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Der große Schostakowitsch-Thread
Sebastian Schwittay antwortete auf Sebastian Schwittays Thema in Klassische Musik & Orchester
Die Zwölfte Sinfonie ("Das Jahr 1917") gilt allgemein als eine der schwächsten von Schostakowitsch. Die Sinfonie ist - ebenso wie die Elfte - ein programmatisches Werk. Geschildert werden Ereignisse der Oktoberrevolution 1917, in deren Verlauf Lenin und die Bolschewiki an die Macht gelangten; gewidmet ist sie dem Andenken an Lenin. Auch hier haben die vier Sätze prägnante thematische Überschriften: 1. "Revolutionäres Petrograd" 2. "Rasliw" (ein Unterschlupf Lenins vor der Oktoberrevolution) 3. "Aurora" (das Schiff, von dem die Signalschüsse zur Erstürmung des Winterpalastes abgefeuert wurden) 4. "Morgenröte der Menschheit" Die Sinfonie ist weitgehend traditionell gehalten, ein Werk für die Obrigkeit, uraufgeführt anlässlich des 22. Parteitages der KPdSU (Schostakowitsch wurde anlässlich der Uraufführung in die Partei aufgenommen). Die Musik erfüllt die Forderungen des Sozialistischen Realismus: Eingängigkeit, Klarheit des Ausdrucks, Volksverbundenheit, Optimismus. Im Gegensatz zu tiefschürfenden Werken wie der Vierten oder Achten Sinfonie haben wir es hier tatsächlich mit linientreuer, ergebener "Parteimusik" zu tun. Trotzdem finde ich die Sinfonie beeindruckender, charaktervoller als die Elfte, was z.T. an der ökonomischen Struktur liegt (knackige 40 Minuten, vs. relativ langatmige 70 Minuten in der Elften), durchaus aber auch am Gehalt. Schostakowitsch verzichtet im Gegensatz zur Elften auf ausufernde Stimmungsmalerei, komponiert geradlinig und entwickelnd. Der erste Satz stellt die prägnanten, sehr eingängigen thematischen Leitgedanken vor - ein düsteres, dramatisches Motiv und ein heroisches, wahrscheinlich Lenin zugeordnetes Thema - und verarbeitet sie in einer furiosen, packenden Steigerung. Im zweiten, langsamen Satz ("Rasliw") wird es Schostakowitsch-typisch dunkel und ernst, die Themen des ersten Satzes werden beibehalten. Besonders schön ist eine wiederkehrende, erhabene Akkordfolge, die manchmal im Blechbläser-Choral, manchmal in den vollen Streichern erklingt und dezent an Barber erinnert. Der dritte Satz, "Aurora", ist mit knapp unter vier Minuten der wohl kürzeste Satz in den traditionellen Sinfonien Schostakowitschs (nur in der avantgardistischen, 11-sätzigen Sinfonie Nr. 14 gibt es kürzere Sätze). Der kurze Satz baut mit leiser Pauke und Pizzicato-Streichern eine sinistre, gespannte Stimmung auf und steigert sich dann rasch ins wuchtige Tutti - und geht nahtlos in den vierten und letzten Satz über. Die "Morgenröte der Menschheit" ist dann optimistische Siegesapotheose und endet in heroischem, glorifizierendem Taumel - auf einem ewig in die Länge gezogenen Dur-Akkord. Auffallend sind die Ähnlichkeiten zum Schluss der Fünften Sinfonie. Letztlich ist die Zwölfte eine geschlossene, runde Sache. Trotz eher simpler Faktur hat das thematische Material Charakter und wird insbesondere im ersten und zweiten Satz wunderbar verarbeitet. Die Kombination aus drittem und viertem Satz ist ungewöhnlich und lässt den kurzen dritten Satz fast als eine Art Präludium zum Finale erscheinen - ein subtiler Bruch mit der Tradition der Satzfolge und der Proportion. Das Finale ist dann sozialistischer Realismus pur, aber übt gerade in