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Rettet die Schwedin! (Crowdfunding)


Sebastian Schwittay
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http://www.rettet-die-schwedin.de/

 

Unter diesem Link läuft noch bis zum 31. Januar eine unterstützenswerte Crowdfunding-Kampagne: es sollen zwei der letzten erhaltenen Kino-Positive des schwedisch-iranischen Dramas DER PERSER UND DIE SCHWEDIN (1961) digitalisiert werden - Originalnegative sind nicht mehr vorhanden, der Regisseur ist nicht mehr auffindbar und die beiden Vorführkopien sind bereits vom Essigsäure-Syndrom befallen. Das Material wird nicht mehr lange halten. Handeln tut not. :)

 

Bei Erfolg der Kampagne wird es eine DVD oder sogar Blu-Ray des Films geben - jeder, der gespendet hat, erhält auch eine.

 

 

Also: sichert die Zukunft dieses Films! :)

 

 

 

"DER PERSER UND DIE SCHWEDIN ist mehr als nur ein Film: Er ist ein Mysterium ersten Ranges. Ein rätselhaftes, absolut einzigartiges, heute nahezu unerklärliches Werk voller Wunder und verschrobener Schönheit. Ein kultisches Artefakt einer längst vergangenen Epoche, das für immer in Vergessenheit zu geraten droht. DER PERSER UND DIE SCHWEDIN muss erhalten bleiben, um die Menschen auch weiterhin zu berühren und zu verzaubern. Und ihr könnt daran teilhaben.


DER PERSER UND DIE SCHWEDIN hat die Kraft, seinen Zuschauer umgehend zu Filmfans zu machen, so er denn noch keiner ist. Aber selbst einem mit allen Wassern gewaschenen Cineasten, der meint, alles schon gesehen zu haben, wird die entwaffnende Unschuld dieses Films ein zweites Mal die Augen öffnen. Wer angesichts der heute in sterilen Multiplexen dargebotenen Einfalt und der eigenen Abgebrühtheit der Erregung und Begeisterung seines ersten Kinobesuchs hinterhertrauert, findet hier sein Shangri-La.


DER PERSER UND DIE SCHWEDIN: Hinter dem etwas schmucklosen deutschen Titel verbergen sich lustvolle Assoziationen, erotische Versprechungen, ungezügelte Exotik, rauschhafte Entgleisungen und pralle, pochende Lust. Es ist der erste und wohl auch einzige Film des vollkommen unbekannten Iraners Akramzadeh, der es sich im Stile eines großen Künstlers auf heiliger Mission nicht nehmen ließ, auch das Drehbuch zu schreiben und die Hauptrolle zu spielen. Wir wissen heute nicht mehr, was er sich von diesem Werk versprach oder was er danach machte: Aber man spürt sofort, dass in dieses verträumte Herzensprojekt jeder Tropfen verfügbaren Bluts und Kleingelds hineingegossen wurde. DER PERSER UND DIE SCHWEDIN kann mit Fug und Recht als Magnum opus, als Lebens- und Meisterwerk bezeichnet werden. Akramzadeh schuf ein möglicherweise autobiografisch angehauchtes Sitten- und Liebesmelodram, einen im brodelnden London der frühen Sechzigerjahre angesiedelten Nachtschwärmerfilm, der das ganze emotionale Spektrum eines Lebens im Überschwang der wallenden Hormone einfängt. DER PERSER UND DIE SCHWEDIN bringt heimische Bildschirme zum tanzen."



- Oliver Nöding -

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  • 2 Wochen später...

Sind die überschwänglichen Kritiken nicht Überzeugung genug? :)

Und eigentlich sollte sich die Frage ja gar nicht stellen. Wenn ein alter Film, der keine filmhistorische "Reputation" hat, vorm endgültigen Aussterben steht, muss gehandelt werden. Eben WEIL es keine "fachlichen" Bescheinigungen über filmhistorische Relevanz von Seiten der wissenschaftlichen Deutungshoheit gibt. Denn die Wissenschaft und diejenigen, die kulturpolitisch an den Entscheidungshebeln sitzen, blenden einen nicht unwesentlichen Teil der Filmgeschichte immer noch aus, was zu fragwürdiger Kanonbildung und einseitiger Selektion führt. Kurzum: es muss eigentlich alles gerettet werden, denn wir haben keine Ahnung, wie ein heute marginalisiertes Kunstwerk in 100 Jahren bewertet wird.

