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Soundtrack Board

Sebastian Schwittay

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  1. Doch, es ist übel, da der Williams die viel kunstvollere und seltenere Erscheinung ist als der extrem standardisierte Balfe - ein Klangkonzept, wie es in Hollywood-Actionfilmen derzeit auch überall zu hören ist. Ist schon diskutierenswert, ob es von der x-ten Neuauflage dieser Wummer-Musiken überhaupt ein dickes 2-CD-Set braucht.
  2. Schon übel, dass nun dieser Score eine ordentliche CD-Veröffentlichung erfährt, und der letzte Williams-Score... ach egal, lassen wir das.
  3. Das ist auch der einzige der drei Scores, der für mich in der Expandierung einigermaßen funktioniert. DOOM ist in der Expandierung der totale Overkill, CRUSADE dagegen verwässert den wirklich runden Albumschnitt immens mit seinen sehr bildbezogenen zusätzlichen Tracks (selbst "The Austrian Way" finde ich nur als Fußnote wegen der Strauss-Anlehnung interessant). Habe bis heute nur die TEMPLE OF DOOM-Expandierung im Regal, damit ich immer mal Zugriff auf die zusätzlichen Tracks habe, höre das aber so gut wie nie.
  4. Ich glaube nicht, dass nach diesem in jeder Hinsicht desaströsen Jahrgang 2023 noch allzu viel in alte Franchises investiert wird. Selbst so etwas wie MISSION: IMPOSSIBLE lohnt sich ja kaum noch für die Studios. Mir wäre es ganz recht, wenn der Franchise-Wahnsinn nun an sein Ende gelangen würde. Hollywood ist derzeit in einer Krise, wie es sie seit den 50er/60er Jahren nicht mehr gab - entweder es gibt eine radikale Erneuerung à la New Hollywood, oder das Phänomen (Mainstream-)Kino stirbt nun tatsächlich und es läuft auf "customized AI content" hinaus, den man sich privat daheim anschaut.
  5. Das Archimedes-Thema ist wirklich einer der schönsten und klangvollsten thematischen Einfälle aus John Williams' Feder seit langem. Die minimalistische Anmutung, das stete Verweilen im F-Dur-Klang (nur selten kurz aufgebrochen, aber sofort wieder zu F zurückkehrend), verleiht ihm Würde und Anmut. Die Wahl von F-Dur als traditioneller Pastoraltonart scheint auch nicht von ungefähr zu kommen. Und wie der Organist und Musiktheoretiker Georg Joseph Vogler 1779 zur Tonart schreibt: "Das F dient zu einer Meerstille." Pastorale und Meeresstille - dieser Motivkomplex beschreibt die (griechische) MacGuffin-Mystery in DIAL OF DESTINY ziemlich treffend.
  6. Eine Agenda ist es schon, wenn eine Bestrebung vorliegt, einem bestimmten gesellschaftlichen Leitbild Rechnung zu tragen bzw. es umzusetzen. Wenn es so forciert und gezwungen wirkt wie in vielen zeitgenössischen Medienprodukten, kann man das schon kritisieren, ohne dabei die grundsätzliche Richtigkeit des Anliegens in Frage zu stellen. Darüber hinaus: woher weißt du, dass magnum-p.i. heterosexuell und "weiß" ist? Kennt ihr euch persönlich? Lassen wir doch dieses Schubladen-Denken, bitte.
  7. Das ist aber auch das Konzept des Scores. Der gedeckte, beinahe rätselhafte Ausklang der Mutter-Konzertfassung ist sicher nicht zufällig als Abschluss des Albums (und damit der musikalischen Reihe) gewählt worden. Überhaupt durchweht das Helena-Thema eine gehörige Prise Melancholie und Wehmut - trotz der teils ausgreifenden Romantik. CRYSTAL SKULL war nochmal ein Rückgriff auf die bunte, verspielte Art der alten Trilogie, mit ihren comichaften Themen (Irina!) und ausgelassenen Scherzi. Das war aber schon 2008 ein stilistischer Ausreißer für Williams, wenn man sich anschaut, wie sich sein Stil der 2000er Jahre bis dahin entwickelt hatte (MINORITY REPORT, CATCH ME IF YOU CAN, WAR OF THE WORLDS, MUNICH: hin zur totalen Kleinteiligkeit). Das Werk von Komponisten verändert sich eben - ich finde das sehr reizvoll. Wäre doch langweilig, wenn Schostakowitsch im Alter den gleichen, grellen Stil kultiviert hätte wie in seinen Jugendjahren, oder wenn Penderecki ewig seine sonoristischen Konzepte aus den 60ern totgeritten hätte und niemals zum Romantizismus übergegangen wäre. Trotz allem finde ich, dass in DIAL OF DESTINY immer noch genug von der INDIANA JONES-Spielfreude mitschwingt. Immerhin gibt es auch hier wieder schnittsynchrone Tutti-Schläge des Orchesters auf Fausthiebe (z.B. "Tuk Tuk in Tangiers", 2:06) - more old-school Indy geht ja gar nicht.