seiner resoluten, überrumpelnden Einfachheit eine seltsame Faszination aus. [amazon=B000BL98M4][/amazon] Die Zwölfte wird im Jansons-Zyklus zusammen mit der Zweiten Sinfonie (1927) auf einer CD präsentiert. Die Kopplung macht Sinn, so ist die Zweite ähnlich unpopulär wie die Zwölfte und zählt zu den am seltensten aufgeführten Sinfonien Schostakowitschs. Außerdem hat die Zweite ebenfalls die Oktoberrevolution zum Thema: nach einem avantgardistischen Anfangsteil wird im heroischen Chorfinale das sozialistische Agitationsgedicht "An den Oktober" vertont. Mariss Jansons gab sich bei diesen weniger gefeierten Werken besondere Mühe: die Einspielungen sowohl der Zweiten als auch der Zwölften gehören zu den besten auf dem Markt. -
Chorstücke in der Filmmusik
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Filmmusik Diskussion
Ist ja leider häufiger mal der Fall, dass gerade unkonventionelle Musik eher leise abgemischt wird, damit sie nicht zu sehr irritiert. THE WITCH ist da momentan übrigens eine erfreuliche Ausnahme. -
Welcher Komponist hatte wieviel Zeit für welchen Soundtrack?
Sebastian Schwittay antwortete auf Steses Thema in Filmmusik Diskussion
Elliot Goldenthal schrieb "Prospera's Coda", das Finale aus THE TEMPEST, nach eigenen Aussagen innerhalb einer Nacht. Vermutlich dann aber nur die Melodiestimme und ein paar Akkorde dazu, kein im Detail fertiggestelltes Stück. Weiß nicht mehr, wo er es geäußert hat - im Booklet der CD? -
Chorstücke in der Filmmusik
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Filmmusik Diskussion
Nicht uninteressant und für seine Zeit sicher noch ungewöhnlich - heute ist es aber, spätestens seit Baños' EVIL DEAD, schon wieder zu einem Klischee geworden. Allein dieses Jahr gab es schon gefühlt vier oder fünf Horrorscores, die diesen rituell anmutenden, "schreienden" Chor integriert haben. Wird dann auf Dauer auch etwas langweilig. -
Chorstücke in der Filmmusik
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Filmmusik Diskussion
Allgemein bin ich nicht der größte Chor-Freund - erst recht nicht, wenn er (wie in der Mainstream-Filmmusik üblich) als dicke, epische Klangwand in die Partitur gemauert wird. Was ich dagegen schätze, ist ein differenzierter, transparenter Chorsatz, wie z.B. bei diversen Filmmusiken von Christopher Gordon: - als avantgardistische, atonale Textur (SALEM'S LOT) - als luftiger Madrigalsatz im Pseudo-Renaissance-Idiom (MUCH ADO ABOUT SOMETHING) Fazit: Hauptsache keine krachigen Orff-Kopien, wie sie für Fantasy-Schlachtplatten à la LORD OF THE RINGS üblich sind. (Ach ja, Doyles NEEDFUL THINGS ist natürlich auch fein, insbesondere in den klassizistischen Momenten.) -
Was habt ihr zuletzt gesehen?
Sebastian Schwittay antwortete auf Scorechasers Thema in Film & Fernsehen
Ja, aber das ist das künstlerische Konzept der Serie, keine Schwäche. Das Figurenarsenal ist auch deswegen eindimensional, weil das Epische Theater Figuren nicht unbedingt als Individuen betrachtet, sondern als schlichte Projektionsflächen, auf deren Oberfläche exemplarisch Probleme und Missstände verhandelt werden. Die Figur ist ein rein zweckdienlicher Pappaufsteller, der eine Funktion einnimmt und als Exempel dient. Der Zuschauer soll sich in keine Menschen einfühlen, sondern einzig über die Probleme reflektieren, die hinter der Handlung stehen. -
Was habt ihr zuletzt gesehen?