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Gast Stefan Jania

Mal eiskalt: mir ist es ziemlich egal, ob in 100 Jahren einer einen Film gut oder schlecht oder bedeutungsvoll findet. Kunst hin, Kunst her. In unserer heutigen Zeit gibt es andere und m.E. nach wichtigere Sachen, für die ich lieber Geld spende. ;) Wenn's so weitergeht, sind in 100 Jahren eh keine rational denkenden Menschen da.

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Fragwürdige Einstellung, Stefan. Gerade von einem Filmfan.

In unserer heutigen Zeit gibt es andere und m.E. nach wichtigere Sachen, für die ich lieber Geld spende. ;)

Stimmt, es gibt wichtigeres. Zum Beispiel sich die dritte oder vierte Veröffentlichung der STAR WARS-Soundtracks zulegen, damit der arme, am Hungertuch nagende Disney-Konzern nicht vor die Hunde geht. Da sind 25 Euro einfach nicht mehr drin, klar. ;)

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Gast Stefan Jania

Fragwürdige Einstellung, Stefan. Gerade von einem Filmfan.

Stimmt, es gibt wichtigeres. Zum Beispiel sich die dritte oder vierte Veröffentlichung der STAR WARS-Soundtracks zulegen, damit der arme, am Hungertuch nagende Disney-Konzern nicht vor die Hunde geht. Da sind 25 Euro einfach nicht mehr drin, klar. ;)

 

Komm mal wieder runter. Du weißt genau, dass gerade ich hier im Board mit Geschenken (Verlosungen) nicht gerade zimperlich bin. Selbst Du hast Dich gewundert, warum ich nicht eine versiegelte Die Hard bei Ebay zu Geld mache, anstatt sie hier zu verschenken. Dann kannst Du vielleicht hochrechnen, was ich sonst noch mache. Wenn ich hungernde Menschen sehe, die tausende Kilometer Flucht von sonst woher unter unvorstellbaren Strapazen auf sich genommen haben, dann gebe ich denen eher 10 Euro (oder mehr) als ich für die Rettung eines völlig unbekannten Films ausgeben würde, von dem Du noch nicht einmal genau sagen konntest, warum ausgerechnet dafür. Es kam eine Pauschalaussage nach der Frage von RealNeo. Im Cujo-Thread hattest Du Dich gewundert, dass Tierrecht über Menschenrecht geht. Menschenrecht geht auf jeden Fall über Filmrecht. Und was anderes habe ich oben nicht gesagt.

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Schon toll, wie einem hier die Verachtung förmlich ins Gesicht gekotzt wird. Ein "völlig unbekannter Film" ist ja auch selbstverständlich nichts, wofür man Interesse aufbringen sollte. Da bekommt man als Betreiber eines Blogs, der sich genau mit solchen Filmen beschäftigt, ja direkt ein "nettes" indirektes Feedback. Manchmal frage ich mich echt, was mich eigentlich noch in diesem Forum hält (zumal deine Beiträge ja scheinbar auch noch auf einige Gegenliebe stoßen).

Aber noch zu zwei Punkten:

1. Auf die Frage von Manuel habe ich mit einem Verweis auf die zahlreichen Kommentare auf der Crowdfunding-Seite geantwortet. Du verlinkst doch auch immer gerne und kritisierst diejenigen, die sich alles vorkauen lassen, anstatt selbst zu lesen.

2. Ich finde humanitäres Engagement ebenfalls wichtig - aber de facto kümmern sich derzeit weitaus mehr Menschen um Flüchtlinge als um verschimmelndes Filmerbe. Also engagiert man sich doch auch gerne mal dort, wo derzeit weniger Hilfe geleistet wird, oder?

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Na dann versuche ich es nochmal:

1. Wieso findest du es so furchtbar, einen "völlig unbekannten Film" vor dem Verfall zu bewahren? Würdest du es lieber bei einem populären Film tun? Wieso die (negative) Betonung auf "völlig unbekannt"?

