, drei Jahren aufgefallen. Ich meine mich zu erinnern, dass besonders gerne Hiphop in mehreren Trailern verwendet wurde. Die wechselseitigen Einflüsse von Trailer- und Popmusik sind ja nicht neu. Ich denke da gerade an die Dupstep-Invasion zu Beginn der 2010er...
  19. Das finde ich eben so lustig, dass Bernstein fünf Jahre, nachdem er schreibt, dass die Koch/Media-Einspielung für ihn die beste sei, er selbst das ganze noch einmal aufnimmt - wofür ich ihm ja dankbar bin. Mir fehlt es einfach unter Sedares an nötiger Wucht und Tiefe im Raumklang, besonders die Calvera-Passagen wirken für mich auf der RCA so schön drängend und fies, wie es dem Bösewicht angemessen ist. Da ist mir Sedares immer zu brav. Das bei RCA sollte ja wahrscheinlich eine Reihe von "definetive recordings" von Bernsteins Filmmusiken werden, aber außer DIE GLORREICHEN SIEBEN haben es ja dann nur noch die GESPRENGTEN KETTEN (THE GREAT ESCAPE) geschafft, bevor die Reihe einschlief. Vielleicht war es auch nicht Bernsteins expliziter Wunsch, die Koch/Media-Aufnahme zu "korrigieren", sondern man wollte einfach mit einem zugkräftigen Titel die Reihe starten. Schade, dass dann nicht mehr draus geworden ist.
  20. Danke, Angus, für diese Anmerkung, die vierte Fassung habe ich jetzt eingefügt, man kann also nun auch für die offiziell der RÜCKKEHR DER GLORREICHEN SIEBEN gewidmeten CD stimmen
  21. In den wenigsten Fällen kann eine Filmmusik über die Grenzen des Filmes hinaus wirken, wie es Elmer Bernsteins kraftvoller Musik zu DIE GLORREICHEN SIEBEN vergönnt war. Höchstens die Themen aus STAR WARS und FLUCH DER KARIBIK haben eine ähnliche Erfolgsgeschichte hingelegt und tief greifende Veränderungen in der filmmusikalischen Landschaft geschürt. Als 1950 der Western mit Hochglanzproduktionen wie WINCHESTER '73 von seinem Schmuddel-Image befreit und in den Olymp der A-Produktionen gehoben wurde, war der musikalische Ansatz an dieses Genre überraschend heterogen. Elegische, streicherdominierte Klänge, wie sie Victor Young zu SHANE (1953) schuf, standen neben düsteren und aggressiven Kompositionen zu WARLOCK (Leigh Harline) oder ausladenden Themen wie zu WEITES LAND (Jerome Moross). Erst Bernsteins Musik zu DIE GLORREICHEN SIEBEN drückte mit einer von Aaron Copland inspirierten Melange aus mexikanisch-folkloristischem Lokalkolorit, ruppigen Rhythmen und schmissigen Themen den Stempel auf. Der Film selbst war eine Western-Adaption von Akira Kurosawas meisterhaft inszenierten Film DIE SIEBEN SAMURAI, der selbst von den US-amerikanischen Western der 1950er Jahre inspiriert wurde. Kurosawas Film beschäftigt sich einerseits mit der Unmöglichkeit, soziale Schranken und gesellschaftliche Klassengrenzen überwinden zu wollen, und andererseits mit den Auswirkungen von Unterdrückung auf die Geknechteten. Während die japanischen Bauern in im Jahr 1587 selbst unter den Repressalien der oberen Klassen teilweise zu mordhungrigen Horden werden, die vor Lynchmord nicht zurückschrecken, bleiben die mexikanischen Bauern in John Sturges' Adaption stets "die Guten", denen der Zuschauer stets Mitleid und Sympathie entgegenbringen soll. Auch