Sebastian Schwittay antwortete auf Scorechasers Thema in Film & Fernsehen
Für HOUSE OF CARDS eignet sich Brecht als begleitende Lektüre übrigens sehr gut. Es geht hier ja nicht ums "Mitfiebern", sondern um die kritische Distanz. Daher auch das Sprechen zum Publikum, das Illusion und Immersion verhindern soll. https://de.wikipedia.org/wiki/V-Effekt -
Der große Schostakowitsch-Thread
Sebastian Schwittay antwortete auf Sebastian Schwittays Thema in Klassische Musik & Orchester
Schön, dass man bei Schostakowitschs umfangreichem Werk jahrelang zu "knabbern" hat. Momentan höre ich wieder vermehrt die Sinfonien, v.a. die, mit denen ich mich bislang kaum beschäftigt habe: die Nummern 11-13. Die Elfte, entstanden 1957, trägt den Untertitel "Das Jahr 1905" und gehört zu den Programmsinfonien in Schostakowitschs Schaffen. Dargestellt wird der "Petersburger Blutsonntag" und das damit verbundene Massaker, das von der Palastwache des Zaren an demonstrierenden Arbeitern verübt wurde. Jeder Satz trägt einen quasi-szenischen Titel: angefangen bei der Versammlung der Demonstranten auf dem Palastplatz (1. Satz), über die Eskalation der Situation (2. Satz) und das Andenken an die Opfer (3. Satz), bishin zum kämpferischen Ausblick auf die Zukunft des Proletariats (4. Satz). Während mich die freche, klassizistische Leichtigkeit der Neunten (1945) und die zuweilen brutale Selbstbehauptung des Komponisten in der Zehnten (1953) sehr fasziniert haben, konnte ich zur Elften bislang gar keine Beziehung aufbauen. Aufgrund des szenischen Charakters der Sinfonie mit den prägnanten Satzüberschriften wird die Elfte ja gerne Filmmusik-Hörern empfohlen - und tatsächlich ist die Musik ausgesprochen bildlich und klar greifbar. Doch gerade diesen filmmusikalischen Charakter finde ich hier besonders langweilig. Schostakowitsch ergeht sich - v.a. im überlangen ersten Satz - in monotoner Stimmungsmalerei, wälzt die "gespannte Atmosphäre auf dem Palastplatz" über fast 16 Minuten aus, bevor dann im zweiten Satz (endlich) Bewegung ins musikalische Geschehen kommt. Doch auch hier scheint die Musik gehemmt, fast so, als müsse sie sich unsichtbaren Filmbildern unterordnen. Mit der musikalischen Darstellung der in die Demonstrantenmenge abgefeuerten Schüsse (Schlagwerk-Salven im fortissimo) wird es im letzten Drittel des Satzes für kurze Zeit sehr eindrucksvoll, dann kehrt die Musik aber wieder zur "Spannungsmusik" des ersten Satzes zurück. Den getragenen, dritten Satz ("Ewiges Andenken") würde ich als den stärksten des Werks ansehen - der stürmische vierte bietet dann eingängigen, aber auch etwas oberflächlichen Rumms. loyalheart hat die Elfte oben ja sehr gelobt und einige Einspielungen vorgestellt. Ich kann die Liebe, die diesem Werk allgemein entgegen gebracht wird, nicht so recht nachvollziehen - für mich eins der hohlsten Werke des Komponisten, und zusammen mit der Dritten und Siebten meine bislang am wenigsten geschätzte Schostakowitsch-Sinfonie. Vielleicht lag es auch an der m.E. nicht ganz so optimalen Einspielung - bislang die einzige CD aus der EMI-Jansons-Box, die mich interpretatorisch und klangtechnisch überhaupt nicht überzeugt hat. [amazon=B000002RW1][/amazon] Die Zwölfte (1961), ebenfalls mit historischem Programm (Untertitel: "Das Jahr 1917"), gefiel mir insgesamt deutlich besser. Dazu in Kürze mehr. -
Bin da ähnlicher Meinung wie Csongor und Ronin - ein paar nette Chorpassagen, die man allerdings in Scores wie SALEM´S LOT oder jüngst THE WITCH weitaus besser bekommt, sowie viel fahrig zusammengestoppeltes Suspense-Scoring. Wo da Goldenthal drin sein soll, sehe ich nicht.