2. Die Begründungen, wieso DER PERSER UND DIE SCHWEDIN erhaltenswert ist, finden sich in den zahlreichen Kommentaren und Einschätzungen auf der Crowdfunding-Seite.

3. Ich bestreite nicht die Wichtigkeit von humanitärem Engagement. Aber ich finde es absolut legitim, zu fordern, dass sich, im Sinne einer Gleichverteilung, etwas mehr Menschen für die Erhaltung von Filmerbe einsetzen, wenn es bereits Tausende bis Hunderttausende Spender in Sachen Flüchtlingshilfe gibt.

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Aber ich finde es absolut legitim, zu fordern, dass sich, im Sinne einer Gleichverteilung, etwas mehr Menschen für die Erhaltung von Filmerbe einsetzen, wenn es bereits Tausende bis Hunderttausende Spender in Sachen Flüchtlingshilfe gibt.

 

Genauso legitim ist es, wenn man es nicht tut. Verstehe jetzt nicht wieso du dich hier offenkundig persönlich angegriffen fühlst. Mich juckt der Film auch Null und bei der Masse an produzierten Filmen schaffe ich es in diesem Leben ohnehin nicht, alle zu gucken. Auch in der Vergangenheit sind schon TV-Serien oder Filme "verloren" gegangen und das wird auch weiterhin passieren. Nur weil sich hier jetzt jemand nicht deiner enthusiastischen "Rettet die Schwedin" Kampagne anschließen will und das sogar aus absolut plausiblen Gründen, geht dadurch nicht das Weltkulturerbe verloren. Deine deplatzierte Aggressivität machen deine Argumente übrigens nicht besser.

Finde Stefans Meinung absolut vertretbar (der ich mich vorbehaltlos anschließen kann). Jeder hat nun mal eine andere Meinung zu diesem Thema und sollte dies auch haben dürfen. Versuchen anderen seine Meinung aufzuzwängen, ist jedenfalls ziemlich uncool.

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Genauso legitim ist es, wenn man es nicht tut.

Das mag letztlich sein. Aber dann finde ich es seltsam, hier im Thread mit einem provokant hingerotzten Beitrag aufzutauchen, der den Eindruck macht, als wolle man jemandem, der sich engagiert, einfach nur mal kräftig an den Karren fahren. Sehr viel mehr als destruktive, zynische Gehässigkeit sehe ich in Stefans erstem Posting hier im Thread nämlich nicht.

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Gast Stefan Jania

Sebastian, das Stirnrunzeln meinerseites bezog sich nicht auf den Inhalt, sondern auf die auffallende Aggressivität von Dir. Besonders auf diese Äußerung:

 

Manchmal frage ich mich echt, was mich eigentlich noch in diesem Forum hält

 

Ist hier alles so schlimm? Du magst Deine Meinung vertreten. Ich vertrete meine. Egal, ob Du sie zynisch, hingerotzt oder ins Gesicht gekotzt findest. Ich habe kenerlei persönliche Angriffe losgelassen. Mein Hauptpunkt, und das habe ich gesagt, bezog sich auf diesen Kommentar von Dir:

 

Kurzum: es muss eigentlich alles gerettet werden, denn wir haben keine Ahnung, wie ein heute marginalisiertes Kunstwerk in 100 Jahren bewertet wird.

 

Und dem stimme ich wirklich nicht zu.

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Hab mir gerade mal die Seite zum Crowdfunding angeschaut. Ruft bei mir nicht gerade Schutzinstinkte hervor. Kleines unbedeutendes (Mach-)werk, welches von einigen auch durchaus negativ beworben wird. Warum ich auch nur einen Euro investieren sollte erschließt sich mir definitiv nicht. Bei ner seriösen Stiftung (z.B. Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung) würd ich in der Tat überlegen.aber hierbei...nö.

 

Die überschwenglichen Kritiken rühmen insbesondere den Trashcharakter des Filmes. Bitte, wer das für förderungswürdig hält kann sein Geld ruhigen Gewissens anlegen. Die nächsten Projekte wären dann wahrscheinlich: Sechs Schwedinnen auf der Alm, im Pensionat oder Oberbayern oder die ebenfalls dem Verfall anheim fallenden Kintopppreziosen "Auf der Alm da gibt's koa Sünd" und "Alpenglühen unter dem Dirndlrock".