das Dasein eines Revolvermannes im ausgehenden 19. Jahrhundert scheint nicht kongruent mit dem eines Samurai dreihundert Jahre früher. Während ein Revolvermann sich irgendwann zur Ruhe setzen, eine kleine Farm oder einen Saloon kaufen kann, bleibt der Samurai seinem Stand und seiner Tradition stets verbunden, andererseits kann niemand zu ihm aufsteigen. Die daraus resultierenden Konflikte charakterisiert DIE SIEBEN SAMURAI in zwei Figuren: Katsuhiro, dem jungen Sohn einer Samuraifamilie, dessen Liebe zu einer Bauerntochter wahrscheinlich unerfüllt bleiben muss und dem Bauernsohn Kikuchiyo, der sich seiner Herkunft schämt, die Bauern verachten möchte und sich durch besonders heldenhaftes Gebaren hervortun möchte. In DIE GLORREICHEN SIEBEN wurden diese Figuren in dem jungen, von Horst Buchholz gespielten Draufgänger Chico verschmolzen. Den geschilderten Konflikten wird durch diese Änderungen der Stachel gezogen und Yul Brunners aus DIE SIEBEN SAMURAI übernommenes Resümee, "We always lose" nicht mehr nachvollziehbar. Zwar sterben wie auch in der japanischen Vorlage vier von sieben Helden im Kampf gegen die Banditen, aber die Revolvermänner sind nicht dazu verdammt, so lange weiterzuziehen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen, bis eine Banditenkugel schneller ist. Chico kann sich in der Verpflichtung zum Hollywood-typischen Happy-End gar für die mexikanische Bauerntochter entscheiden, was Brunners Schlusswort noch mehr abschwächt. Um diese Probleme schildern zu können, musste sich KUROSAWA auf bestimmte Figuren konzentrieren, weshalb einige der sieben Samurai kaum charakterisiert werden. Hier gelang es Sturges, trotz der kürzeren Laufzeit jeden der sieben Revolvermänner in Szene zu setzen und ihren jeweiligen Charakter gut hervorzuheben. Zu den besonders glücklichen Innovationen der amerikanischen Adaption zählt die Figur des Revolvermannes Lee, gespielt von Robert Vaughan. Der seelisch völlig destabilisierte Dandy, der fast jedem Kampf ausweicht und nachts von Alpträumen geplagt wird, hat in Kurosawas Film kein Äquivalent. Letzten Endes mag DIE GLORREICHEN SIEBEN den SIEBEN SAMURAI auf inhaltlicher Ebene nicht das Wasser reichen, John Sturges ist aber ein hervorragender Western gelungen, der gelungen in Szene gesetzt und von überzeugenden Darstellern bevölkert ist. Umso merkwürdiger scheint es, dass Elmer Bernstein hervorragende Filmmusik zur Zeit der Premiere keine kommerzielle Veröffentlichung erfuhr. Zu gering war der Erfolg beim amerikanischen Kinopublikum, erst sein Zuspruch beim europäischen Publikum ermöglichte erneute Aufführungen in Amerika, die den gewünschten Erfolg einbrachten. Allerdings wurde auch dann kein Album mit der Filmmusik nachgereicht. Das Hauptthema war zwar auf mehreren Samplern zugänglich, auf Auszüge weiterer Passagen mussten die Filmmusikfreunde allerdings noch sechs Jahre warten, als man im Zuge von DIE RÜCKKEHR DER GLORREICHEN SIEBEN Auszüge aus der Filmmusik zu DIE GLORREICHEN SIEBEN veröffentlichte. Diese Fassung enthält lustigerweise gar keine Musik aus der Fortsetzung, sondern bildet eine verdeckte Veröffentlichung der Musik zum