  8. Ein paar analytische Worte zu "Tuk Tuk in Tangiers": Ein Diamant unter den Actiontracks des Williams-Spätwerks: "Tuk Tuk in Tangiers", im Wesentlichen ein Variationssatz über Helenas Thema, begeistert mit einer formalen Geschlossenheit, die den zentralen Actionsetpieces der dritten STAR WARS-Trilogie ("The Speeder Chase", "Scherzo for X-Wings") in nichts nachsteht. Dabei ist "Tuk Tuk" mal wieder eine halbe Konzertbearbeitung, denn der Satz fügt sich aus zwei unterschiedlichen Filmstücken zusammen: der ersten Hälfte der Tuk-Tuk-Jagd (0:00-2:29) und einer nur in Auszügen im Film verwendeten Vertonung der Fiat-Fahrt zum Ohr des Dionysos in Sizilien (2:29-Ende). Das Stück folgt grob einem dreiteiligen Formschema: ein mehrmals zögernder und neu ansetzender Intro-Teil (Allegretto ♩ = 102) geht bei 0:31 in den Hauptteil über, der das Tempo unvermittelt ins Vivace anzieht (♩ = ca. 150) - hier beginnt die eigentliche Jagd im motorisierten Gefährt. In diesem Teil finden die zahlreichen Variationen über Helenas Thema statt, sowie einige halsbrecherische musikalische Stunts. Besonders verwegen die beschleunigend wirkenden 3/8-Einschübe bei 1:47 und 1:56. Dem "Treppensturz" bei 2:23 folgt schließlich der dritte Abschnitt (Sizilien-Teil), der Helenas Thema nun fast nur noch im 3/4-Takt präsentiert. Hier beginnt das Thema förmlich zu fliegen, der Hatz und den Wirren der Jagd enthoben. Das entrückte Dreier-Metrum ist dabei eine schöne Anspielung auf die rhythmische Ambivalenz, die dem Thema grundlegend eingeschrieben ist, und die auch schon in der Konzertfassung immer wieder durchscheint. Am Ende verklingt das Stück in seinem Ritardando deutlich zurückhaltender und gedankenverlorener als es in Williams' Action-Konzertpiecen sonst üblich ist - doch das ist gerade das Reizvolle am Stück und an der Konzeption des Scores im Allgemeinen. Die große musikalische Rausschmeißer-Geste fehlt in DIAL OF DESTINY völlig. Ein Versuch eines grafischen Überblicks über das Form- und Taktschema, mit markierten Einsätzen des Helena-Themas:
  9. Der "WUMMS" ist ja gerade das Schlimme daran. Fette Soundwalls, die einem das Ohr verstopfen. Kraemer hatte wenigstens ein bisschen Differenziertheit in seinem Orchestersatz. Und gerade dieses Leichte, Federnde macht ja auch Elfmans Ur-Sound der Reihe aus.
  10. Die neuen STAR WARS-Filme (zumindest die Episoden 7 und 9) sind wirklich mehr als beschissen. Habe die Tage nochmal eine Dreiviertelstunde in THE RISE OF SKYWALKER reingeschaut, weil ich mich gerade etwas mit der "Speeder Chase" und den im Film verwendeten Fragmenten des Stücks beschäftige, und da ist mir wieder schmerzhaft bewusst geworden, was für ein übel geschnittener, dramaturgisch miserabler ADHS-Mist das ist. Besonders schlimm die ersten 20 Minuten. Abrams hat einfach keinerlei Gespür für Erzählrhythmus. Ein absolutes Cringefest der Wegwerf-Schnelllebigkeit. Die Rey-Figur habe ich auch nie wirklich gemocht. Das liegt u.a. an der abziehbildhaften Verarbeitung ihres Themas (als Zitat im Underscoring klingt die Melodie immer maximal statisch und uninteressant; leider wird das Thema in der Trilogie ständig bemüht), aber ich finde auch Daisy Ridley als Schauspielerin eher blass. Kein Vergleich mit der großartigen Phoebe Waller-Bridge. Meinetwegen können sie Kennedy absägen. Jetzt, wo Williams draußen ist und auch die INDIANA JONES-Reihe beendet ist, werde ich eh keinen Disney-Franchise-Film mehr schauen. STAR WARS interessiert mich jenseits von Williams schon lange nicht mehr.