 

Hier hat niemand seine Kritik hingerotzt oder sich ausgekotzt. Man könnte auf deinen Beitrag aber durchaus ganz anders reagieren. Sei froh, daß alle Boardmitglieder hier noch recht sachlich mit deinem verschrobenen Anliegen umgehen.

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Ich versuche, den neuen Beiträgen nun mal etwas gelassener zu begegnen, obwohl mir das als Liebhaber randständiger Kinokultur zugegebenermaßen nicht leicht fällt - und mir insbesondere bei Peters Beitrag schon wieder dezent der Kamm schwillt. ;)

 

 

Die nächsten Projekte wären dann wahrscheinlich: Sechs Schwedinnen auf der Alm, im Pensionat oder Oberbayern oder die ebenfalls dem Verfall anheim fallenden Kintopppreziosen "Auf der Alm da gibt's koa Sünd" und "Alpenglühen unter dem Dirndlrock".

 

Ich hatte beim ersten Lesen deiner Auflistung schon fast darauf "gewartet", dass auch noch den "Schulmädchen-Reporten" oder anderen Ernst-Hofbauer-Titeln die Ehre einer Nennung zuteil werden. :) Genau da wären wir dann nämlich in dem Bereich angekommen (sind wir mit den oben genannten Filmen eigentlich eh schon), mit dem ich mich schwerpunktmäßig - gerade im Rahmen meines Filmrestaurierungs-Masterstudiengangs - beschäftige. Zum einen gehen da mit der Zeit echte filmische Schätze vor die Hunde (MÄDCHEN BEIM FRAUENARZT, 1971, wäre da so eine Entdeckung, die ich letztens auf dem Hofbauer-Kongress in Nürnberg bestaunen durfte), zum anderen ist es eben tatsächlich so, dass wir schlichtweg die Verpflichtung haben, diese Filme zu erhalten. Im Gegensatz zu DER PERSER UND DIE SCHWEDIN, der eine britisch-schwedisch-iranische Co-Produktion ist, handelt es sich beim "Schmutz und Schund" aus den Reihen Hofbauer und Co. nämlich um unser eigenes - um deutsches Filmerbe!

 

Du sprichst die Murnau-Stiftung in Wiesbaden an - gerade diesen Freitag war ich da, im Rahmen einer Präsentation des Restaurierungsprojekts DER MÜDE TOD (Fritz Lang, 1921). Und um mit Martins Worten zu sprechen: ein sinnvolles, ehrbares und begrüßenswertes Projekt. Umgesetzt von einer in der Tat seriösen, zurecht angesehenen Einrichtung. ABER: auch die Murnau-Stiftung ist eine Institution, die den Wert des deutschen Filmerbes immer noch schwerpunktmäßig an den großen Stummfilm-Klassikern der 10er und 20er Jahre festmacht. Auch das Nachkriegskino wird noch respektiert, aber in den 60ern hört es dann schon allmählich auf - und das Filmerbe nach 1968 besteht dann "nur" noch aus den großen, etablierten Namen der Filmkanons: Fassbinder, Herzog, Kluge, Schamoni. Das Interesse an Meisterwerken wie Gustav Ehmcks DIE SPALTE (1971) oder Rolf Olsens BLUTIGER FREITAG (1975), am Genre- und Exploitationkino, erwacht zwar mittlerweile - aber nur langsam und zaghaft. Die Berührungsängste sind immer noch weit verbreitet, und werden von den strengen Urteilen der alten Deutungshoheit nur noch gefördert. Du kannst sicher verstehen, Peter, dass ich eine Aussage wie "Sei froh, daß alle Boardmitglieder hier noch recht sachlich mit deinem verschrobenen Anliegen umgehen." als Manifestation dieser zutiefst konservativen Kulturpolitik ansehe und echt wenig sympathisch finde. (Vom eklig-autoritäten Tonfall des Satzes mal ganz abgesehen.)