Original! Etwa eine halbe Stunde wurde hier ausgewählt und aus den Originalaufnahmen zum ersten Teil zusammengestellt. Erst 1994 erschien das erste Album, das offiziell den GLORREICHEN SIEBEN gewidmet war. Mit Hilfe des Komponisten wurde die Orchesterpartitur aus den erhaltenen Particellen dirigiert und für eine ansprechende Albumpräsentation arrangiert. Mehrere Passagen, insbesondere aus der ersten Hälfte des Films wurden gekürzt, einzelne Passagen zu längeren Stücken zusammengefasst. Sind diese künstlerischen Entscheidungen durchaus nachvollziehbar, ist es aber besonders störend, das auch über einzelne Titel hinaus, in denen einzelne Stücke zusammengefügt wurden, Überblendungen vollzogen wurden, die keinen musikalischen Sinn ergeben, und es nicht möglich machen, bestimmte Titel einzeln zu hören, weil sie nicht "sauber" enden. Zudem krankt die Einspielung unter James Sedares' äußerst kraftlosem Dirigat, das Phoenix Symphony Orchestra spielt ohne Energie. Immerhin gibt es als kleines Trostpflaster eine für das Album arrangierte Ouvertüre zu VIERZIG WAGEN WESTWÄRTS. Wie zufrieden Bernstein mit der 1994er-Produktion war, an der er selbst auch beteiligt war, ist mir nicht bekannt. In Anbetracht der schnarchigen Interpretation wundert es jedoch nicht, dass Bernstein sich 1999 noch einmal ans Dirigierpult stellte, um die rekonstruierte Partitur (mit einer kleinen Kürzung)* des vorherigen Albums noch einmal aufzunehmen. Hier erfährt die Musik nun eine Interpretation, die ihrer würdig ist: Wuchtig eröffnet das Hauptthema, die mexikanischen Passagen sind gefühlvoll interpretiert und die Calvera-Passagen sind von ungewohnter Aggressivität. Leider waren die Bildrechte für diese Veröffentlichung anscheinend nicht endgültig geklärt, sodass die CD bereits nach wenigen Monaten wieder vom Markt genommen wurde. Die Aufnahmen, meiner bescheidenen Meinung nach das beste Album dieser historisch bedeutenden Komposition, sind bis heute nicht wieder aufgelegt worden. 1998 wurden uns dann endlich auch die Originalaufnahmen in einer hervorragenden Veröffentlichung von Rykodisc zugänglich gemacht, die 2004 von Varèse Sarabande wieder aufgelegt wurde. Hier verzichtete man auf unnötige Überblendungen und präsentierte alle erhaltenen 23 Titel in chronologischer Reihenfolge. Warum der auf beiden Neuaufnahmen vertretene Titel "Enemy Camp/Nightmare" nicht auf der Varèse zu finden ist, wird im Booklet mit keinem Wort erwähnt. Wahrscheinlich ist diese Aufnahme em Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Auch die zuvor nicht verfügbare Nummer "Vin's Bad Luck" ist nur mit dem Overdub des Saloonklaviers zu hören - auch hier wahrscheinlich auf Grund des Mangels an getrennten Tonspuren. Auch das Varèse-Album ist mittlerweile vegriffen, weshalb neuen Interessenten ironischerweise die schlechteste von insgesamt drei Albumpräsentationen zur Verfügung steht. Es bleibt zu hoffen, dass in naher Zukunft bald wieder Alternativen zur Sedares-Einspielung zur Verfügung stehen werden. Nun würde mich aber interessieren, welche Einspielung ihr habt und vor allem: Welche Aufnahme dieser Musik hört ihr am liebsten?