  11. Glaube mittlerweile auch, dass es an den vielen schlechten Kritiken lag. Den Film in Cannes zu zeigen, war ein riesiger Fehler. Habe ihn gestern ein zweites Mal gesehen, und der ganze Hate, der dem Film entgegen schlägt, ist wirklich lächerlich. Extrem unterhaltsamer Abenteuerfilm, mit einigen tollen Setpieces, die inszenatorisch tatsächlich gar nicht mal so weit von Spielberg entfernt sind (z.B. die New York Chase). (Auf M:I 7 habe ich ehrlich gesagt deutlich weniger Lust. Furchtbare Musik, und scheinbar die gleichen sterilen Extremsport-Videos wie schon in FALLOUT. Das Franchise ist mit den letzten Filmen in seelenlose Anonymität abgerutscht, wie ich finde.)
  12. Nein, die Musik zur Flucht aus der Asservatenkammer über die Dächer sind Bearbeitungen von "Escape from the City" und "The Intersection Scene" aus WAR OF THE WORLDS, und damit klar Williams-Material. Möglicherweise hat Ross diese Passagen arrangiert/adaptiert. "Pulse of the City" setzt ein, wenn sich Ford in der Straßenparade den Weg frei kämpft und sich aufs Pferd schwingt. Der einzige Score-Track, der stilistisch deutlich aus dem restlichen Score heraussticht mit seinem Ostinato und dem Jazz-Schlagzeug.
  13. Wurde doch alles schon angekündigt. CD und LP ab dem 9. August. https://filmmusicreporter.com/2023/06/27/indiana-jones-and-the-dial-of-destiny-soundtrack-album-details/ https://jwfan.com/?p=15115
  14. Die Sache ist allerdings die, dass man im Rahmen solcher Retro-Brands wirklich keinen Profit mit sowas machen kann. Insofern wirkt es schon unpassend aufgepfropft, bzw. in seinem unüberzeugten Automatismus auch wenig glaubwürdig. "Es muss halt sein" - diesen Gedanken hört man vielen dieser Projekte schon durchaus an.
  15. Ist ja letztendlich auch subjektiv. Aber dieser viel zu schnelle Cut von der finalen Schlacht zurück zum Anfangsort der Haupthandlung (mit exakt der gleichen Einstellung!) - das sind schon so Elemente, die filmisch unbestreitbar extrem effektvoll sind. Überhaupt, wie mit den Locations umgegangen wird, New York vs. Mittelmeer, diese interessanten Kontraste... alles zweifellos nicht ohne Reiz. Ich mochte den Film. 4/5 bzw. 8/10.
  16. Mein Letterboxd-Review zum Film (ohne allzu große Spoiler): https://boxd.it/4ueecl
  17. INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY, John Williams
  18. Der Schluss bzw. die letzte halbe Stunde ist das Schönste am Film. ❤️ Auf dem Album umfasst das die Tracks "The Airport", "Battle of Syracuse", "Centuries Join Hands" und "New York, 1969".
  19. Das De-Aging sieht meiner Meinung nach auch furchtbar aus. Überhaupt, die ganze Eröffnungssequenz wirkt aus wie aus einem Videospiel. Und dann noch dunkel, dunkel, dunkel. Zum Glück fängt sich der Film danach wieder.
  20. Schade. Gerade die Konzertfassungen sind doch das A und O gerade im Williams-Spätwerk. Der "Prologue" ist für mich auch absolut essentiell, enthält er doch das schönste und längste Statement des Archimedes-Themas - neben "Helena's Theme" DAS Highlight des Scores, wie ich finde.
  21. Die Konzertfassungen bzw. -suiten lässt du aus? Kein "Helena's Theme", kein "Prologue"?
  22. Williams hat zahlreiche Orchestratoren. Neben William Ross in jüngerer Vergangenheit vor allem Conrad Pope und Eddie Karam. Die teilen sich die Cues meist zur Hälfte auf. Wie Boneking aber richtig sagt: das ist für die Orchestratoren nur Schreibarbeit. In Williams' Sketches steht wirklich alles drin, bis zur kleinsten Dynamikanweisung.
  23. Wie ich ja oben geschrieben habe, finde ich bereits den Albumtrack "Germany, 1944" nicht besonders interessant. Schon da merkt man, was für ein Kraut-und-Rüben-Zusammenschnitt das ist. Außerdem: Williams komponiert so nicht mehr. Das Ganze wirkt wie ein KI-Konglomerat - wahrscheinlich die perfekte musikalische Entsprechung des De-Aged Harrison Ford. Mein persönlicher Albumschnitt verzichtet auf den Track (sowie auf "Voller Returns", "Perils of the Deep" und "Archimedes' Tomb").
  24. Danke, wusste ich noch gar nicht. Kenne die beiden erwähnten Scores leider noch nicht. Habe eh noch viel zu entdecken bei Sarde...
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