 

Das Ziel - vor allem der Bestrebungen unseres Studiengangs und auch des Deutschen Filminstituts - ist es, den Staat (und damit auch die Steuerzahler) bei der Erhaltung des Filmerbes viel stärker in die Pflicht zu nehmen. Mit privatwirtschaftlichen Mitteln ist eine umfassende Präservation nicht zu leisten und es kann auch nicht angehen, dass es Crowdfunding-Kampagnen im kulturellen Untergrund geben muss, denen letztlich verständlicherweise der Hauch des Unseriösen anhaftet. Bislang gibt es dankenswerterweise noch einige engagierte DVD-Label, die Digitalisierungen durch Selbstfinanzierung ermöglichen, aber das funktioniert eben auch alles nicht auf Dauer. Und spätestens wenn diese Kapazitäten erschöpft sind, ist der Bildungsauftrag der Kulturpolitik, und damit die ganze Gesellschaft gefragt. Denn die schäbigen Ecken der Frankfurter Kaiserstraße (im gleichnamigen Film von Roger Fritz von 1981) gehören nun mal genauso zur deutschen Filmgeschichte wie das in die Unterwelt verstoßene Prekariat aus METROPOLIS.

 

 

Ist hier alles so schlimm?

 

Ich finde es schon schade, dass gerade in einer künstlerisch geprägten Gemeinschaft wie einem Musikforum so viel Lieblosigkeit gegenüber dem Unbekannten, dem vielleicht Singulären, dem Geheimtipp und dem Nicht-Mainstream herrscht. Gerade die Filmmusik ist ja an sich schon Ausdruck der kulturellen Randständigkeit, das macht es eigentlich noch trauriger.

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Kurzum: es muss eigentlich alles gerettet werden, denn wir haben keine Ahnung, wie ein heute marginalisiertes Kunstwerk in 100 Jahren bewertet wird.

 

Das sehe ich absolut genauso - nichts ist schlimmer als eine kanonisierte Auswahl aus einem Fundus zu treffen und den Rest den ewigen Jagdgründen zu überlassen. Dadurch geht einem die Möglichkeit verloren, eine Kontextualisierung vorzunehmen und vernünftig einordnen zu können. Über die filmischen Qualitäten eines SCHULMÄDCHEN-REPORT lässt sich ohne Frage streiten, dass es sich aber um bedeutende Aspekte einer gesellschaftlichen Entwicklung einer bestimmten Epoche handelt, lässt sich viel weniger abstreiten. Da spricht aus Sebastian und mir aber auch eher der Kulturwissenschaftler als der Filmliebhaber oder der interessierte Laie, dem seine Zeit für so etwas zu schade ist und der lieber ausschließlich auf die Juwelen zurückgreifen möchte. Daher treffen hier zwei Standpunkte aufeinander, die ich beide für legitim erachte, auf einen Nenner kommen werden wir dabei aber niemals - wobei ich Stefan jetzt schon ein gewisses Interesse vor trashigen Filmchen unterstellt hätte.

Solche Werke sind nunmal wichtige Zeitdokumente und ich habe bei DER PERSER UND DIE SCHWEDIN das Gefühl, dass es sich um ein zumindest interessantes Projekt handeln könnte, vermute aber - auch insbesondere dank der sehr nebulösen Kritiken ("der Film ist toll, denn er ist toll") - dass er mich wahrscheinlich nicht so vom Hocker reißen würde wie andere Filme. 100€ habe ich dafür momentan nicht übrig und es ist eines jeden guten Recht, dieses Projekt nicht mit Geld zu unterstützen.

 

Bei ner seriösen Stiftung (z.B. Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung) würd ich in der Tat überlegen.aber hierbei...nö.

Die Murnau-Stiftung hat ja einen Spenden-Knopf auf ihrer Seite ;)

 

Du sprichst die Murnau-Stiftung in Wiesbaden an - gerade diesen Freitag war ich da, im Rahmen einer Präsentation des Restaurierungsprojekts DER MÜDE TOD (Fritz Lang, 1921). Und um mit Martins Worten zu sprechen: ein sinnvolles, ehrbares und begrüßenswertes Projekt. Umgesetzt von einer in der Tat seriösen, zurecht angesehenen Einrichtung.