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- Scott Glasgow
- THE CURSE OF SLEEPING BEAUTY
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Neuer Filmblog: Odd & Excluded
Sebastian Schwittay antwortete auf Sebastian Schwittays Thema in Film & Fernsehen
Nach einer Blogpause im April geht es seit Mitte Mai wieder weiter auf Odd & Excluded. In einer kleinen, noch nicht abgeschlossenen Artikelreihe geht es um die unkonventionellen Arbeiten der deutschen Regisseurin Elfi Mikesch: ICH DENKE OFT AN HAWAII (Elfi Mikesch, BRD 1978) WAS SOLL'N WIR DENN MACHEN OHNE DEN TOD (Elfi Mikesch, BRD 1980) -
Themenblock 1: Orchestersatz Klar, Lars könnte den schwachen Orchestersatz natürlich auch, im Sinne des Camp, zum ästhetischen Ideal erheben. Diese Camp-Haltung finde ich jedoch - im Gegensatz zu populärkulturellen Feldern wie dem Genrefilm - bei sinfonischer Musik wenig angebracht, weil dieser Bereich schon immer ur-eigenstes Feld der Hochkultur war. Der Film war schon zu Beginn seiner Geschichte eng mit dem Jahrmarkt und dem "einfachen Vergnügen" verbunden, wohingegen die Orchesterkultur für eine Kultur des Erhabenen steht und ästhetisch relativ eindeutig geregelt ist. Vom elitistischen Charakter dieses Kulturbereichs mag man halten, was man will, er hat jedoch seit Jahrhunderten Bestand. Daher finde ich es hier weitaus schwieriger, mit "demokratisierenden" ästhetischen Modellen zu argumentieren, die die traditionellen Grundlagen völlig aufweichen oder sogar umkehren. Dann verstehe ich nicht, wieso Filmmusikfans so wenig klassische Musik hören, wenn ihnen der großorchestrale Charakter so wichtig ist. Das ist ja quasi ein endloses Feld, auf dem man sich wunderbare Alternativen zu enttäuschender, nicht-orchestraler Filmmusik suchen kann. Mahler, Strauss, Strawinsky, Vaughan-Williams und Schostakowitsch bieten epischen, pompösen Stoff für Jahre bis Jahrzehnte, sind aber bei geschätzt 80 % der Filmmusikliebhaber nicht mal vom Namen her bekannt. Anscheinend ist es nicht angekommen: ich bin kein Musikwissenschaftler, sami ist keiner und ich vermute, die meisten anspruchsvollen Filmmusikhörer sind es auch nicht. Wenn es nicht das Ziel eines Filmkomponisten sein darf, musikalische Menschen anzusprechen, dann sollten all die Filmkomponisten, die dieser Meinung sind, fairerweise auf die Berufsbezeichnung "Komponist" verzichten und ihre Dienstleistungen treffender als "Soundtrack-Design" vermarkten. Alles andere wäre schlicht beleidigend gegenüber denen, die die Ansprüche ihres Berufsstands ernst nehmen. Themenblock 2: Filmmusik als Störfaktor Filmmusik, die vorgibt, "wo es lang geht", ist meistens eher schwache Filmmusik. Gerade, wenn sie solche Selbstverständlichkeiten "ausdrückt", wie sie in deiner Gleichung stehen. Schon mal was Eisenstein gesehen? Schon mal was von Brecht gelesen? Diese Prinzipien lassen sich auch auf die Filmmusik anwenden. Gerade das Herausreißen des Zuschauers aus der Illusion - die Anwendung musikalischer Verfremdungseffekte - würde ich als ästhetisch/künstlerisch weitaus avancierter, wertvoller und schätzenswerter erachten, als das Konzept des bevormundenden musikalischen an-die-Hand-Nehmens. In besseren Zeiten (Stichworte: Nouvelle Vague, New Hollywood) war diese Ansicht mal weit verbreitet, mit den heutigen Idealen der Konsumgesellschaft ist das natürlich nicht mehr vereinbar. Und sorry, genau das ist es, was du mit der Bequemlichkeit deiner Film- und Musikrezeption propagierst: reinen Konsum.