  22. Ich bin ja erst gegen 2006 so wirklich zum Filmmusiksammeln gekommen. Vorher habe ich zwar schon eifrig Filmmusik gekauft und gehört, aber auf die Boutiquenlabel und deren Veröffentlichung bin ich erst ab 2007 aufmerksam geworden. Das war ja die Phase, wo es langsam mit den ganzen Supertiteln losging: BOYS FROM BRAZIL, ALIEN etc., fette Golden-Age-Boxen wie HOW THE WEST WAS WON oder KING OF KINGS waren (noch) gut verfügbar. Worauf andere Jahre gewartet hatten, fiel mir so einfach in den Schoß. Ich wusste z. B. dass BACK TO THE FUTURE und SPARTACUS von vielen heiß ersehnt waren, hatte aber so viel aufzuholen und nachzuhören, dass ich beide Veröffentlichungen dann zwar mit berechtigter Freude wahrnahm, ohne dass aber eine jahrelange Zeit des Wartens vorübergehen musste. Es gab einige Sachen, auf die ich dann auch etwas warten musste wie die Neuveröffentlichung von CHINATOWN oder die komplettfassung von STAR TREK und CONAN, aber bis dahin konnte ich mir die Zeit mit ganz viel anderer unerhörter Musik vertreiben
  23. Ich bezog mich mit Bizet hauptsächlich auf "The Fencing Lesson". Diese auf- und absteigenden Läufe sind derart typisch für "Carmen", dass ich mich echt frage, warum das sein muss, zumal Bizets Oper ja in Spanien, nicht in Mexiko spielt. Über die völlig fehlplatzierte Shakuhachi könnte man sich auch streiten. Wie dem auch sei, mir klebt MASK einfach zu sehr am Bild, daran kranken ja insbesondere die überlangen Passagen. Wieso mich das heute mehr stört als vor fast sieben Jahren habe ich ja schon oben dargelegt. Ich kenne es auch noch, dass ich Filmmusik gerne als Souvenir an einen bestimmten Film gehört habe und dann den Film in meiner Erinnerung zur CD "durchlaufen" ließ. Das reizt mich heute einfach nicht mehr. Ich will die Musik um der MUSIK Willen genießen und da fällt MASK einfach ab. Ich finde auch, dass MASK zu keinem Zeitpunkt das Feuer von ähnlichen Passagen aus LEGEND hinbekommt (ich verweise nochmal auf den "Train"-Vergleich). Der Schmalz ist in MASK schon komplett da, deswegen freue ich mich ja auch über "Zorro's Theme" oder "Elena and Esperanza", aber sonst gibt mir die Musik nicht halb so viel wie LEGEND. Warum also 70 Minuten angezogene Handbremse wenn ich 75 Minuten Feuer und Wucht haben kann, zumal es alles, was einem in MASK an Material Freude bereitet, auch in LEGEND gibt.
  24. Stimme Sami da absolut zu. Mit "formale Anlage" meine ich strukturelle Kontingenz, das kann man wunderbar daran erkennen, wenn man die beiden Final-Stücke aus Teil 1 und Teil 2 gegenüberstellt. "Leave No Witnesses..." ist ein ewiges Stop-and-go, während "The Train" viel größere Abschnitte enthält, die elegant fließend ineinandergewoben werden. Was das Spitzbübische angeht, habe ich in "School justice" viel mehr kecke und verspielte Figuren, die wunderbar ineinandergreifen, als wenn in "Fencing Lesson" uninspirierter "Carmen"-Abklatsch neben Horner'sches Originalmaterial gereiht wird. Es geht mir ja nicht darum, dass immer überall die Post abgeht, sondern nur darum, dass eine musikalische Form und Struktur beim Hören nachvollziehbar wird. Da gewinnt ganz deutlich der zweite Teil. So etwas wie "The Cortez Ranch" findet sich ja im ersten Teil gar nicht - wuchtige, durchkomponierte Suspense! Ich finde, auch "Stolen Votes" kränkelt da noch an einer Behäbigkeit, die den ersten Teil größtenteils hemmte - die Musik ist manchmal etwas zu lahm und kommt nich richtig zu Potte. Wenn man die letzten Minuten von "Stolen Votes" mit den ersten Minuten von "The Train" vergleicht, in denen dasselbe Ausgangsmaterial für eine Verfolgungsjagd arrangiert wurde, gewinnt doch deutlich der temporeichere "Train". Also ich würde jederzeit LEGEND OF ZORRO für MASK OF ZORRO aus der Sammlung kicken, müste ich mich für eine der beiden CDs entscheiden. In LEGEND OF ZORRO, den ich heute nachmittag noch gehört habe, bekomme ich, was ich schon von MASK OF ZORRO erwartet habe: Feurige mexikanische Folklore, unterhaltsame Spannungsmusik und vor Allem musikalisch-strukturierte Action.
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