 

Jetzt müssen wir aber bedenken, dass diese Produktionen nur in Kooperation mit ARTE möglich sind - einer der ganz wenigen Gründe, für die ich guten Gewissens meine Gebühren überweise (ebenso für die ganzen Rundfunkorchester). Im großen und Ganzen kann man allerdings auch vieles an der Murnau-Stiftung auszusetzen haben. Wir sprechen hier immerhin von einer Stiftung, die seit ihrer Gründung in den Miesen ist, weil sie die Rechte für das Filmerbe von ca. 1890-1945 übertragen bekam, um einen Ausverkauf nach Übersee zu verhindern, ALLERDINGS wurden der Stiftung auch gleich die Kosten für die Rechte übertragen...

 

Ist ein anderes Thema, passt aber dennoch hier hinein: Wirklich keinen Gefallen tat und tut sich die Murnau-Stiftung mit deren Politik hinsichtlich der Filme, die in Deutschland zwischen 1933 und 1945 entstanden sind. Auch hier gilt, wie Sebastian schon sagte: Es ist wichtig, dass die dunklen, aber auch nur halbdunklen oder gar nicht "schlimmen" Einträge in der deutschen Filmographie der NS-Zeit (immerhin über 1000 Spielfilme!) erhalten und bewahrt bleiben, weil sie einen wichtigen Bestandteil des damaligen kulturellen Lebens bildeten, durch dessen starker Einwirkung ein ganzes Land für 12 Jahre mit einer abscheulichen Ideologie verseucht wurde. Es reicht eben nicht, Filme wie JUD SÜSS und HITLERJUNGE QUEX zu digitalisieren und ab und an mal unter Aufsicht einigen Schulklassen, die dafür nach Wiesbaden tingeln, vorzuführen, sondern man muss die Möglichkeit haben, sich mit dem gesamten Fundus zu beschäftigen, um ansatzweise einen Eindruck von der Filmlandschaft dieser Zeit zu erhalten. Das gilt natürlich auch für die Weimarer Republik und die Nachkriegszeit (inklusive SCHULMÄDCHEN-REPORT).

Hans Schmid hat da eine wundervolle Artikelreihe auf Telepolis verfasst, in der die ganzen Versagen und Peinlichkeiten der Murnau-Stiftung im "verantwortungsvollen Umgang mit dem deutschen Filmerbe" aufzeigt: http://www.heise.de/tp/artikel/32/32253/1.html

 

Also: Kein Geld von mir für die Schwedin, dennoch halte ich dieses Projekt für lobenswert und notwendig. Dafür bin ich auch nicht beleidigt, wenn niemand spenden will, wenn sich die Murnau-Stiftung doch mal zu einer Digitalisierung von OPFERGANG herablässt und ich der Einzige bin, der dafür das Portomonnaie zückt.

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Als Architekt hab ich große Achtung vor dem Denkmalschutz und der betrifft mittlerweile auch Bauten aus den 50er, 60er und bisweilen sogar 70er Jahren. Kriterium ist jedoch eine gewisse architektonische Qualität, das Alter allein reicht definitiv nicht aus. Kann man 1:1 auf den Film übertragen. Ob man das filmisches Erbe der Schulmädchen-Filme oder der Kohlenpottsexplotten (Lass jucken Kumpel) um jeden Preis der Nachwelt erhalten muss wag ich mal zu bezweifeln. Es dürfte auch ohne gehen und man ist auch nicht gehalten jedes Erbe anzutreten, kann es ggfs. auch mal ausschlagen.

 

Wenn dir eine Phrase meines Statements auf den Sack geht, dann geht es dir wie mir beim Lesen einiger deiner Beiträge.

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Als Architekt hab ich große Achtung vor dem Denkmalschutz und der betrifft mittlerweile auch Bauten aus den 50er, 60er und bisweilen sogar 70er Jahren. Kriterium ist jedoch eine gewisse architektonische Qualität, das Alter allein reicht definitiv nicht aus. Kann man 1:1 auf den Film übertragen.