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Boah, wenn ich solche Überzeugungen höre, bekomme ich einen Hals. Völliger Unsinn, was Ottman da verfolgt. Gute Filmmusik fällt auf, setzt Kontrapunkte, schafft Spannungsfelder. Filmmusik, die nicht wahrgenommen werden soll, kann weggelassen werden. Mir total egal, was da die "gefragtesten" Komponisten zu sagen. Gerade GODS OF EGYPT wirkte mit Beltramis Musik weitaus besser als er eigentlich war. Die außergewöhnlichen visuellen Einfälle wurden durch Beltramis modernen, kantigen Orchestersatz erst zur Vollendung gebracht. Ohne den immer wieder durch die Bilder zuckenden Modernismus wäre das alles nur halb so wirkungsvoll gewesen. (Babis, Lars, ich gehe auf eure Beiträge später ein, bin gerade unterwegs.)
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25/52 THE TOWER by Christopher Young
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Markus' Filmmusik-Kalender
Mit Zahlen hab ich's tatsächlich nicht. Aber auch mit 0 Punkten in Mathe kommt man gut durchs Leben. -
25/52 THE TOWER by Christopher Young
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Markus' Filmmusik-Kalender
HELLRAISER 2 zweieinhalb Sterne unter THE CORE? Seltsame Bewertungen.... -
Eigentlich nicht, denn der stilistische Rahmen ist bei beiden Musiken exakt der gleiche. In beiden Fällen handelt es sich um episch-breitorchestrale, mit Exotismen durchsetzte Action- und Abenteuermusik. Beide Komponisten wollen mit identischen Mitteln dasselbe erreichen - für dieselbe Art von Film. Dein Argument würde ziehen, wenn wir eine experimentelle Dramenvertonung mit einem Marvel-Blockbusterscore vergleichen würden. Die würden bzw. könnten ihre Qualitäten auf jeweils ganz unterschiedlichen Ebenen offenbaren. Bei EGYPT und APOCALYPSE haben wir dagegen ein einzelnes, spezifisches Feld, auf dem sich beide Komponisten bewegen: und da macht der eine es gut und der andere nicht.
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Natürlich geht es mir auch um die Hörer. Ich unterstelle denen, die Gefallen dran finden, sicherlich keine geistige Umnachtung, aber ich finde es trotzdem bedenklich, wenn GODS OF EGYPT und X-MEN: APOCALYPSE nebeneinander auf das Podest der (bisherigen) Jahres-Highlights gestellt werden, wenn doch - bezogen auf die Art und Weise, für Orchester zu schreiben - in Wirklichkeit Klassen dazwischen liegen. Da muss man dann schon irgendwie davon ausgehen, dass den Leuten der Unterschied gar nicht auffällt. Und es ist ja schön, wenn es Leute wie Lars gibt, die einen akademischen Williams mit der gleichen Begeisterung goutieren wie einen Ottman oder Tyler, und sich dabei auch noch der Qualitätsunterschiede bewusst sind - ich glaube aber nicht, dass diese Leute in der Mehrzahl sind. Ich behaupte mal: das ist die absolute Ausnahme. PS: Ich bin kein Musikwissenschaftler. Ich habe das mal ein paar Semester studiert, dann jedoch mit etwas völlig Anderem weitergemacht. Für Differenzierungen in diesem Bereich braucht es auch kein Hochschulstudium - ein tiefergehendes Interesse an orchestraler Musik abseits der Filmmusik-Pfade, idealerweise mit ein paar Praxis-Einblicken, reicht da völlig aus.
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Ach Lars. Mal wieder ein gedankenlos eingeworfenes Totschlag-Argument. Der versierte Umgang mit einem Orchester hat rein gar nichts mit persönlichem Geschmack, sondern mit ästhetischen Traditionen zu tun. Und es ist schon bedenklich, wenn das Bewusstsein für guten Orchestersatz bei den konsumierenden Fans zum seltenen Ausnahmefall wird, und die Ansprüche gefühlt monatlich aufs nächstniedrigere Level sinken. Ist halt symptomatisch für eine Generation, die die Traditionen der Kunstmusik als verstaubtes Relikt begreift und die Meilensteine klassischer Orchesterkultur nur noch vom Hörensagen kennt (siehe oben).
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Wenn ich bedenke, was heutzutage von enttäuschten Filmmusik-Fans alles als "Sound-Design" bezeichnet wird, dann stimme ich dem eindeutig nicht zu. Ein gut gemachtes, faszinierendes Klangexperiment wie Youngs THE VAGRANT finde ich sowohl konzeptionell als auch als pures Hörerlebnis zehn Mal spannender als einen halbherzigen, 100-Mann-starken Orchesterscore, der mit der Hälfte der Besetzung womöglich genauso geklungen hätte. Aber das Thema (wesensgemäßes Schreiben für großen Orchesterapparat) hatten wir ja schon öfter hier im Board. Heutzutage kann nun mal jeder kleine Soundtrack-Fan irgendwas in Sibelius hacken, ohne es wirklich von Grund auf gelernt zu haben. In einer solchen Musikkultur kommt es dann leider immer öfter vor, dass Filmkomponisten der Versuchung des großen Orchesterklangs schon in der "Ausbildungsphase" nicht mehr widerstehen können und sich an riesenhaften Besetzungen versuchen. Der immer frühere Berufseinstieg, der ja heutzutage leider in Mode ist, macht das gerade für Filmkomponisten natürlich besonders verhängnisvoll. Am besten schon mit unter 30 an den ersten Blockbuster - für das Erlernen des komplizierten Handwerks bleibt da gar keine Zeit mehr. Und es ist ja auch nicht so, dass die jungen Filmkomponisten vom Konservatorium kommen und von dort schon das Rüstzeug mitbringen. Die meisten sind ja mittlerweile eher Quereinsteiger, deren einzige "Ausbildung" das Rumschrauben am Sequencer war.
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Was die Qualität des Orchestersatzes betrifft, eigentlich schon. Bei Ottman klingt es immer irgendwie nach jemandem, der gerade das erste Mal für Orchester schreibt. Gerade im Vergleich mit seinen traditionell eingestellten Kollegen wie Beltrami oder Desplat hat Ottmans Stil eher laienhaften Touch. Kommt bei APOCALYPSE wieder extrem durch, finde ich.
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25/52 THE TOWER by Christopher Young
Sebastian Schwittay antwortete auf Markus Wippels Thema in Markus' Filmmusik-Kalender
Meine Lieblinge sind THE VAGRANT und A NIGHTMARE ON ELM STREET 2. In den TOWER muss ich bei Gelegenheit mal reinhören. -
Veröffentlichung La-La Land Records Goes Digital
Sebastian Schwittay antwortete auf Trekfans Thema in Scores & Veröffentlichungen
Solche Sachen passieren natürlich. Aber eine funktionierende (!) CD wird in den allermeisten Fällen auch nach 20 bis 30 Jahren noch laufen, wenn man sie normal lagert und pfleglich behandelt. Ist ja ein recht simples und robustes Ding. Eine Festplatte ist mechanisch kompliziert, viel anfälliger für Schäden und nutzt sich durch die Belastungen beim Ablesen auch um ein Vielfaches schneller ab. Als Speichermedium also ganz klar im Nachteil, weshalb auch in der Archivierung mittlerweile auf diverse Alternativen umgeschwenkt wird.