 

Kann man, muss man aber nicht, es geht in dieser Diskussion eben nicht um Denkmäler, sondern um Stücke eines Korpus. Dieser Korpus sollte nunmal möglichst komplett erhalten bleiben. Sortieren wir nur die (aus heutiger Sicht) Höhepunkte aus, entsteht ein verzerrtes Bild einer Epoche. Um noch einmal den NS-Film zu bemühen*: Bis heute wird immer wieder kolportiert, dass der Film des Dritten Reiches entweder aus faschistischer Hetzpropaganda (JUD SÜSS) oder harmloser Unterhaltung (FEUERZANGENBOWLE) besteht. Das liegt daran, dass man sich immer an den Extremen entlanggehangelt und unzählige anscheinend bedeutungslose Filme immer wieder ignoriert hat. Erst, wenn man sich einen Überblick über alle 1000 erhaltenen Filme dieser Zeit einen Überblick verschafft hat, erkennt man wichtige Zusammenhänge, Veränderungen etc. Mir selbst stehen die Haare zu Berge, dass so etwas wie DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL (dazu habe ich hier einmal etwas geschrieben: http://www.soundtrack-board.de/topic/1097-was-habt-ihr-zuletzt-gesehen/page-435) von der Murnau-Stiftung ohne jeden Kommentar veröffentlicht und von der FSK mit "ab 6 Jahren" abgesegnet wird. Inwiefern ist es seriös und verantwortungsvoll, einen Film auf Grundschulkinder loszulassen, in dem munter erklärt wird, wie unnütz Demokratie ist, wie die Lügenpresse funktioniert und dass man ruhig mal eben Leute von der Straße abholen darf?

 

Hier scheiden sich - wie bereits gesagt - die Geister: (Geistes-)Wissenschaft fragt nunmal nicht nach Qualität bzw. sollte sie es nicht. Wie es der Nicht-Wissenschaftler in seinem alltäglichen Umgang mit diesen Dingen hält, ist dabei ein andere Frage. Natürlich kann jeder ohne Verlust leben, wenn er niemals einen SCHULMÄDCHEN-REPORT oder DIE UMWEGE DES SCHÖNEN KARL gesehen hat, für die wissenschaftliche Erschließung ist es aber notwendig, auf diese Dokumente zurückgreifen zu können. Eine jeweilige Epoche kann man nicht ohne die in ihr und aus ihr heraus entstandenen Werke verstehen - wer die Bedeutung der Werke nachvollziehen möchte, muss die Zeit verstanden haben. Das mag in der ersten Runde ein ziemlicher Elfenbeinturm sein, ich glaube aber fest daran, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse auch der Allgemeinheit nutzen, sofern die Möglichkeit besteht, wissenschaftlich ein bestimmtes Feld unter guten Voraussetzungen erschließen zu können (dazu gehören nunmal "Mein Kampf" ebenso wie die "Bravo"-Heftchen), wichtige Erkenntisse zu extrahieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

 

*ich ziehe es heran, weil ich hier fundiertere Kenntnisse habe als in den Sex- und Aufklärungsfilmchen der Nachkriegszeit. Dennoch bitte ich für das offtopic um Verzeihung, aber es geht ja auch um eine Grundsatzdebatte.

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Liebe Leute, seit doch nett zueinander!

 

Ich habe den Spendenaufruf erst diese Woche entdeckt, und ja, mich hat´s überzeugt (vor allem der wirklich amüsante Kommentar der Jungs von Buio Omega!)

Hatte mich auch schon an der Heinz-Klett-Aktion (Blutiger Freitag) beteiligt, und zwar aus voller Überzeugung, da ich dieses Werk für die Apotheose des bundesdeutschen Action-Krimis halte (Mainstream-Konsumenten würden ihn vermutlich als Schund abtun). Gelohnt hat es sich, demnächst gibt´s ´ne DVD.

 

Keine Ahnung, was mich im Fall der Schwedin erwartet, aber ich mag es, auch schonmal im cineastischen Abseits zu stochern. Ob mir das Ergebnis hinterher gefällt, ist eine andere Frage. Eine kleine Spende hilft und tut mir nicht weh.

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Hatte mich auch schon an der Heinz-Klett-Aktion (Blutiger Freitag) beteiligt, und zwar aus voller Überzeugung, da ich dieses Werk für die Apotheose des bundesdeutschen Action-Krimis halte (Mainstream-Konsumenten würden ihn vermutlich als Schund abtun). Gelohnt hat es sich, demnächst gibt´s ´ne DVD.

 

Ja, auf die Edition von BLUTIGER FREITAG freue ich mich auch schon sehr. Subkultur ist wirklich das derzeit engagierteste deutsche Label, wenn es um vergessene Perlen der 60er und 70er geht - von denen kommt ja demnächst auch Gustav Ehmcks DIE SPALTE (1971), Adrian Hovens IM SCHLOSS DER BLUTIGEN BEGIERDE (1968) und (in der Grindhouse Collection) Bob Clarks großartiger Horrorthriller DEATHDREAM (1974).

 

Die Crowdfunding-Kampagne zur SCHWEDIN war übrigens erfolgreich, wenn auch über Umwege: von den angestrebten knapp 8700 Euro für Restaurierung/Digitalisierung und DVD-Veröffentlichung kamen etwas über 5000 zusammen, die restlichen 3500 werden nun von einigen privaten Förderern beigesteuert. Schöne Sache! :)

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 Die nächsten Projekte wären dann wahrscheinlich: Sechs Schwedinnen auf der Alm, im Pensionat oder Oberbayern oder die ebenfalls dem Verfall anheim fallenden Kintopppreziosen "Auf der Alm da gibt's koa Sünd" und "Alpenglühen unter dem Dirndlrock".

 

 

 

sprichst mir aus der seele. schön sarkastisch von dir formuliert. genau so ist es, wie du es schreibst. manch filmisches ist eben zurecht in der versenkung verschwunden und sollte dort auch bleiben.

 

 

Das Ziel - vor allem der Bestrebungen unseres Studiengangs und auch des Deutschen Filminstituts - ist es, den Staat (und damit auch die Steuerzahler) bei der Erhaltung des Filmerbes viel stärker in die Pflicht zu nehmen.

 

du lieber himmel, da biste falsch gewickelt! im gegenteil, der steuerzahler sollte überhaupt gar nicht für filmförderung aufkommen müssen!

 

sieht man sich mal so an, was alles so filmförderung bekommt, insbesondere hollywoodfilme, die wohl extra deshalb nach deutschland kommen und z.b. in deutschen studios wie babelsberg drehen, weil es hier billiger ist zu produzieren und die obendrein noch mit deutschen steuergeldern, sprich filmförderung, zugeschi..en werden, dann ist das ganze filmförderungssystem ein schlechter witz.

 

oftmals werden ja dann grade auch noch solche filme durch filmförderung, sprich den steuerzahler, belohnt, die es gar nicht nötig hätten, weil sie ohnehin absehbare publikumsmagnete sind.

einfach mal so eben noch zusätzlich filmfördergelder, also steuergelder, abzugreifen ist meines erachtens unanständig.

 

kinofilme sollten schon mal per se von filmförderung ausgeschlossen sein, denn diese filme  können ja wenn sie gut sind ihre ausgaben an den kinokassen wieder reinholen.

 

und wenn ein kinofilm es nicht schafft, sich ohne steuergelder zu finanzieren um gemacht zu werden, dann hat es halt nicht sollen sein und der film wird eben nicht gemacht. auch kein schaden.

 

wenn überhaupt verdienen es allenfalls fernsehfilme unter umständen gefördert zu werden, da diese ihre kosten ja nicht wieder reinholen können, weil sie ja im fernsehen keine eintrittsgelder generieren können und somit nichts einnehmen können.

aber auch hier sollte man sehr genau hinschauen, was förderwürdig ist und was nicht.

 

vergessenswertes altes niveauloses, wo heute (außer vielleicht filmstudenten, feuilleton und wissenschaftlern) eh kein hahn mehr danach kräht und eh kein schwein anschaut, wäre auch reine steuergelderverschwendung. wer sowas für förderwürdig hält, soll halt privat eigenes geld dafür aufbringen und die steuerzahler-allgemeinheit außen vor lassen.

 

es gibt weit wichtigeres wofür steuergelder dringender benötigt werden wie beispielsweise die flüchtlingssituation, altenpflege, gesundheitssystem, als für filme.

 

 

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